Das CULTurMAG und ich

Und so begab es sich in der Zeit, als ich sowieso hauptsächlich lag, dass Frau Beck mal ein bisschen verkuppelte. Nämlich das CULTurMAG und mich. Das CULTurMAG ist ein Onlinemagazin, das zwei Mal wöchentlich erscheint, einmal am Mittwoch mit dem Literatur- und Musikteil und einmal am Samstag mit dem Krimiteil.

Mein erster Artikel erschien also gestern. Ich wollte sowieso lange schon „Internet: Segen oder Fluch“ von Kathrin Passig und Sascha Lobo rezensieren, da traf es sich gut, dass Jan Karsten sofort auf die Idee kam, dann könnte ich das ja auch prima fürs CULTurMAG machen. Hab ich dann auch und lesen kann man das, was dabei rausgekommen ist, jetzt hier.

Was als nächstes kommt, muss noch besprochen werden, aber die Idee, die wir da ausbrüten, finde ich persönlich schon mal toll und aufregend. Ich kann also nur hoffen, dass ich da bald Neues berichten kann.

(Die Kryptik bitte ich zu entschuldigen. Ich gehöre zu den Menschen, die sehr ungern über ungelegte Eier sprechen, schon allein, weil ich prinzipiell immer erst an etwas glaube, wenn es auch wirklich, wirklich passiert (oder bereits passiert ist). Ich bin da mit einer ordentlichen Portion Zweckpessimismus ausgestattet, denn wer weiß, was noch passiert und dann wird das doch alles nichts und dann guckt man doof, jaja.)

Drei sehr gute Gründe, Funny van Dannen zu lesen

Der Mann und ich sind ja große Fans von Funny van Dannen, seit wir vor dreizehn Jahren mit ein paar anderen Musikwissenschaftlern in Paris waren und einer der Kommilitonen mit seiner Ukulele durch die Stadt lief und abwechselnd „Chanson aus Paris“ und „Ich muss immer an die Frauen denken“ sang. Das war ganz toll und wenn man nicht aufpasst, dann kommt es vor, dass der Mann Gäste dazu nötigt, ein tolles Lied von Funny van Dannen nach dem anderen zu hören. Ich kann da dann auch nichts mehr machen und er hat ja irgendwie auch Recht.

Und jetzt lese ich Funny van Dannen, genauer gesagt lese ich „Zurück im Paradies“, das hat hier nämlich anscheinend mal irgendwer gekauft und dann stand es im Schrank, und weil mir letztens langweilig war, dachte ich, man könnte das ja mal lesen.

Positiv ist: Funny van Dannen schreibt genauso schön-bekloppte Geschichten wie Liedtexte. Negativ ist: Bislang nichts.

Ob man das selber lesen will, hängt vermutlich davon ab, ob man mit dem Stil des Autors zurecht kommt, der ist nämlich doch ein bisschen schräg. Als grobe Richtlinie würde ich sagen: Wer Max Goldt mag, für den könnte der Herr van Dannen auch was sein. Aber am besten entscheidet man das selber, ich zitiere einfach mal aus drei Geschichten:

Am nächsten Wochenende durften wir daher bereits im Champions Race mitmachen und unser Hühnchen gewann schon wieder. Bei der Dopingprobe fragten sie uns nach dem Futter.
Wir sagten: Normales Hühnerfutter, Frühlingssuppe, Milky-Way, sonst nichts. Aha!, sagten die Kontrolleure. Milky-Way! Steht auf der Dopingliste! Unerlaubtes Speedpräparat! Der Sieg wird euch aberkannt und das Hühnchen für ein Jahr gesperrt.

(aus „Das grüne Hühnchen“)

Ein Riesenrad, sagte Gunnar, ein Riesenrad hier mitten im Wald für alle Tiere, das fänd ich geil!
Ja, sagte Charly, das fänden alle Tiere geil. Ein großes Riesenrad mit Fähnchen und Beleuchtung und Rummelmusik!
Kein Problem!, sagte der Außenminister. Kann ich euch besorgen!
Und Autoscooter!, rief Charly. Autoscooter für Elche!
Ihr seid ja echte Rummelfans, was?, sagte der Außenminister.
Alle, brummte Charly, alle Tiere sind totale Rummelfans!
Bis auf Gunda, die furzende Nachtigall, warf Gunnar ein. Aber die ist ja auch gestört.

(aus „Evolution“)

Der schlaksige Wanderpanda Andreas G. hatte sich am Bahnhofskiosk eine Tüte Kräuterbonbons gekauft und schlurfte bonbonlutschend Richtung Innenstadt. Weil ihm die Süßigkeit zu Kopf stieg, schloss er die Augen und lief eine Rentnerin über den Haufen.
Oho!, rief er. Was hab ich angestellt?
Sie haben mein Leben ruiniert!, rief die Rentnerin.

(aus „Die letzte Station“)

Wer jetzt „Hihihi“ dachte, der findet wahrscheinlich Gefallen an den vielen kleinen Geschichten in dem Buch. Wer eher „Was soll der Unfug?“ dachte, für den ist es vermutlich nichts, denn die anderen Geschichten sind nicht weniger abgedreht.

Mit solchen Geschichten und einem bequemen Sofa kann man ja sogar so eine gepflegte Laryngitis ganz gut aushalten. Und jetzt lasst mich, ich muss weiterlesen.

Zurück im Paradies gibt’s bei Amazon oder bei der Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt.

Über Grauzonen, politische Korrektheit, Kinderbücher und Sprachlosigkeit

Im Moment ist das ja in meiner kleinen Filterbubble eines der Hauptthemen. In Kinderbüchern werden böse Wörter durch nicht ganz so böse ersetzt. Genauer gesagt: Bei Pippi Langstrumpf wird Pippis Vater vom “Negerkönig” zum Südseekönig” und in “Die kleine Hexe” wird ebenfalls das Wort Neger durch irgendwas anderes ersetzt, genauso wie das Wort durchwichsen, das in diesem Fall eben “verhauen” bedeutet.

Mein Initialreaktion dazu war: “Och nö.”

Das ist wahrscheinlich nicht verwunderlich, denn in jahrzentealten Werken rumzuändern, weil irgendwas nicht mehr zeitgemäß erscheint, klingt für mich erstmal nach Zensur und da reagiere ich zunächst instinktiv und finde das doof.

Dann habe ich viel im Internet gelesen, auf verschiedenen Blogs und anderen Seiten haben Leute geschrieben, die zu diesem Thema die unterschiedlichsten Ansichten haben, von “geht gar nicht” bis “wurde auch mal Zeit”.

Mein übliches Problem: Ich kann irgendwie alle Sichtweisen verstehen und nachvollziehen und weiß mittlerweile immer weniger, was ich selber davon halten soll.

Auf der einen Seite finde ich “zeitgemäße Korrekturen” nach wie vor problematisch bis falsch. Nicht mal so unbedingt aus Prinzip, sondern weil Bücher eben von einem bestimmten Autor in einer bestimmten Zeit geschrieben werden und ich der Meinung bin, dass man diesen Büchern ihre Entstehungszeit ruhig anmerken darf.

Auf der anderen Seite geht es hier um Kinderbücher und gerade die betroffenen Bücher zeichnen sich meiner Meinung nach durch eine Zeitlosigkeit aus, die dann auch dazu führt, dass sie heute genauso (vor)gelesen werden wie vor fünfzig Jahren. Ob das in der Konsequenz auch bedeutet, dass man bei solch zeitlosen Kinderbuchklassikern gelegentlich auch mal gucken darf, ob das, was da drinsteht oder das, wie es drin steht, sich noch mit den aktuellen Gegebenheiten verträgt, ist dann die nächste Frage.

Außerdem ist es in diesen speziellen Fällen nun auch so, dass weder das Wort “Neger” noch das Wort “durchwichsen” eine größere Bedeutung hätten. Man kann sie ersetzen, ohne dass sich die Geschichte wesentlich verändert. Ob in der kleinen Hexe ein Kind als Neger oder als Fliegenpilz verkleidet sind, ist vollkommen irrelevant und ob der Vater von Pippi Langstrumpf “Negerkönig” oder “Südseekönig” ist ebenso. Südseekönig ist, das muss man sogar sagen, sogar richtiger, wenn auch, wie man hier und hier nachlesen kann, nicht zwingend unproblematischer.

Dann denke ich wieder, dass man das den Kindern ja auch erklären könnte, was es damit auf sich hat, dass man früher Neger sagt, aber heute nicht mehr und dass durchwichsen eben verhauen heißt. Will man den Vorleseeltern ein bisschen Hilfe an die Hand geben, kann man ja auch eine Fußnote setzen, wo man Wörter, die eine Bedeutungsveschiebung erhalten haben oder einfach nicht mehr so verwendet werden, erklärt. Erstens sind Kinder ja nicht dumm und zweitens ist es auch nicht unbedingt verkehrt, wenn man schon früh lernt, dass Sprache sich ändert, sowohl was die Wörter selber als auch was deren Bedeutung angeht.

Und dann lese ich Blogartikel, in denen es darum geht, dass man als Eltern vielleicht auch mal einfach vorlesen möchte und nicht noch einen linguistischen Bildungsauftrag dabei erfüllen möchte, weil man eben seinen Kindern schon genug erklären muss, jeden Tag, dauernd und das dann nicht noch abends an der Bettkante haben muss. Da kann ich natürlich mangels Kinder nicht mitreden.

Und dann gibt es Stimmen, die sagen, dass vielleicht das Ersetzen von rassistischen Wörtern wichtiger ist als das unbedingte Erhaltenwollen des Originalzustands, weil Rassismus verletzend ist und weil man vielleicht gar nicht erst damit anfangen sollte, Kindern rassistische Wörter beizubringen, erst recht nicht in einem Kontext, der sie glauben lassen könnte, das Wort wäre eigentlich ganz harmlos.

Wie gesagt, es ist schwierig. Mittlerweile bin ich zu der Ansicht gekommen, dass es vermutlich okay ist, wenn in den genannten Büchern die paar Stellen geändert werden.

Wovor ich ein bisschen Angst habe, ist die Grauzone, die danach kommt. Bleibt es bei diesen beiden Beispielen oder kommt da dann direkt mehr? Wer bestimmt, was darf und was nicht? Und wer bestimmt, wann die Verwendung eines rassistischen oder anders problematischen Wortes für das Buch wichtig ist und wann nicht?

In diesem Zusammenhang fällt mir auch immer die Geschichte von J.D. Salingers “Der Fänger im Roggen” ein. Das wurde dann erst von einer Schweizerin übersetzt und dabei wurde auch noch mal gestrichen und geändert. Und dann kam Heinrich Böll und hat dann noch mal übersetzt, aber nicht das amerikanische Original, sondern die britische Version. Da wurde nämlich schon direkt mal im Englischen sehr stark lektoriert, weil es dem britischen Verleger zu krass war. Und diese zweite Übersetzung einer bereits sehr angepassten Version ist dann das, was wir hier bis 2003 kaufen konnten, dann gab’s nämlich eine neue Übersetzung. Da kann man mal sehen.

Hat das was mit dem Ursprungsthema zu tun? Ich denke schon, ein bisschen zumindest, denn es zeigt, wie wenig transparent diese Vorgänge sind, wie wenig man eigentlich weiß, was der Autor da wirklich stehen haben wollte und an welcher Stelle der Lektor oder der Übersetzer möglicherweise etwas geändert haben oder sogar ändern mussten. (Wer mehr über die Tücken des Übersetzens wissen möchte, der liest bitte bei Isabel weiter.)

Aber letztlich wollte ich auf etwas ganz anderes zu sprechen kommen, nämlich mein ganz persönliches Problem mit der erzwungenen politischen Korrektheit. Sie macht mich sprachlos, und das finde ich ganz furchtbar.

Denn ich weiß mittlerweile nicht mehr, was ich noch sagen darf, ohne gleich in die Rassismusfalle zu tappen. “Neger” geht nicht, ist klar. Irgendwann sollte man mal “Schwarzer” sagen, aber das ist meines Wissens auch schon wieder passé, weil eben auch rassistisch. “Farbiger”, geht das? Ist doch genauso bekloppt wie “Schwarzer”. “Afro-Amerikaner” ist hier total beknackt, denn wir sind hier nicht in Amerika. “Afrikaner” geht natürlich auch nicht, erstens weiß ich nicht, ob der oder die Gemeinte überhaupt aus Afrika kommt und selbst wenn, das impliziert doch auch, dass ich irgendwie denke, wenn man eine dunkle Haut hat, könne man nicht Deutscher sein. Bekloppt.

Das Gefühl, das ich habe ist, dass es eben irgendwann gar nicht um die Worte geht, sondern wir uns vielmehr in so einer Endlosschleife der politischen Korrektheit befinden, in der wir bei den ersten Anzeichen negativ konnotierter Wörter hektisch an der Notbremse ziehen und uns was neues einfallen lassen. Jeder, der dann noch das alte Wort benutzt, wird zumindest komisch angeguckt, denn man weiß doch, dass man das nicht mehr sagt, ist das etwa ein Rassist?

Natürlich bin ich nicht rassistisch. Ich bemühe mich, meine Worte so zu wählen, dass ich niemanden damit irgendwie unabsichtlich beleidige, aber ich möchte auch keine 1984–Neusprech-Sprache sprechen, in der alles, was auch nur in den Verdacht einer negativen Konnotierung fällt, ersetzt wird.

Ich habe in den knapp dreißig Jahren, in denen ich sprechen und verstehen kann, den Weg von “Neger” über “Schwarzer” über “Farbiger” mitgemacht und habe keine Ahnung, was die aktuell angesagte Bezeichnung ist. Geht das jetzt so weiter? Weil, wenn ja, dann haben wir ein anderes Problem, denn dann ist es wohl eher so, dass wir trotz aller Bemühungen, dagegen zu wirken, immer noch mit explizitem und implizitem Rassismus zu kämpfen haben, der früher oder später jedes Wort, das wir uns ausdenken, negativ einfärbt, bis wir es nicht mehr verwenden wollen oder dürfen.

Ich weiß, dass das kleine Probleme sind, dass ich als Nichtbetroffene nur ein beschränktes Mitspracherecht habe, weil es eben nicht meine Gefühle sind, die verletzt werden (dazu empfehle ich den Text von Christian vom Jawl sowie diesen Artikel bei Schreibgold). Ich habe auch so spontan niemanden zur Hand, den ich fragen könnte.

Das, was ich relativ sicher sagen kann, ist, dass die stete Suche nach weniger anstößigen Wörtern niemandem hilft, wenn ihre Halbwertzeit begrenzt ist. Dass diese Unsicherheit, ob eines falsch gewählten Wortes als rassistisch abgestempelt zu werden, eher dazu führt, dass ich dann lieber gar nichts sage. Das ist mein persönliches Problem, das ich auch nicht überbewerten möchte. Sollte es das Problem von mehr Menschen sein, dann müssen wir uns aber auch nicht wundern, wenn wir aus der Endlosspirale der Wortneuerfindungen nicht raus kommen, denn eine dauerhaft wertfreie Konnotierung eines Wortes ist kaum möglich, wenn die Mehrheit der Leute sich nicht traut, es auszusprechen.

Isa liest aus „Sachen machen“

Isa liest

Freitagnachmittag, 17:30 Uhr. Sandra holt mich mit dem großen Auto ab, wir fahren nach Köln, genauer gesagt nach Köln-Nippes, denn da liest Isabel Bogdan heute aus ihrem Buch “Sachen machen”. Es hat ja lang genug gedauert, bis es mit einem Lesungstermin irgendwo hier in der Nähe mal geklappt hat, umso mehr freuen wir uns.

Kurz vor 19 Uhr parken wir neben dem neuen Eislaufstadion (Eislaufen auf zwei Ebenen, total faszinierend) und laufen die letzten Meter zur Neusser Straße. Da ist der Buchladen “einzigundartig” und da findet das heute statt. Erstmal Plätze auf einer der Bierbänke sichern, dann kurz den Buchladen erkunden, nicht groß, aber sehr schön und gut sortiert, Sandra meint, sie hätte da locker ihre gesamte Wunschliste abdecken können, und das ist nicht selbstverständlich.

Buchladen

Ich suche tatsächlich ein Buch, allerdings ein Kochbuch, und das ist im Laden nebenan und der hat schon eigentlich schon zu, aber weil die im Buchladen total nett sind, kommt einfach jemand mit, schließt auf, macht noch mal das Licht an, sucht mit mir das Buch und fährt dann extra noch mal den Rechner hoch, um im System zu gucken, ob das Buch noch da ist. Service pur! Tatsächlich finde ich es dann selber und damit laufen wir dann zurück in den anderen Laden, wo ja noch alles an ist, und da bezahle ich dann. Rein theoretisch habe ich also gestern für ungefähr eine Minute ein Buch geklaut, jedenfalls geht sogar das lustige Diebstahlssicherungsding an, als ich durchgehe, aber der Buchladenmitarbeiter ist ja dabei, ich hab’s also vermutlich noch nicht mal theoretisch für eine Minute geklaut.

Dann geht aber auch bald die Lesung los. Vorher versuche ich noch irgendwie, die Kamera dazu zu kriegen, Bilder zu machen, die nicht zu hell, zu dunkel und/oder zu verschwommen sind, krieg’s aber irgendwie nicht hin und gehe vermutlich allen um mich rum mit dem doofen Kameraklicken gehörig auf den Keks. Aber das muss jetzt so.

Und dann geht’s wirklich los. Wir erfahren die Vorgeschichte zu der Lesung, und dann fängt Isabel an zu lesen. Ich kenne das Buch ja schon, ich hab sogar schon eine Ausgabe mit Widmung, aber es ist dann eben doch etwas anderes, wenn die Autorin selber liest. Es ist nicht nur anders, es ist auch toller!

Isa liest

Das mit der chinesischen Massage liest sie vor, inklusive einer sehr überzeugenden Darstellung der chinesischen Masseurin (“TU WEH?”). Wir müssen alle lachen, weil es eben wirklich lustig ist. “Ihr seid ein Superpublikum”, sagt Isabel am Ende der Geschichte. “Aber ich muss immer aufpassen, dass ich nicht mitlache.”

Luxusprobleme eben, wenn das Publikum so aufmerksam zuhört und so gerne mitlacht wie heute. Und zwar, um das mal zu sagen, mit Recht. Als nächstes kommt das mir dem Spinning, die Geschichte, in der Isabel so wütend wird, weil Spinning so doof ist und das liest sie auch genauso vor, liest sich quasi in Rage, aber weil man ja nicht selber auf dem doofen Rad sitzt und zugeplärrt wird, macht es uns gar nicht wütend, sondern eher glücklich.

“Oh Gott, sind hier Spinning-Fans?” fragt Isabel, als in der ersten Reihe ein bisschen geflüstert wird. Heftiges Kopfschütteln, es ist wohl eher das Gegenteil der Fall.

Dann das mit der Lebensfreude-Messe, auch ganz großartig. Danach das mit dem Fliegen, auch toll. Und dann Wacken! WACKEN! Eine meiner Lieblingsgeschichten und so toll vorgelesen, dass man eben auch eigentlich direkt nach Wacken will, weil da alles so schön und nett und rührend ist.

Langsam wird das Sitzen anstrengend, die Bierbänke sind nämlich sehr viel, aber sicher nicht bequem und es sind sehr viele Leute gekommen, so dass wir alle dicht gedrängt sitzen und hinten noch ganz viele Reihen mit Klappstühlen aufgebaut worden sind. Die waren noch nicht da, als wir kamen, sind bestimmt bequemer, aber eben auch weiter hinten.

Als kleine Zugabe gibt es noch das mit dem begehbaren Darm, eine kurze Geschichte, und dann hat Isabel schon eine Stunde gelesen. Fragen gibt es nur eine, aber eine gute, nämlich, was sie seit dem Buch für Sachen gemacht hat. Die traurige Antwort ist: eigentlich so wirklich keine, weil eben auf einmal die Deadline fehlt, die einen dann doch zwingt, irgendwas tolles zu machen. Schade irgendwie, kann ich mir aber gut vorstellen. Ich kann ja auch vieles besser mit Deadline.

Eine Tupperparty möchte sie eigentlich noch machen, oder Baggerfahren. Würde ich beides sofort mitmachen. Dann gibt es keine Fragen mehr, mir fällt jetzt auch keine ein, erstens lese ich ja Isabels Blog und könnte sie im Zweifelsfall alles auch so fragen, aber vor allem brauche ich bei solchen Gelegenheiten immer so ein bisschen Vorlaufzeit, so zwei bis fünf Fragesteller, die mich irgendwie inspirieren und dann fällt mir meistens doch was ein. Es gibt aber nur einen Fragesteller und dann ist es leider vorbei, bevor ich ausreichend Inspiration zu einer eigenen Frage hatte.

Der einzige, der sich freut, dass es schon vorbei ist, ist mein Hintern. Ansonsten hätte ich auch noch länger gekonnt. Im Nachlesungstrubel kann ich endlich mal Johannes von 1ppm und der Frau Serotonic die Hand schütteln und ein bisschen quatschen, die sind nämlich auch da, ein Minibloggertreffen sozusagen. Wir schlendern noch rüber zum Rosenstock, da ist es aber so voll, dass Sandra und ich dann doch beschließen zu gehen, schon allein, weil der Parkplatz irgendwann zumacht und wir sowieso nicht so lange hätten bleiben können. Zurück zum Parkplatz, zurück nach Essen.

Schön war’s. Also wirklich. Ich mochte die Geschichten ja schon beim Lesen, aber vorgelesen ist eben noch viel besser und dann noch von Isabel selbst, die sie ja nicht nur geschrieben, sondern auch alle erlebt hat. Das merkt man nämlich, und es macht Spaß, Isabel zuzuhören, wenn sie beim Vorlesen alles noch mal erlebt.

Ich kann das nur empfehlen. Wenn Isabel also irgendwo in der Nähe liest, hingehen. Oder noch besser, wenn man Lesungen veranstaltet, Isabel einladen. Und ich freu mich in der Zwischenzeit auf die nächste Bloggerlesung, wenn alles klappt dann im Frühling in Hamburg. (Juchu!)

(Die Bilder sind übrigens alle eher schlecht geworden, weil ich die Einstellungen vermasselt habe und dann mit ISO Dreimillionen oder so fotografiert habe und das sieht man leider. Das steht wohl für dieses Jahr auch noch an, mehr über die Kameraeinstellungen lernen. Sachen machen eben.)

“Sachen machen” gibt es bei Amazon oder (nur als Beispiel) bei der Buchhandlung stories in Hamburg oder (allerbeste Alternative) bei Isabel selber mit Widmung.

2012 – Die zehn schönsten Bücher

Ich hatte die Liste schon fertig, musste dann aber noch rumschieben, weil ich ausgerechnet in den letzten zwei Wochen noch ganz tolle Bücher gelesen habe. Außerdem ist es natürlich immer schwer, Bücher miteinander zu vergleichen, vor allem, wenn man immer so quer durch die Bank liest wie ich. Aber irgendwann hat man auch genau überlegt und rumgeschoben und dann ist die Liste fertig.

61 Bücher waren es in diesem Jahr. Dass darunter auch zwei Bilderbücher waren, ist unerheblich, denn es waren auch einige Wälzer dabei, das gleicht aus. Laut Goodreads habe ich 20662 Seiten gelesen, 800 weniger als im letzten Jahr, aber da musste ich ja auch die ganzen “Song of Ice and Fire”-Bücher lesen, so eine Aktion fiel dieses Jahr weg. Premiere dafür: Ich habe einige Bücher von Leuten gelesen, die ich wirklich kenne. Davon hätte ich gerne im nächsten Jahr mehr.

Dieses Jahr war auch kein 5–Sterne-Buch dabei. Die Nummer Eins ist knapp daran vorbeigeschrabbelt, allerdings war mir aber bei diesem Buch sehr schnell klar, dass es mein Lieblingsbuch 2012 werden würde. Dafür noch mal ein Danke an die Patschbella, die mich damit zum Geburtstag überrascht hat.

Zusätzlich zu den Amazon-Links, bei denen ich ein bisschen Geld abbekomme, habe ich noch auf zehn Buchhandlungen in Deutschland verlinkt, die ebenfalls einen Onlineshop anbieten. Davon bekomme ich nichts ab, aber die Buchhandlungen freuen sich bestimmt. Je nach Angebot habe ich auf die englische oder die deutsche Ausgabe verlinkt, das Sendak-Buch z.B. ist sehr schwer zu finden, erst recht auf Deutsch, und das, obwohl ich dieses Buch sogar zur Abwechslung wirklich auf Deutsch gelesen habe.

Aber genug mit Erklärungen, Vorreden und Danksagungen, hier sind sie nun. Meine zehn liebsten Bücher, die ich 2012 gelesen habe.

10. Nick Harkaway: Angelmaker

Es dauerte ein bisschen, bis ich in das Buch reinkam, aber das war schon bei Harkaways wunderbarem Erstling “The Gone-Away World” so. Mit dem zweiten Buch erzählt Nick Harkaway eine ganz andere Geschichten, mit apokalyptischen Automaten, Superbösewichten, britischen Spioninnen im Ruhestand und ganz viel Zeug dazwischen. Ich mag dieses Chaotische in Harkaways Büchern, dass er sich an keine Konventionen hält, sondern seine Geschichten, so abstrus sie manchmal sein mögen, einfach konsequent erzählt.

(bei Amazon oder bei der Buchhandlung stories! in Hamburg)

9. Stephen King: Der Anschlag

Wurde mir vom Mann angedreht. Der hatte nämlich nicht genug Bücher mit nach Frankreich genommen und dann viel zu schnell diesen übertausendseitigen Wälzer ausgelesen. Und dann wollte er mein Kindle und meinte, ich könnte dann ja den King lesen. Hab ich auch gemacht und zwar in drei Tagen. Weil man nicht aufhören kann, weil King eben einfach weiß, wie man schreibt und man trotz der Längen in der Mitte dabei bleibt. Und dann ist da ja noch die Geschichte: Eine Art Zeittunnel, der in die Fünfziger zurückführt, eröffnet die Möglichkeit, das Attentat auf Kennedy zu verhindern. Aber weil es eben nie einfach ist, wehrt sich die Zeit dagegen, geändert zu werden. Mal abgesehen davon, dass King sich sehr viel Zeit nimmt, die fünfziger Jahre zu beschreiben, und dafür das Ende ein bisschen abrupt kommt, gab’s nichts auszusetzen. Kann man gut lesen, im Urlaub auch gerne in drei Tagen (und Nächten).

(bei Amazon oder bei der Buchhandlung Reuffel in Koblenz)

8. Dave Eggers: A Hologram for the King (Ein Hologramm für den König)

Dave Eggers wieder. An dem hab ich ja eh einen Narren gefressen und “A Hologram for the King” ist vielleicht ein modernes Warten auf Godot, allerdings kann ich das nur vermuten, weil ich “Warten auf Godot” gar nicht gelesen habe. Ein IT-Geschäftsmann wartet mit seinen drei jungen Kollegen irgendwo in einer künstlichen Stadt in der Wüste darauf, dass der König mal kommt, um sich die tolle Hologrammtechnik anzugucken. Viel mehr passiert auch gar nicht. Aber das kann Eggers eben so gut, Bücher schreiben, in denen gleichzeitig ganz wenig und ganz viel passiert.

(bei Amazon oder beim Buchhaus Sternverlag in Düsseldorf)

7. Horst Evers: Für Eile fehlt mir die Zeit

Als Hörbuch in einem Rutsch gelesen/gehört. Getränke dabei nur über der Spüle zu mir genommen, aus Angst, beim Lachen alles wieder unkontrolliert auszuspucken. Hättet ihr mir ja mal früher sagen können, wie toll das ist. (Übrigens große Hörbuch-Empfehlung. Horst Evers liest selber und macht das ziemlich klasse.)

(bei Amazon oder bei der Buchhandlung Braunbarth in Bruchsal)

6. Maurice Sendak: Higgelti Piggelti Pop!: Oder Es muß im Leben mehr als alles geben

2012 starb Sendak, das war traurig. Man sollte viel mehr Sendak-Bücher lesen. “Higgelti Piggelti Pop!” zum Beispiel, schon wegen dem wunderbaren Untertitel. Und wegen den Bildern. Und der Geschichte von Jennie, die zwar eigentlich alles hat, sogar Augentropfen UND Ohrentropfen, aber trotzdem loszieht, weil es eben noch mehr im Leben geben muss. LEST MEHR SENDAK! (Gilt übrigens auch für mich.)

(bei Amazon oder in der Buchhandlung Proust in Essen)

5. Erin Morgenstern: The Night Circus (Der Nachtzirkus)

Eines der letzten Bücher des Jahres, aber so wunderschön poetisch. Es geht um einen Magierwettstreit, eigentlich geht es aber um den Nachtzirkus, und der wird so wunderbar detailliert, fantasievoll und liebevoll beschrieben, dass man sich auch wünscht, einmal den Nachtzirkus besuchen zu gucken. Den Eisgarten, das Wolkenzelt, die Zwillinge mit den Kätzchen, und und und… Dazwischen gibt es noch eine Liebesgeschichte, oder vielleicht auch zwei Liebesgeschichten oder drei oder so.

(bei Amazon oder bei der Citybuchhandlung Vogel in Schweinfurt)

4. Shirley Jackson: We Have Always Lived in the Castle

Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum dieses Buch als Leseprobe auf dem Kindle landete, aber ich musste sofort weiterlesen. Mary Katherine lebt mit ihrer Schwester Constance und ihrem kränklichen Onkel Julian in einem großen Haus außerhalb des Dorfes. Constance hat das Haus seit Jahren nicht verlassen, die Dorfbewohnen meiden sie, seit der Rest der Familie bei einem Abendessen mit Arsen vergiftet wurden. Das ganze wird so dicht und gruselig erzählt, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen will. Netterweise ist es gar nicht so lang, so dass man es auch gar nicht so oft aus der Hand legen muss.

(bei Amazon oder in der Buchhandlung Quotes in Hambuonrg)

3. Anthony Horowitz: The House of Silk: A Sherlock Holmes Novel (Das Geheimnis des weißen Bandes)

Ein Sherlock-Holmes-Roman, passend zum aktuellen (und berechtigten) Sherlock-Hype. Ebenfalls als Hörbuch gehört, irgendwann Anfang des Jahres, deswegen habe ich die Geschichte auch gar nicht mehr so präsent, aber, dass ich das alles sehr fesselnd und spannend fand. Außerdem kann ich ja dieses viktorianische Steampunk-Mystery-Zeug richtig gut, da bin ich wohl wirklich leicht mit zu kriegen.

(bei Amazon oder in der Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt)

2. Patrick Ness: A Monster Calls (Sieben Minuten nach Mitternacht)

Geweint habe ich. Im Bus. Weil Jason Isaacs dieses Buch so unglaublich ergreifend vorliest und die Geschichte so unglaublich traurig ist. Jede Nacht um sieben Minuten nach Mitternach kommt das Monster zu Conor. Es erzählt ihm Geschichten, vor allem aber will es die Wahrheit wissen. Die Wahrheit, die hinter den Albträumen steckt und hinter dem, was mit seiner Mutter passiert. Auch hier eine Hörbuchempfehlung, wenn man denn englische Hörbücher hören mag, denn Jason Isaacs macht das wirklich so großartig. Wie gesagt. Ich habe geweint. Im Bus.

(bei Amazon oder in der Buchhandlung Stehn in Stuttgart/Bad Cannstadt)

1. Dodie Smith: I Capture the Castle (Mein Sommerschloss)

Doof immer, wenn man so ein Buch hat, in dem eigentlich gar nicht so viel passiert, das aber so toll geschrieben ist, dass man sich auf der ersten Seite sofort verliebt. Dodie Smith schrieb dieses Buch 1948, die Geschichte wird erzählt von Cassandra, die mit ihrer Familie in einem heruntergekommenen Schloss lebt. Die Mutter starb vor Jahren, der Vater ein Sonderling, der einmal ein Buch schrieb, damit einigermaßen gut Geld verdiente, aber danach nie wieder irgendwas geregelt bekam. Ihre ältere Schwester, die alles tun würde, um die Armut hinter sich zu lassen, und der junge Bruder. Das stille Leben wird ganz Stolz-und-Vorurteils-mäßig durcheinandergebracht, als im Anwesen nebenan die zwei jungen männlichen Erben aus Amerika einziehen. “I Capture the Castle” bewegt sich irgendwo zwischen Jane Austen, Downton Abbey, Schloss Gripsholm und etwas ganz anderem, ist ganz wunderbar und sollte von vielen, vielen Menschen gelesen werden.

(bei Amazon oder in der Buchhandlung am Nonnendamm in Berlin)

Gelesen: Netzgemüse von Tanja & Johnny Haeusler

Netzgemuese

Man muss meiner Rezension von “Netzgemüse” ja einen Disclaimer vorausschicken, um ein paar Dinge zu erklären. Erstens einmal habe ich gar keine Kinder, keine kleinen und keine großen. Ich bin noch nicht mal schwanger. Außerdem halte ich mich für so ausreichend netzaffin, dass man mir nicht unbedingt erklären muss, wie Facebook oder YouTube funktionieren. Ich gehöre also nicht zwingend zur Zielgruppe dieses Buches mit dem schönen Untertitel “Aufzucht und Pflege der Generation Internet”, in dem es vor allem darum geht, wie man seine Kinder in einer Welt vernünftig groß zieht, in der es so obskure Dinge wie das Internet und Computerspiele gibt. Ich lese aber trotzdem gerne darüber.

Als zweiten Disclaimer schicke ich mal vorweg, dass ich als Kind sehr selten Verbote für irgendwas bekam. Jetzt war ich tendenziell sowieso eher ein Kind, dass nicht besonders anfällig für groben Unfug war (jedenfalls meistens), aber mir wurden auch keine Fernseh- oder Computerspielzeiten vorgeschrieben, ich durfte mehr oder weniger machen, was ich wollte, solange es nicht komplett ausartete. Vielleicht lag es ein bisschen daran, dass ich trotz solcher “Phasen der intensiven Mediennutzung” ein kleines Streberkind war, dauernd irgendwelche Instrumente lernen wollte und regelmäßig mit einem Buch vor der Nase anzutreffen war. Es lag aber wohl auch ein bisschen an der eher pragmatischen und ehrlichen Erziehungsmethode meiner Eltern, die meine Mutter vor nicht allzu langer Zeit so zusammenfasste: “Ich guck doch selber gerne Fernsehen. Da konnte ich dir das doch schlecht verbieten.”

Johnny und Tanja Haeusler, die ich ansonsten vor allem von http://www.spreeblick.com/ kenne, sind auch solche Eltern, die es mit Verboten nicht so haben und mit einer Netz- und Medienaffinität ausgestattet sind, die für viele Eltern nicht selbstverständlich ist. Es ist aber eben trotzdem nicht so einfach mit der Welt von heute und den Kindern, die in dieser leben. Wenn es damals(TM) schon das Internet gegeben hätte, wer weiß, wie viel Zeit ich davor verbracht hätte. (Vielleicht aber auch nur genauso viele Stunden, wie ich verzweifelt versuchte, den Solitär-Highscore meiner Mutter zu knacken.)

Und das ist eben der Unterschied: Heute gibt es das Internet, es gibt YouTube, Facebook und Minecraft. Es gibt gute Sachen (Wikipedia und Blogs) und es gibt problematische Sachen (Gewalt und Pornographie) in diesem Internet und wenn ein Erwachsener erstens machen kann, was er will und zweitens mehr Erfahrung hat, um gewisse Dinge einzuschätzen, so sind Kinder vor allem erstmal neugierig, ungehemmt und unerfahren. Das meine ich im besten aller Sinne, aber es ist dann auch kein Wunder, wenn sich die Eltern Sorgen machen, erst recht, wenn sie dieses Internet im Allgemeinen und dieses Facebook im Besonderen überhaupt nicht einschätzen können.

Was an “Netzgemüse” gefällt, ist die Entspanntheit, mit der die Autoren schreiben und die das Thema auch dringend nötig hat. Zuallererst stellen sie mal fest, dass Kinder eben nicht dumm sind, und sehr wohl in der Lage sind, gute und schlechte Dinge zu trennen. Der nächste Punkt ist ein ebenso wichtiger: Was man zu Hause verboten kriegt, das holt man eben woanders nach und hält es vor den Eltern geheim. Das ist im Übrigen auch keine Neuheit, das gab es schon beim Fernsehen und vermutlich davor schon bei diesem Rock ’n‘ Roll. Als Eltern kann man eigentlich gar nicht anders, als sich mit dem Internet und all dem seltsamen Zeug darin, auch zu beschäftigen, damit man versteht, was da passiert und wie man damit umgehen kann.

Die Autoren dröseln dafür die wichtigsten Webphänomene vorsichtig und ausführlich auf, nehmen die Angst vor Facebook und YouTube, und geben Tipps, wie man gemeinsam mit seinen Kindern (bzw. eben gemeinsam mit seinen Eltern) das Internet erkunden kann, ohne dass die Kinderseele dabei auf der Strecke bleibt. Die Gelassenheit, mit der sie das tun, eben ohne aufgesetzte Coolheit aber ebensowenig mit erhobenem Zeigefinger, ist toll und vor allem nachahmenswert.

Die meisten der Erfahrungen, die von den Autoren beschrieben wurde, konnte ich gut nachempfinden, dafür muss man gar keine Kinder haben. Ob die Tipps bei allen Kindern gleich gut funktionieren, bleibt dahingestellt, aber es werden auch explizit keine Allheilmittel verschrieben. Jedes Kind ist anders, und letztlich bleibt es dabei, dass die Eltern ihre Kinder immer noch am besten kennen und am besten entscheiden können, was für das Kind gut ist und was nicht. Auch das ist eine Nachricht dieses Buches.

“Netzgemüse” klärt auf, sagt, dass das alles gar nicht so schlimm ist und zeigt an konkreten Beispielen aus dem Familienleben der Haeuslers mit ihren zwei Söhnen, wie man Konflikte und Probleme angehen und lösen kann.

Für mich als kinderloser Leser eröffnete das Buch zusätzlich den Blick auf typische Probleme, die Eltern mit ihren Kindern in Bezug auf Computer und Internet haben. Mir fielen gleich zwei Leute ein, denen man dieses Buch mal dringend in die Hand drücken müsste, da die Erziehungsmethoden in punkto Facebook von “komplett verboten” bis zu “nur, wenn ich das Passwort haben darf” reichen.

Das Vertrauen in das Kind ist ein kostbares Gut, das ist für mich eine der wichtigsten Botschaften aus “Netzgemüse”. Und Vertrauen heißt eben auch loslassen können. Wie das geht, ohne dass man dann schlaflose Nächte verbringt, weil man nicht weiß, was das Kind da in diesem Internet macht, das liest man dann am besten selber nach.

Mehr gibt’s auch hier: http://netzgemuese.com/

Das Nuf schrieb hier darüber: Das Gegenteil von Spitzer ist nicht stumpfer

Bei den Links zu Amazon handelt es sich um Affiliate-Links, das heißt, wenn ihr über den Link etwas bei Amazon kauft, kriege ich ein bisschen was ab und bin dann in geschätzt 500 Jahren steinreich und muss nicht mehr arbeiten.

Ich will doch nur lesen!

Wie ja bereits bekannt sein dürfte, habe ich (fast) immer schon viel gelesen. Bücher eben. Das ging eine Weile auch ganz gut in der Bücherei, als ich mit dem Studium anfing hatte ich dann aber tatsächlich keinen Büchereiausweis mehr. Nicht mehr für Bonn und lange Zeit auch nicht für Leverkusen, bis der Mann sich dann doch mal wieder anmeldete, aber auch da wurde die Ausleihoption eher halbherzig und selten genutzt.

Also blieb es beim Bücherkauf. Und damit kamen immer mehr Bücher ins Haus, mehr als das Bücherregal im Wohnzimmer hergab, so dass die Bücher da irgendwann in zwei Reihen standen (allerdings mussten sie sich ihr Zuhause auch mit DVDs und Brettspielen teilen). Was dann bleibt ist, regelmäßig Bücher auszusortieren, mit auf die Arbeit zu nehmen („Hier, nehmt euch, was euch interessiert, ist mir auch egal, was ihr damit macht, aber ich brauche Platz im Regal!“), oder zum Oxfam-Shop zu bringen.

Nach zwei Umzügen mit vielen Bücherkartons, von denen die meisten jetzt aus Platzgründen in einem Lager verweilen, war mir klar: Ich brauche so einen e-Reader. Ich musste den Mann auch gar nicht davon überzeugen, denn wir hatten ja gerade letztens erst vierzig Kisten Bücher in einen Lagerraum geschleppt (und ein bisschen schleppen lassen).

Die Vorteile von digitalen Büchern lagen auf der Hand: Sie wiegen nichts, sie stehen danach nicht im Regal rum, man muss sie beim nächsten Umzug nicht in Kisten packen und rumschleppen und man hat sie trotzdem jederzeit dabei. Toll.

Selbstverständlich gibt es auch Nachteile. Meine physische Bibliothek im Bücherregal steht jetzt nicht mehr zwingend für das, was ich so alles gelesen habe. Ich kann Bücher nicht mehr einfach so verleihen oder auch nur zeigen. Und ich habe mich von der Technik ein bisschen mehr abhängig gemacht.

Was mich aber immer wieder aufregt, sind die scheinheiligen und uninformierten Argumente der Leute, die sich im Leben nicht vorstellen können, einen e-Reader zu besitzen oder – schlimmer noch – zu benutzen.

Es fängt meistens mit dem Bildschirmargument an. „Am Bildschirm kann ich nicht so gut lesen, davon kriegt man Kopfschmerzen.“ „Ich sitze schon den ganzen Tag bei der Arbeit vorm Bildschirm, da muss ich das nicht noch beim Lesen haben.“

Bei solchen Sätzen wird sehr schnell offenbar, wer sich noch nicht mal die Mühe gemacht hat, im Buchladen überhaupt mal einen e-Reader anzugucken. Hier noch mal zur allgemeinen Aufklärung: Die allerallermeisten e-Reader haben ein sogenanntes e-Ink-Display, also quasi elektronische Tinte. Die Technik dahinter ist eine ganz andere und hat irgendwas mit magnetischem Zeug zu tun, was dabei rauskommt ist aber eine Oberfläche, die nicht leuchtet, sondern auf der man wunderbar kopfschmerzfrei lesen kann und die eigentlich fast aussieht wie die Seite eines Buches. (Gefühlt kann ich auf einem e-Reader schneller und länger lesen als in einem Buch. Beweisen kann ich das nicht.)

Dann kommen meine anderen Lieblingsargumente, die in etwas so gehen, dass zu der Leseerfahrung doch das ganze Drumherum auch mit dazugehört. Der Einband, die Seiten, das Wandern des Gewichts von rechts nach links, die Haptik, der Geruch,…

Zugegeben: Ich dachte das auch. Ich hatte Bedenken, dass mir etwas fehlen würde bei so einem e-Book, eben genau diese Dinge und noch mehr. Der Bücherstapel auf dem Nachttisch. Die Freude, wenn ein neues Paket mit Büchern eintrifft.

Tatsächlich ist nichts davon eingetroffen und obwohl ich der Bücherliebhaberei durchaus noch etwas abgewinnen kann, möchte ich anmerken: Bei einem Buch geht es mir eben nicht um den Einband, die Haptik, das Gewicht oder den Geruch. Es geht mir um die Geschichte, die darin erzählt wird. Und an der Geschichte ändert sich nichts, ob ich jetzt auf physischen Seiten oder auf einem e-Reader lese, sie bleibt die gleiche.

Ich entlarve mich hiermit dann am besten auch gleich als ein Mensch, den der Geruch von Büchern immer eher kalt gelassen hat. Für mich riechen neue Bücher üblicherweise nach fabrikneu, alte Bücher riechen nach Moderkeller und alles dazwischen riecht irgendwie undefiniert.

Vielleicht bin ich olfaktorisch behindert, aber viel wichtiger ist noch: Ich möchte auch gar nicht an Büchern riechen. Warum sollte ich das wollen? Ich möchte die Geschichte lesen, die darin steht und ich möchte das gerne auf die für mich komfortabelste und einfachste Art und Weise tun, die es gibt.

Ich vermute hinter den Argumenten, dass es ohne Haptik und Geruch nicht ginge, ein bisschen Gewohnheit und ein bisschen der Glaube daran, sich damit als romantischer Buchliebhaber von den technologisch-sterilen e-Book-Lesern abgrenzen zu können. Für mich war der Wechsel zum e-Book der beste Weg, um die Geschichtenliebhaberei noch in den Griff zu kriegen. Mal abgesehen davon, dass so ein e-Reader ungleich leichter ist als irgendein Hardcoverschmöker, bei dem mir nach einer halben Stunde die Arme wehtun.

Eventuell enttarnt sich so mancher Freund des physischen Buches auch implizit als Wenigleser (dann brauch man nicht so viel Platz), Mainstreamleser (dann klappt’s auch mit der Bücherei) oder einfach als jemand mit irre viel Wohnraum. Wer aber das „wirklich wahre“ Lesen auf die physischen Gegebenheiten des Buches reduziert, der vergisst, dass es darum eben gar nicht geht, sondern dass das Buch, so wie wir es kennen, ja auch nur die mit der zur Verfügung stehenden Technik beste Art und Weise war, Geschichten in eine transportierbare Form zu pressen.

Letztlich ist alles ein Frage der persönlichen Umstände und Vorlieben. Was mich nervt ist lediglich die Vorstellung, alleine mit einem physischen Buch könnte sich das vollkommene Leseerlebnis überhaupt einstellen. Für mich tut es das nicht, fast im Gegenteil. Ich kann mich besser in der Geschichte verlieren, wenn mir nicht die Arme vom Halten lahm werden und ich beim unvorsichtigen Hinlegen des Buches wieder mal die Seiten verschlage.

Was bleibt ist die Freude an schönen Büchern und hier sehe ich im Übrigen eine prima Martknische für clevere Buchgeschäftsleute. Mein Aufruf lautet: Macht schöne Bücher! Solche mit schönen Einbänden, mit hübschen Zeichnungen, mit bunten Bildern, mit raffinierten Besonderheiten, mit Lesebändchen und was euch noch so einfällt! Macht limitierte Sonderauflagen!

Bücher wie „House of Leaves“ von Mark Z. Danielewski oder „Tree of Codes“ von Jonathan Safran Foer, die funktionieren nämlich als e-Book nicht. Bücher wie die von Max Goldt von der Druckerey, limitiert und nummeriert, der Bleisatz wird nachher wieder eingeschmolzen, wie großartig klingt das denn? Bücher wie die Sonderausgabe von Neil Gaiman’s „Stardust“, mit wunderhübschem Einband und tollen Illustrationen.

Macht solche Bücher! Die kauf ich auch, e-Reader hin oder her. Und vielleicht, ganz vielleicht, ist das auch ein schöner Weg, der Regalbibliothek eine neue Bedeutung zu geben. Dann stehen da nämlich nicht mehr all die Bücher drin, die ich irgendwann mal einmal gelesen habe und so einigermaßen gut fand. Es stehen dann die Bücher drin, die mir am Herzen liegen, besonders schöne Bücher, Bücher mit Widmung oder Sonderausgaben, die ich unbedingt haben musste, obwohl ich das Buch doch längst als e-Book gelesen habe. Bücher, die man wirklich gerne öfter rausholt, anfasst und anguckt, weil sie nämlich so schön sind, und nicht weil man denkt, als Bücherfreund müsste man gerne Bücher anfassen.

Und das ist doch eigentlich ein ganze schöner Gedanke.

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Bücher schenken – All Hallow’s Read

Mal abgesehen davon, dass Neil Gaiman nicht nur wunderbare Bücher schreibt, sondern auch generell ziemlich wunderbar ist, hat er auch noch wunderbare Ideen.

Er möchte zum Beispiel, dass wir aus All Hallow’s Eve (also der Abend vor Allerheiligen) ein All Hallow’s Read machen und jemanden mit einem gruseligen Buch überraschen.

Hier erklärt er, worum es geht.

Ich finde, es kann gar nicht genug Gründe geben, Bücher zu verschenken, insofern werde ich jetzt mal überlegen, wem ich welches Buch schenken könnte.

(Sollte man ein Problem damit haben, dass einem kein brauchbares gruseliges Buch einfällt, bin ich übrigens der Meinung, das sollte einen nicht daran hindern, jemanden dann eben mit einem ungruseligen Buch zu überraschen.)

Ich lese

Disclaimer: Bei Patschbella lesen, wie es begann, dann bei Journelle, excellensa und Isa weiterlesen oder einfach erst hier lesen und dann bei den anderen Damen gucken.

Ich hab schon immer gern und viel gelesen. Ich hab sogar so gern gelesen, dass mir die Zeit bis zur Grundschule entschieden zu lang war und ich mir den ganzen Krempel dann eben selber beigebracht habe. Angeblich war das erste Buch was ich gelesen habe/auswendig kannte “Die Kinder von Bullerbü”, aber ich muss mich da auf die Aussagen meiner Eltern verlassen, denn selber erinnere ich das nicht.

Mit Oma ging es einmal die Woche in die Bücherei in Köln-Mülheim, die ich mit den Jahren durch konsequentes Überschreiten der Ausleihdauer, auch finanziell unterstützte. Jede Woche gingen da mehrere Bücher mit, gerne auch dieselben, ich weiß nicht, wie oft ich Dagmar Chidolues “Mein Paulek” gelesen habe, außer sehr oft. Den Ständer mit den Schneiderbüchern hab ich durchgearbeitet, die ganzen Bücher von Christine Nöstlinger, die ganzen Anastasia-Bücher von Lois Lowry, Edith Nesbit, Paul Maar und was man sonst noch so auftreiben konnte.

Als wir von Köln nach Opladen zogen, ließen die Büchereibesuche in Mülheim so langsam nach, wurden jedoch lediglich in die Stadtbücherei von Opladen verlagert. Da ließ man mich dann irgendwann die Bücher einräumen, Neuerscheinungen als erste lesen und in der Kinder- und Jugendbuchabteilung Leute beraten. Erlaubt war das vermutlich nicht alles, aber anscheinend war es allen egal.

Irgendwann so zwischen 15 und 18 verlagerte sich das Interesse hin zu den Erwachsenenbüchern, ich las John Irving, J.D. Salinger, Jane Austen, Matt Ruff, Anne Tyler und Douglas Adams und vermutlich noch einiges mehr. Auch die Frequenz ließ etwas nach, aber gelesen habe ich immer noch.

Am wenigsten las ich interessanterweise während des Studiums und während der Ausbildung. Warum, weiß ich gar nicht, wahrscheinlich hatte ich zu viel anderes zu tun, nicht zuletzt wurde ich dann auch vom besten Freund mit der Seriensucht angesteckt. Ich kann mich eigentlich nur an ein einziges Buch erinnern, dass ich in dieser Zeit las, und es war noch nicht mal besonders gut.

Ich glaube, das erste Buch, das ich 2003 nach dieser Phase des Ab-und-zu-Lesens in die Hand nahm, war “The Lovely Bones” von Alice Sebold, gekauft bei einem Buchhändler in Opladen, den es auch schon länger nicht mehr gibt. Ich gewöhnte mich wieder ans Lesen, mittlerweile konnte man bei Amazon unkompliziert Bücher auf Englisch bestellen, es wurde alles einfacher. Englische Bücher las ich jetzt fast ausschließlich im Original, im Januar 2005 fragte ich zum ersten Mal auf meinem Blog nach Buchvorschlägen und bekam eine ganze Reihe. Ich las “The Eyre Affair” von Jasper Fforde, ein Buch, das ich vermutlich nie gefunden hätte, wenn Caitlin es nicht vorgeschlagen hätte, und war begeistert.

Vielleicht war dies tatsächlich ein bisschen der Beginn der neuen Lesephase. Ich begann, die gelesenen Bücher aufzuschreiben und zu zählen, nahm mir jedes Jahr vor, mindestens 52 Bücher zu lesen, was mir in manchen Jahren (2006, 2009, 2011 und vermulich auch 2012) gelang, in anderen nicht ganz.

Ich entdeckte Tools wie librarything und Goodreads, veröffentlichte jedes Jahr eine Liste der besten Bücher, wartete mit Spannung auf die Gewinner des Puddly Awards der amerikanischen Buchhandlung Powell’s, und bastelte mir daraus Listen mit Büchern, die ich noch lesen müsste. Natürlich ist die Liste der Bücher, die ich noch lesen müsste, viel länger als irgendetwas, was man als normaler Mensch noch bewältigen könnte, vor allem, weil ständig etwas hinzukommt.

Ich lese schnell. Ich bin kein guter, aufmerksamer Leser, dafür bin ich viel zu ungeduldig, und ich kann nicht gut mit Adjektiven und langen Beschreibung (es sei denn, Walter Moers schreibt sie). Ich vergesse die meisten Bücher schnell wieder, das finde ich aber gar nicht so schlimm, denn ich kann so durchaus Bücher zwei Mal lesen. Mein Hauptproblem bei jedem Buch, das ich gerade lese, ist, dass ich mich schon so auf das nächste Buch freue. Da kann das Buch gar nichts für und es ist ja auch bei fast jedem Buch so.

Als wir uns beim letzten Umzug von 140 qm auf 70 qm verkleinerten, mussten die meisten Bücher weg, denn sie passten einfach nicht in die Wohnung. Meine Lieblingsautoren durften mit: Neil Gaiman, Douglas Adams, Dave Eggers, Walter Moers und Murakami stehen weiterhin im Wohnzimmer im Regal. Dafür haben wir kistenweise Bücher eingelagert und müssen uns vermutlich irgendwann damit beschäftigen, was wir damit machen wollen.

Es ist ja auch tatsächlich leider so, dass man die meisten Bücher nur einmal liest, man weiß nur vorher nicht unbedingt, welches die wenigen Bücher sind, die einem ans Herz wachsen und welches die anderen. Das weiß man erst, wenn man sie gelesen hat.

Wenigstens nutzte ich den Moment des Bücherkistenschleppens geschickt und meldete einen aktuen Kindlewunsch beim Mann an. Die Vorteile lagen auf der Hand und ich habe die Entscheidung nie bereut. Seit fast zwei Jahren lese ich fast ausschließlich auf dem Kindle, im letzten Jahr kam ich auf 73 Bücher, weil ich jetzt wirklich immer und überall ein Buch dabei habe und gefühlt auf dem Bildschirm noch schneller lese als auf einer Papierseite. (Ob das wirklich so ist, weiß ich nicht, das müsste mal jemand erforschen.)

Auf dem Kindle sind mittlerweile 155 Leseproben. Bei meinem durchschnittlichen Lesetempo muss ich  mich also die nächsten drei Jahre nicht um neue Inspirationen kümmern, aber es wird ja doch passieren, denn für jede Leseprobe, die ich lösche, kommen zwei hinzu. Es ist furchtbar.

Ich lese. Viel und häufig und zu schnell. Detailfragen zu den “Song of Ice and Fire”-Büchern von George R.R. Martin kann ich nicht beantworten, weil ich sowieso nicht mehr weiß, was passiert ist (irgendwas mit Drachen und Intrigen). In gewisser Weise bin ich vielleicht lesesüchtig, aber vermutlich nicht mehr oder weniger, als ich seriensüchtig bin. Einzig die vorhandene Zeit ist ein Problem, denn es ist nie genug davon da.

Ich bin kein Buchnostalgiker, kein Haptiker, kein Mensch, der vom Geruch von Büchern schwärmt. Bücher erzählen Geschichten, für mich ist es vollkommen irrelevant, ob die auf Papier gedruckt sind oder auf meinem Kindle erscheinen. Wenn die Geschichte gut ist, ist das Medium zweitrangig. Ich habe im Urlaub fast den gesamten “Oliver Twist” auf dem iPod gelesen, weil der Mann das Kindle hatte und ich das dicke Stephen-King-Buch nach drei Tagen (und Nächten) durch hatte. (Auf dem iPod lesen ist aber nicht zwingend etwas, was ich öfter als absolut nötig wiederholen möchte.)

Eigentlich lese ich alles, aber es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, ich hätte keine Lieblingsgenres. Science Fiction und Fantasy haben es mir besonders angetan, Steampunk sowieso und am allerliebsten habe ich Bücher, die sich keinem Genre zuordnen lassen, die von Jasper Fforde eben, die hauptsächlich vollkommen durchgeknallt sind, oder das wunderbare “The Raw Shark Texts” von Steven Hall oder “The Gone-Away World” von Nick Harkaway (Explodierende Schafe! Ninjas! Pantomimen!). Walter Moers natürlich. China Miéville. Bücher, die vor Fantasie und Verrücktheiten übersprudeln.

So wie “Die unendliche Geschichte” von Michael Ende. Und hier schließt sich der Kreis ein bisschen, denn “Die unendliche Geschichte” liebe ich, seit ich sie vermutlich noch in der Grundschule zum ersten Mal gelesen habe. Und ich liebe dieses Buch, diese Geschichte immer noch. Deswegen steht dieses Buch, als Hardcover, mit Illustrationen und überhaupt, auch im Wohnzimmer im Regal und liegt nicht in einer Kiste im Lager.

Ich habe immer viel gelesen und aktuell sieht es nicht so aus, als würde sich daran viel ändern.

 

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Gelesen: Das zerbrochene Fenster von Zoë Beck

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Ich bin ja kein Krimileser, das mal gleich vorweg. Irgendwann vor einem gefühlten Jahrhundert habe ich mal eine ganze Menge Agatha Christie gelesen und dann ein bisschen Minette Walters und irgendwann dann ein bisschen Val McDermid. Das übliche halt, aber Krimi ist eben einfach nicht mein favorisiertes Buchgenre.

Aber wenn man im Urlaub schon mal eine waschechte Krimiautorin kennenlernt und die dann auch noch Bücher schreibt, die in der Gegend (und der Stadt) spielen, in die man sich gerade hemmungslos verliebt (nämlich Schottland und Edinburgh), dann muss man natürlich auch lesen, was sie so schreibt.

In diesem Fall geht es um Zoë Beck und das erste Buch, was ich von ihr gelesen habe war “Der frühe Tod”. Was soll ich sagen, ich war begeistert. Schön gradlinig geschrieben, eine gute, ausreichend verzwickte, aber nicht überkonstruierte Geschichte, ein interessantes Setting, alles, was man braucht.

Jetzt ist gerade ihr nächstes Buch erschienen. “Das zerbrochene Fenster” heißt es und ich schrob bereits hier darüber, denn zum Erscheinungsdatum gab es eine kleine Aktion von Zoë Beck, bei der eine ganze Reihe Audioschnipsel zusammenkamen, die man sich auf Soundcloud anhören kann.

Gelesen hab ich es auch schon. Angefangen in Konstanz, dann auf dem Kindle mitgenommen nach Oberbayern zum Schliersee und dann zurück ins Ruhrgebiet. Dass es überhaupt unausgelesen mit zurück nach Essen kam, liegt einzig und allein daran, dass man bei so Schwiegerelternbesuch und Hochzeit nicht viel zum Lesen kommt. Ansonsten liest sich “Das zerbrochene Fenster” nämlich sehr schön runter.

Zoë Becks Markenzeichen – soweit ich das nach zwei Büchern beurteilen kann – ist es, mehrere Handlungsstränge parallel laufen zu lassen und dann im Laufe des Buches auf raffinierte Weise zusammenzuführen. Während es bei “Der frühe Tod” hauptsächlich die parallel laufenden Handlungsstränge zweier Charaktere waren, die zusammenliefen, so spielt “Das zerbrochene Fenster” auf zwei Zeitebenen.

Im Jahre 2003 verschwindet Sean, der Freund von Philippa Murray. Davon und von der Suche nach ihm berichtet Pippa, wie sie genannt wird, in ihren Tagebucheinträgen. Im Winter 2010 wird Lillian Darney von ihrem Stiefsohn tot in ihrer Villa in Schottland aufgefunden. Wenig später taucht Pippa bei der Polizei auf und behauptet, sie wüsste, wer Lillian getötet hätte, nämlich Sean, ihr verschwundener Ex-Freund. Dann verschwindet auch Pippa und die Geschichte fängt erst richtig an.

“Das zerbrochene Fenster” liest sich ähnlich schön gradlinig und im besten Sinne unaufgeregt wie der Vorgänger. Wieder zeigt sich, wo Zoë Becks Stärken liegen, nämlich darin, eine komplexe, aber nicht komplizierte Geschichte zu schreiben, mit vielen Charakteren und Handlungssträngen, die nach und nach zusammenlaufen und ein stimmiges Bild ergeben. In diesem Fall baut sie noch die Schneekatastrophe im Winter 2010/2011 ein, die sie selber miterlebt hat und in kleinen Anekdoten erzählt.

Man merkt, wie sehr Zoë Beck die Region um Edinburgh am Herz liegt und ich freue mich immer, wenn ich selber Orte wiederfinde, an denen wir uns (ebenfalls im Winter, aber zwei Jahre später und mit weniger Schneekatastrophe) rumgetrieben haben.

Ein kleiner Wermutstropfen war das etwas schnelle Ende, das für mich etwas antiklimaktisch daherkam. Es scheint fast, als hätte Zoë Beck zum Schluss ein bisschen Angst vor der eigenen Courage und so wird die Geschichte zwar ordentlich, aber beinahe zu unspektakulär, aufgelöst. Bei der Menge an Charakteren, die gleich auf zwei Ebenen eingeführt werden und dabei zu einem nicht unerheblichen Teil miteinander verwandt oder verschwägert sind, hab ich auch etwas gebraucht, bis ich endlich verstand, wer jetzt wer war. Weniger Namensähnlichkeit wäre hier vermutlich hilfreich gewesen.

Im direkten Vergleich gefiel mir “Der frühe Tod” eine Ecke besser, aber ich kann beide Bücher empfehlen. Für Krimifans, für Thrillerfans, für Schottlandfans und solche, die es werden wollen und so oder so für alle, die mal wieder eine gut erzählte Geschichte lesen wollen.

Und wer die Chance hat, zu einer Lesung von Zoë Beck zu gehen, der sollte das auch tunlichst machen. Vorlesen kann sie nämlich auch richtig gut.

Mehr gibt’s bei http://das-zerbrochene-fenster.de/ und als Audioleckerchen bei Soundcloud.

(PS: Auf dem Cover steht ja knallhart Thriller. Auch nicht mein Genre. Ich entschuldige mich mal gleich für mögliches Genredurcheinanderwürfeln. Letztlich zählt eh die Geschichte, und die ist gut.)