Ich hatte ja gestern ganz viele sehr spannende Themen erwähnt, über die ich so schreiben könnte. Lustigerweise schreibe ich jetzt über was ganz anderes.
Es ist nämlich so, dass ich gerade versuche, dieses Aufstehen morgens irgendwie in den Griff zu bekommen, das klappt nämlich im Moment so gar nicht. Ich stelle mir abends mit den besten Absichten den Wecker auf manchmal mehr und manchmal weniger absurde Uhrzeiten und dann brauche ich mindestens ein bis anderthalb Stunden, bis ich dann auch tatsächlich aufstehe.
Das hat nichts mit Müdigkeit zu tun, also auch, aber das ist nicht das Problem. Ich gehöre zu den Menschen, die – wenn sie sich erstmal in der Vertikalen befinden – relativ schnell wach werden. Mein Problem ist, dass ich nicht in die Vertikale komme. Ich will nicht aufstehen. Ich will nicht da raus. Ich drücke alle neun Minuten auf “Schlummern” und das kann ich sehr, sehr, sehr lange durchhalten, weil es unter meiner Bettdecke nämlich sehr gemütlich und kuschelig ist und da draußen nicht. Dass wir auf der Arbeit Gleitzeit haben, ich rein theoretisch also ohne Probleme auch weitere zwei Stunden im Bett bleiben könnte, ist dabei auch nicht hilfreich.
Aber das wollte ich ja gar nicht erzählen. Es ist jetzt jedenfalls so, dass ich versuche, mich mit Tricks selbst aus dem Bett zu kriegen. Trick 1: Fenster einen Spalt auflassen. Frische Luft, aber vor allem: Straßenlärm und Flugzeuggebrumme. Trick 2: Das Licht im Flur anmachen, damit es nicht so ganz dunkel ist. (Ich könnte natürlich auch einfach das richtige Licht anmachen, aber ich bin doch nicht bekloppt!) Trick 3: Fernseher anmachen.
Trick 3 klappt erstaunlich gut. Ich kann beim Fernsehen nicht nur total exzellent einschlafen, ich kann auch ganz gut damit aufwachen. Und dann gucke ich ganz spießig das Morgenmagazin im Ersten und komme seit Monaten nicht drüber hinweg, dass da unten “moma” eingeblendet wird, als ob das hier ein Museum in New York wäre. Und wenn dann das Morgenmagazin so vor sich her plätschert, dann guckt man auch mal hin, was da so erzählt wird.
Über Organspenden zum Beispiel und dass die zurückgehen, wegen dem Skandal letztens. Da hab ich damals auch immer nur die Überschriften gelesen und dachte, “Aha, ach so”, ich weiß also grob, worum’s geht, kenne aber keine Details. Korruption eben, es floß Geld (vermute ich mal) und dafür bekamen Menschen Organe, obwohl sie eigentlich noch gar nicht dran gewesen wären. So ungefähr.
Ich beziehe neunzig Prozent meines Medizin- und Krankenhausverwaltungswissens aus US-TV-Serien, kenne mich also prächtig aus und außerdem sehr viele englische (und damit auch lateinische) Fachbegriffe. Mein Verständnis davon, wie Organspenden funktionieren, ist also hauptsächlich auf “Grey’s Anatomy” und “House, M.D.” zurückzuführen. Bei “Scrubs” habe ich gelernt, dass man sich nie, nie, nie mit dem Hausmeister anlegt und dass ein ausgestopfter Hund ein akzeptables Haustier ist. Ich besitze also brandgefährliches Halbwissen, das nur als Warnung.
Zurück zum Thema: Organspenden. Ich habe einen Organspendeausweis, seit sechs Jahren oder so, jedenfalls ist die Adresse, die draufsteht, hoffnungslos veraltet. Ich weiß gar nicht mehr, woher ich den habe und was mich dazu bewegt hat, aber irgendwann hab ich irgendwo so ein Ding mitgenommen, es ausgefüllt und ins Portemonnaie gepackt. Seitdem steckt es da drin, ich habe alles angekreuzt, mir ist es vollkommen wumpe, was mit meinen Organen passiert, wenn es tatsächlich so weit kommen sollte, dass meine Organe als Spende in Frage kommen. Denn dann (so habe ich das jedenfalls verstanden, bitte um dringende Rückmeldung, falls ich da einem Irrtum aufgesessen bin), dann merke ich davon sowieso nichts mehr. Soll heißen, ich bin dann tot. Oder zumindest hirntot.
Es gibt sicherlich viele Gründe, warum man seine Organe nicht spenden möchte. Das ist eine sehr persönliche Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss. Wobei, muss, da fängt es ja schon an. Im Moment muss ja keiner diese Entscheidung treffen, im Zweifelsfall macht man nämlich gar nichts, dann fragt einen auch keiner und dann ist gut. Insofern finde ich die Bestrebungen, die Menschen regelmäßig darüber aufzuklären und zumindest einmal konkret nachzufragen, gut. In meinem Fall ist es nämlich immer einfach Vergesslichkeit und Bequemlichkeit, die dazu führt, dass ich ganz einfache, sinnvolle Dinge nicht mache, und ich glaube, dass es vielen Leuten ähnlich geht.
Aber wie ich schon sagte: Es gibt viele Gründe, warum man das nicht möchte. Ethische, religiöse, persönliche. Fast immer kann ich sowas akzeptieren. Nachvollziehen und verstehen vielleicht nicht, aber das muss ich auch gar nicht. Andere Menschen haben andere Ansichten, sie glauben an etwas anderes, sie haben eine andere Geschichte, andere Überzeugungen, andere Prioritäten.
Zwei Sachen aber verstehe ich nicht. Erstens frage ich mich, was Leute, die sich aktiv dagegen entscheiden, Organspender zu sein, erwarten, sollten sie selber eine Organspende brauchen. Interessanterweise gab es dazu heute Morgen auf Twitter einen kleinen Schriftwechsel mit jemandem, der aus vielen verschiedenen Gründen selber keine Organspende erhalten möchte. Ich glaube diesem Menschen das übrigens. Allerdings glaube ich, dass das eine Ausnahme ist und die meisten Menschen gerne ein Spenderorgan hätten, wenn sie mal dringend eins brauchen. Und die, so traurig das auch ist, müssen halt irgendwo herkommen und solange wir mit der Forschung da nicht weiter sind, kommen sie nun mal von Menschen, die sich bereit erklärt haben, ihre Organe zu spenden, wenn sie sie mal nicht mehr brauchen.
Meine Sichtweise ist da sehr einfach. Ich kann nichts verlangen, was ich nicht auch selber bereit bin, zu tun. So ist das. Ich habe es da Gott sei Dank auch einfach, mir steht nichts im Weg. Keine Religion oder andersartige Überzeugung, die mir sagt, dass ich das nicht tun sollte.
Etwas anderes verstehe ich aber noch viel weniger, nämlich was die seltsame Organspendeverweigerung vor dem Hintergrund der Korruptionskandale soll. Ich meine, natürlich verstehe ich, was das soll, aber ich finde es so furchtbar albern. So eine irre Art zu protestieren, wem glaubt man, damit irgendwas zu beweisen? Den Ärzten? Den Leuten, die unberechtigt Organe empfangen haben? Denen ist das vermutlich ziemlich egal. Nicht egal ist es denen, die immer noch geduldig auf eine Organspende warten, die ihnen ein gesundes Leben ermöglicht. Oder überhaupt ein Leben. Das sind die Leidtragenden dieser Organspendeverweigerung.
Und mal abgesehen davon, es ist ja nicht so, als ob die Menschen, die auch bei dem Korruptionsskandal Organe unberechtigterweise bekommen haben, diese nicht gebraucht hätten. Natürlich macht es die Sache nicht zwingend besser und die Menschen nicht unbedingt sympathischer, aber so ein Spenderorgan lässt man sich ja nicht aus Spaß an der Freud in den eigenen Körper transplantieren.
Also bitte. Wenn ihr außer Prokrastination und Vergesslichkeit keine Probleme damit habt, dass eure Organe im Ernstfall jemandem anders wieder ein gesundes Leben ermögichen, dann besorgt euch halt diesen Wisch, unterschreibt ihn und steckt ihn ins Portemonnaie. Ich möchte niemanden bekehren, jeder muss das für sich selbst entscheiden, aber sich nur wegen ein paar doofer Menschen, die das System ausgenutzt haben, jetzt querzustellen, das verstehe ich wirklich nicht.
(Übrigens: Als Izzie das damals bei Grey’s Anatomy mit Denny gemacht hat, da fanden wir das alle furchtbar romantisch. Dabei war das eigentlich gar nichts anderes.)