Wie ich (zweimal) versuchte, ein Pferdemädchen zu werden und (zweimal) scheiterte.

Die wunderbare Silent Tiffy und ich drohten uns gegenseitig damit, Ernst zu machen und über unser Ponyhof- bzw. Pferdemädchentrauma zu schreiben. Frau Schöner meldete auch Interesse an. Also kann man eigentlich auch gleich eine Blogparade draus machen und dazu aufrufen, die eigenen Erfahrungen auf Ponyhöfen und in Reitschulen aufzuschreiben, ob gut oder schlecht spielt keine Rolle. Sollte das tatsächlich Anklang finden (ich glaube Dinge ja immer erst, wenn ich sie sehe), werde ich die Links zu allen Geschichten sammeln. Ansonsten eben nicht.

Auf Twitter ging es heute um Pferde und Leute wie mich, die irgendwann mal krampfhaft versuchten, Pferdemädchen zu werden, und dabei kläglich scheiterten. Ich war sogar besonders gut (eventuell auch besonders lernresistent), ich versuchte nämlich zweimal sehr krampfhaft, diese Sache da mit den Pferden und dem Reiten total gut zu finden und musste beide Male mit hängenden Schultern und unbequemen Reiterhosen geschlagen vom Felde ziehen.

Aber fangen wir am Anfang an. Als Mädchen wird man irgendwann mit Pferden konfrontiert. Wie genau das passiert, und warum das so ist, man weiß es nicht, aber spätestens im Grundschulalter schwirrt irgendwann dieses Phantasiebild des glücklichen Mädchens mit seinem treuen Begleiters herum. Man hat gefälligst Pferde gut zu finden und weil man es meistens nicht besser weiß, glaubt man dann wirklich, man fände jetzt Pferde gut. Eigentlich ist es dann zwar so, dass man Pferde trotzdem irgendwie unheimlich findet, viel zu groß und unberechenbar, außerdem beim Ponyreiten eher unbequem, mäßig spannend und mit einem großen und unberechenbaren Maul, mit dem sie einem auf große und unberechenbare Art und Weise Möhren aus der Hand schnubbeln.

Aber man hat ja Pferde gut zu finden. Sagen alle. Vor allem die anderen Mädchen in der Schule. Und die Pferdezeitschriften. Und das Fernsehen. Und die Bücher. Und überhaupt alle. Also lässt man sich ein bisschen wider besseres Wissen aber mit den größtmöglichen guten Vorsätzen auf einem Ponyhof anmelden. In meinem Fall war ich neun, es war in den Sommerferien vor der fünften Klasse und der Ponyhof war irgendwo im Münsterland. WO AUCH SONST?

Selbstverständlich hatte ich eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie das abzulaufen hatte. Ich würde da auf den Ponyhof fahren, mit vielen anderen Mädchen zusammen reiten, spielen, in einem Zimmer schlafen, wir würden alle supergute Freundinnen werden und ich würde in Nullkommanix sowohl Reiten als auch Pferde gut finden lernen. Ich kannte mich aus, ich hatte nämlich sehr viele Schneiderbücher gelesen und da sind immer alle Freunde (außer die doofen, aber ich war ja nicht doof) und Pferde waren da auch immer super. Ich war bestens vorbereitet.

Was ich nicht bedacht hatte, war die Realität. Vor allem die realen neun- bis zwölfjährigen Mädchen. Und die realen Pferde. Und das sehr, sehr reale Reiten. Wer leichtfertig „Das Leben ist kein Ponyhof“ sagt, der war wahrscheinlich noch nie auf einem Ponyhof. Aber ich war auf einem Ponyhof und ich kann ziemlich sicher sagen: Auf dem Ponyhof ist es scheiße. Der Ponyhof ist voller Mädchen, die alle älter sind als man selber, sowieso mindestens zu zweit gekommen sind, schon seit Jahren reiten und außerdem schon seit einer Woche auf dem Ponyhof und dementsprechend voll die Checker sind, die alles bestimmen dürfen. (Zum Beispiel auch, dass jetzt alle den ganzen Berg Nutellabrote aufessen müssen, weil die Ponyhofbesitzerin die alle geschmiert hat und deswegen darf nichts übrigbleiben. NICHTS! KEIN EINZIGES BROT! WEIL WIR DANKBAR SEIN MÜSSEN! UND DESWEGEN MÜSSEN JETZT ALLE BROTE ESSEN, BIS KEIN EINZIGES MEHR ÜBRIG IST. True story.) Wenn man da nicht über einen alles überstrahlende Persönlichkeit verfügt, hat man sowieso keine Chance mehr, in den Club aufgenommen zu werden und freut sich ungefähr nach zwei Tagen schon auf den Abreisetag.

Aber es sind ja nicht nur die Mädchen, da sind auch noch die Pferde. Große Pferde. Unberechenbare Pferde. Und auf denen soll man reiten. Reiten! Wer hat sich diesen Unsinn ausgedacht, dass man auf einem Ponyhof dauernd reiten soll? Auf Pferden! Der Ponyhof gehörte einer Frau mit drei Töchtern, die alle drei für die Reitstunden und anderweitigen Aufgaben zuständig waren und bis auf eine eher wenig Verständnis für neunjährige Mädchen aufbrachten, die mit der Gesamtsituation überfordert waren und mit dem Reiten und den Pferden auch ein bisschen.

Ja. Ich habe auf Pferden gesessen. Ich bin geritten, Schritt, Trab und Galopp, wobei Schritt okay war, Trab eine einzige Zumutung und Galopp zwar unheimlich, aber immer noch besser als Trab. Ich war sehr tapfer.

Wenn man dann den Tag über ausreichend viel zum Reiten genötigt wurde, musste man abends in den kleinsten und dunkelsten Indoorpool der Welt, bekam dann irgendwelche Brote vorgesetzt und wurde abends im Schlafsaal wieder von Chefcheckermädchen auf seinen Status als Nichtclubmitglied zurückverwiesen. Man merkt es schon: Ein einziger Spaß! Wenn man einem Kind das mit den Pferden möglichst schnell wieder austreiben will, dann schicke man es zu einem möglichst ungünstigen Termin (kurz vor Ende der Ferien) in möglichst jungen Jahren alleine auf einen Ponyhof. Das klappt dann schon.

(Meine Eltern trifft hier übrigens keine Schuld. Ich wollte es ja so. Mittlerweile weiß ich, dass meine Mutter mich liebend gerne von diesem Ponyhof befreit hätte, aber der Gedanke, mich vorzeitig abholen zu lassen, kam mir überhaupt nicht. Aus unerfindlichen Gründen habe ich solche Sachen immer relativ knallhart durchgezogen.)

Man hätte jetzt denken können, dass mich diese Erfahrung für immer vom Pferdefieber geheilt hätte. Aber so einfach ist das ja nicht. Also sollte ich noch mal scheitern, aber diesmal musste ich dafür wenigstens nicht in einem Schlafsaal voller doofer Mädchen übernachten. Es war nämlich so:

Auf dem Gymnasium in Köln waren wir in meiner Klasse neun Mädchen. Vier davon waren Pferdemädchen. Vier fanden Boygroups super. Eine war ich. Um jetzt wenigstens irgendwo dazuzugehören, musste ich mich entscheiden: Pferde oder Boygroups. Weil es mir ein bisschen vernünftiger vorkam und außerdem das netteste Mädchen der Klasse auch zu den Pferdemädchen gehörte, entschied ich mich für die Pferde und verkündete, jetzt auch Reiten zu lernen.

(An dieser Stelle ist übrigens der Aufhänger der ganzen Geschichte zu finden. Es kann nämlich gut sein, dass die Reitschule, die ich zum Zwecke der Pferdemädchenstatuserreichung besuchte, genau die Reitschule ist, die Wibke Ladwig von Sinn und Verstand regelmäßig aufsucht. Kann aber auch nicht sein. Es gab zwei Reitschulen bei uns, eine in Dünnwald und eine in Dellbrück und ich habe vergessen, wo ich Reitstunden hatte. Der Name kam mir aber ein bisschen bekannt vor.)

Anscheinend hatte ich zu diesem Zeitpunkt die Erinnerungen an den Ponyhof erfolgreich verdrängt. Statt dessen verbrachte ich ganze Sommer mit Simone, mit der ich in der Grundschule in einer Klasse gewesen war, in deren Garten. Dort hatten wir einen ganzen Springparcours aufgebaut und spielten stundenlang Ponyhof. Die Geschichten waren voller Dramen und Tragödien, hatten aber meistens ein Happy End. Irgendwer war immer fürchterlich unglücklich und rannte weg, kam in Regenschauer, stürzte und brach sich irgendwelche Beine. Zwischendurch gab es Turniere, die man gewann oder auch nicht. Manchmal konnte man auch nicht teilnehmen, weil man sich ja gerade ein Bein gebrochen hatte (DRAMA!). Auch an dieser Stelle möchte ich auf einen erhöhten Konsum von Schneiderbüchern und Wendyheften verweisen, der unsere Ponyhofdramen mit den notwendigen Klischees, Storystereotypen und Schockmomenten fütterte.

Selbstverständlich konnte ich auf dem Fantasieponyhof total gut reiten. Sogar springen und Wettkämpfe gewinnen! Alles war möglich. Es hatte nur eben relativ wenig mit echten Pferden zu tun.

Wenn man dann tatsächlich Reitstunden nimmt, dann hat das überraschenderweise erschreckend viel mit richtigen Pferden zu tun und ich durfte feststellen, dass diese Tiere noch genauso groß und unheimlich waren wie auf dem Ponyhof. Aber ich war wieder tapfer. Ich ging zur Reitstunde. Und dann noch mal. Und noch mal. Ich langweilte mich ein bisschen beim Schritt, litt ausdauernd beim Trab und stand kleine Todesängste beim Galopp aus. Ich ließ mich vom Reitlehrer anschnauzen und ritt Runde um Runde im Kreis, striegelte nachher das Pferd und kratzte mit Todesverachtung Hufe aus, immer die Angst im Nacken, den Huf gleich im Gesicht zu haben.

Es war relativ simpel: Ich war kein Pferdemädchen und ich würde wohl auch keines werden. Das Leben war kein Ponyhof, glücklicherweise. Vor allem aber war das Leben auf dem Ponyhof kein Schneiderbuch. Es war nicht voll von glücklichen Mädchen, die beste Freundinnen waren und gemeinsam auf dem Rücken ihrer Lieblingspferde wilde Abenteuer bestehen. Es war voll von Mädchen, die etwas toll fanden, das ich mit Argwohn beäugte. Reiten war nicht leicht und wundervoll, sondern schwer und schmerzvoll und zwischenduch ziemlich langweilig. Pferde wurden nicht auf magische Weise zu Wesen, zu denen ich eine tiefe Verbindung hatte, zu besten Freunden gar. Nein, sie blieben große, unheimliche und unberechenbare Tiere, die mich genauso misstrauisch von der Seite anschielten wie ich sie und die vermutlich genauso wenig wollten, dass ich auf ihrem Rücken saß, wie ich auf ihrem Rücken sitzen wollte.

Es war vorbei. Ich war kein Pferdemädchen und ich sollte auch nie mehr versuchen, eins zu werden.

(Ich glaube ja, dass ich meine Mutter mit der Entscheidung, doch nicht reiten zu wollen, sehr glücklich gemacht habe. Glücklicher war sie wohl nur, als ich entschied, nicht mehr im Kinderchor singen zu wollen und meinen Eltern so schlimme mehrstündige Weihnachtskonzerte ersparte.)

Nichtsdestotrotz kann ein kleiner Teil von mir die Faszination nachvollziehen. Ich gucke dann ein bisschen neidisch auf Leute, die im Einklang mit der Natur und dem Tier und mit was man sonst noch so im Einklang sein kann über Wiesen und Felder galoppieren. Nicht zuletzt weiß ich zumindest, dass das, was da so einfach aussieht, mal überhaupt nicht einfach ist, dass man, wenn man auf so einem Pferd sitzt, von oben bis unten und von hinten bis vorne durchgeschüttelt wird, dass so ein Pferderücken irrsinnig breit und unbequem ist und dass man sich nicht so einfach mal auf ein Pferd setzen und losreiten kann.

Mit diesem Wissen denke ich alle paar Jahre mal, dass man vielleicht doch mal Reiten lernen sollte, nur für den Fall, dass man sich irgendwann mal in einer Notsituation befindet und zufälligerweise aber ein Pferd in der Gegend rumsteht (vorzugsweise mit Sattel und Zaumzeug). Dann wäre es nämlich total praktisch, Reiten zu können. Zugegebenermaßen fällt mir aber kein guter Grund ein, wie es zu so einer Notsituation kommen könnte, und dann denke ich wieder an den Ponyhof und die Reitstunden und dann denke ich, dass ich vermutlich doch nicht noch mal Reiten lernen muss. Und dann ist alles gut.

Lieblingstweets im Juli woanders

Meine Lieblingstweets gab’s hier und hier und der Rest folgt und wird wie gewohnt aktualisiert.

1ppm

Crocodylus

Die liebe Nessy

e13/Kiki Teil 1 und Teil 2

Herzdamengeschichten

JanBob

jawl

Journelle

Lady Himmelblau

Vorspeisenplatte

Ellebil

Donnerhallen

Excellensa

wirres.net

Jörn Schaar

Die Ennomane

André Herrmann

Trotzendorff

Anke Gröner

Too much information

Lampiongarten

Alternative Diary

I live by the fjord/Eeek

Das Nuf

Lieblingstweets im Juli (Teil 2)

Das sind schon wieder so viele, da kann man auch ein paar Tage früher anfangen. Es geht um Supergrundrechte, Königskinder, Brühwürfel, Brokkoli, Käsekuchen, die Bahn, unendlich Akku und Teichfolie. Also, irgendwie um alles. Und Katzen. Katzen kommen auch vor. Wir sind ja hier schließlich im Internet.

Webgedöns – Diverse Kalenderwochen 2013

Mal wieder Links der Woche, ach Quatsch, des Monats, ach Blödsinn, des letzten halben Jahrs! Und dann gucken wir mal, ob ich’s demnächst wieder regelmäßiger schaffe. (Nach dem letzten Satz musste ich erst mal ein paar Minuten herzlich über meinen eigenen Optimismus lachen, aber die Hoffnung stirbt ja… Sie kennen diesen Spruch ja selber.)

Ellebil schreibt darüber, warum Tim Bendzko symptomatische Lieder macht. Ich hab ansonsten gar nichts gegen den jungen Musiker, aber ich kann so Klischeekram auch nicht leider und bin immer ein bisschen persönlich enttäuscht, wenn diese Anti-Computer-Stereotypen ausgepackt und bedient werden. Mal abgesehen davon, dass der gute Mann ja vor nicht allzu langer Zeit sein überquellendes Emailpostfach besang. (Seit wir das mit Prism wissen, habe ich da sowieso ganz andere Theorien. Tim Bendzko arbeitet auch beim Geheimdienst und das sind gar nicht alles seine Mails. So ist das nämlich.)

In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch interessant, wie schwierig es ist, über Paypal ein Buch zu verkaufen, in dessen Titel das Wort „Iranian“ vorkommt. (Ziemlich schwierig nämlich.)

Etwas lang, aber durchaus interessant ist der Bericht eines Sprachforschers darüber, welche Methoden angewendet wurden, um herauszufinden, ob „The Cuckoo’s Calling“ tatsächlich von J.K. Rowling geschrieben wurde.

Wichtig für alle: 10 Rules of Internet. Es bleibt aber zu befürchten, dass das wieder nur die Leute lesen, die das eh schon wissen. Und wo wir schon dabei sind, können wir auch gleich die Twelve Habits of Happy, Healthy People Who Don’t Give a Shit About Your Inner Peace lesen. Das Schöne dabei: Es geht sehr oft darum, einfach das zu tun, was man tun möchte.

Familie Buddenbohm war campen. Warum auch immer man so was tun sollte. Die Quintessenz erinnert mich ein bisschen an das, was eine Freundin mir mal vom Campen in der Bretagne erzählte: „Wenn man dann nach Hause kommt, dann freut man sich wochenlang über sein Bett und die Küche und die Toilette.“ Urlaub als Grenzerfahrung, um den Alltag wieder mehr genießen zu können, irgendwie. Kann man auch machen.

Oliver Driesen war auf der sagenumwobenen igs in Hamburg und fängt irgendwann an, Algen zu beschimpfen. Dafür war Herr Buddenbohm auf der gleichen Veranstaltung, um die Spielplätze zu testen. Ich warte immer noch auf den Artikel, in dem zu einem Besuch der großen Gartenschau geraten wird, aber ich glaube, darauf werde ich lange warten. (Die Spielplätze sind aber wohl soweit okay. Immerhin.)

Lukas F. Hartmann wurde per DNA-Analyse für todkrank erklärt und debuggte sich erfolgreich gesund. Man lernt einiges über DNA und Algorithmen. Ein weiteres Beispiel dafür, warum es sinnvoll sein könnte, grob zu wissen, wie Software funktioniert.

Ein Interview mit Janosch in der Zeit. Anscheinend zeichnet er lieber als dass er redet, aber das ist schon in Ordnung so.

„A Guide to Understanding Introverts“ hat wahrscheinlich mittlerweile fast jeder gesehen. Dazu empfehle ich auch die aktuelle Folge von Alexandra Tobors „In trockenen Büchern“, in denen sie das Buch „Still“ von Susan McCain bespricht, was ich auf diversen Kanälen auch schon gefühlt hundertmal empfohlen habe. (Kleiner Hinweis, weil das anscheinend manchmal etwas seltsam rüberkommt: Es geht nicht darum, dass Introvertierte die klügeren/besseren/netteren Menschen wären, sondern darum, wie sich die Wahrnehmung von eher Introvertierten und eher Extrovertierten im Laufe der Zeit gesellschaftlich verändert hat und was das für die unterschiedlichen Charaktertypen bedeutet.)

Was Stühle so denken, wenn sie Kabel auf dem Boden sehen. Kenn ich genau so.

Ein Grund, mal wieder nach Ann Arbor zu fahren. (Wenn man dann schon da ist, um kleine Türen zu suchen, sollte man unbedingt bei Zingerman’s ein Sandwich essen, die sind nämlich phänomenal.)

Wie man mit Müsli Responsive Design und die Unterschiede zwischen Content, einer Desktopapplikation und der gleichen App auf dem Tablet und dem Smartphone demonstrieren kann.

Wer immer schon mal wissen wollte, wie es so in New York im Sommer 1969 aussah, der kann das hier auf 31 tollen Bildern sehen. Ich mag sowas ja sehr.

Für „Comedians in Cars Gettings Coffee“ holt Jerry Seinfeld Comedians zum Lunch ab. Wer Comedians, Kaffee oder Oldtimer mag, ist hier gut bedient.

Ein wunderschönes Musikvideo: The Doubleclicks mit „Nothing to Prove“. Spätestens bei John Scalzi hatte ich eventuell ein kleines Tränchen in den Augen. Der Rest des Albums ist übrigens auch gut, ich hab das getestet.

Mehr als nur ein Tränchen in den Augen hatte ich hingegen bei diesem Video, in dem Dustin Hoffman erklärt, wie er seine Verwandlung in eine Frau für den Film „Tootsie“ empfand.

Als Ausgleich kann man dafür dieses Video gucken, in dem sich ein Waschbär sehr für eine Schüssel Katzenfutter interessiert.

Spaß mit der Lomokamera: Doppelbelichtungsexperimente

Die Geschichte von dem zweiten Lomofilm geht so: Nachdem ich in Köln den ersten Film einfach mal so wild verknipst hatte, nutzte ich den zweiten, um wild mit Blitz und Doppelbelichtung rumzuexperimentieren. Hauptsächlich Doppelbelichtung allerdings.

Als der Film voll war, spulte ich ordnungsgemäß zurück, holte den Film aus der Kamera, und packte ihn pflichtbewusst in das Döschen, worauf er monatelang verschwand. Irgendwann fand ich ihn wieder und legte ihn irgendwohin, wie üblich in dem irrigen Glauben, das wäre jetzt aber auch ein Ort, wo ich mich auf jeden Fall dran erinnern könnte, dass ich da den Film hingelegt hatte. Nix da, der Film verschwand erneut. Auch, als ich den nächsten Film wegbringen wollte, blieb er trotz längerer Suche verschwunden. Ich hatte die lustigen Experimente also schon abgeschrieben, dann würde ich eben nie sehen, was ich alles so fotografiert hatte, auch nicht schlimm, kann passieren.

Und dann tauchte er wieder auf. In der Krimskramsschale in der Küche. Und so konnte ich ihn gestern zum Fotolabor bringen und am nächsten Tag abholen. Diesmal habe ich im Fotoladen „Foco“ auf der Rüttenscheider Straße entwickeln lassen, einfach, weil ich zufällig dran vorbei kam.

„Mal gucken, was draus geworden ist“, sage ich heute beim Abholen.

„Da sind ganz schöne dabei“, sagt die Fotoladenfrau. „Eins ist toll, mit so Häusern und Palmen, doppelbelichtet.“

Dabei strahlt sie die ganze Zeit.

„Die Palmen sind Kunstblumen“, erkläre ich. „Da sind ein paar gute dabei, die muss ich dann nur noch zu Hause einscannen.“

„Brauchense gar nicht“, sagt die Fotoladenfrau und zieht eine CD aus dem Fotomäppchen. „Ist schon erledigt.“

Hier also der ultimative Protipp für alle, die mal Bilder entwickeln lassen wollen, die sie nachher sowieso einscannen. Im Foco-Fotoladen auf der Rüttenscheider Straße 102 (da, wo der REWE ist), gibt’s CD gratis zum Entwickeln dazu. Und man wird die ganze Zeit angestrahlt. Das reicht eigentlich auch schon als Grund.

(Wobei die Leute bei Foto Frankenberg auch immer sehr, sehr freundlich und hilfsbereit sind, nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht.)

Hier also die lustigen Doppelbelichtungsexperimente. Zeche Zollverein, Riesenrad, Weihnachtsdeko und Ampeln. Denn doppelt hält ja bekanntlich auch besser.

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Spaß mit Doppelbelichtung

Häuser und Palmen Kunstblumen.

 

Anne erklärt das Internet: Der oder das Blog?

Ich versuche, die Diskussion, die sich um die Frage „Der oder das Blog?“ rankt, mal mit einer kleinen Analogie nachzubauen. Stellen wir uns folgende Szene vor: Drei Freunde, nennen wir sie A, B und C sitzen zusammen am Frühstückstisch und frühstücken friedlich und harmonisch vor sich hin.

A: Gib mir doch mal bitte das Nutella.

B und C stutzen, sehen sich kurz an, und wenden sich dann A zu.

B: Ähm… hab ich richtig gehört?

A: Hm?

C: Hast du gerade das Nutella gesagt? Jetzt ernsthaft?

B (die Augenbrauen hochziehend): Das Nutella?

A: Wie soll man denn sonst sagen? Ist doch auch egal.

B: Na ja, so egal ist das nicht. Das ist schon sehr wichtig, ob man das oder die Nutella sagt.

A: Ich sag schon immer das Nutella.

B: Da könnte ja jeder kommen. Es heißt die Nutella. DIE Nutella! Schon immer.

A: Bei mir nicht. Außerdem ist es ein Kunstwort, so lange gibt’s das doch noch gar nicht.

C: Ja, aber wir haben alle immer die Nutella gesagt. Immer schon.

A (leise zu sich selbst): Wer issen bitteschön „wir“?

B: Ich hab schon die Nutella gesagt, da warst du noch nicht mal geboren, geschweige denn, dass du „Nutella“ sagen konntest.

A: Aber ist das nicht echt irgendwie schnurzpiepe, wie es heißt?

B und C im Chor: NEIN, IST ES NICHT!

A: Hm.

B: Außerdem heißt es ja auch „die Nussnougatcreme“ und deswegen muss es zwangsläufig „die Nutella“ heißen. Geht gar nicht anders. Niemals nie nicht.

A: Aber Sprache ist doch auch nicht immer logisch.

C: Dochdochdoch! Immer! Überall!

A: Also, darf ich jetzt bitte was Nutella haben?

B: Wie heißt das?

A: NU-TEL-LA!

B: Mit Artikel!

A: Das Nutella.

B: Nee, kriegste nicht.

A: Weil ich immer noch das Nutella sage?

B: Ja. Wer nicht weiß, dass es die Nutella heißt, der darf auch keine Nutella essen. Überhaupt sollte dir die Frühstückslizenz entzogen werden.

C: Genau.

A: Ihr seid ja bekloppt.

B: Nein, gar nicht. Das heißt die Nutella und dann ist auch nur die Nutella richtig.

A: Im Duden steht aber, es geht beides.

C: WEIL DER DUDEN AUCH ANGIBT, WAS DIE LEUTE SAGEN, DIE KEINE AHNUNG VON NUSSNOUGATCREME HABEN! NUR WEGEN SO NUSSNOUGATCREMEANFÄNGERN WIE DIR STEHT DAS DA!

B: ABER ES IST FALSCH!

A: Aber kann das nicht auch mal sein, dass Sprache sich mit der Zeit ändert.

B: Prinzipiell schon, ABER NICHT BEI NUTELLA!

Alle gucken sich schweigend an. A atmet einmal kräftig durch.

A: Also, kann ich jetzt mal bitte das Nutella haben?

B und C im Chor: DU KRIEGST KEINE NUTELLA!

A steht auf, fährt zum Supermarkt, kauft sich Brötchen und ein Glas Nutella und schmiert sich zu Hause ihre Nutellabrötchen selber.

Ende der Geschichte

 

Man kann das alternativ auch mit die/das Limo oder der/das Joghurt durchspielen. Wer jetzt noch weiter diskutieren möchte, viel Vergnügen.

Schöner Suchen – Die Bahnfahredition

Schon lange gab es hier keine hübschen Suchbegriffe mehr. Dafür gibt es jetzt die geballte Ladung wirklich guter Fragen rund um die Bahn. Diesmal werde ich zur Abwechslung mal versuchen, tatsächlich hilfreich zu sein, ganz in der Hoffnung, dass der nächste Suchbegriffeintipper dann auch ganz schnell hier die richtige Antwort findet.

wie sind die bahnsteige im hauptbahnhof ffm angeordnet

Von links nach rechts bzw. von Süden nach Norden und von 1 bis dingsundzwanzig. In dieser Hinsicht ist der Frankfurter Hauptbahnhof wirklich sehr hübsch ordentlich und übersichtlich. Die S-Bahn fährt allerdings unterirdisch, da muss man sich ein bisschen an den Schildern orientieren, irgendwo eine Treppe runter und dann nur noch aufs richtige Gleis finden (auch dafür gibt es Schilder).

wie komm ich mit dem auto hinter den koelner hauptbahnhof

Einfacher als vor den Hauptbahnhof auf jeden Fall. Von der Rheinuferstraße muss man am Musicaldome oder wie das blaue Zeltdings auch immer heißen mag, stadteinwärts abbiegen und dann ist man auch quasi schon da. Wenn man von der Rheinuferstraße in die andere Richtung abbiegt, landet man übrigens im Rhein, man kann also fast nichts verkehrt machen.

wie lange braucht man zu fuß vom hauptbahnhof köln zum breslauer platz

Theoretisch gar nicht. Der Breslauer Platz ist die U-Bahn-Station, die direkt hinter dem Kölner Hauptbahnhof ist. Wenn man also zum Beispiel mit der S-Bahn ankommt und ganz am anderen Ende des Bahnhofs ist, ist man sowieso schon auf der richtigen Seite und muss nur noch durch den Ausgang und ist mehr oder weniger schon da. Also, vom Haupteingang je nach Menschenmenge und Schrittempo drei bis fünf Minuten, vom Hintereingang weniger als eine.

wie komme ich von fulda bahnhof weg

Am besten schnell? Und vor allem: Wohin denn? Ich verstehe die Frage nicht so ganz, möchte aber trotzdem helfen. Zu Fuß am besten durch den Ausgang, dann ist man in der Stadt und damit faktisch weg vom Bahnhof. Mit dem Auto wahrscheinlich am besten in irgendeine Richtung fahren, die vom Bahnhof weg führt. Will man mit dem Zug fahren, dann steigt man einfach in irgendeinen Zug ein, denn er wird den Bahnhof mit 99-prozentiger Sicherheit verlassen. Es gibt also viele Möglichkeiten, weshalb eine Präzisierung der Frage sinnvoll wäre.

ice fahren wo ambesten einsteigen

Auch das hängt ganz von der Situation, der Tageszeit und dem Zug ab. Haben Sie eine Reservierung, so steigen Sie am besten in den Wagen ein, in dem Sie auch sitzen werden. Informationen darüber, wo der Wagen vermutlich hält, entnehmen Sie dem Wagenstandsanzeiger, der üblicherweise auf dem Bahnsteig aushängt. Ändert sich die Wagenreihenfolge, dann erfahren Sie das meistens im Voraus und müssen einfach ein bisschen nachdenken und sich eventuell neu positionieren. Haben Sie ein bahn.comfort-Ticket, so steigen Sie am besten in den Wagen mit den bahn.comfort-Plätzen. Auch diese sind auf dem Wagenstandsanzeiger markiert. Haben Sie weder eine Reservierung noch ein bahn.comfort-Ticket, dann ist es egal und Sie müssen auf Ihr Glück bzw. einen möglichst leeren Zug hoffen.

hauptbahnhof frankfurt am main von gleis 7 zum gleis 9

Steigt man relativ nah am Anfang des Bahnsteigs aus (Abschnitte A und B), dann geht man einfach bis zum Anfang des Bahnsteigs vor, biegt dann links ab und dann bei nächster Gelegenheit (NICHT AUF DIE GLEISE LAUFEN!) wieder links. Schon ist man da. Man kann sich auch an den großen Zahlen orientieren, die an jedem Gleis mehrfach angebracht sind. Steigt man eher mittig oder hinten aus, dann kann man auch die kleine Treppe in Abschnitt C benutzen, runter in den Tunnel, dann rechts und die nächste Treppe wieder rauf. Da riecht’s nur meistens eher eklig.

köln hbf nach köln deutz zu fuß

Einfach über die Hohenzollernbrücke laufen. Geht schnell und ist schön. Pro-Tipp: Wenn man auf Gleis 1 ankommt, kann man auch den Bahnsteig Richtung Rhein lang laufen und von da aus landet man fast direkt auf der Brücke, man muss also gar nicht doof durch den Bahnhof laufen, und draußen wieder die Treppe hoch.

wie kann man zum dom hbf mit der bahn kommen

Am besten nimmt man eine Bahn Richtung Köln Hbf, da ist dann auch der Dom. Die Straßenbahnhaltestelle heißt auch so. Man kann fast nichts falsch machen, sollte nur auf die ICEs verzichten, die nur nach Köln Deutz/Messe fahren. Wenn man da nicht rechtzeitig aussteigt, ist man nämlich ganz schnell in Frankfurt oder Düsseldorf.

wie komme ich auf die andere seite vom bodensee

Nicht mit dem Zug. Aber es gibt Fähren, z.B. von Konstanz nach Meersburg. Fähre fahren ist toll.

kann man an der seilbahn in köln von beiden seiten tickets kaufen ?

Ja.

Ausflug zu Les Flâneurs

Dom

Ich bin ganz entzückt vom Großstadtblog Les Flâneurs, das von vielen tollen Menschen betrieben wird. Als ausgewiesenes Großstadtkind mit Rheinlandsozialisierung prangerte ich jedoch mal an, dass es ja gar niemanden aus NRW bei den Autoren gäbe. Ausgerechnet NRW, wo es von Städten ja nur so wimmelt und eine an der anderen klebt. Weil Meckern ohne Lösungsvorschlag aber doof ist, bot ich sofort an, einen Gastbeitrag zu schreiben.

Und das habe ich nun getan und man kann es auch schon lesen. Bei Les Flâneurs schrieb ich nämlich darüber, wie das mit den Kölner und ihrer nicht immer ganz nachvollziehbaren Liebe zum Kölner Dom ist. Das geht nämlich ganz tief und ist sogar halbwegs brauchbar zu erklären. Hoffe ich jedenfalls.

Frankreich, deine Bahnhöfe: Gare d’Arcachon

Pro: Wie so oft in kleinen Orten: Es gibt einen! Woohoo! Und die Züge fahren immerhin so grob einmal die Stunde nach Bordeaux. Außerdem ist er hübsch rosa, an der nächsten Brücke stadtauswärts hängen hübsche Blumenkästen (nicht fotografiert) und draußen gibt es anscheinend Aufladestationen für Elektroautos und ein total hübsches buntes Bild. Nicht zuletzt: BLUMENAUTOMAT! Total praktisch!

Contra: Die Züge fahren nur einmal die Stunde und dann auch nur bis Bordeaux und sonst quasi nirgendwohin. In der kleinen Bahnhofshalle kriegt man nur Tickets und Blumen, sonst nichts und so richtig heimelig ist es da auch nicht. Außerdem darf man nicht skateboarden oder Rad fahren. Vermutlich darf man das auch an anderen Bahnhöfen nicht, aber hier gibt’s extra Verbotsschilder.

Geheimtipp: Mit dem Auto nach Biscarrosse-Plage fahren und da dann aufs Surfbrett klettern. Aber ich glaube auch, ich bin da jetzt viel zu voreingenommen, um noch objektiv beurteilen zu können. Arcachon ist auch schön.

Besser nicht: Spontan vorbeikommen und hoffen, das schon was fahren wird. Ansonsten habe ich aber keine Beanstandungen.

Die Tour: Irgendwo in Bahnhofsnähe geparkt und zu Fuß zum Bahnhof gelaufen, dann rundherum, rein und vor allem auf dem Gleis hin und her und dann nach Arcachon zum Mittagessen.

 

Bahnhof

Ausgang

Blumenautomat

Tickets

Zug

Aussicht

Schild

Aussicht

Decke

Taube

Lautsprecher

Gleis

Danger

Verboten

Bild

E-Auto

Bahnhof

Code Literacy und warum wir dringend einen vernünftigen Informatikunterricht brauchen

Wenn man mit der tödlichen Sommererkältung flach liegt, kann man viele Dinge tun. Schlafen zum Beispiel, oder lesen. Oder lustige bis furchtbare Sendungen privater Fernsehanstalten gucken. Oder aber, wenn man es rechtzeitig mitbekommt, den Livestram der DLDWomen 2013 gucken. Vollkommen abgefahren, da liegt man schniefend, hustend und in Vollzeit schleimproduzierend im Ruhrgebiet auf dem Sofa und kann live mitbekommen, was in München für tolle Vorträge gehalten werden. Meike Winnemuth war da und Carl Djerassi, Jacqueline D. Reses von Yahoo! redete darüber, was physische Zusammenarbeit auch bedeuten kann und Elif Shafak sprach über die Bedeutung von Storytelling.

Besonders gefreut habe ich mich aber über den Vortrag „Code!!“ der beiden Stanford-Studentinnen Ayna Agarwal und Ellora Israni von she++, die darüber sprachen, warum es wichtig ist, dass Frauen in der IT Fuß fassen und mehr Frauen programmieren lernen. Aus nachvollziehbaren Gründen ist das ein Thema, was mich besonders interessiert. Die beiden Frauen brachten meiner Meinung nach genau die richtigen Argumente: Wir sind umgeben von Technologie, wir benutzen zig verschiedene Gadgets jeden Tag, unterschiedlichste Software, wir vertrauen Technologie wesentliche Bestandteile unseres Lebens an, die Branche ist aber nach wie vor männerdominiert. Und nur, um das gleich klarzustellen, es geht nicht darum, dass Männer irgendetwas falsch machen würden, es geht vielmehr darum, dass Diversität fehlt, dass Frauen vermutlich genauso viel und oft mit Technologie umgehen, ihre Sichtweise aber sowohl bei Entwurf als auch bei der Produktion von Software weitestgehend fehlt.

Ein anderer und sehr wichtiger Punkt ist aber der des Empowerments. Das gilt natürlich für viele andere Bereiche auch. Ich kann kaum einen Knopf wieder annähen, und muss für jeden Quatsch zum Schneider laufen, ich kann nicht klempnern und ich bohre nur ungern irgendwelche Löcher in Wände. Ich kann dafür aber prima IKEA-Möbel aufbauen und verstehe meistens, was der Steuerberater mir erklärt. Vorlieben und die damit verbundene Bereitschaft, sich mit irgendwas zu beschäftigen, sind individuell, oft nicht rational und können sich ständig ändern. Vor allem aber sind sie eine Voraussetzung für die eigene Selbstständigkeit, die Unabhängigkeit, autark zu handeln und nicht von anderen und ihrem Wissen abhängig zu sein.

Ich habe lange damit gehadert, wie man erklären soll, warum viel mehr Leute, und ich meine ausdrücklich Leute und nicht Frauen, programmieren sollten. Es geht dabei gar nicht darum, dass jetzt alle Softwareentwickler werden sollten, es geht um ein Grundverständnis von IT, Software und dem, was eigentlich dahintersteckt. Um eben nicht hilflos vor dem eigenen Computer zu stehen, wenn irgendwas nicht funktioniert, um nicht auf einen Bekannten warten zu müssen, wenn das Internet nicht geht. Wenn wir umgeben sind von Technologie, wenn jede Firma und jede/r Selbstständige eine Webseite braucht, um präsent zu sein, wenn ich davon ausgehen muss, dass potentielle Arbeitgeber, aber natürlich auch sonst jeder, mich googeln kann, wenn ich auf Facebook bin, einen Blog schreibe oder sonst irgendwie im Netz aktiv bin, dann sollte es doch eigentlich ein Bedürfnis sein, zumindest in groben Zügen zu verstehen, was da eigentlich passiert, um selbstständig Entscheidungen treffen und Dinge einschätzen zu können.

Christian beschreibt das in einem Artikel sehr schön, den er anlässlich der Meldung, in Hamburg würde der Informatikunterricht als Pflichtfach abgeschafft werden, geschrieben hat. Das Argument der Zuständigen in Hamburg geht in die Richtung, dass man ja auch nicht wissen muss, wie ein Fernseher funktioniert, um Fernsehen gucken zu können. Also müsse man auch nicht wissen, wie ein Computer funktioniert, um irgendwas mit dem Computer machen zu wollen. Das wäre vermutlich sogar ein nachvollziehbares Argument, wenn es in der Informatik nur um Hardwarekomponenten ginge, dabei macht das aber nur einen sehr, sehr kleinen Teil aus. Die Wirklichkeit ist wie immer komplizierter: Ein ordentlicher Informatikunterricht könnte und sollte nämlich ganz andere Aspekte behandeln, die mit dem Aufbau eines Computers gar nichts zu tun haben.

In dem Beispiel, das Christian erzählt, kostet es ein kleines Unternehmen 600 Euro, weil der Kunde die Risiken seiner Anweisungen nicht versteht, und darauf besteht, dass etwas getan wird, was sich im Nachhinein als grober Fehler herausstellt. Lektion dieser Geschichte: Die Weigerung, sich mit „der Informatik“ zu beschäftigen, kann teuer werden.

Viele Geschichten, die ich so von den selbstständigen Grafikern/Webdesignern/Softwareentwicklern in meiner Facebooktimeline lese, gehen genau in diese Richtung. Man will sich nicht mit dem technischen Aspekt beschäftigen, man will auch gar nicht verstehen, worum es geht, das sollen die anderen machen. Oft werden dadurch durch Unwissen falsche Entscheidungen getroffen, Warnungen werden in den Wind geschossen („Ich will das aber so!“) und kosten am Ende Geld, Zeit und Nerven. Letzteres dann leider vor allem bei den Dienstleistern.

Den Begriff „Code Literacy“ habe ich in einer Session auf der re:publica 2013 aufgeschnappt, ich fand ihn irgendwie interessant, hatte eine eigene Idee dazu im Kopf, wusste aber nicht im Geringsten, ob das auch mit dem übereinstimmte, was andere Leute sich dazu überlegt hatten. Leider entpuppte sich die Session als Workshop, und da ich zur Hälfte der Zeit in einen anderen Vortrag huschen wollte, habe ich mich dann verzogen. (Aus dem Workshop entstand dann übrigens ein Blog, der sich mit dem Thema beschäftigt.)

Der Begriff ließ mich jedoch nicht los, weil er ungefähr das fasst, was ich erreichen will, wenn ich Leute dazu ermuntere, doch mal ein bisschen „Programmieren“ zu lernen. Meistens meine ich damit auch gar nicht programmieren, sondern die einfache Aufforderung, sich mal hinter den Kulissen des eigenen Blogs umzuschauen oder zu verstehen, wie Webseiten überhaupt erstellt werden. Sobald man die Grundlagen einmal kapiert hat, eröffnen sich nämlich direkt neue Möglichkeiten, mehr Freiheit, mehr Rumtricksen, wenn etwas nicht genau so funktioniert, wie man sich das vorstellt.

Es kann jedoch auch bedeuten, dass man nicht mehr auf die Hilfe fremder Programme angewiesen ist, sondern durchaus in der Lage ist, sich sein eigenes kleines Makro oder Hilfsprogramm zu schreiben, das den einen, ganz konkreten Handgriff erleichtert, den man jeden Tag mehrmals tun muss. Da genau solche Handgriffe oft sowohl sehr individuell als auch sehr trivial sind, kann es gut sein, dass man in der gleichen Zeit, wie man ein existierendes Programm so weit hingebogen hat, dass es das tut, was man möchte, sein eigenes kleines Ding programmiert hat.

Code Literacy bedeutet für mich, nicht vor Schreck zu erstarren, wenn man eine Seite Code sieht, sondern zumindest grob einschätzen zu können, was es damit auf sich hat, oder auch ganz simpel, ob es für einen selber überhaupt relevant ist. Wer auch nur ein bisschen Code lesen kann (und ja, ich weiß, dass HTML und CSS kein „Code“ sind, aber zum Zwecke dieser Übung behandeln wir auch diese Sprachen mal so), der kann sich im Netz autarker bewegen, ist weniger auf die Hilfe anderer, sowohl fremder Leute als auch Bekannter, angewiesen und mit ein bisschen Übung, Durchhaltevermögen und Fantasie auch schnell in der Lage, Probleme selbstständig zu lösen.

Es gab vor einiger Zeit ein sehr schönes Video, in dem bekannte und weniger bekannte Menschen erzählten, warum man programmieren lernen sollte. Man kann das sehr schön gucken, sollte sich aber auch nicht zu sehr von der etwas verklärten Vorstellung, wie geil das Leben als Softwareentwickler ist, irritieren lassen. So großartig ist es auch nicht immer, die haben sich da schon ein paar ganz abgefahrene Unternehmen ausgesucht. Außerdem möchte ich nicht immer wissen, welcher Einsatz fürs Unternehmen im Gegenzug von den Mitarbeitern gefordert wird. Ja, ich finde meinen Job super, aber ich weiß auch, dass es ganz viele andere wichtige und vermutlich auch wichtigere Berufe gibt. Darum geht es gar nicht.

Das hat auch Scott Hanselman in seinem Artikel „Programming’s not for you? How about thinking? Be empowered!“ schön auseinandergenommen. Es geht nicht darum, supertolle Applikationen zu schreiben und den coolsten Job der Welt zu bekommen. Es geht auch nicht darum, Programmieren nur um des Programmierens Willen zu lernen. Vielmehr geht es darum, problemorientiertes Denken zu erlernen und sich selbst die Macht zu geben, Dinge zu verändern.

Und es geht darum, im ganz normalen Technologiealltag ein mündiger Bürger zu sein, der sich weder vom Geschwafel vermeintlicher Experten irritieren lässt, noch verzweifelt das Handtuch wirft, weil er glaubt, er würde diese „Informatik“ nicht verstehen. (Erfahrungsgemäß blocken viele Menschen schon ab, bevor man überhaupt anfangen konnte, irgendwas zu erklären. Die Vorstellung, das alles müsste zwangsweise wahnsinnig kompliziert/uninteressant/zu technisch sein, scheint hier weit verbreitet. Oft ist es allerdings ganz einfach.) Das gilt sowohl für mich als Privatmensch als auch für mich als politischer Mensch. Gerade in Zeiten von PRISM und Co. ist es geradezu verwegen, zu behaupten, der Durchschnittsbürger bräuchte sich nicht für IT zu interessieren, wir müssen es vermutlich mehr als eh und je. Letztendlich geht es immer um Macht. Wer nicht lesen kann, ist denen ausgeliefert, die es können, muss ihnen glauben, dass sie ihn nicht anlügen oder eben mehrere Leute fragen (und – für die ganz Paranoiden – dann hoffen, dass die sich nicht abgesprochen haben). Wer sich nicht mit „Informatik“ beschäftigen will, der ist denen ausgeliefert, die sich damit auskennen und muss genauso hoffen, dass er nicht angelogen oder ausgenutzt wird. Und wer, wie im Falle des Hamburger Informatikunterrichts, sogar vielen anderen Leuten weismachen will, dass sie diese Kompetenz nicht bräuchten, der hat ganz einfach den Schuss nicht gehört.

she++

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Scott Hanselman: Programmings’s not for you? How about thinking? Be empowered.