Tagebuchbloggen, 10.10.2018 – Rantmode on

Ich wollte mich eigentlich nicht mehr ärgern und tue es trotzdem immer und dann auch meistens öffentlich, weil mich Dinge so elend aufregen.

Letztens war es zum Beispiel ein Literaturpodcast, über den ich mich aufregen musste. Dabei war das Urspungsaufregelevel noch im Rahmen, ich störte mich lediglich daran, dass von allen vorgestellten Büchern lediglich eins von einer Frau war und alle Interviewpartner männlich. Besonders fiel es mir deswegen auf, weil vier der Bücher auch noch thematisch sehr nah beieinander waren, nämlich alles Coming-of-Age-Romane mit jungen, männlichen Protagonisten. Solche Schieflagen ärgern mich. Wenn ich eine Sendung plane und merke, dass ich vier Coming-of-Age-Romane von männlichen Autoren mit männlichen Protagonisten habe, dann prüfe ich, ob ich nicht doch als kleinen Ausgleich vielleicht nicht noch ein thematisch ähnliches Buch einer Autorin mit einer weiblichen Sicht habe. Natürlich ist eine Sendung über den aktuellen Literaturbetrieb auch immer von den tatsächlichen Neuerscheinungen abhängig, aber ich behaupte, dass in jeder Woche auch Bücher von Autorinnen erscheinen. Steile These, ich weiß.

So weit, so schön. Ich habe mich geärgert und meinem Ärger auf Twitter Luft gemacht. Der Tweet war etwas missverständlich formuliert, da ich die Sendung so zusammenfasste, dass Männer über Bücher von Männern über Männer reden würden, was insofern falsch war, als dass die Moderatorinnen beide weiblich waren. Jedoch: Ich erwarte auch so viel Transferleistung, dass man besprochene Inhalte und Interviewpartner von einem festen Moderatorenteam trennen kann. Bei Anne Will ist auch nicht Anne Will die Quotenfrau, sondern die eine eingeladene Frau.

Daraufhin wurde mir jedenfalls von einer der Moderatorinnen eine „Wahrnehmungsstörung“ diagnostiziert und auf meine kurzen Hinweis auf die tatsächlich Verhältnisse, geantwortet, das wäre eben mal so und es wäre auch mal umgekehrt und alles wäre prima. Das ist natürlich gelogen, ich habe die letzten Wochen zurückgescrollt und gezählt und in keiner Sendung gab es ein derart unausgeglichenes Verhältnis zugunsten von von Frauen geschriebener Bücher über Frauen (die Interviewpartner ließen sich schlechter nachvollziehen).

Ich fand die Literaturagenten auf Radio Eins eigentlich immer eine sehr schöne Sendung mit interessanten Buchtipps, und habe sie deswegen auch schon an anderen Stellen ausdrücklich gelobt, aber ich habe die Sendung nach diesem kurzen und wenig fruchtbaren Austausch aus dem Podcatcher geschmissen. Mir war schon vorher der teilweise dünkelhafte Tonfall, wenn es um SF/F-Literatur ging, unangenehm aufgefallen, da konnte ich aber irgendwie noch drüber weghören. Wer jedoch so mit Hörern umgeht und noch nicht mal bereit ist, sich mit Kritik auseinanderzusetzen (ob berechtigt oder nicht, lässt sich ja oft klären), dem brauche ich meine Zeit nicht zu schenken.

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Auf einem ganz anderen Level schlimm war eine Diskussion in einem Musikerforum, bei der ich gestern beteiligt war. Ich bin in diesem Forum eigentlich nicht aktiv, wurde aber auf einen Thread aufmerksam gemacht, in dem es um die Frage geht, wieso es so wenige weibliche Produzentinnen gibt.

Ich kenne mich in der Branche nicht aus, vermute die Gründe sind aber ähnlich gelagert wie in anderen männerdominierten Bereichen auch. Das führe ich hier jetzt aus Platz- und Nervengründen nicht näher aus, es ist eine komplexe Gesamtlage, an der niemand konkret Schuld hat, an der man aber sehr schnell etwas verbessern könnte, wenn man nur wollte. (Spoiler: Oft wollen die Leute halt nicht.)

Jedenfalls habe ich gestern von explizit frauenfeindlichen Kommentaren über die üblichen langweiligen Klischeevorstellungen („Frauen mögen Technik nicht so.“) bis zu Schulbuchdefinitionen des Begriffes „transphob“ so alles gelesen, was ich eigentlich immer gerne erfolgreich verdrängen würde. Da der Thread mittlerweile geschlossen wurde, konnte ich kein schönes Schlusswort schreiben, dabei hatte ich es schon im Kopf vorformuliert: „Wer sich immer noch fragt, warum so wenig Frauen Produzentinnen sind, der muss sich nur die letzten Seiten durchlesen und kennt die Antwort.“

Na ja. Das erstaunlichste an dieser Geschichte ist vielleicht, dass ich mich immer noch über solche Diskussionen wundern kann, aber ich bin eben doch hoffnungslose Optimistin.

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Das bringt einen aber auch zur nächsten Frage, nämlich, ob es vielleicht hier tatsächlich ein Wahrnehmungsproblem ist. Natürlich ist der Musikproduktionsbereich ein Männerbereich, man muss sich hier nur die Liner Notes in der CD-Sammlung angucken. Wenn man aber etwas genauer hinguckt und sich die richtigen Künstlerinnen raussucht, hat man auf einmal einen ganzen Strauß an Frauen, die sehr wohl selber produzieren und mixen. Eventuell findet man sie allerdings auch nicht in Foren, in denen man für die These, dass Frauen „halt nicht so kreativ“ seien, Dankeschöns von anderen Leuten bekommt.

Ich werde da mal weitersuchen, weil mich diese Frage jetzt interessiert. Außerdem schadet es nie, im Ernstfall direkt konkrete Beispiele runterrattern zu können, sollte das Thema noch mal irgendwo aufploppen.

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In other news können sich interessierte Menschen schon mal so grob den 25.1.2019 im Kalendar freihalten. Die Gesangslehrerin hat jetzt mit mir und zwei anderen Schülerinnen einen Plan entwickelt und wenn alles so läuft, wie wir uns das vorstellen, gibt es an genau diesem Abend ein Konzert in Essen-Steele, an dem jede von uns eine halbe Stunde Musik machen wird. Wir wissen noch nichts genaues, aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass es auf jeden Fall sehr toll werden wird.

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The Taste kommt wieder, eine meiner Lieblingskochsendungen. Ich mag Sendungen, bei denen Menschen nett zu einander sind und kreative Dinge tun. Die dürfen dann auch vier Stunden dauern, allerdings habe ich parallel auch Gruselstorys hier in den Kommentaren gelesen. Sagen wir: Ich mag Sendungen, bei denen man nebenbei rumtüddeln kann, die dürfen dann auch gerne vier Stunden dauern.

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Steuerrückerstattung! \o/

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Immer noch keine Strumpfhosen im ALDI-Prospekt. Auf nix ist mehr Verlass.


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