Vorbei.

Am Montag fahre ich zum letzten Mal ins Büro, im Gepäck 30 Donuts (zwölf für den Werkschutz, der Rest für die Kollegen), kein Koffer, der Rucksack so gut wie leer. Das muss so, ich fahre ja abends wieder zurück.

Die Wohnungsschlüssel habe ich schon seit Donnerstag nicht mehr, Dienstag habe ich mich offiziell abgemeldet. Kein Zweitwohnsitz mehr. Das war’s.

Heute bleibt der Laptop im Büro, den brauch ich nicht mehr. Ich gebe ab: Meine Visitenkarten, die RSA-Dongles, den Büroschlüssel, den Dauerleihschein, den Betriebsausweis. Die Dame vom Ausweiswesen gibt mir eine Austrittskarte. So geht das alles.

Dann stehe ich draußen vorm Werk. Die Sonne strahlt, ich komm hier nicht mehr rein. Ich arbeite hier nicht mehr. Vorbei.

Wenn man mich nach meinem Lieblingsbuchanfang fragt, so ist die Antwort eine etwas klischeehafte, wenig abgefahren oder außergewöhnlich. Ich mag den ersten Satz aus Charles Dickens „A Tale of Two Cities“ so gerne, oder besser gesagt die ersten paar Worte, denn der Satz ist ja sehr lang, er hört quasi nicht auf und auf einmal ist das Buch zu Ende, dabei wollte man eigentlich nur den ersten Satz zu Ende lesen.

It was the best of times, it was the worst of times.

Das schöne an diesem Satz ist, man kann ihn dauernd verwenden und er passt immer so schön. Drei Jahre Wochenendpendeln, drei Jahre irgendwie kein richtiges Zuhause, oder doch, aber eben in Essen. Ich habe es nie bereut, aber ich wusste auch, wann es zu Ende sein musste und dann habe ich dafür gesorgt, dass es zu Ende ging, bevor ich unglücklich werden konnte.

Drei Jahre Hanau, diese kleine hässliche Stadt kurz vor Bayern. Schön ist das nicht, wusste ja schon Frank Goosen, aber woanders ist auch scheiße. In Hanau, das muss man so sagen, habe ich mich nie zu Hause gefühlt, aber das brauchte ich auch gar nicht, ich habe es auch überhaupt nicht versucht. Ich habe mich aber immer wohl gefühlt. Hanau war immer gut zu mir, es wollte mir nie etwas Böses, es war halt da und so wie es war, war es okay.

Drei Jahre Dentalbranche. Ich weiß jetzt, wie man Zähne richtig bezeichnet und kann manche Fragen bei Quizduell sofort richtig beantworten obwohl ich gar kein zahnmedizinisches Studium hinter mir habe. Total gut. Und ich weiß jetzt, dass ich Carabellihöcker habe, was entweder bedeutet, dass ich irgendwann mal Syphilis hatte (unwahrscheinlich) oder einfach besonders intelligent bin (müssen andere beurteilen).

Vorbei.

Als ich zum Hauptwerk laufe, um die Ausweise abzugeben, strahlt die Sonne vom knallblauen Himmel, während es zeitgleich regnet. Man traut sich gar nicht, das zu schreiben, weil man sofort in den Verdacht gerät, Dinge überzuinterpretieren oder sich einfach was auszudenken, nur damit es gut zur Geschichte passt. Aber es hilft ja nichts, ich denke, ja genau, so ist das: Sonnenschein und Regen. Das fasst es eigentlich ganz gut zusammen.

It was the best of times, it was the worst of times.

Eben.

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2 Antworten auf „Vorbei.“

  1. So hat halt alles seine Zeit.

    Die Höckerchen habe ich auch. Ich vermute mal Intelligenz als Ursache ;)
    Oder es ist eben als Atavismus zu sehen. Die behaarten Vorfahren hatten fünf- und mehrhœckerige Backenzähne und auch Platz für den Weisheitszahn. Und die Muskeln zum Ohren wackeln. Alles drei habe ich auch und betrachte mich fortan als missing link zwischen dem modernen Menschen und dem Urdüsseldorfer, dem Neanderthaler.

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