Lieblingstweets im Juli (Teil 2)

VORWURFSVOLLES ATMEN! BOMBENBAUSTAMMTISCH! SUPERGRILL! UND TAPIRE AUS ALLEN RICHTUNGEN!

Einparken wie im Film

Die meisten Filme haben ja nur bedingt etwas mit der Realität zu tun, viele hingegen tun zumindest so, als würden sie in der Realität spielen und bemühen sich, ausreichend wirklichkeitsnah zu sein. Das gelingt oft, es gibt aber, wie mir gestern auffiel, doch immer noch ein paar Details, bei denen Film und Realität nicht so richtig übereinstimmen.

Nein nein, es geht jetzt nicht darum, dass in Filmen so selten jemand auf Toilette muss und Frauen bei Sexszenen in amerikanischen Filmen grundsätzlich mindestens noch einen BH anhaben. Das sind leidige Themen, die haben wir doch schon ausdiskutiert und es wird immerhin ein bisschen besser.

Statt dessen habe ich folgende Standardsituationen unrealistischer Darstellungen von Alltagsszenen im Film ausgemacht:

1. Parken. Im Film sucht niemand niemals einen Parkplatz. Man fährt irgendwohin, und dann ist da zufällig ein Parkplatz genau vor der Tür. Man muss ach nie weit laufen, weil man erst fünfzehn Minuten um den Block kurvte, um dann einen halben Kilometer weit weg nur mit Glück doch noch was zu finden. Das mag in manchen Städten sogar halbwegs glaubwürdig sein, nicht aber in New York City oder San Francisco, erst recht nicht in Paris oder eigentlich jeder halbwegs bewohnten deutschen Großstadt.

Viel glaubwürdiger wäre folgende Szene:

Zwei Personen kommen aus einer Lokalität, in der sie gerade irgendwas erledigen mussten.

Person 1: Und was machen wir jetzt?

Person 2: Jetzt fahren wir zu Dingensich und fragen sie Diesunddas.

Person 1: Wo steht dein Wagen?

Person 2: Da hinten. Ich hatte wirklich Glück und habe nur drei Blocks weiter eine Parklücke gefunden.

Und dann laufen die Personen erstmal sieben Minuten zum Auto. Aber das kann man meinetwegen auch schneiden.

2. Bestellen. Gestern habe ich mit meinem Mann die zweite Hälfte eines Actionthrillers geguckt. Die Handlung tut nichts zur Sache, ich habe sie auch nicht verstanden, weil ich ja nur die zweite Hälfte geguckt habe und das auch nur, weil ich mit auf dem Sofa saß. Jedenfalls saß da Robert de Niro mit Ivonne Strahowski in einem Restaurant und bestellte (jetzt Obacht!) „einen Tee und einen Rotwein“.

Sofort stellten sich mir Fragen: Was für ein Tee? Schwarz, grün, Kräuter- oder Früchtetee? Und wenn schwarz, ein Earl Grey, ein Darjeeling? Wenn Kräuter, Pfefferminz, Melisse, Fenchel? Und was für ein Rotwein? Den Hauswein? Ein Glas oder eine Karaffe?

Aber alle Fragen blieben unbeantwortet, der Kellner zog ab mit einer vollkommen unvollständigen Bestellung und kam auch nicht wieder, um noch mal nachzufragen. Das geht so im richtigen Leben nicht. Das will man ja auch im richtigen Leben gar nicht, sonst bekommt man nämlich Anis-Fenchel-Kümmel-Tee und halbtrockenen Dornfelder. Da Risiko ist zu hoch.

3. Bezahlen. Immer wieder dampfen gerade in amerikanischen Filmen Menschen wütend oder zumindest in Eile aus einem Restaurant oder einer Bar ab und man sieht nur, wie sie noch ein paar zerknitterte Scheine auf die Tresen knallen, mit dem anscheinend die Rechnung beglichen werden soll. JA, SIND DAS DENN ALLES KOPFRECHEN- UND GEDÄCHTNISKÜNSTLER? Wenn ich bezahle, muss ich immer mindestens noch mal die Speise- oder Getränkekarte konsultieren, dann brauche ich ein bisschen Zeit, um alles im Kopf zusammenzurechnen und dann habe ich hoffentlich das Geld so passend dabei, dass ich nicht noch auf Wechselgeld warten müsste.

Ich habe für dieses Rätsel noch keine Lösung gefunden. Vielleicht wird in diesen Szenen immer ein riesiges Trinkgeld gegeben, damit man auf jeden Fall genug bezahlt hat. Oder die Filmcharaktere riskieren, dass die Mindestlohnbezahlten amerikanischen Kellner überhaupt nichts bekommen. Oder es sind wirklich alles Kopfrechen- und Gedächtniskünstler, die sofort wissen, was sie bezahlen müssen und dank sorgfältig vorbereiteter Geldscheinsituation im Portemonnaie auch genau die passende Summe jederzeit griffbereit haben.

Aber auch das kommt mir irgendwie nicht realistisch vor.

Frag nicht nach Sonnenschein!

Ich hatte auf Facebook schon angekündigt, dass ich darüber schreiben würde und jetzt mache ich das auch wirklich. Es ist nämlich so: Ich habe keine Meinung zum Wetter.

Ich beobachte mit einer gewissen Befremdlichkeit, wie Menschen sich über das Wetter unterhalten, wie sie zum Beispiel am Donnerstag erzählen, wie das Wetter am Wochenende werden soll und was sie daran gut oder schlecht finden. Ich hingegen weiß noch nicht mal, wie das Wetter werden soll, weil ich keine Wettervorhersagen gucke, höre oder irgendwo lese und wenn doch, dann vergesse ich anscheinend im gleichen Moment wieder, was ich gerade erfahren habe. Ich weiß eigentlich nie, wie das Wetter irgendwann werden soll, es sei denn, es ist so sensationell interessant, dass auch in anderen Medien mehrfach darüber berichtet wird. Darüber hinaus glaube ich ja nicht daran, dass man ernsthaft länger als zwei Tage (maximal!) im Voraus irgendwelche belastbaren Aussagen über das Wetter treffen kann. Zuletzt ist es mir auch im Wesentlichen egal, wie das Wetter wird, weil ich ja eh nichts dran ändern kann.

Es ist jetzt nicht so, dass ich keine konkrete Meinung über ein konkretes Wetter in einem konkreten Situationskontext hätte. Wenn ich zum Beispiel gerade Dinge quer durch die Stadt transportieren muss, dann finde ich es eher ärgerlich, wenn es gerade 39 Grad und schwül ist oder es in Strömen regnet. Ich finde aber weder 39 Grad und schwül noch strömenden Regen für sich allein irgendwie schlechtes Wetter. Wenn es 39 Grad und schwül ist kann man sich zum Beispiel prima Seesterngleich auf dem Sofa ausstrecken und ein Getränk mit Eiswürfeln neben sich haben. Bei strömendem Regen kann man gleichsam irgendwo drinnen sitzen, aus dem Fenster gucken, sich freuen, dass man es so gemütlich hat und die Pflanzen heute nicht gießen muss.

Wetter ist mir egal. Ich habe dazu keine Meinung. Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll, wenn man mir verkündet, dass es am Wochenende wieder abkühlen soll, außer vielleicht einem Loriot’schen „Ach!“ Es berührt mich emotional einfach nicht, ich kann dazu nichts sagen. Ich finde es nicht schade, dass es abkühlt, und ich finde es auch nicht gut. Ich finde es noch nicht mal eine wertvolle Information, weil es ja meistens dann doch nicht abkühlt, oder nur woanders und nicht da, wo ich gerade bin.

Vielleicht freut mich am Wetter so, dass es eine der letzten Bastionen der Natur ist, gegen die wir Menschen so überhaupt nichts ausrichten können. In dieser Hinsicht ist es fast niedlich, wie das Wetter es schafft, im Prinzip doch recht vernünftige Menschen immer wieder aus der Bahn zu werfen, weil es das macht, was es eigentlich seit ein paar Jahrtausenden macht, nämlich immer mal was anderes. Vielleicht reden die Menschen deshalb auch so viel und so andauernd übers Wetter, weil sie es immer noch nicht fassen können, DASS DA NIEMAND MAL WAS GEGEN MACHT! Da kann man aber nun als moderner Mensch eben tatsächlich gar nichts ausrichten, außer halt irgendwelche Dinge zu erfinden, die den Umgang mit unterschiedlichen Wetterarten erträglicher machen. Und da finde ich, könnten wir uns doch freuen, dass wir all diese Dinge haben. Regenschirme und Häuser, damit man nicht so nass wird, wenn’s regnet. Kleine Ventilatoren und kurze Hosen für wenn es zu warm ist. Ohrenschützerchen und Handschuhe für wenn’s kalt ist. Toll!

Ich möchte hier nicht den abgenutzten Satz „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung!“ angewendet wissen. Es ist nämlich so, dass ich gefühlt 50 Prozent des Jahres falsch gekleidet bin, weil ich mich ja zum Beispiel nicht für den Wetterbericht interessiere. Ich ziehe morgens irgendwas an, was zu dem passt, was ich mir so aus den vergangenen Tagen plus dem aktuellen Wetter herausvorhersagen kann und liege die Hälfte der Zeit damit falsch. Aber auch damit kann ich gut leben, es wäre ja auch sehr albern, wenn ich meine Unfähigkeit, mich richtig anzuziehen aufs Wetter schieben würde. Da kann das Wetter ja gar nichts für.

Niemand sollte also von mir erwarten, dass ich wüsste, wie das Wetter wird. Ich weiß das nicht. Es interessiert mich auch nicht. Ich muss auch gar nicht darüber reden. Und Taschentücher habe ich übrigens auch nie dabei. Wo wir schon bei Dingen sind, die man mich nicht fragen braucht.

Norden Berlin beim Summer of Supper im Marieneck

„Wenn du nur zu einem Abend gehst, dann geh zu Norden Berlin!“ instruierte Holger mich per Twitter, nachdem er mich auf den Summer of Supper aufmerksam gemacht hatte. Und da ich ja immer sehr glücklich bin, wenn andere Menschen mir schwierige Entscheidungen abnehmen, orderte ich zwei Tickets für den Summer of Supper im Kölner Marieneck. Das Marieneck kannte ich schon von der Vorstellung von Stevan Pauls „Auf die Hand“ [Werbelink]. Mitten in Ehrenfeld finden hier alle möglichen Arten kulinarischer Veranstaltungen statt und im Sommer eben der „Summer of Supper“, bei dem an insgesamt neun Abenden im Juli verschiedene Menschen für andere Menschen ein Mehr-Gänge-Menü kochen. Wir gehen also am 11. Juli zu Norden Berlin, die ich vorher nicht kannte, von denen ich aber in den Wochen zwischen Ticketkauf und Supperclub nur Gutes höre. Der Tipp scheint richtig gewesen zu sein und ich bin ganz aufgeregt.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Am 11. Juli fahren wir also nach Köln, mit dem Auto, ja, dämliche Idee auf der einen Seite, allerdings finden am gleichen Abend die Kölner Lichter statt und weil ich vor drei Jahren mal nach den Kölner Lichtern mit dem Zug von Köln nach Essen fahren musste, weiß ich, dass ich dieses Erlebnis nicht zwingend wiederholen möchte. Pünktlich um 18 Uhr finden wir uns vorm Marieneck ein, wo schon viele andere Menschen warten, unsicher, ob man jetzt reingehen darf oder nicht, bis die ersten den kleinen Veranstaltungsraum mit Showküche betreten und wir dann eben hinterherlaufen. Es ist direkt Betrieb im Marieneck, viele Leute sind wohl nicht zum ersten Mal hier und kennen sich. Es wird rumgewuselt, erzählt, den Köchen bei der Vorbereitung zugeguckt. Wir suchen erst mal Plätze und da wir sonst niemand kennen, setzen wir uns ganz hinten in die Ecke, was erst mal eine Diskussion heraufbeschwört, wer am Kopfende sitzen muss. Mir fallen irgendwann keine Argumente mehr ein, also sitze ich am Kopfende, was auch nur so lange etwas seltsam ist, wie der Tisch noch nicht voll besetzt ist. Danach ist es nämlich eigentlich auch schon egal, irgendwo muss man ja sitzen und irgendwer muss halt am Kopfende sitzen und alles gut im Blick haben.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Als Aperitif gibt es einen gerade volljährig geworden Riesling Spätlese von der Mosel-Saar, ich trage die Weingläser zu unserem Platz, mache ein paar Fotos und dann warten wir, bis sich alle Plätze gefüllt haben und es losgeht. Neben uns sitzen mittlerweile Lena, Maike und Kati, und nach einer kurzen Ansprache von Norden Berlin, geht es dann auch los.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Als Gruß aus der Küche gibt es ein Holunderschäumchen mit Gurke und frittierter Gurkenschale. Darauf muss man auch erstmal kommen. Es stellt sich als etwas schwierig heraus, die schwarzen Schälchen restlos auszukratzen, aber erstens haben wir Hunger und zweitens ist es lecker.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Danach wird Bier ausgeschenkt. Natürlich haben wir die als Biergläser intendierten Gläser als Wassergläser missbraucht, denn wenn man in Köln Kölschgläser irgendwohin stellt, wird davon ausgegangen, dass da das Bier reinkommt. Es gibt aber auch kein Kölsch, sonder Craft Beer von Von Freude aus Hamburg und das gehört in die bauchigen Gläser. Zum Bier gibt es Matjes. Matjes habe ich eventuell noch nie gegessen, dieser hier ist fantastisch und ich frage mich, was mich die Jahre davon abgehalten hat. Zusätzlich zum schwedisch marinierten Matjes gibt es Kartoffeln, eingelegte rote Zwiebeln, Schnittlauchcreme, etwas braune Butter und darunter ein Eigelb. Das ist alles sehr großartig, wir schwärmen rum, vor allem von dem Matjes, der irgendwie weihnachtlich schmeckt. Lena ist Halbschwedin und klärt uns auf, dass das eben schwedischer Matjes ist, so schmeckt der da immer. Seit diesem Abend denke ich regelmäßig an schwedischen Matjes und wo ich welchen herbekomme. Ich bin bekehrt!

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Mit dem zweiten Gang geht es weiter, jetzt schwenken wir zu Wein über, Paul bringt uns „Orange Wine“ oder „Orangewein“ wie man auch auf deutsche konsequenterweise sagen müssen. Gehört habe ich davon schön, probiert noch nicht. Der Wein schmeckt im Nachgang etwas bitter, nach Grapefruit oder Blutorange. Wir vermuten, dass auch Orangewein eines dieser Dinge ist, für die man einen Acquired Taste braucht, die sich also nicht direkt beim ersten Mal erschließen, sondern für die man etwas Zeit und Geduld braucht.

Dazu gibt es einen Tartar von Lachs und Flusskrebs mit Dillkronen und Brotkrumen auf Västerbottencreme. Wir lernen: Dillkronen kann man essen. Und: Västerbottencreme ist Käsecreme. Bei der letzteren Erkenntnis hilft Lena uns mit ihren Kenntnissen der schwedischen Kulinarik weiter.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Während wir uns wirklich nett mit den bis eben noch fremden Menschen an unserem Tisch unterhalten, kommt der nächste Wein und der nächste Gang. Wir schwenken um auf Weißwein und bekommen ein Schüsselchen mit einem angebratenen Römersalatherz auf einem herzhaften Dressing mit gebratener Lachshaut, liebevoll „Swesar’s Salad“ genannt. Dazu gibt es Riesling von Carl Loewen.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Es folgt der vierte Gang, ein kleines skandinavisches Waldpotpourri. Pilzcreme mit sautierten Pfifferlingen, Heidelbeeren, rohen Champignons, Kräutercroutons, Malzerde und Fichtenöl. Auch hier gibt es keine Klagen, vor allem ist es so wunderhübsch auf dem Teller angerichtet, dass man sich kaum traut, davon zu essen. Auf der anderen Seite ist es ja genau dazu gedacht, also essen wir und freuen uns. Dazu gibt es einen französischen Rotwein mit dem schönen Namen „Soif de Plaisir“.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Wir bleiben auch beim Hauptgang beim Rotwein und bekommen Ente mit dreierlei von der Karotte: Einmal als Püree, einmal eingelegt und einmal getrocknet. Mein Mann kann mit der getrockneten Karotte nichts anfangen, zu meinem großen Glück, denn dann darf ich seine Streifen auch noch haben.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Jetzt bleibt eigentlich nur noch der Nachtisch, vor dem es mich ein bisschen fürchtet, weil ich doch kein Lakritz mag, da aber neben anderen sehr leckeren Komponenten auch „Lakritzcreme“ auf dem Menü stand. Aber ich probier ja alles. Serviert wird ein Himbeersorbet mit zweierlei Schokocreme (einmal dunkel, einmal hell), etwas Schokocrumble und Himbeeren. Wir rätseln, wo sich die Lakritze versteckt hat, mein Mann meint, sie in der Schokocreme entdeckt zu haben, wo ich sie aber nun gar nicht entdecken mag. Paul löst das Rätsel. Es gibt keine Lakritzcreme, wohl aber Lakritzkraut. Die kleinen grünen Blätter, bei denen ich zunächst „Huch, schon wieder Dill!“ dachte, sind zwar nur spärlich eingesetzt, dafür schmecken sie sehr intensiv. Zum Dessert gibt es wieder eine Riesling Spätlese von Müllen, diesemal aber in der weniger alten 2005-er Variante. Dann ist der Abend auch schon fast vorbei. Die Köche laufen um die Tische und spritzen aus Spritztüten voller Schokoladencreme Nachschlag auf Teller, die ihnen entgegengehalten werden.

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Summer of Supper mit Norden Berlin im Marien-Eck, 11.7.2015

Es gibt noch Espresso, wir tauschen Email-Adressen aus und verabreden uns fürs nächste Jahr. Gleiche Zeit, gleicher Ort.   Der Abend beim Summer of Supper mit Norden Berlin und anderen sehr netten Menschen war ein voller Erfolg. Zwar kam nichts an den ersten Gang mit dem schwedischen Matjes ran, was die Dramaturgie ein bisschen schwächte, aber das ist nur ein ganz kleiner Wermutstropfen. Wir würden es jederzeit wieder tun.

Der Summer of Supper geht noch bis zum 19.7. im Marien-Eck in Köln-Ehrenfeld. Kurzentschlossene können eventuell noch Karten für einen der vier Abende ergattern.

Annette von culinary pixel war auch da und hat Fotos gemacht, auch von mir an meinem Kopfendeplatz. Samstag kocht sie.

Noch mehr Bilder gibt es in meinem Flickralbum.

Lieblingstweets im Juli (Teil 1)

KONSTRUKTIVISMUS! HAMSTERSPEERE! GLUTAMATKRITIK! FISCHBRÖTCHEN! DRÖLFTAUSEND KALORIEN! UND WER MAG HIER SCHON WIEDER ROSINEN?!?

Gelesen: Still von Zoran Drvenkar

still

Das erste Buch, das ich von Zoran Drvenkar las, war Der letzte Engel [Werbelink] und ich war restlos begeistert. Umso gespannter war ich, als mir ein Rezensionsexemplar von Drvenkars neuem Roman Still angeboten wurde.

Während Der letzte Engel eine Art Fantasy-Mystery-Thriller war, der sich an keine Regeln hielt, ist Still zumindest, was das Genre angeht, deutlich gradliniger. Still ist ein Thriller, wie es ja auch draufsteht.

Es geht um einen Mann, der seine Tochter verloren hat und sich auf der Suche nach einer Antwort selbst aufgibt. Es geht um ein Mädchen, dass seit Jahren in einem Zimmer darauf wartet, dass jemand ihre Erinnerung zurückbringt. Und es geht um vier Männer mit einer Mission. Um diese Figuren webt Drvenkar das Netz einer schier unglaublichen Geschichte, die ihren Ursprung weit in der Vergangenheit hat. Es geht um Jäger und Gejagte, um den Kampf ums Überleben und um ein tödliches Spiel.

Drvenkar schreibt packend und schnörkellos. Die Perspektiven wechseln zwischen dem Mann, der sich den Namen Mika Stellar gibt, den vier Männern mit ihrem Geheimnis und dem Mädchen Lucia. Still ist eine Geschichte voller Abgründe und Falltüren, die den Leser überraschen. Wenn man am Anfang noch glaube, man hätte die Grundzüge verstanden, so entpuppt sich das als Irrtum, denn Zoran Drvenkar hat ganz andere Sachen vor und mag sich nicht an irgendwelche Regeln halten.

Möglicherweise ist es die Art von überbordender Fantasie, die Der letzte Engel für mich so großartig machten, die aber Still dann in ein den entscheidenden Momenten einen Tick zu absurd und surreal wirken lassen. Zoran Drvenkar bricht Regeln, wo sie vielleicht nicht hätten gebrochen werden sollen. Das macht das Buch nicht minder spannend, im Gegenteil, nur lässt es die Leserin etwas ratlos zurück. Ja ja, verstanden habe ich das alles, aber ist es nicht alles ein bisschen zu abgefahren, die Story zu konstruiert, die Hintergrundgeschichte zu seltsam?

Das ist vielleicht der Wermutstropfen dieses Buches, das man jenseits aller Kritik durchaus in einem Zug durchlesen möchte. Das schlimmste, was man Drvenkar vorwerfen kann, ist , dass er manchmal enthusiastisch übers Ziel hinausschießt, aber wir befinden uns hier schon in einem Bereich, den man locker unter „Jammern auf hohem Niveau“ abheften kann. Da wir gerade Sommer haben, liegt es nahe, Still als Strand- oder Flugzeuglektüre zu empfehlen, es passt aber in jede Jahreszeit, ob man nun Sand zwischen den Zehen oder eine Decke über den Füßen hat.

Still von Zoran Drvenkar ist 2014 im Verlag Eder & Bach erschienen, 416 Seiten, 16,95 Euro als Taschenbuch. Man bekommt es bei Amazon [Werbelink], bei der Buchhandlung Jost in Bonn-Kessenich und in jedem anderen Buchhandel um die Ecke.

Neue Erkenntnisse zum Laufen

Unsere Wohnung hat ja das Special Feature, dass man durch Wohnzimmer, Küche und Flur im Kreis laufen kann. Also vom Wohnzimmer in die Küche, von der Küche in den Flur, vom Flur ins Wohnzimmer und so weiter.

Für eine Laufrunde braucht man ungefähr 12 bis 15 Sekunden, es kommt darauf an, ob man um den Wohnzimmertisch läuft oder nur dran vorbei. In einer Minute kann man also ungefähr fünf Runden durch die Wohnung laufen.

Ein Werbeblock dauert ziemlich genau sechs Minuten, jedenfalls in der Primetime, wenn auch schön alles ausgebucht ist. Da verrate ich auch kein Betriebsgeheimnis, das kann ja jeder selber mit der Stoppuhr messen, außerdem ist das allermeiste, was Werbung betrifft, in irgendwelchen Rundfunkstaatsverträgen geregelt.

Man könnte jetzt also während die Werbung läuft, ungefähr dreißig Runden durch die Wohnung laufen. Also rein theoretisch. Nicht, dass ich das heute getestet hätte. Wer ist schon so bekloppt und läuft in der Werbepause dreißig Runden durch die Wohnung?

Unsere Nachbarn von unten haben uns jedenfalls bestimmt besonders lieb.

Nostalgiefernsehen

Ich durfte ja als Kind so viel fernsehen, wie ich wollte und bin deshalb auch sehr gut gebildet, was Werbung angeht. Mein Lieblingswerbungs-Fun-Fact ist, dass der Melitta-Mann der Opa vom Fruchtalarm-Kind ist, aber das wussten hier natürlich alle längst. Früher spielte ich mit meinen Eltern sogar ein Spiel. Es hieß „Reklameraten“, und wer als erster bei einem Werbespot sagen konnte, um welches Produkt es ging, hatte gewonnen. So ging Medienbildung in den Achtzigern.

Vorgestern guckte dann mein Mann Fernsehen, oder vielmehr, wir guckten Fernsehen, aber es lief gerade Werbung und ich machte irgendwas in der Küche, als auf einmal ein wohlbekanntes Lied lief, und ich eiligst ins Wohnzimmer hastete, um noch rechtzeitig die letzten zehn Sekunden inbrünstig mitzusingen:

Denn wer sich Allianz versichert
Der ist voll und ganz versichert
Der schließt vom ersten Augenblick
Ein festes Bündnis mit dem Glück
Eine Allianz fürs Leben

Sagen wir mal so, es fehlte nicht viel, und ich hätte mir die Hand aufs Herz gelegt und ein bisschen vor Freude geweint.

Wenn man sich jetzt diese Szene vor Augen hält, dann ist es vielleicht gar nicht so verwunderlich, dass ich mittlerweile mein Geld damit verdiene, dafür zu sorgen, dass es Software gibt, mit der Werbung gebucht werden kann. Möglicherweise hat es das Schicksal so gewollt und es war ein mir vorbestimmter Weg, für den ich nur ein paar Umwege brauchte.

Laufen im Ruhrgebiet

Im Moment laufe ich ja wieder. Das bedeutet jetzt ganz konkret, dass ich in den letzten Wochen vier Mal die Laufschuhe geschnürt habe, was aber immerhin vier Mal mehr ist als in den Monaten davor, also kann man schon von einer gewissen Regelmäßigkeit sprechen.

Das Problem beim Laufen, wenn man in Essen-Holsterhausen wohnt ist, dass hier wirklich nichts Grünes in der Nähe ist. Essen-Holsterhausen liegt sehr günstig und ist zum Wohnen sehr angenehm, aber es ist auch wirklich nur zum Wohnen gut. Alle Parks oder Wäldchen liegen in anderen Stadtteilen. Man muss also erstmal irgendwo hinlaufen, um irgendwo laufen zu können. Alternativ kann man natürlich auch einfach an der A40 langlaufen. Das hat auch was, aber halt keine Bäume und Vogelgezwitscher, sondern Graffitis und vorbeirauschende Autos. Einmal bin ich an einem Sonntag durch ein Gewerbegebiet gelaufen, das war eigentlich auch sehr entspannend, denn am Sonntag sind da noch weniger Menschen als im Wald. Nur schön ist es halt nicht, aber man zieht ja auch üblicherweise nicht ins Ruhrgebiet, weil es da so schön ist. Hier ist ja nicht Heidelberg.

Ich kann also entweder einen Kilometer zum Stadtpark laufen und da dann mehrere Runden drehen oder, wie ich letztens entdeckt habe, zwei Kilometer bis zur Margarethenhöhe und dann runter in ein Wäldchen. Das Wäldchen hat den Vorteil, dass im Sommer da nicht alle fünf Meter jemand steht und Würstchen grillt und einem so dezent an der Laufmotivation kratzt.

Heute habe ich dann noch etwas viel abgefahreneres gemacht und bin bis zum Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim an der Ruhr gelaufen. Das geht erstens deswegen, weil wir eben im Ruhrgebiet wohnen und es da ohnehin schwierig ist, eine längere Strecke zurückzulegen ohne dabei aus Versehen oder absichtlich in einer anderen Stadt zu landen. Zweitens geht es noch einfacher, weil Holsterhausen direkt an Mülheim dranhängt, und man von uns aus nur ein bisschen zu weit nach Westen laufen muss und ZACK!, Mülheim an der Ruhr. Tatsächlich hatte ich noch nicht mal fünf Kilometer voll, als mir ein Schild auf dem Laufweg Mülheim an der Ruhr als fahrradfreundliche Stadt vorstellte.

Im Rhein-Ruhr-Zentrum war Antik- und Flohmarkt, das weiß ich auch noch von früher, als meine Mutter dort regelmäßig war, bis ihr der Markt zu doof wurde. Mit hochrotem Kopf manövrierte ich also durch die Flohmarktbesucher. Das ist eine meiner besonders gut ausgeprägten Fähigkeiten. Ich kann mich sehr gut und sehr schnell durch mäandernde Menschenmassen vorwärts bewegen. Das habe ich in vielen Jahren auf Flohmärkten perfektioniert, weil ich ja nie zum Gucken da war, sondern irgendwie zum Stand meiner Mutter wollte, um da lässig hinterm Stand abzuhängen und von Leuten Sachen gefragt zu werden, die ich nicht beantworten konnte.

Ich drängelte mich also durch die ganzen Menschen bis auf die andere Seite des Flohmarktes und fuhr dann zwei Stationen mit der Straßenbahn Richtung Essen. Dann lief ich noch ein bisschen gemütlich an der A40 lang und schleppte mich nach insgesamt knapp sechs Kilometern noch drei Stockwerke hoch, um mich direkt unter eine kalte Dusche zu schmeißen.

Insgesamt ist dieses Laufen ja ganz nett. Die Kondition aus dem letzten Jahr habe ich wie durch ein Wunder behalten. Ich merke nur immer wieder, wie schwierig es ist, in einer dicht bebauten Stadt vernünftige Laufrouten zu finden. Ich möchte nicht erst irgendwo hinfahren, um da dann zu laufen, das finde ich albern und dem Sinn und Zweck der ganzen Aktion höchst unangemessen. Zudem sind fünf Kilometer doch deutlich länger als man denkt und ich muss dauernd Umwege laufen, hier noch eine Schlaufe länger, da noch ein bisschen weiter geradeaus, um auf irgendwelche sinnvollen Strecken zu kommen.

Wenn ich mir jetzt also nicht wie letztes Jahr wieder eine doofe Bänderdehnung hole, dann laufe ich jetzt vielleicht wieder öfter. Zum Stadtpark, an der A40 entlang oder durch den Wald in andere Städte. Das geht ja alles, wenn man in Holsterhausen wohnt.