Früher war manches besser. Und vieles schwieriger. Aber vielleicht auch ein bisschen besser.

tl;dr Heute kann man alles sofort immer haben, und das ist toll. Ganz ernst gemeint, ich finde das toll. Aber mittlerweile vermisse ich immer häufiger die Mühe, die nötig war, um an weniger mainstreamige Musik, Bücher oder Filme zu kommen, weil ich merke, dass ich den Dingen, die ich heute neu entdecke, viel weniger Aufmerksamkeit zukommen lasse als noch vor zehn Jahren. (Das hat sicher auch was damit zu tun, dass ich damals jünger war und weniger Geld hatte, aber ich glaube, viel davon ist eben auch die ständige Verfügbarkeit fast sämtlicher Kulturangebote im Internet.) Der Text ist unter anderem so lang, weil ich dauernd in Erinnerungen schwelge und Anekdötchen erzähle.

Ich habe ein Spotify-Abo. Und eins bei Audible. Außerdem eins bei Lovefilm und eins bei Watchever, weil ich mich nicht entscheiden kann, was ich jetzt besser finde. Ich besitze außerdem ein Kindle und habe eine lange Bestellhistorie bei Amazon. Ich bin Mitglied, wenn man das denn so nennen kann, bei einem internationalen Online-Buchclub mit Fokus auf Scheince-Fiction- und Fantasyliteratur. Ich besitze ein iPhone, mit dem man mich im Prinzip jederzeit erreichen kann.

Vor 15 Jahren war ich gerade 18, volljährig (übrigens knapp eine Woche nach der Bundestagswahl), kurz vorm Abitur und das alles gab es damals nicht.

Als ich 18 war hatte ich eine kleine CD-Sammlung, die irgendwann immerhin nicht mehr in den 72 CDs fassenden drehbaren CD-Turm passten, der neben der alten Stereoanlage meiner Eltern auf meinem Ivar-Regal stand. Ich hatte eine Kommode und eine Kleiderschrankschublade voll mit Videoskassetten die ich größtenteils selbst aufgenommen (oder aufnehmen lassen) hatte, alle nummeriert und mit Aufklebern versehen, darauf der Name des Films und der Regisseur. Ich hatte ein Bücherregal mit normal vielen Büchern, manche davon auf Englisch, die meisten auf Deutsch.

Wenn ich CDs kaufen ging, dann meistens im Saturn in Köln, entweder in der Hauptfiliale am Hansaring oder oben im Kaufhof auf der Schildergasse. Irgendwann führten die da Abhörstationen zur Selbstbedienung ein. Man nahm also die CDs, die einen interessierten, dackelte damit zu den CD-Spielern, stand eine Weile an und konnte dann einen kleinen Stapel CDs durchhören. Das war Fortschritt! Man musste mit niemandem reden! Niemand, der einem die CDs aufmachen und einlegen musste. Man konnte das alles ganz alleine machen!

CDs kosteten meistens sowas um die 30 Mark, es sei denn, man erwischte ein paar Sonderangebote. Bei meinem eher großzügigen Taschengeld konnte ich mir da auch schon mal jede Woche eine kaufen. Ich kaufte CDs von Musikern, deren Stücke im Radio liefen, auf WDR 2 oder in den SWF3 Elch-Charts. Manchmal zog ich auch mit den Musiktipps aus der CINEMA zum Saturn und hörte dann Sachen, auf die ich sonst nie im Leben gekommen wäre. Die hatte ich vorher auf einem Zettel notiert und wenn man Glück hatte, dann war sogar ein bisschen was von der Liste im Sortiment vorhanden. Ich glaube, auf diesem Weg ist auch eine CD von „Hootie & the Blowfish“ in meinen Besitz gekommen. Ich wüsste auch nicht, wie das sonst hätte passieren können.

Außerdem war ich Coverkäufer. Ich weiß von mindestens drei CDs, die ich nur nach Cover gekauft habe, und ein bisschen nach den Titeln der Songs hintendrauf. Zwei davon waren super, eine war scheiße. Es waren aber bestimmt mehr als drei und in der Gesamtquote bin ich ziemlich gut dabei weggekommen. Eine von den Coverkäufen war Katell Keinegs „Jet“ [Werbelink], nach wie vor eines der besten Alben, die ich kenne. Irgendwie bekam ich raus, dass das das zweite Album von Katell Keineg war und es ein erstes Album gab, das man aber in Deutschland nicht bekommen konnte. Also ging ich zu einem kleinen Plattenladen auf der Ehrenstraße und ließ mir dieses Album importieren.

Importieren! Ich weiß nicht mehr genau, was man alles dafür tun musste, aber ich weiß, dass mich der ganze Spaß 45 Mark und eine ungewisse Lieferzeit kostete. Innerhalb dieser ungewissen Lieferzeit machte ich mein Abitur und bekam die Gelegenheit, für ein paar Wochen nach New York (gelogen, eigentlich Hoboken, New Jersey) zu gehen, wo ich dieses Album dann einfach noch mal kaufte, weil es ja ging.

Wenn man ein Lied im Radio gut fand, dann musste man hoffen, dass die Radiosprecher einem sagten, wie das hieß oder von wem das war, oder man war auf die Hilfe anderer Medien oder Menschen angewiesen. Sowas wie Google, wo man einfach ein paar Zeilen eintippen konnte, gab es ja noch nicht in ausreichend funktionierendem Zustand oder man wusste nichts davon. Dass ich trotzdem rausfand, dass „Rotterdam (Or Anywhere)“ von The Beautiful South war und mir dann das Album kaufen konnte, muss irgendwie so eine Art Wunder gewesen sein.

Dazu kann ich auch eine Geschichte erzählen. Irgendwann Ende der Neunziger gab es nämlich ein Lied, das regelmäßig im Radio gespielt wurde, und das ich ganz toll fand. Leider gehörte es zu der Sorte Songs, die auf den Sorten Radiosender gespielt wurden, wo einem nie jemand verriet, wie der Song hieß, geschweige denn, von wem er gesungen würde. Also musste ich recherchieren, hörte mir endlos viele Platten bei Saturn an, in der irren Hoffnung, irgendwie durch Zufall mal drauf zu stoßen. Es war die Zeit von Alanis Morissette und Heather Nova, von Amanda Marshall und Meredith Brooks und irgendwie so jemand musste das sein, aber es war vergebens. Ich war kurz davor bei einem Radiosender anzurufen(!) und das Lied vorzusingen, auf dass man mir bitte verraten würde, wer das sei, aber so weit kam es dann aufgrund meiner bis heute latent vorhandenen Telefonschwäche nie.

Jahre gingen ins Land und ich meine damit wirklich Jahre. Möglicherweise ein ganzes Jahrzehnt. Und dann kaufte ich aus einem völlig anderen Grund eine CD von Sophie Zelmani und weil diese CD so super war, hörte ich mir auch andere Sachen von Sophie Zelmani an, teilweise im Internet, denn das gab es ja mittlerweile in ausreichend funktionierendem Zustand. Und dann hörte ich auf einmal das Lied, was ich zuletzt vor Jahren gehört und verzweifelt gesucht hatte. Da war es! Unglaublich! Dabei weiß ich gar nicht, was unglaublicher war; dass ich es so zufällig und unerwartet fand oder dass ich sofort „Oh mein Gott, das ist ja der Song, den ich damals so ewig gesucht habe!“ dachte.

(Es handelt sich übrigens um „You and Him“ von Sophie Zelmani. Hören kann man das hier.)

Wenn man ein Lied hören wollte, musste man es entweder physisch besitzen oder eben warten, bis es im Radio kam. MP3 gab es nicht, theoretisch bestimmt irgendwo, aber nicht praktisch. Am 88. Geburtstag meines Opas hatten wir gerade ein paar Wochen Internet zu Hause und mein Großcousin zeigte mir, wie ich MP3s runterladen konnte. Das war 1999 und für einen normal langen, mäßig codierten Track brauchte man da mit einer guten Verbindung schon gute 15 Minuten. Wenn man Glück hatte. Trotzdem: REVOLUTION!

Für meinen ersten Videorekorder gab ich 600 Mark aus. Ich ging mit meinem Vater zum Elektrohandel, sagte, ich würde gerne einen Videorekorder kaufen, mit Longplay und Zweikanal, also Sechskopf, und dafür 600 Mark ausgeben und genau das tat ich dann auch. In der Fernsehzeitung machte ich Eselsohren an alle guten Filmen und nahm auf, was das Zeug hielt. Das meiste davon habe ich sogar geguckt.

Am allerschönsten waren Filme, die im Zweikanalton ausgestrahlt wurden. Das gab es nur sehr selten. Ich hatte vielleicht eine Handvoll und war fasziniert von der Option, Filme im Original gucken zu können. IM ORIGINAL! AUF ENGLISCH! Ansonsten konnte man Filme ja nur im Kino auf Englisch gucken und auch nur in wenigen Kinos oder zu doofen Zeiten oder Filme, die man nicht sehen wollte. Mit vierzehn war ich mit meiner Brieffreundin Kathrin in Köln in einem Kino am Ring (nein, es war nicht das Metropolis) und wir guckten I.Q. im Originalton. Wir waren in diesem Kinosaal zu dritt. Also insgesamt. Kathrin und ich und noch jemand, der alleine kam. Das ist allerdings gar nichts, in „Martha – Meet Frank, Daniel and Laurence“, diesmal wirklich im Metropolis am Ebertplatz, war ich alleine im Saal. Das war allerdings auch an einem Sommernachmittag, an dem der Rest der Welt im Freibad war. Außer mir. Ich war im Kino und guckte einen Film auf Englisch. Eventuell mit Untertitel. Möglicherweise auch ohne. Darauf hatte man ja keinen Einfluss und war auf die Gnade des Kinos angewiesen.

Dann kam die DVD und man konnte auf einmal ALLES im Originalton gucken. Na ja, fast alles. REVOLUTION! Alle meine Träume wurden wahr, oder jedenfalls einer der vielen.

Mit Büchern war es ähnlich. Man war vollkommen auf die sehr überschaubare Auswahl an englischen Büchern in der örtlichen Buchhandlung angewiesen. Bei Gonski in Köln war die zwar größer, aber letztlich auch überschaubar. Vermutlich hätte man sich auch hier Bücher in der Originalsprache bestellen können, aber darauf kam ich Anfang der Zweitausender Jahre irgendwie nicht. Was man da alles hätte wissen müssen! Und wer weiß, was das dann kostet! (Wahrscheinlich gar nicht so viel, trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen.)

Die Welt vor fünfzehn Jahren war für den medien- und kulturaffinen Menschen mit sehr viel Anstrengung verbunden. Was man da alles machen musste, um irgendetwas herauszufinden. Wie oft ich beim Scala-Kino in Opladen anrief, um mir von einer netten Frau mit mäßigen Englischkenntnissen die aktuellen Filme und Spielzeiten ansagen zu lassen. Zu welch seltsamen Zeiten ich ins Kino ging, weil nur da der Film lief, den ich sehen wollte. (Es gibt noch die Geschichte, wie ich mit zwei anderen Menschen an der Kasse vom Broadway stand und man uns mitteilte, dass der Kölner Stadtanzeiger da einen Fehler gemacht hätte und gar nicht „Jules und Jim“ lief, sondern etwas anderes. Da aber alle drei anwesenden Menschen auf Basis der gleichen falschen Informationen im Stadtanzeiger gekommen waren, und niemand für den anderen Film, war das dann auch nicht so schlimm und es wurde dann einfach doch „Jules und Jim“ gezeigt. Ob im Original, weiß ich aber nicht mehr, würde es aber nicht ausschließen.)

Heute bin ich oft innerlich zerrissen. Nicht nur, dass ich es selber sehr schätze, jederzeit selbst auf meinem iPhone ein Riesensortiment von Filmen einfach so abrufen und im Original gucken kann. Nicht nur, dass ich über Spotify eine gigantische Musikbibliothek habe, und Alben nicht nur antesten, sondern einfach ganz hören kann, für lächerliche 10 Euro im Monat. Ich kann über Amazon (und diverse andere Onlinehändler) quasi jedes Buch auf Englisch bestellen, wenn ich will, sogar direkt auf mein Kindle, ganz ohne Wartezeit mit einem Mausklick. Überhaupt: Alles immer und meistens sofort!

Und vor allem: Ich weiß, dass das andere Menschen auch können. Menschen, die nicht wie ich in der Nähe einer Großstadt leben, die also noch nicht mal das Programmkino haben, das gelegentlich mal Filme im Original zeigt. Menschen, die nicht einen der größten Musikläden der Welt (oder jedenfalls Deutschlands) in erreichbarer Nähe haben oder einen Buchladen mit mehr als zwei Etagen.

Ich finde das großartig, dass wir nicht mehr an irgendwelche geographischen oder infrastrukturellen Limitationen gebunden sind, die es uns erschweren, das hören, lesen oder sehen zu können, was uns interessiert. Und weil ich selber so viel Zeit investiert habe, um Dinge hören, lesen oder sehen zu können, die nicht zwingend zum Mainstream gehörten, weiß ich, was das eigentlich für eine Wahnsinnssache ist.

Auf der anderen Seite verspüre ich seit einiger Zeit ein seltsames Verlangen nach CD-Booklets. Die Dinger mit den Songtexten, die ich studierte und auswendig lernte, während ich eine CD komplett vom ersten bis zum letzten Track hörte. Die Sachen, die ich heute höre, selbst, wenn ich sie oft höre, kenne ich alle nicht auswendig, es sei denn, ich mache mir die Mühe, sie am Klavier oder mit der Ukulele zu covern. Ich vermisse die Akribie, mit der ich Liner Notes studierte und dieses Gefühl, dass das Booklet irgendwie zu der Musik dazugehörte.

Noch vor zehn Jahren guckte ich Filme und ganze Serienstaffeln drei bis zehn Mal, weil man sich gar nicht so viele DVDs leisten konnte und deswegen auf das zurückgreifen musste, was eh im Schrank stand. Wenn ich ganz verrückt drauf war, schaltete ich zu Ally McBeal auf Englisch den finnischen Untertitel ein, einfach, weil es so bekloppt war, DASS ES GING!

Heute höre ich ein Lied im Radio und schalte Shazam ein. Shazam sagt mir dann, wer das ist, und wie der Song heißt und auf welchem Album der ist und liefert mir den Link zu YouTube gleich mit. Das ist toll! Das ist unglaublich! Das ist eine ganz wundervolle Erfindung, die ich mir vor fünfzehn Jahren sehr dringend gewünscht hätte. Aber etwas fehlt doch. Die Arbeit ist weg, die Mühe, mit der man sich Dinge erarbeiten musste, die Schnitzeljagd und die Detektivarbeit und natürlich vor allem der Erfolgsmoment, wenn man auf einmal die richtige CD in der Hand hatte.

Früher war nicht alles besser. Vieles war sehr viel schwieriger. Es ist weder das Abendland, das untergeht, noch werde ich zum Kulturpessimisten. Gesamtgesellschaftlich glaube ich, dass das alles sehr gut ist. Aber persönlich merke ich immer wieder, dass ich mir das Schwierige ein bisschen zurückwünsche. Eben, weil ich deswegen das, was ich hatte, mehr schätzen konnte. Weil es schwieriger war.

Die kleinen Herausforderungen des Alltags. Satisfaction not guaranteed, but very, very likely.

PAPOY!

Einen weiteren Grund, warum ich meine Timeline besonders lieb habe, sehen Sie gleich und dann wissen Sie auch alles, was Sie über meine Timeline wissen müssen.

Papoy

Gesehen: Cloud Atlas

Es gibt ja so Bücher, da sagt man gerne „Das ist doch unverfilmbar“. Meistens stimmt das nicht. Verfilmen kann man vieles, man muss halt damit leben, dass der Film nicht genau wie das Buch ist. Oder noch anders: Man muss damit leben, dass der Film nicht so ist, wie man sich das beim Lesen des Buches vorgestellt habe.

Dann gibt es „Cloud Atlas“. Ein Buch, bei dem einem auch schön der Satz „Das ist doch unverfilmbar“ rausrutschen könnte. Möglicherweise stimmt das auch hier nicht. Was aber stimmt: So, wie es Tom Tykwer, Lana Wachowski und Andy Wachowski gemacht haben, so funktioniert es schon mal nicht.

Genauso wenig, wie es möglich ist, das Buch auf eine verständliche Art zusammenzufassen, so wenig kann man den Film in wenigen Sätzen nach erzählen. Sechs Storylines, jede für sich eigentlich eher so normal spannend, von einer Schiffsüberfahrt im Jahr 1849, über die Geschichte eines jungen Komponisten 1936, eine Detektivgeschichte im San Francisco der 1970er, der Geschichte des Verlegers Timothy Cavendish im jetzt, über die Geschichte des Klons Sonmi-451 im Korea des Jahres 2144 bis zum Jahr 106 nach der Apokalypse, in dem der Talbewohner Zachry um sein Überleben im Kampf gegen die Kannibalen kämpft.

So weit, so verwirrend. Und so bleibt es leider auch. Während die Geschichten im Buch matrjoschkagleich von außen nach innen aufgebaut und wieder geschlossen werden*, springt der Film wild in der Zeit herum, manchmal in einer irren Geschwindigkeit. Atemlos wird man da als Zuschauer von einer Geschichte in die nächste geprügelt, ohne dass der Zusammenhang klar würde. Auch von den unterschiedlichen Stilen, die im Buch bemüht werden, wenn zum Beispiel die Geschichte von Luisa Rey als Groschenroman erzählt wird, merkt man im Film nichts. Die Zusammenhänge, die im Buch zwar subtil, aber doch ausreichend deutlich, klar gemacht werden, fehlen zwar im Film nicht, sie bleiben aber oft nur angedeutet oder werden gleich mit dem Holzhammer vermittelt. (Letztlich fällt mir hier die Beurteilung schwer, weil ich das Buch kannte und wusste, worauf ich achten musste. Wie es jemandem geht, der das Buch nicht kennt, kann ich in der letzten Instanz nicht sagen.)

Kurz und gut: Der Mann hat die 170 Minuten nicht durchgehalten. Ich war tapfer, schon allein, weil ich wissen wollte, was noch passiert, und weil ich tatsächlich so eine Art theoretisches Interesse an dem Film hatte, allerdings waren auch die letzten dreißig Minuten nicht übermäßig erleuchtend.

Der Film ist nicht schlecht, keineswegs. Aber er ist eben auch nicht besonders gut. Vor allem ist er nicht so gut, wie er selber zu glauben scheint. Überzeugend sind die Schauspieler, die fast alle in mehreren Rollen auftauchen, die Maske ist exzellent, und ich weiß jetzt, dass ich Hugh Grant in fast jeder Rolle mit fast jeder Maske erkenne, Hugo Weaving hingegen nicht. Viel zu gucken gibt es auch, wobei gerade bei der Geschichte von Sonmi-451 ein bisschen weniger Pathos-Action durchaus vorteilhaft gewesen wäre.

Vor allem aber hat der Film ein Problem: Er hat das wahrscheinlich absurdeste Budget-Zielgruppen-Verhältnis überhaupt. Und das hätte man ahnen können. Für die Zielgruppe „Leute, die das Buch gelesen haben, und den Film sehen wollen UND ein paar cineastisch-interessierte Intellektuelle“ sollte man keine 100–Millionen-Dollar-Filme drehen. Also, man kann natürlich, aber dann muss man sich nicht wundern, wenn keiner den Film sehen will.

Ich empfehle an dieser Stelle, zunächst das wunderbare Buch von David Mitchell zu lesen und dann selbst zu entscheiden, ob man das auf die maximal verwirrendste Weise verfilmt sehen möchte. Oder ob man einfach Tom Hanks und Hugo Weaving so toll findet, dass man sie in einem Film in möglichst vielen Rollen sehen möchte. Das wäre auch noch ein Grund.

Zum Weiterlesen gibt es hier einen schönen Artikel auf Wortvogel, der sich auf dieses Dossier in der Zeit bezieht, indem der Produzent des Filmen erstmal die bösen Piraten beschuldigt, Schuld am miesen Abschneiden des Films zu sein und nicht mal überlegt, ob der Film vielleicht einfach nicht so funktioniert hat, wie man sich das vorgestellt hat.

*Als die erste Geschichte nach der Hälfte mitten im Satz abbricht, dachte ich erst, das Buch wäre kaputt, las aber erst mal weiter, um dann festzustellen, dass das wohl so soll.

Intellektuellenfernsehen

Ich hab die Staffel nicht geguckt, aber aus Gründen, die hier keiner erklären kann, läuft das Finale von Germany’s Next Top Model gerade auch in unserem Fernseher. Ansonsten wäre mir aber auch folgender Dialog entgangen, was kaum zu ertragen gewesen wäre.

Heidi: Und wie war’s?

Mädchen: Hat Spaß gemacht.

Heidi: Ja, war gut?

Mädchen: Hat Spaß gemacht.

Heidi: Woran hast du so gedacht?

Mädchen: Ans Spaß haben.

Heidi: Und, hat’s Spaß gemacht?

Mädchen: Ja.

ICH DENK MIR DAS NICHT AUS!

Daily Vorspann: L.A. Story

Gestern beim Bier über Steve Martin unterhalten und dann zwangsläufig über L.A. Story, so ein Film, den kaum jemand kennt, den aber alle, die ihn kennen, ganz großartig finden. Ich kenne diesen Film übrigens und finde ihn ganz großartig.

Die Kaffeebestellszene, die Szene im Museum, Patrick Stewart als Restaurantinhaber, die Tuba, das sprechende (na ja, schreibende) Verkehrsschild und überhaupt. Steve Martin in Topform, alles ist ganz hoffnungslos romantisch und poetisch und gleichzeitig vollkommen irre und bekloppt.

Und weil das Internet toll ist, gibt es auch den wunderbaren Vorspann, der eigentlich die Grundstimmung des Films schon ganz komprimiert zusammenpackt. Lohnt sich. Echt.

(Möglicherweise wäre es mal eine Maßnahme, sich diesen Film für die Privatbibliothek zuzulegen.)

Daily Gollum – Die Veganeredition

Im Moment ist so eine Phase, wo dauernd irgendwas passiert, auf der Arbeit und im Leben und überhaupt. Da kommt das Bloggen aktuell ein bisschen zu kurz, auch wenn die Ideenliste nicht kürzer wird. Aber wie immer, wenn man auf einmal an jeder Ecke was zu tun hat, verhalte ich mich in höchstem Maße professionell und lege erst mal ein paar 1000-Teile-Puzzle. Alleine. Ohne Vorlage. Man kann mir ja viel vorwerfen, aber Prokrastination kann ich.

Aber über dieses Video hab ich letztens Tränen gelacht. Mehrfach hintereinander. Und eine Möhre wird niemals wieder sein wie früher.

Little Big Things: Caine’s Arcade

Das ist vielleicht das beste und schönste, was ich seit langem gesehen habe. Der 9-jährige Caine aus LA baut Karton-Spielautomaten neben dem Laden seines Vaters, hat aber ein bisschen mit dem Desinteresse der Laufkundschaft zu kämpfen. Bis Nirvan Mullick zur Caine’s Arcade kommt, einen Fun Pass kauft und das alles so toll findet, dass er einen Flashmob organisiert und einen wunderbare Film macht.

Und den Rest muss einfach selber sehen. Ich muss aber warnen: Wenn man wie ich so ein bisschen nah am Wasser gebaut ist, kann das schon passieren, dass man vor Rührung ein wenig ungraziös rumschnieft. Weil’s so toll ist, wie man mit kleinen Sachen so viel Freude verbreiten kann.

Caine’s Arcade from Nirvan Mullick on Vimeo.

Gesehen: American Idol

Ja, ich gucke American Idol. Und ja, ich habe auch Deutschland sucht den Superstar gesehen. Mehrere Staffeln lang. Deutschland sucht den Superstar gucke ich nicht mehr, American Idol immer noch gerne, denn Ersteres wird immer schlechter, während Letzteres immer, immer besser wird.

Seit der fünften Staffel sind der Mann und ich dabei, jedes Jahr wieder. Und wir freuen uns, weil die Kandidaten toll sind, und die Jury nicht bekloppt und die Mottoshows wirkliche Mottoshows sind, und die Kandidaten mit ihren Instrumenten auftreten und nicht einfach nachsingen, sondern etwas Eigenes draus machen, und so wir dort auf der Bühne so tolle Leute wie Melinda Doolittle und Kris Allen und Adam Lambert und Casey Abrams stehen und tatsächlich singen können. Hach.

Man muss nur damit klar kommen, dass zwischendurch auch immer Country-Songs gespielt werden, das ist dann sehr typisch amerikanisch, kann aber auch durchaus sehr klasse sein. Mal abgesehen davon, dass Simon Cowell Country allen Gerüchten zufolge auch eher so mittelgut findet und es trotzdem neun Staffeln lang ausgehalten hat.

Und damit ihr meine Lieblinge auch mal kennenlernt, hier eine kleine, feine Videoauswahl… beginnen wir mit der wunderbaren Melinda Doolittle.

Die ebenso wunderbare Brooke White, die leider im Lauf der Show ein bisschen an sich selbst gescheitert ist, mit Love is a Battlefield aber ziemlich klasse war.

Dann natürlich David Archuleta, einer der wenigen, der mich nicht mit Imagine zu Tode gelangweilt hat.

Adam Lambert war eigentlich nur von Anfang bis Ende großartig. Awesome. Legendary.

Dann gab es noch Crystal Bowersox in der vorletzten Staffel…

… die zweite wurde, während Underdog Lee DeWyze gewann. Auch zu Recht.

Mein Liebling der letzten Staffel: Casey Adams (Mit Kontrabass! Wie großartig ist das denn?)

Und zum Schluss Haley Reinhart, die ich von Sendung zu Sendung mehr geliebt habe.

Es gibt noch viel mehr, Kris Allen, für den ich kein schönes einbettbares Video gefunden habe, Jason Castro, der Schnuckel, Blake Lewis und Siobhan Magnus, Matt Giraud und natürlich Elliott Yamin, Katherine McPhee und Taylor Hicks und noch viele, viele andere, die ich geliebt habe und auf die ich mich jede Woche wieder gefreut habe.

Also, bevor jemand wieder denkt „Ach, American Idol, das ist doch aus Amerika, dann ist das doch bestimmt noch schlimmer als DSDS„… Nein, es ist besser, viel, viel besser. Lichtjahre besser. Und gute Musik gibt’s noch obendrauf.

Zum ersten Mal: Im Luxuskino

Lampe

Normalerweise gehöre ich nicht zu den Menschen, die einen Film so schnell wie möglich nach Kinostart sehen müssen. Meistens weiß ich noch nicht mal, wann ein Film anläuft, es ist in diesem Haushalt eher so, dass einer sagt “Hey, wir könnten ja mal wieder ins Kino gehen” und dann geguckt wird, ob denn was läuft, was man auch sehen will.

The Hunger Games, oder wie es auf deutsch heißt: Die Tribute von Panem, waren da eine Ausnahme. Ich habe schon letztes Jahr die Bücher gelesen und als ich den Trailer gesehen habe, habe ich mich zum ersten Mal wieder richtig, richtig auf einen Film gefreut. Und deswegen waren wir jetzt auch im Kino. Direkt nach Kinostart. Weil ich nicht länger warten wollte.

Vor allem aber: Dieses Mal waren wir im Luxuskino. Im CinemaxX in Essen (und wohl auch in Mülheim an der Ruhr) gibt es einen sogenannten “First Class”-Kinosaal. Viel wussten wir nicht darüber, Ledersessel halt und bequemer und alles besser sowieso. Aber ich dachte, das probieren wir doch gleich mal aus, und reservierte uns einen Loveseat in eben solche einem “First Class”-Saal.

Luxuskino im Essener CinemaxX funktioniert so: Man setzt sich auf große bequeme Ledersofas oder -sessel, in die man sich doch recht ordentlich reinlümmeln kann. Die Loveseats, also die Zweiersofas, dominieren, für Nicht-Pärchen kriegt man aber auch zwei Ledersessel nebeneinander, da hat dann jeder seinen eigenen Rumlümmelbereich.

Neben jedem Zweierplatz steht ein Glastischchen mit Lampe. Diese Lampe dient auch gleichzeitig als Meldezeichen für den Service. Im Luxuskino muss man sich nämlich sein Popcorn nicht vorher selbst kaufen, man kann es vom Sitz aus bestellen und bekommt es dann gebracht. Wenn man was haben will, dann stellt man die Lampe auf ganz hell und wartet darauf, dass ein Kinokellner kommt und fragt, wonach das Herz so begehrt. Und das Herz kann im Luxuskino so einiges begehren. Neben Popcorn und Nachos und Cola gibt es eine ganze Bandbreite von kleinen Snacks und wer es noch ein bisschen stilvoller haben will, der bestellt sich eben eine Flasche Rotwein an den Platz.

In der Theorie recht einfach, in der Praxis dauert es eine ganze Weile, bis endlich jemand kommt. Ich bestelle eine kleine Portion Popcorn mit Cola, die dann dafür sehr fix geliefert wird. Das Popcorn kommt auch nicht in Papiertüten, sondern in einer hübschen IKEA-Aluschale (das weiß ich vor allem, weil wir auch so eine haben, aber ein Blick auf den Schalenboden bestätigt die Vermutung). Auf der einen Seite schöner und angenehmer, denn das Tütenknistern fällt weg, auf der anderen Seite unhandlicher und schwierig auf den Knien zu balancieren.

Popcorn

Nach Werbung und Trailern gibt’s noch mal eine kleine Pause, so dass alle Bestellungen noch aufgenommen und an den Platz gebracht werden können. Sobald der Film anfängt, gehen die Lampen nämlich alle aus und dann kann auch im Luxuskino nicht mehr bestellt werden. Nach einer Weile sind dann alle fertig, das Licht geht aus, ich verstelle die Rückenlehne noch ein bisschen nach hinten und los geht’s.

Es ist tatsächlich schöner und bequemer im Luxus-Kino. Man hängt nicht mit den Ellebogen direkt am unbekannten Sitznachbarn und kann sich schön ausbreiten, ohne dass es jemanden stört. Ich ziehe dann auch irgendwann die Schuhe aus und fläze mich noch ein bisschen mehr in den Sitz rein. Man muss nur aufpassen, dass man nicht aus Versehen einschläft.

Am Ende lautet die Meinung ganz klar: Kann man machen und kann man auch wieder machen. Nicht unbedingt für jeden Film, aber gerade für Filme mit Überlänge eine brauchbare Alternative. Wobei es sich vor allem fürs Kinogehen zu zweit eignet, denn der Abstand zwischen den Zweiersitzen ist recht groß und für gelegentliche Flüsterunterhaltungen ungeeignet. Der Aufpreis von geschätzt 4 Euro oder so (eine Karte kostet 14 Euro) ist vollkommen akzeptabel.

Der Mann war übrigens in Sydney in einem noch luxuriöseren Luxuskino, wo man nicht nur die Sitzrückenlehne nach hinten stellen, sondern dann auch vorne die Füße hochlegen konnte und wo das Tischchen nicht neben, sondern vor dem Sitz war und man sogar während des Films noch Essen und Getränke gebracht bekam und zwar von einer ziemlich tollen Speisekarte. Das australische Luxuskino kostet aber auch mal locker doppelt so viel wie das Essener Luxuskino, insofern kann man das nicht so wirklich vergleichen. Finde ich jedenfalls.

Und was den Film angeht, da schreib ich später noch was drüber. War aber auch gut. Kann man gucken. Auch gerne kurz nach Kinostart.

Gesehen: Prince of Persia

USA 2010
Regie: Mike Newell
Darsteller: Jake Gyllenhall, Gemma Arterton, Ben Kingsley, Alfred Molina

Prince_of_Persia_poster

Als ich gesehen habe, dass Prince of Persia der nächste Film sei würde, den ich über Lovefilm bekommen würde, war mein erster Gedanke: “Warum zur Hölle ist der auf meiner Leihliste?” Dann dachte ich mir, wird schon einen Grund gehabt haben, dass der da drauf war.

Jetzt wo ich ihn gesehen habe, weiß ich immer noch nicht so genau, warum ich den irgendwann mal auf die Leihliste gepackt habe, aber es war jetzt auch nicht schlimm, ihn geguckt zu haben.

Prince of Persia basiert auf den gleichnamigen Videospielen, insbesondere der Sands of Time-Reihe, bei der eines der Spielelemente ist, die Zeit um ein paar Minuten zurückdrehen zu können, wenn man mal gerade doch erdolcht wurde oder in die Tiefe stürzte. Dann kann man das Ganze noch mal versuchen und zwar hoffentlich mit mehr Erfolg.

Der Film schafft es tatsächlich, ein bisschen von dem Videospiel-Gefühl auf die Leinwand zu transportieren, vor allem, wenn Prinz Dastan (Jake Gyllenhall) in einer der zahlreichen Verfolgungsszenen über Balken balanciert, von einem Haus zum nächsten hüpft oder sich Tarzangleich durch die Kulisse schwingt. Ich wusste auch die ganze Zeit nicht, ob ich das eher nervig oder schon wieder cool finden soll.

Ansonsten geht es um Familienehre, Verrat, Königsmord, Prinzessinnen und Abenteuer. Und viel Sand. Dauernd ist irgendwo Sand. Optisch ist das alles wunderhübsch anzusehen, und wenn die Story dann halbwegs an Fahrt gewinnt und man nach einer Viertelstunde Einleitung so langsam kapiert, worum es geht, wird es auch tatsächlich ausreichend spannend, mal abgesehen davon, dass man sich ansonsten halt einfach knapp zwei Stunden lang Jake Gyllenhall angucken kann, was ja auch nicht grundsätzlich verkehrt ist.

Es ist wieder eine dieser Film, die man nicht gesehen haben muss und für die man ein Mindestmaß an Popcorn-Kino-Toleranz benötigt, denn etwas anderes als Popcorn-Kino ist es nicht. Nur mit viel Sand eben. Und beinahe ebenso viel Rumhüpferei.

Wer damit klar kommt, der wird immerhin mit einem sehr lustigen Straußenrennen belohnt. Und darf sich – sofern man den Film im Original guckt – knapp zwei Stunden lang die Frage stellen, warum in Persien alle außer Prinz Dastan mit britischem Akzent reden.

(Den Bechdel-Test besteht der Film im übrigens nicht die Bohne. Dafür hätte ja mehr als eine Frau mitspielen müssen.)