Die schönsten Bücher 2011 – (10 bis 6)

Ich habe viel gelesen dieses Jahr. Das hat vermutlich vor allem damit zu tun, dass ich seit letztem Jahr woanders wohne als ich arbeite, was vor allem drei Sachen bedeutet: Mehr Zeit alleine, mehr Zugfahrten und eben auch deswegen seit Februar im Besitz eines schnieken Kindles.

Vielleicht hab ich aber auch einfach mehr gelesen dieses Jahr, man muss das ja auch nicht zwangsweise begründen.

Laut Goodreads waren’s 73 Bücher, 75 wollte ich schaffen, nachdem ich mein Ursprungsziel von 52 schon irgendwann im August oder September oder so erreicht hatte. Und dass ich da auch zwei Bilderbücher mitgezählt habe, finde ich vollkommen okay, weil ich immerhin auch alle fünf Bände von George R.R. Martins A Song of Ice and Fire gelesen habe und der hat ja spätestens seit Band drei vergessen, dass man ein Buch auch prima nach weniger als tausend Seiten beenden kann.

Die großen Highlights fehlten ein bisschen. Ich hab viele gute Bücher gelesen, nur ganz wenige schlechte und eigentlich nur ein ganz, ganz tolles, dass aber gleichzeitig so unspektakulär daher kommt, dass es fast absurd ist.

Irgendwie hab ich’s trotzdem geschafft, eine Top-Ten-Liste zusammen zu basteln, die mir auch bei näherer Betrachtung brauchbar scheint.

Und jetzt fang ich einfach mal an. Gut? Ja?

10. Fuzzy Nation von John Scalzi
Fuzzy Nation schafft es vor allem gerade so knapp in die Top Ten, weil es einfach so irre niedlich ist und weil ich Wil Wheaton so gerne beim Vorlesen zugehört habe. Fuzzy Nation ist auch das Buch, dass mich zum Hörbuch-Hören gebracht hat.

Tatsächlich ist das Buch ansonsten fast eher Standard, eine kleine Science-Fiction-meets-Anwaltsgedöns-Geschichte mit viel Wuschel. Hauptsächlich geht es darum, dass auf irgendeinem Planeten mitten in einem Abbaugebiet für sunstones auf einmal die kleinen Fuzzies entdeckt werden, die vor allem sehr wuschelig und niedlich sind und eventuell eben keine Tiere, was dann bedeuten würde, dass auf diesem Planeten nicht mehr einfach so Ressourcenabbau betrieben werden könnte, und das findet die große Zarathustra-Company nicht so wirklich gut.

Das Ganze ist sehr schnörkellos geschrieben, manchmal liest es sich wie ein Film, aber genau das mochte ich irgendwie, und Wil Wheaton liest eben auch sehr schön.

(Video hat nix mit dem Buch zu sein, ist aber auch sehr wuschelig.)

9. Ready Player One von Ernest Cline
Ready Player One mochte ich auch vor allem, weil es so geraderaus und schnörkellos und unprätentiös eine Geschichte erzählt, die gleichzeitig vor irgendwelcher Geek-Referenzen nur so strotzt, für die sogar ich oft entweder zu un-geeky oder zu jung war.

Es geht um Wade, der im Jahre 2044 unter eher so mittelguten Bedingungen in den USA lebt und für den wie für so ziemlich alle anderen auch das eigentlich Leben in der virtuellen Welt von OASIS spielt, eine riesige Welt, die der ebenso geniale wie mysteriöse James Halliday erschaffen hat. Nach Hallidays Tod wird bekannt, dass sein Erbe demjenigen gehören soll, der es in OASIS findet.

Tatsächlich ist das Buch eine einzige gigantische Jagd nach dem Osterei bzw. Hallidays Erbe, mit Verbündeten und Widersachern und eben hunderten Referenzen auf die 80er Jahre. Aber es macht Spaß, genau das zu lesen. Und wenn man dann als Kritik hört, eigentlich wär das genauso wie ein Quest in World of Warcraft, dann denkt man sich eben, ja genau, aber die machen ja nicht umsonst süchtig.

8. Super Sad True Love Story von Gary Shteyngart
Ich möchte mal damit anfangen, dass ich jetzt einmal den Namen Shteyngart geschrieben habe und das jetzt in meinem Leben nicht zwingend noch mal tun möchte. Man guckt nämlich mindestens drei Mal nach, ob’s richtig ist, weil’s so komisch aussieht.

Super Sad True Love Story ist so ein Buch, von dem ich ungefähr nichts wusste, bevor ich es gelesen habe, das nur immer wieder auf irgendwelchen Listen angeblich guter Bücher aufgetaucht ist und irgendwie ja auch einen lustigen Titel hatte.

Es ist tatsächlich – was ich auch nicht wusste – eine Science-Fiction-Liebesgeschichte oder so. Eigentlich ist es eher eine Anti-Romanze, weil sich die Leute zwar irgendwie verlieben, aber irgendwie auch nicht, und weil alles so nüchtern und abgeklärt ist und am Ende geht es eben darum, wie kreditwürdig man ist und wo man so auf der Attraktivitätsskala steht.

Das, was mich am meisten fasziniert (und auch ein bisschen erschreckt) hat, ist, dass die Welt in diesem Buch auf der einen Seite so fremd und absurd erscheint, aber bei näherem Hinsehen schon fast wie der kaum unausweichliche nächste Schritt erscheint.

7. The Hunger Games von Suzanne Collins
The Hunger Games sind zunächst mal wieder ein gutes Beispiel dafür, dass deutsche Buchtitel manchmal ganz schön scheiße sein können. Die englischen Bücher heißen The Hunger Games, Mockingjay, und Catching Fire, im Deutschen haben sie daraus erstmal Die Tribute von Panem gemacht und dann die wenig hübschen Untertitel Tödliche Spiele, Gefährliche Liebe und Flammender Zorn dazu gebastelt. Ich könnte die… ich könnte… irgendwas. Wer denkt sich sowas aus?

Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich da noch viel zu schreiben muss, weil das wahrscheinlich schon jeder gelesen hat und die, die’s nicht gelesen haben, die werden’s wohl auch nicht mehr tun.

Mal abgesehen davon, dass ich gerne YA-Dytopien lese, hat diese Trilogie den Hype auch ein bisschen verdient, vor allem wegen dem ersten Buch. Die anderen sind nicht ganz so toll, erzählen aber die Geschichte konsequent weiter und zu Ende, ohne dass es albern oder absurd wird.

Ich habe im Edinburgh im Kino erst gemerkt, wie sehr ich mich auf die Verfilmung freue, als ich plötzlich beim Trailer Tränen in den Augen hatte, weil es alles so toll aussah, so als ob das ein wirklich, wirklich guter Film werden könnte.

Ansonsten hat die wunderbare Noelle die Grunddifferenz zwischen The Hunger Games  und Twilight hier sehr schön dargestellt.

6. Room von Emma Donoghue
(Auch so ein Nachname, den ich nicht öfter schreiben möchte als unbedingt nötig.)

Jack ist fünf lebt mit seiner Mutter in Raum. In Raum gibt es Tisch und Bett und Fernseher, und hier lebt er seit er geboren wurde und hat auch noch nie etwas anderes gesehen.

Die Geschichte einer jahrelangen Gefangenschaft wird hier aus der Sicht von Jack geschrieben, der nichts anderes kennt als das Leben in dem 12 Quadratmeter großen Raum. Wo er und seine Mutter leben und spielen und Sport machen und wo er in einem Schrank schläft, wenn nachts Old Nick kommt.

Das Buch entwickelt einen unheimlichen Sog, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Weil eben die Geschichte so schrecklich und unglaublich ist und weil sie gleichzeitig aus einer so ungewohnten Perspektive erzählt ist. Deshalb möchte ich auch nicht mehr dazu erzählen, weil man das besser selbst lesen sollte und verraten möchte ich sowieso nicht mehr als nötig.

Und die Plätze 5 bis 1 folgen dann morgen oder so, ja?

(Update: Hier sind sie.)

Six Degrees

Beim Mutter-Geburtstag erzähle ich den Freunden meiner Eltern: „Ich hab neulich noch an euch gedacht.“

„Es ist nämlich so, dass ich auf einer Lesung war, und einer von den drei Fragezeichen hat die deutsche Übersetzung gelesen und der hat auch eine Hörspielfirma…“

„Ja ja, die L.“ sagen sie da sofort.

Es stimmt, die L. arbeitet da. Ein seltsames Gefühl irgendwie, ganz zufällig einen Namen zu sehen von einem Menschen, den ich eigentlich gar nicht kenne und auch nie wirklich gekannt hab, den ich aber sofort zuordnen kann, und sofort an andere Leute denke, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, die ich dann aber doch wieder treffe, beim Geburtstag eben. Und die die L. kennen, weil die nämlich mit ihrer Tochter befreundet war oder ist und ich war ja auch ein bisschen mit der Tochter befreundet, so wie man halt mit jemandem befreundet ist, der im gleichen Alter ist und deren Eltern mit den eigenen Eltern befreundet sind. So eben.

Und dann erzählen sie ein bisschen von der L. und von der N., das ist die Schwester und vom M., das ist der Bruder.

Und als sie vom M. erzählen, da guckt meine Cousine ein bisschen komisch. Die streichelt gerade den Hund, also den Hund, den einzig wahren Hund, der nichts mehr hört, und hauptsächlich noch rumliegt, sich aber auch sehr freut, wenn man zur Tür reinkommt.

Den M., sagt sie, den kennt sie jetzt aber. Also die Cousine. Das ist nämlich der Freund von der K. (oder der C., wer weiß, wie so Namen geschrieben werden), und mit der ist sie ziemlich gut befreundet.

„Und der M. ist gerade Onkel geworden“, sagt die Cousine.

„Genau“, sagen die Freunde. „Die N. hat nämlich ein Kind gekriegt.“

Und so ist das dann wohl, das man in seinem Leben so ziemlich vielen Menschen über den Weg läuft und eh mal sich’s versieht, arbeitet eine in Berlin bei einer Hörspielproduktion und der Bruder ist der Freund von der Freundin von der Cousine und das mit den Six Degrees klingt mal wieder wie ein ziemlich überzeugendes Dingens.