Zum ersten Mal: Im Luxuskino

Lampe

Normalerweise gehöre ich nicht zu den Menschen, die einen Film so schnell wie möglich nach Kinostart sehen müssen. Meistens weiß ich noch nicht mal, wann ein Film anläuft, es ist in diesem Haushalt eher so, dass einer sagt “Hey, wir könnten ja mal wieder ins Kino gehen” und dann geguckt wird, ob denn was läuft, was man auch sehen will.

The Hunger Games, oder wie es auf deutsch heißt: Die Tribute von Panem, waren da eine Ausnahme. Ich habe schon letztes Jahr die Bücher gelesen und als ich den Trailer gesehen habe, habe ich mich zum ersten Mal wieder richtig, richtig auf einen Film gefreut. Und deswegen waren wir jetzt auch im Kino. Direkt nach Kinostart. Weil ich nicht länger warten wollte.

Vor allem aber: Dieses Mal waren wir im Luxuskino. Im CinemaxX in Essen (und wohl auch in Mülheim an der Ruhr) gibt es einen sogenannten “First Class”-Kinosaal. Viel wussten wir nicht darüber, Ledersessel halt und bequemer und alles besser sowieso. Aber ich dachte, das probieren wir doch gleich mal aus, und reservierte uns einen Loveseat in eben solche einem “First Class”-Saal.

Luxuskino im Essener CinemaxX funktioniert so: Man setzt sich auf große bequeme Ledersofas oder -sessel, in die man sich doch recht ordentlich reinlümmeln kann. Die Loveseats, also die Zweiersofas, dominieren, für Nicht-Pärchen kriegt man aber auch zwei Ledersessel nebeneinander, da hat dann jeder seinen eigenen Rumlümmelbereich.

Neben jedem Zweierplatz steht ein Glastischchen mit Lampe. Diese Lampe dient auch gleichzeitig als Meldezeichen für den Service. Im Luxuskino muss man sich nämlich sein Popcorn nicht vorher selbst kaufen, man kann es vom Sitz aus bestellen und bekommt es dann gebracht. Wenn man was haben will, dann stellt man die Lampe auf ganz hell und wartet darauf, dass ein Kinokellner kommt und fragt, wonach das Herz so begehrt. Und das Herz kann im Luxuskino so einiges begehren. Neben Popcorn und Nachos und Cola gibt es eine ganze Bandbreite von kleinen Snacks und wer es noch ein bisschen stilvoller haben will, der bestellt sich eben eine Flasche Rotwein an den Platz.

In der Theorie recht einfach, in der Praxis dauert es eine ganze Weile, bis endlich jemand kommt. Ich bestelle eine kleine Portion Popcorn mit Cola, die dann dafür sehr fix geliefert wird. Das Popcorn kommt auch nicht in Papiertüten, sondern in einer hübschen IKEA-Aluschale (das weiß ich vor allem, weil wir auch so eine haben, aber ein Blick auf den Schalenboden bestätigt die Vermutung). Auf der einen Seite schöner und angenehmer, denn das Tütenknistern fällt weg, auf der anderen Seite unhandlicher und schwierig auf den Knien zu balancieren.

Popcorn

Nach Werbung und Trailern gibt’s noch mal eine kleine Pause, so dass alle Bestellungen noch aufgenommen und an den Platz gebracht werden können. Sobald der Film anfängt, gehen die Lampen nämlich alle aus und dann kann auch im Luxuskino nicht mehr bestellt werden. Nach einer Weile sind dann alle fertig, das Licht geht aus, ich verstelle die Rückenlehne noch ein bisschen nach hinten und los geht’s.

Es ist tatsächlich schöner und bequemer im Luxus-Kino. Man hängt nicht mit den Ellebogen direkt am unbekannten Sitznachbarn und kann sich schön ausbreiten, ohne dass es jemanden stört. Ich ziehe dann auch irgendwann die Schuhe aus und fläze mich noch ein bisschen mehr in den Sitz rein. Man muss nur aufpassen, dass man nicht aus Versehen einschläft.

Am Ende lautet die Meinung ganz klar: Kann man machen und kann man auch wieder machen. Nicht unbedingt für jeden Film, aber gerade für Filme mit Überlänge eine brauchbare Alternative. Wobei es sich vor allem fürs Kinogehen zu zweit eignet, denn der Abstand zwischen den Zweiersitzen ist recht groß und für gelegentliche Flüsterunterhaltungen ungeeignet. Der Aufpreis von geschätzt 4 Euro oder so (eine Karte kostet 14 Euro) ist vollkommen akzeptabel.

Der Mann war übrigens in Sydney in einem noch luxuriöseren Luxuskino, wo man nicht nur die Sitzrückenlehne nach hinten stellen, sondern dann auch vorne die Füße hochlegen konnte und wo das Tischchen nicht neben, sondern vor dem Sitz war und man sogar während des Films noch Essen und Getränke gebracht bekam und zwar von einer ziemlich tollen Speisekarte. Das australische Luxuskino kostet aber auch mal locker doppelt so viel wie das Essener Luxuskino, insofern kann man das nicht so wirklich vergleichen. Finde ich jedenfalls.

Und was den Film angeht, da schreib ich später noch was drüber. War aber auch gut. Kann man gucken. Auch gerne kurz nach Kinostart.

Zum ersten Mal: Bei einer Weinblindverkostung Mitmachen

Ich hab’s getan. Ich bin nach Frankfurt gefahren, und habe deutsche Rieslinge blindverkostet. Blindverkosten heißt, dass die Etiketten der Weine mit Paketklebeband liebevoll abgeklebt werden und man sich bunte Sternchen an die Weingläser bastelt. Dann darf man ganz viel Wein trinken, wild rumassoziieren und Punkte auf Flipchartbögen kleben.

Es ist also – kurz gesagt – ganz toll und macht riesig Spaß. Sollte man öfter tun. Und weil es dort besser passt, steht der lange Artikel im Foodblog.

So ist das mit dem Lampenfieber

Klavier

Letzte Woche Donnerstag saß ich wieder am Flügel und habe gespielt und gesungen. Vor Leuten. Vor Leuten, die ich nicht kenne. Lieder, die ich geschrieben habe und Lieder, die andere Leute geschrieben haben.

Ich wollte eigentlich einen “Zum ersten Mal”-Artikel basteln, aber das wäre gleich mehrfach gelogen gewesen. Ich hätte ihn “Zum ersten Mal wieder auf der Bühne” nennen können, aber letzten Donnerstag war ich ja schon das zweite Mal wieder auf der Bühne. Und außerdem wäre das auch schon eine Spitzfindigkeit gewesen, denn ich war ja eben nur zum ersten Mal wieder auf der Bühne.

Zum ersten Mal auf der Bühne, und zwar nicht im Zusammenhang mit Schulaufführungen oder Musikschulvorspielen war ich mit 17. Vielleicht war ich auch schon 18, ich müsste noch mal den Flyer suchen, auf dem mein Name steht und dazu irgendwas wie “Singer-Songwriter aus Leverkusen” oder so. Ich hab den Zettel noch, sowas wirft man ja nicht weg. Ich war auf jeden Fall noch sehr jung.

Der allererste Auftritt lief so, dass ich irgendwo gesehen hatte, dass man im Domforum in Köln auftreten könnte, wenn man irgendwo anruft und sagt, dass man das möchte. Ich hab nicht angerufen, weil ich damals eine unglaubliche und völlig irrationale Anrufbeantworterphobie hatte. Ich hab eine Postkarte geschrieben. Das hat aber gereicht, so dass mich auf einmal jemand anrief und sowas sagte wie, hey, ja, du hast ja eine Postkarte geschrieben und willst du nicht dann und dann bei uns spielen? Und ich sagte ja.

Der erste Auftritt war toll. Alles war super, ich habe gesungen und Leute haben applaudiert und nachher haben wir Leute gesagt, dass das gut war und haben mich mit Menschen verglichen, deren CDs ich kannte und liebte und alles war toll. Meine Eltern waren nicht dabei, weil meine Eltern mich kennen und wussten, dass ich sowas erstmal alleine machen muss. Dafür hat meine Mutter einen Bekannten engagiert, damit doch irgendwer im Publikum ist, den ich kenne, falls doch irgendwas ist.

(Danach durften meine Eltern übrigens immer zugucken und zuhören und haben das auch gerne getan. Nur beim ersten Mal eben nicht.)

Aber alles war super. Und ich habe danach noch mal im Domforum gespielt und im Bonn im Café Tiferet (das es meines Wissens nicht mehr gibt) und im Bürgerforum Köln-Kalk. Ich besitze eine Kassette, eine Mini-Disc (für die ich kein Abspielgerät besitze) und eine CD von Auftritten und dem einen Mal, wo ich im Radio war.

P1010961

Und dann wurde es auf einmal mehr mit Arbeit und weniger mit Musik und vor allem Auftritten und überhaupt habe ich festgestellt, dass es sauschwierig ist, in Deutschland Orte zu finden, wo man auftreten kann, ohne dass man gleich die ganze Technik selbst anschleppen muss. Ich habe zwei Gitarren und ein Klavier. Die Gitarren kann ich mitnehmen, das Klavier leider nicht, bzw. eines davon könnte ich sogar, aber dafür fehlt mir dann das Auto.

An all den Orten, wo ich bisher gespielt habe, gab es wunderbare Menschen, die mir geholfen haben, die sich um die Technik gekümmert haben, Kabel ein- und umgesteckt haben und mir sogar gesagt haben, ob was gut oder schlecht klingt und was ich machen muss, damit es besser wird, denn ich habe für sowas kein Gefühl. Ich kann Songs schreiben und covern. Ich kann am Klavier sitzen oder eine Gitarre in die Hand nehmen und ich kann das zumindest so ausreichend gut, dass andere Leute das gerne hören.

Um so glücklicher war ich, als ich rausgefunden habe, dass in der Frankfurt Art Bar in Sachsenhauen jeden Donnerstag Open Mic Night ist und dass die da sogar ein Klavier haben. Beim ersten Mal war ich nur da, um die Lage zu sondieren und ich war begeistert. Jeder darf 15 Minuten spielen, selbstgeschriebenes, gecovertes, mit Gesang und Instrumental. Alles ist wunderbar heimelig, es gibt Apfelwein, Whisky und Portwein und zu Essen auch. Und vor allem eben tolle Musik von vielen tollen Menschen, die manchmal direkt von der Arbeit kommen, um hier ein paar Minuten lang auf der Bühne zu stehen.

ArtBar

Aber es geht ja ums Lampenfieber. Ich kann gut mit Lampenfieber. Eben wegen der Schulaufführungen und der Musikschulvorspiele und weil ich gute Erfahrungen gemacht habe. Aber auch, weil ich weiß, dass einem eigentlich nichts passieren kann. Dass man, wenn man sich verspielt, einfach wieder anfängt und hofft, dass es keiner merkt. Dass man, wenn man sich hoffnungslos verspielt hat, das dann einfach sagt und noch mal neu anfängt. Und dass die meisten Leute es schon bewunderswert genug finden, dass man sich überhaupt auf so eine Bühne traut.

Das Lustige ist aber, man hat trotzdem Lampenfieber. Völlig egal, wie oft man das schon gemacht hat. Völlig egal, wie oft ich ein Stück schon gespielt hab und weiß, das kann ich jetzt, da mach ich keine Fehler und wenn schon, ist auch nicht so schlimm. Das Lampenfieber ist immer da. Es macht, dass ich hibbelig bin und nervös. Es macht vor allem, dass ich denke, ich müsste auf Toilette, was sich dann meistens als irrige Annahme entpuppt. Es macht interessanterweise nicht, dass ich Angst habe oder es mir auf einmal anders überlegen möchte oder auf einmal meine Fähigkeiten in Frage stelle. Dafür hab ich das dann wahrscheinlich doch schon zu oft gemacht.

Ansage

So war das auch beim ersten Auftritt in der Frankfurt Art Bar. Ich bin als erste des Abends auf die Bühne geschlichen. Hab mich hingesetzt und ein paar Worte gesagt und dann hab ich gespielt. Ein Lied von mir, dann “Cross-Eyed Bear” von Damien Rice und dann noch eins von mir. Meine Hände haben gezittert und meine Stimme auch. Aber es war toll. Und es war gut. Und ich war den ganzen Abend noch high auf Adrenalin oder was das ist, was der Körper dann in Massen ausschüttet.

Beim zweiten Mal war’s schon besser, ich hab weniger gezittert und war auch ein bisschen weniger nervös, vielleicht auch deswegen, weil mich Leute wiedererkannt haben und ich mir gesagt habe, das ist bestimmt ein gutes Zeichen. Vielleicht auch, weil ich wieder ein bisschen mehr wusste, was ich da eigentlich mache. Weil es ein bisschen vertrauter war. Oder vielleicht auch nur, weil ich vorher mehr Apfelwein getrunken hatte.

Und es war wieder gut und beim nächsten Mal nehme ich vielleicht die Ukulele mit. Dann bin ich bestimmt wieder ein bisschen nervöser, denn mit Ukulele, das hab ich noch nie vor fremden Leuten gemacht. Das ist neu. Aber auf der anderen Seite, das Lampenfieber ist eh immer da, und es ist ein gutes Fieber. Es macht, dass ich vorher aufgeregt bin und nachher auch und vor allem macht es, dass ich mich freue wie blöd.

Licht

Es ist wunderbar, dass es solche Orte wie die Frankfurt Art Bar gibt, ich bin auch dankbar, dass es damals das Domforum gab, das mich zum ersten Mal auf die Bühne gelassen hat und all die Leute, die gesagt haben, ja klar, bei uns kannst du auch auftreten. Und wenn hier jemand noch gute Tipps hat, wo es ähnlich wunderbare Orte gibt, dann bitte alle her damit.

So ist das nämlich mit dem Lampenfieber. Es ist ganz furchtbar und schrecklich und gleichzeitig ganz wunderbar und es soll bitte auch nie weggehen. Denn wenn man nicht nervös ist, bevor man auf die Bühne geht, dann ist auch irgendwas nicht richtig.

Die Frankfurt Art Bar findet man im Ziegelhüttenweg 32 in Frankfurt-Sachsenhausen und jeden Donnerstag ist Open Mic Night und manchmal bin ich auch da.

Zum ersten Mal: Gitarrenunterricht

Ich hatte ja schon viel Musikunterricht in meinem Leben. Vom Blockflötenunterricht, in den ich mich irgendwie in der Grundschule geschmuggelt habe, und bei dem ich bis heute nicht sicher weiß, ob der nicht eigentlich kostenpflichtig war, über Klavier, Klarinette, Akkordeon bis hin zum Kinderchor, wo ich es aber nur ein Jahr ausgehalten habe. Ich kenn das also.

Was ich niemals nie hatte, war Gitarrenunterricht. Viele Leute haben keinen Gitarrenunterricht. Gitarre ist ein Instrument, das verhältnismäßig häufig irgendwo zur Verfügung steht und das auch zunächst recht einsteigerfreundlich ist. Meine Eltern können beide Gitarre spielen, mein Vater sogar ziemlich gut, und beide haben sich das selbst beigebracht. Die einfachen Griffe hat man schnell drauf, G-Dur und D-Dur sind dankbare Tonarten ohne komplizierten Schnickschnack wie diese elenden Barree-Griffe.

Und so hab ich es mir auch beigebracht, sogar schon recht früh, nämlich mit einem Rolf-Zuckowski-Liederbuch, wo die Griffe oben drüber standen. Musste man mir wohl auch nicht erklären, wie man die zu verstehen hat, das sieht man ja sofort und ich vermute mal ganz stark, dass ich damals mit kleinen Kinderhänden und der Erwachsenengitarre einer meiner Elternteile das D am besten fand. Da muss man sich nicht so verrenken.

Weil ich sowieso latent faul bin, hab ich mich auch mehr oder weniger damit durchgemogelt, bis ich so ungefähr 31 war. Ich hab noch ein paar mehr Griffe gelernt und zwischendurch auch mal klassische Gitarre versucht (man hat ja viel Zeit so als Teenager), bin aber weiterhin an den Barree-Griffen gescheitert und kann auch nach wie vor nicht mit Plektrum. Überhaupt: Ich weiß halt, wie und was ich spielen muss, damit nicht so auffällt, dass ich’s eigentlich nicht kann. Es stand eben auch nie ein Musiklehrer dahinter, der enttäuscht geguckt hat, wenn sich mal wieder rausstellte, dass ich die ganze letzte Woche nicht geübt hatte.

Aber das hat nun ein Ende. Seit Januar 2012 bin ich offiziell Schüler an der Modern Music School in Hanau. Anders gesagt: Nach knapp zehn Jahren Abstinenz muss ich wieder einmal die Woche zum Instrumentalunterricht. Es ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Ich bin quasi wieder jung!

Eine Gitarre hatte ich ja schon. Genauer gesagt besitze ich derer zwei und musste nur überlegen, welche jetzt mit zum Musikunterricht kommt und welche zu Hause bleiben darf. Ich habe mich dann aus masochistischen Gründen für die Stahlsaiten-Gitarre entschieden. Die ist nämlich schwerer zu spielen als die andere und schneidet einem fies in die Fingerkuppen, wenn man auch nur länger als fünf Minuten eine von den oberen Saiten runterdrückt. Aber ich will ja was lernen. Die nette, freundliche Gitarre mit den sanften Nylonsaiten durfte zu Hause bleiben und wird jetzt am Wochenende bemüht.

In der Schnupperstunde durfte ich erzählen, was ich so gerne machen würde: Liedbegleitung und generell ein paar Techniken, und Picking und mal lernen, wie man mit einem Plektrum spielt und HERRGOTT, WAS WEISS DENN ICH? Halt nicht mehr so beschissen spielen, sondern mal ordentlich. Und das mit den Barree-Griffen. Das möchte ich nachher bitte können.

Der Gitarrenlehrer hat sich das alles brav angehört und dann gesagt, für die nächste Stunde sollte ich mal ein paar Lieder mitbringen, die ich gerne spielen würde. Außerdem haben wir noch geübt, wie man Talkin‘ ‚bout a Revolution von Tracy Chapman spielt und dabei besonders intelligent von G nach C wechselt.

Am nächsten Montag fuhr ich dann mit der folgenden in Eile hingekritzelten Liste ins wunderschöne Industriegebiet Nord, wo ab 19 Uhr die Busse nur noch stündlich fahren und auch sonst nix ist (aber das nur am Rande).

Aj2pEhACEAAivMl

Ich fand (und finde immer noch), hier eine gute Selektion gitarrenunterrichtsgeeigneter Populär-Musik zusammengestellt zu haben. Wir haben allerdings nichts davon gemacht, noch nicht mal die Liste angeguckt. Ich werde sie trotzdem behalten, damit ich mal dran denke, Breakeven ordentlich spielen zu lernen.

Statt dessen gab’s The Police mit dem ultimativen Stalkersong Every Breath You Take. Also eigentlich nur acht Takte davon. Vier Akkorde, aber vier sehr lustige. In der ersten offiziellen Stunde darf ich nicht nur meine Gitarre mit einem ulkigen Stimmgerät selbst stimmen, sondern lerne auch, wie man besonders clever ein G9, ein Em9, ein C9 und ein D9 greift. LAUTER NEUNER-AKKORDE, LEUTE! AUF DER GITARRE! ICH! Dabei kann ich doch sonst nur für ausgewählte Tonarten die Siebener und nur gelegentlich mal einen in Moll (ich empfehle auch hier A-Moll, E-Moll und D-Moll, den Rest kann man mehr oder weniger knicken, alles Barree-Scheiß). Auf jeden Fall kann ich auf einmal was völlig Neues und das auch noch zupfen. Und es klingt gut. Es deckt zwar nur geschätzt 30 Prozent des Gesamtkunstwerkes ab, ich bin aber vollkommen begeistert von den neuen Erkenntnissen, die ich hier gewinne.

Der Gitarrenlehrer scheint in der ersten Stunde ähnlich überfordert wie ich. Er weiß nicht genau, was ich schon kann und was nicht und was ich überhaupt von ihm will und ich weiß nicht so genau, wie ich ihm vermittle, dass er mir weder Noten noch sonstwas beibringen muss und dass ich mir auch eine lausige Akkordverbindung von vier Akkorden nicht aufschreiben muss. Vor allem weiß ich nicht, wie ich ihm das vermittle, ohne dabei arschig und überheblich zu wirken. Wir einigen uns darauf, dass ich die Akkordfolge doch aufschreibe und zwar inklusive des Zupfmusters, das ich dann auch exakt einmal vergesse, nämlich am Anfang der nächsten Stunde, nachdem ich es die ganze Woche über wieder und wieder richtig gespielt habe.

In der dritten Stunde lerne ich Folkpicking, Daumen, Mittelfinger, Daumen, Zeigefinger. Erst eine lustige Akkordverbindung, die in einer absurden Verrenkung der linken Hand endet, wenn man nicht merkt, dass man einen Finger getrost weglassen kann und es einmal sehr machbar wird. Und dann darf ich die komplette Akkordfolge für Streets of London aufschreiben, mit einer “künstlerischen Freiheit”, die wohl einzig und allein nur dazu gedacht ist, mich mit einem F-Moll aus der Fassung zu bringen.

Das darf ich diese Woche üben. Das und weiter Every Breath You Take und Melodiespielen soll ich auch üben und überhaupt. Ich hatte am Anfang meine Zweifel, ob das was bringt mit dem Gitarrenunterricht, weil ich bestimmt auch kein einfacher Schüler bin, immer alles schon weiß und einiges ja schon irgendwie kann und man irgendwo in der Mitte anfangen muss, so, dass ich mich nicht langweile, aber auch nicht sofort frustriert bin. Das, was wir bisher gemacht haben, ist mir alles nicht neu, aber es hilft ungemein, alles mal methodisch zu machen und jemanden zu haben, der einem sagt, was man richtig und falsch macht und der einem vor allem doofe Akkorde mit nach Hause gibt, um die man sich nicht so einfach herumschwindeln kann.

Es war einer der Vorsätze fürs neue Jahr, einer der vielen ungeschriebenen, weil ich mir selber nichts versprechen wollte, was ich dann vielleicht doch schon ob der Konkretheit nicht umsetzen hätte können. Ich habe einfach eine Mail geschrieben, einmal telefoniert und mich dann in die Linie 8 ins wunderschöne Industriegebiet Nord gesetzt und jetzt habe ich einmal die Woche Gitarrenunterricht. Und es ist super! Ich lerne was! Und ich setze mich abends mit Gitarre aufs Sofa, damit es nächsten Montag besser klingt als den davor und wir was Neues machen können.

Ich habe endlich wieder Instrumentalunterricht und irgendwie hab ich es wohl auch die ganzen Jahre ein bisschen vermisst.

Gitarre