Tag 2: Torquay – Bigbury-on-Sea

Ich wache sehr früh auf, niemand hat uns nachts von unserem verbotenen Schlafplatz gescheucht. Statt dessen werde ich mit einer tollen Aussicht auf den Atlantik belohnt, hole die Kamera und mache Fotos. Wir lümmeln ein bisschen im Auto rum, Zähneputzen mit Wasser aus der Flasche, weil das Wasser im Bus seit ein paar Monaten schon drin ist, das sollte eigentlich kein Problem sein, weil wir so extra Wasserreinigungstropfen haben, aber wir sind etwas vorsichtig. Im Laufe des Urlaubs wird mir das aber immer egaler werden und die Faulheit siegen.

Dann fahren wir wieder runter nach Torquay, parken direkt am Yachthafen,  frühstücken French Toast und Eggs Benedict und dann will ich sehr unbedingt zum Aquarium. Das Aquarium in Torquay liegt wunderschön direkt am Meer, es gibt einen schönen mit einem Netz umspannten Außenbereich, quasi eine Riesenvoliere für Vögel und die Pinguine dürfen sich im Pinguinbereich frei bewegen. Weil wir sehr früh sind, geraten wir in die morgendliche Fütterungsrotation, zuerst werden die Pinguine gefüttert, man steht also hinter auf den Boden gemalten Absperrungslinien während vor einem futterinteressierte Pinguine aufmarschieren. Leider werden die Pinguine immer sanft verscheucht, wenn sie einem zu nahe kommen, im Prinzip zum Schutz der Zuschauer, aber ich würde ganz ehrlich auch eine kleine Pinguinattacke auf mich nehmen, das Risiko scheint mir okay. Ich mein, immerhin hab ich in Südafrika auch einen Tigerbabybiss überlebt und das war’s schon für die Geschichte wert.

Nach den Pinguinen kommen Papageientaucher, Kormorane und Tölpel und dann kommen die zwei Seeotter. Otter sind sowieso super. Wie bei den Pinguine kann man sich hier als Fütterhilfe einkaufen, aber natürlich immer nur mit Voranmeldung. Bei den Ottern gibt es dafür ein Meet & Greet mit den Ottern, denn die Fütterung läuft anders ab als bei den Pinguinen. Damit die Otter auch beschäftigt sind und sich nicht langweilen müssen, werden sie in einem kleinen Häuschen eingesperrt, während das Futter in ihrem Bereich versteckt wird. Leider ist die Frau, die das Otterfutter verstecken soll vollkommen fantasielos und wirft nur an ein paar Stellen ein bisschen Futter hin. Innerlich rege ich mich total auf, WENN ICH FÜR DIE OTTER FUTTER VERSTECKEN WÜRDE, DANN WÜRDE ICH MIR RICHTIG MÜHE GEBEN! Die Otter haben aber eh nicht so viel Hunger und suchen eher halbherzig, statt dessen wollen sie lieber baden. Verständlich.

Als letztes kommen die Seelöwen (Seehunde? Robben?), ich habe aber tatsächlich ja schon viele Seelöwenfütterungen gesehen, das ist also nicht ganz so spannend wie das mit den Pinguinen und den Ottern, aber wir gucken uns das trotzdem an.

Die Rochenfütterung sparen wir uns und laufen einfach in unserem eigenen Tempo durch den Innenbereich des Aquariums, auch sehr lohnenswert, übrigens. Insgesamt eine sehr gute Aktion, ich würde jederzeit wieder in Torquay ins Aquarium gehen und das sage ich nicht über jedes Aquarium.

Danach noch ein bisschen Shoppen an der Promenade, ich kaufe eine gelbe Regenjacke und mein Mann kauft neue Flip-Flops und dann fahren wir weiter nach Bigbury-on-Sea, wo man angeblich surfen kann.

Wir sind zwar noch in Devon, lernen aber jetzt unsere erste Lektion in der Disziplin „kornische Hecken“. Die Straße nach Bigbury-on-Sea wird irgendwann zu einer anderthalbspurigen Straße mit hohen Hecken auf beiden Seiten. Wenn sich zwei Autos entgegenkommen, muss einer der beiden in eine der Ausweichbuchten, die immerhin in ausreichender Zahl vorhanden sind, und den anderen vorbeilassen. Das klappt so gut, dass uns auf dieser Strecke die größte Angst in Hinblick auf das Fahren in Cornwall genommen wird. (Teaser: Zweimal wird es aber doch noch etwas unangenehm werden, bleiben Sie dran.)

In Bigbury parken wir direkt am Meer, gucken uns die Situation kurz an, buchen einen Surfkurs für den nächsten Morgen und leihen dann ein Stand-Up-Paddle-Board. Beim Anziehen meines Neoprenanzugs reiße ich mir sehr erfolgreich an beiden Händen die Finger auf, das Paddelvergnügen ist bei mir aber kurz, das Paddel ist mir zu kurz und lässt sich nicht verstellen und überhaupt. Ich laufe lieber am Strand rum und versuche, Kontakte zu Hunden zu knüpfen. Außerdem entdecke ich den Sea Tractor.

Vor Bigbury-on-Sea liegt nämlich Burgh Island, auf der Insel gibt es ein ziemlich berühmtes Hotel, einen Pub und das war es so grob. Burgh Island ist eine Gezeiteninsel, bei Ebbe ist sie mit dem Festland verbunden, bei Flut nicht so ganz. Wobei es mir so scheint, als ob man selbst bei Flut mit ausreichend kurzen Hosen rüberwaten könnte, aber das will man halt auch nicht immer zwingend. Deswegen gibt es den Sea Tractor, ein beeindruckendes Gefährt mit sehr großen Rädern und einer hochgelagerten Kabine, der die Hotelgäste bei Flut vom Hotel zum Festland und zurück befördert und wenn noch Platz ist, dürfen auch Nicht-Hotelgäste mitfahren.

Als mein Mann fertig ist mit Paddeln, ziehen wir uns um, versuchen, die Wetsuits irgendwie schon ein bisschen zu trocknen und – es ist mittlerweile Ebbe – laufen zur Burgh Island. Hier gibt es erstaunlich guten Fish & Chips, Cider und Ale und zum Nachtisch warmen Brownie mit Kirschen und Eis. Danach erkunden wir noch die Insel, es gibt einen Public Footpath bis auf den Gipfel des Hügels, der die Insel ist, natürlich ist nichts abgesperrt, man nähert sich also maximal vorsichtig der doch schon recht steilen Steilküste und immer ist da noch irgendein Felsen, auf dem Vogelkolonien sitzen und überhaupt ist das alles sehr faszinierend.

Auf dem Rückweg fragt mich einer der Pub-Kellner, ob ich gerne eine Portion Chips haben möchte, anscheinend gab es eine Fehlbestellung, die man aber auch nicht so einfach wegschmeißen möchte. Leider bin ich noch sehr satt und möchte noch nicht mal Gratispommes.

Übernachten kann man in Bigbury-on-Sea auf der Mount Folly Farm. Weil es schon so spät ist, fahren wir einfach auf eines der Felder und stellen unseren Bus mit Blick aufs Meer ab. Es gibt einfache, aber funktionable Toiletten und viel mehr brauchen wir auch gar nicht. Dach hochgestellt und damit quasi richtig hochoffizieller Beginn der Cornwall-Campingtour 2019.

Touristenzusammenfassung:

Gegessen: Frühstück im Offshore Bar & Restaurant (Torquay), Fish & Chips im Pilchard Inn (Burgh Island, Bigbury-on-Sea)
Übernachtet: Mount Folly Farm
Außerdem: Living Coasts (Aquarium in Torquay), Discovery Surf School (Bigbury-on-Sea), Burgh Island


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Tag 1: Dover – Bentley – Lyme Regis – Torquay

Den ersten Stop am ersten Tag machen wir in Bentley, einfach, weil wir Hunger haben. Im Star Inn gibt es für mich das Ploughman’s Lunch und für meinen Mann einen Burger, außerdem das erste Cider für mich. Zum Nachtisch wirklich extrem guten Käsekuchen mit Eis.

Ploughman's Lunch

Danach geht es weiter an den Englanderinnerungen meiner Jugend vorbei. 1995 war ich mit dem Schüleraustausch in der Nähe von Southampton, die Gastfamilie lebte mitten im New Forest und obwohl das ganze eine etwas wackelige Angelegenheit war, weil die Austauschpartnerin und ich quasi nichts gemeinsam hatten, habe ich fast ausschließlich positive Erinnerungen an diese Reise. Ein oder zwei Jahre später war ich mit dem Kinderchor in Winchester, damals zu dritt bei einer Pfarrersfamilie mit vier Kindern (glaub ich), den genauen Ort habe ich leider vergessen, das war auch ein großer Spaß, auch wenn sich die Chorleitung nicht an den sehr explizit geäußerten Wunsch hielten, nicht bei jedem Städtetrip das Kulturprogramm so knallhart durchzuziehen. Auf der Chorreise lernte ich übrigens auch die Umschreibung „weiche Steine“ für Hundescheiße und biete das hier noch mal als kleine Amüsanz zur allgemeinen Erheiterung an.

Jedenfalls streifen wir nördlich den New Forest und fahren auch an Winchester vorbei und dann sind wir irgendwann in Lyme Regis, fahren eine sehr enge Straße bis fast ans Meer runter und finden dann tatsächlich noch einen Parkplatz direkt im Zentrum.

Lyme Regis ist mehr oder weniger wunderhübsch, man kann am Strand langlaufen oder auf der Hafenanlage rumturnen, es gibt kleine Restaurants und Buden für Fish & Chips und Eis und eine Gartenanlage, es ist alles sehr englisch und entspannt, genauso eigentlich, wie ich mir das vorgestellt habe, dabei sind wir noch längst nicht in Cornwall. Wenn man genau guckt, kann man im Osten die Küste sehen, an der Broadchurch gedreht wurde, das finden wir auch furchtbar aufregend. Dann essen wir überraschend gute Pizza und dann unser erstes englisches Eis. Ich will jetzt nicht zu viel verraten, aber es wird in diesem Urlaub sehr oft darum gehen, ob wir noch ein Eis essen sollen und wenn ja, wo und welches. Die Antwort auf die erste Frage ist übrigens immer „ja“. Die ganze Zeit finde ich es sehr faszinierend, dass wir gestern um diese Zeit noch zu Hause waren und überhaupt vor gar nicht so wenigen Stunden noch in Frankreich.

Lyme Regis

 

Ich überlege kurz, ob wir nicht ganz dreist und vermutlich verbotenerweise auf dem Parkplatz übernachten sollen, wir fahren aber schon mal weiter. Weil ich das Campingplatzsystem in England noch nicht so kenne, versuche ich erst mal einen Stellplatz über Park4Night zu finden, das gestaltet sich als schwierig, es ist schon dunkel, als wir auf einen semi-offiziellen Platz fahren, die Modalitäten auf den Schildern verwirrt uns aber, also fahren wir solange weiter bis wir schon in Torquay sind, versuchen es da auf einem offiziellen, wo natürlich schon alles zu ist, ich bin zwischenzeitlich maximal unentspannt und nicht mehr diskussionstauglich. Es endet so, dass wir in Torquay auf einem Parkplatz landen, der in der Park4Night-App lobend erwähnt wird, auf dem allerdings das Übernachten eigentlich verboten ist. Weil wir keine Lust mehr haben, bleiben wir trotzdem stehen, das Dach bleibt wegen Übernachtungsverbot unten, das wird hoffentlich reichen und dann verbringen wir unsere erste Nacht im Bus in England mit Aussicht aufs Meer.

Tag 0 – 0,5: Essen – Calais – Dover

Wir waren ja in England und das war so gewesen:

Die Fährtickets sind für Samstagmorgen um 9 Uhr gebucht, also haben wir geplant, am Freitagabend einfach so weit wie möglich zu fahren, dann irgendwo zu übernachten und morgens dann nur noch ein kleines Stück bis zur Fähre zu fahren.

Von meiner Ankunft zu Hause nach der Arbeit bis zur Abfahrt räumen wir noch viel rum, der Kühlschrank muss noch sortiert werden, Klamotten eingepackt, das Stand-Up-Paddleboard nehmen wir aus Gründen diesmal nicht mit, was sehr viel zusätzlichen Stauraum ermöglicht, außerdem möchte mein Mann diesmal keine Bettdecke mitnehmen, sondern es mit den Schlafsäcken probieren, die eh im Bus sind (ich werde natürlich unter einer Daunendecke mit Damastbettwäsche schlafen und das ist noch nicht mal gelogen). Dann noch die ganze Elektronik, was vor allem die Kamera ist, der Laptop kommt hauptsächlich mit, weil ich während des Urlaubs die Bilder von der Kamera schon mal abspeichern will, aber auch, weil es doch erwiesenermaßen auch manchmal hilfreich sein kann, einen größeren Bildschirm als das Smartphone zu haben.

Es ist also schon 21 Uhr, als wir Richtung Westen aufbrechen, irgendwo an einer Raststätte in Holland kaufen wir Wasser und Kaffee, was bzw. ob wir überhaupt noch was essen, habe ich vergessen, obwohl es eigentlich nicht sein kann, dass wir nichts essen, das kommt mir absurd vor, dann hätte ich ja schrecklichen Hunger haben müssen.

Jedenfalls finden wir gegen 1 Uhr einen Stellplatz an einem Supermarkt in Bray-Dunes, auf dem man offiziell übernachten darf. Die ganz superoffiziellen Wohnmobilstellplätze sind schon besetzt, wir parken einfach auf dem Parkplatz und gehen davon aus, dass das schon niemanden stören wird. Das Dach wird nicht hochgemacht, wir schlafen beide unten, es regnet furchtbar, aber na ja, das ist ja noch nicht Urlaub, sondern nur Hinfahrt zum Urlaub.

Am nächsten Tag dann noch knapp vierzig Minuten Fahrt nach Calais, wir parken erst am Ticketschalter, da werde ich aber sofort wieder weggeschickt zum Check-In, denn wir haben ja schon gebucht, also fahren wir den anderen Autos hinterher zum Check-In, einmal Border Control, dann Kontrolle der Personalausweise fürs Check-In, wir kriegen ein Papierdingsi, auf dem die Reihe steht, in die wir uns mit dem Auto einreihen sollen, das Dingsi hängt man vorne an den Rückspiegel, noch ein bisschen warten, dann dürfen wir auch aufs oder vielmehr INS Schiff fahren, aussteigen, Treppe hoch, geschafft.

Mabs und Gilda fahren mit Auf die Fähre

Weil wir beide sehr hungrig sind, müssen wir erst mal frühstücken, ich hadere ein bisschen, nehme dann aber doch das Full English Breakfast, einfach, weil es da ist und geht. Am Ende ist es ein bisschen wie befürchtet, der Speck ist nicht knusprig (dafür reichlich, weil der Fährenrestaurantsmensch so wenig enthusiastisch bei der Arbeit ist, dass ihm das Auseinanderpflücken der Speckscheiben nach kurzer Bedenkzeit offensichtlich einfach zu viel Arbeit ist), und überhaupt ist es insgesamt etwas lieblos, aber Baked Beans! Mushrooms! Hash Brown! Immerhin bin ich satt.

Full English Breakfast

Ich bin ja noch nie mit der Fähre nach England gefahren, nur letztens eben von Kiel nach Litauen, da fährt man stundenlang auf der Ostsee und sieht nichts außer Meer. Das passiert hier nicht. Man legt ab, sieht noch das eine Ufer, frühstückt ein bisschen und sieht dann schon überraschend nah das andere Ufer. Wir können nur noch etwas Geld für mehr oder weniger sinnvolle Auto- und Elektrodinge im SeaShop loswerden (das Techniktagebuch berichtete hier ausführlicher), außerdem kaufe ich Kaugummi, eine sehr atypische Handlung, weil ich Kaugummi überhaupt nicht mag. Aufgrund von einer aktuell etwas desolaten Zahnputzsituation erscheint mir das aber sinnvoll. Mein Mann findet das weniger sinnvoll, wie sich rausstellt, befindet sich im Auto noch reichlich Kaugummi, dafür kauft er eine Flasche Weißwein, na ja.

White Cliffs of Dover

Jedenfalls long story short: Nach anderthalb Stunden legt das Schiff in Dover an, wir gehen wieder runter in den Bauch des Schiffes, ein bisschen warten, dann Zündung an und raus aus dem Schiff, rein in den Linksverkehr.

Das klappt erstmal gut, weil überall Leute stehen, die einen einweisen und man halt erstmal den anderen Autos hinterherfahren kann. Dann versuche ich, irgendeine sinnvolle erste Reisestation in das Navi einzutippen, wir verfahren uns in einem Kreisverkehr, kommen woanders raus, fahren wieder zurück und stehen sehr massiv mitten in Dover in einer ganz normalen Straße im Stau. Als wir versuchen, anderen vermeintlich ortskundigen Autos hinterher zu fahren, um dem Stau eventuell über Geheimpfade zu entkommen, landen wir einfach im nächsten Stau. Zwischenzeitlich juchze ich trotzdem vergnügt, weil WIR JETZT IN ENGLAND SIND und ALLES SO ENGLISCH AUSSIEHT, GUCK MAL HIER, DIE SCHAFE und da, GUCK MAL, EIN ALTES SCHLOSS und hier, EINE RICHTIGE ENGLISCHE TELEFONZELLE, GUCK DOCH MAL, GUCK!

Dover

Als es so gar nicht weitergeht, fragen wir einen Passanten, was los ist, er guckt erstmal aufs Nummernschild unseres Autos, wo wir denn überhaupt herkommen. Was das genau soll, bleibt ein Geheimnis, hätte er nicht mit uns geredet, wenn wir aus Frankreich gekommen wären oder spricht er fließend Italienisch und wollte nur mal gucken, ob er seine Fremdsprachenkenntnisse anwenden könnte oder ist er einfach nur neugierig? Ein Mysterium. Er weiß  jedenfalls auch nicht, was los ist, vielleicht ein Unfall oder ein Streik am Hafen, sagt aber, um nach Cornwall zu kommen, bräuchten wir gar nicht auf die M20, wir könnten auch da hoch Richtung Canterbury und dann auf die soundso und dann käme man eh auf die M20 und dann auf die M25 und das wäre genauso gut und seine Tochter würde in Cornwall leben, man bräuchte so acht Stunden. Dann fahren wir vorsichtig auf dem Bürgersteig an den wartenden Autos vorbei, der nette Mann weist uns noch in die Querstraße ein und wir machen es genauso, wie er gesagt hat.

Auf nach Cornwall, jedenfalls.


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Tagebuchbloggen oder so

Man kommt ja zu gar nichts, hier also das wichtigste der letzten zwei bis sechs Wochen in Kürze.

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In Amsterdam gewesen. Wir schliefen im Bus auf dem Campingplatz Zeeburg etwa sechs Kilometer östlich der Innenstadt. Leider waren wir beide krank, so dass wir die zwei Tage nicht voll ausnutzen konnte, denn mindestens einer schwächelte immer etwas rum. Gegessen: Ein Zehn-Gänge-Menu im Flüsterrestaurant Graphite, Crêpes und heiße Schokolade bei einer reizenden Französin im Cocotte, Pfannkuchen im Pancakes Amsterdam und indonesische Reistafel im Blauw. Dazwischen durch die Stadt gelaufen und mit der Straßenbahn gefahren, das funktioniert alles erwartungsgemäß gut.

Von Essen zum Campingplatz braucht man etwas über zwei Stunden, die Übernachtung kostete (Vorsaison, unter der Woche) 28 Euro mit Strom, WLAN, Wasser und Poké-Arena. Der Campingplatz ist theoretisch wunderschön am IJmeer gelegen, praktisch ist die Aussicht auf eine Autobahnbrücke eher mäßig pittoresk, aber wir wollten uns ja auch die Stadt angucken und nicht den Campingplatz. Da man die Brücke nur sah und nicht hörte, war es also egal, wir vermerken das mal als Ausgangspunkt für weitere Amsterdamausflüge, dann werden wir auch zu einer besseren Zeit in die Foodhallen gehen, zum Beispiel nicht direkt nachdem wir einen Stapel Pfannkuchen gegessen haben.

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In anderen Neuigkeiten ist unser Edeka umgezogen. Er ist jetzt größer und schöner, aber auch eine Straßenbahnhaltestelle weiter weg, auf der anderen Seite kann ich im Notfall auch immer noch zu Aldi gehen und komme ansonsten an fünf Pokéstops mehr vorbei als vorher, das ist ja auch was wert. Es wurde außerdem im Prospekt eine saisonbedingte Spargelschälmaschine versprochen, ich bin gespannt.

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Apropos Spargel, wir erklärten die Saison gestern für eröffnet. Eigentlich wurde sie schon am Donnerstag für eröffnet erklärt, da war nämlich Hochzeitstag und wir aßen bei Schiffers in Essen-Werden, ich Rumpsteak, mein Mann eben Spargel mit Kartoffel und Schinken. Es war lecker, wenn auch nicht überragend, vor allem aber stimmt alles, was man über den freundlichen Service in den Bewertungen liest, ich kann das also empfehlen.

Gestern dann selbst gemacht, vor allem auch selbst geschält, ich kann die Spargelschälmaschine kaum erwarten.

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Wo wir gerade beim Essen sind, es gibt neue Erkenntnisse in der Pfannkuchenforschung. Die New York Times berichtete über japanische Soufflé-Pfannkuchen und da ich sämtliche Pfannkuchenentwicklungen betreffend gerne up to date bin, probierte ich das am Sonntag gleich aus. Eventuell muss ich noch etwas am Rezept feilen oder es war doch ein Fehler, den Teig auf fünf statt auf vier Dessertringe aufzuteilen, aber geschmacklich gab es nichts zu meckern. Wir machen das wieder.

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Die Dessertringe kaufte ich übrigens am Freitagabend in Köln im Kölner Kochhaus, ich empfehle das gerne, weil ich dort letztens eine Kuchenschachtel kaufte und man mir noch im Laden half, den Kuchen in die Kuchenschachtel zu hieven und ich dann mangels Kleingeld trotz lächerlich kleinem Betrag mit Karte zahlen durfte, ein sehr hilfsbereiter und kulanter Laden also. Deswegen kaufte ich auch da meine Dessertringe und bezahlte den gar nicht mehr so lächerlich kleinen Betrag, den man für sechs Dessertringe zahlen muss bar. Ich hoffe, ich habe mich so wieder von meiner EC-Gebührschuld reingewaschen.

Das passte auch sonst ganz großartig, weil ich mit octodontidae und der Drehumdiebolzeningenieurin zum Karaoke verabredet war. Es ist in Köln und im Prinzip im ganzen Rheinland und Ruhrgebiet sehr schwierig, brauchbare Karaokeläden zu finden. Meistens gibt es große Rudelveranstaltungen in Irish Pubs und dergleichen, da möchte ich aber nicht so gerne hin, ich gehe ja zum Karaoke, um zu singen und nicht, um anderen Leuten dabei zuzuhören. In der Praxis haben sich deswegen Etablissements bewährt, bei denen man sich eine Kabine mieten kann, die gibt es aber so gut wie gar nicht oder sie werden sehr zurückhaltend beworben. Octodontidae hatte jedenfalls ein obskures chinesisches Restaurant in einer obskuren Lage mitten in Köln entdeckt, das Karaokekabinen anbietet. Man kann da vorher auch sehr gut und günstig essen und sich danach in einer großzügigen Kabine die Lunge aus dem Hals singen. Die Songauswahl ist eher klassisch und offensichtlich für asiatische Kundschaft ausgerichtet, wenn man sich einmal an die Software gewöhnt hat und das Song-Repertoire ans Angebot angepasst hat, funktioniert es aber problemlos. Ein Highlight sind die Videos zu den Liedern, die von den Originalmusikvideos über Liveauftritte asiatischer Coverbands bis hin zu privat anmutenden Urlaubsvideos.

Gelernt jedenfalls: „Here You Come Again“ von Dolly Parton funktioniert super, „Who Can It Be Now“ von Men at Work nicht so gut. Werde das auf meinem Karaoke-Spickzettel ergänzen müssen.

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Gelesen (nur die Highlights):

Kurt von Sarah Kuttner – Die Geschichte einer Patchwork-Familie, die mit dem Tod eines Kindes umgehen muss. Sehr schön und lebensnah, wie nicht anders erwartet. Auch die Lesung auf der lit.Cologne hat sehr viel Spaß gemacht, auch wenn ich die Zuständigen, die Veranstaltungen um 21 Uhr starten lassen, ein bisschen dafür hauen möchte.

The Calculating Stars von Mary Robinette Kowal – Eine Art Retro-Science-Fiction. In den fünfziger Jahren schlägt ein Meteor auf der Erde ein. Als Wissenschaftler herausfinden, dass dieses Ereignisse katastrophale Folgen für das Klima haben könnte, wird die bemannte Raumfahrt  und die Besiedelung anderer Planeten zur Überlebensfrage. Die Protagonistin Elma ist Mathematikerin und träumt davon, selber als Astronautin ins All zu fliegen. Im Amerika der 50er Jahre muss sie dazu aber gegen viele Vorurteile und Machtstrukturen kämpfen. Tolles Buch mit sehr lebendigen Charakteren. Man möchte allerdings permanent das Patriarchat zerschlagen, was aber auf der anderen Seite grundsätzlich kein schlechtes Ziel ist.

Down and Out in the Magic Kingdom von Cory Doctorow – In der Zukunft, in der der Tod keine Rolle mehr spielt, geht es nicht mehr um Geld, sondern um Ansehen. Julius arbeitet in Disney World, als sein alter Freund Dan auftaucht. Kurz darauf wird Julius ermordet, was grundsätzlich kein Problem darstellt, weil einfach sein Backup in einen neuen Klon geladen wird, ihn aber vor das Rätsel des Mordmotivs stellt. Währenddessen siedelt sich in Disney World eine neue Gruppe an, die die mechanischen Fahrgeschäfte durch VR-Simulationen ersetzen will. Julius wittert eine Gefahr für die Zukunft des Parks und gerät auf einen selbstzerstörerischen Pfad. Das Buch wurde von Cory Doctorow unter Creative Commons veröffentlicht und liest sich mit knapp 200 Seiten ziemlich zackig runter. Die Frage bleibt, ob die Geschichte nicht auch etwas größer hätte erzählt werden können, da viele Ideen nur angerissen werden. Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch genau so richtig, wie es ist.

Alle Links zu den Büchern sind Amazon-Affiliate-Links.

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Die Osterglocken sind jetzt am Ende ihrer Lebenszeit, ich muss mir langsam Gedanken über die Sommerbegrünung der Balkons machen.


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Mitbringsel aus Südafrika: Rock Shandy

„Sie haben Rock Shandy!“ jubelte Ute, als wir am letzten Tag in Johannesburg – oder Joburg, wie wir Insider es nennen – die Karte einer Rooftop Bar im Internet anguckten. Am Ende landeten wir dann aber gar nicht in dieser Rooftop Bar, sondern aus vielfältigen Gründen in einer anderen Bar irgendwo in Sandton. Dort gab es aber auch Rock Shandy und so hatte ich meinen ersten Rock Shandy auf einem Balkon mit Aussicht auf Johannesburg im allerschönsten Licht der bereits sehr tiefstehenden Sonne.

Ein Rock Shandy, das habe ich nachher recherchiert, ist eigentlich ein typisch namibischer Sundowner, also das, was man abends trinkt, wenn man auf der Veranda seiner Farm in der namibischen Steppe sitzt und in der Ferne die Tierherden vorbeiziehen. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Man kann diesen fast alkoholfreien Cocktail aber beispielsweise auch auf einem Balkon in Essen-Holsterhausen trinken, es kommt fast aufs gleiche raus. (Aber nur fast.)

Ein Rock Shandy besteht aus einer Hälfte Zitronenlimonade und einer Hälfte Sodawasser auf Eis mit ein paar Spritzern Angostura. Das ist eigentlich schon alles.

Weil ich dank der Cocktail-Abo-Box aber eine ganze Reihe unterschiedlicher Bitters zu Hause habe, variiere ich die letzte Zutat nach Belieben, was sich dann auch in der Farbgebung niederschlägt, denn den hübschen Rostbraunton bekommt das Getränk doch eindeutig vom Angostura.

Ich kann das jedenfalls nur empfehlen, erstens, weil es lecker und erfrischend ist und zweitens, weil es mich jetzt immer an Südafrika erinnert. Ich lasse mir den jetzt jedenfalls in jeder Bar mixen, bei der sich der Barkeeper nicht überzeugend genug wehrt.

Bemerknisse zu Südafrika, Pt. 1

Wir waren eine Woche in Südafrika. Das kann man machen, ist allerdings ein bisschen kurz. Wenn man allerdings erstens eine Hochzeit in der Reiseplanung hat und außerdem seht viele Leute, die sich auskennen, kann man in sechs Tage doch eine Menge Erlebnisse packen.

Folgendes habe ich zu bemerken:

Hinkommen

  • Nach Südafrika fliegt man üblicherweise über Nacht. Da es keine Zeitverschiebung zwischen Deutschland und Südafrika gibt, ist das sehr sinnvoll, man fliegt abends los und kommt morgens an. Die Zeit dazwischen könnte man sich schön mit Schlafen vertreiben, allerdings sitzt man auf sehr wenig Platz in einem sehr unruhigen Raum, wenn man also mehr als vier Stunden unruhigen Schlaf bekommt, gehört man zur Gewinnerseite.
  • Fluglinien werden immer arschlochiger, seit unbekannter Zeit möchte man Geld für Sitzplatzauswahl haben. Da wir das erstens nicht wussten und zweitens zu geizig dafür gewesen wären, und drittens andere Menschen ihren Gangplatz nicht gegen einen Platz in der Mitte tauschen wollen, saßen wir auf dem Rückflug nicht nebeneinander, sondern hintereinander, danke vielmals.
  • Terminal 3 in Heathrow hat schönere Geschäfte als Terminal 5, aber Terminal 5 hat die besseren Restaurants. Man muss sich da über die eigenen Prioritäten klar werden. Der Transfer funktioniert überraschend reibungslos, Heathrow bleibt also mein Lieblingstransferflughafen.
  • Das Unterhaltungsprogramm im Flugzeug wird immer besser. Ich habe die halbe zweite Staffel „The Good Place“ geguckt, „A Wrinkle in Time“ und „Ocean’s 8“.
  • Auf Kurzstreckenflügen gibt’s noch nicht mal mehr Gratisnüsschen.

Unterwegs

  • Der Bräutigam erzählte uns schon, dass man in Afrika Geduld haben muss. Der Bräutigam hatte recht. Wenn man schon eine Viertelstunde am Schalter des Autoverleihs steht und niemand da ist und auch niemand weiß, wo derjenige, der da sein sollte, sein könnte, und man dann aber per Telefon doch noch irgendwen erreichen konnte, der demjenigen Bescheid gesagt hat, dann kommt irgendwann dieser jemand in sehr gemütlichem Schritttempo zum Schalter geschlendert. Das macht uns hektische Europäer dann einerseits etwas nervös, auf der anderen Seite stellt man sich schnell die Frage, ob wir nicht diejenigen sind, die irgendwas grundlegend falsch verstanden haben.
  • In Johannesburg wohnt man hinter Mauern, Gittern, Stacheldrähten und elektrischen Zäunen. Man fährt mit dem Auto irgendwohin, läuft dann ein überschaubares Areal durch die Gegend und steigt dann wieder ins Auto, um irgendwo anders hinzufahren.
  • Linksverkehr ist okay, das größte Problem ist, dass in Linksverkehrautos Blinker und Scheibenwischer vertauscht sind.
  • „You just have to be careful and watch out, then nothing can happen.“ „Tozelle, we’re Europeans, the problem is we don’t even know what to look out for.“
  • Schilder, die man nicht sehen möchte, wenn man alleine im Auto in der Dämmerung unterwegs ist: „Hijacking Hotspot – Next 6 km“. Bei den Gastgebern dann: „Oh, I bet, they are everywhere and we don’t even see them anymore.“
  • An südafrikanischen Kreuzungen gilt angeblich so eine Art „Rechts-vor-links“, in Wirklichkeit aber darf zuerst fahren, wer zuerst da war und das klappt erstaunlich gut.
  • Fünfzehn Minuten unpaved gravel road. I’m just sayin‘.
  • Den Aufschlag fürs Navi kann man sich sparen und lieber in eine SIM-Karte investieren. 80 Prozent der Adressen, die ich eingeben wollte, kannte das Navi nicht.
  • Vor jeder Fahrt mit den Einheimischen abchecken, ob die Route so rein sicherheitstechnisch okay ist. Kannte ich bislang auch nicht.
  • Die Lieblingsfarbe von südafrikanischen Autobesitzern ist weiß.

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Ins Pure C im niederländischen Cadzand verschlug es uns an einem regnerischen Mittag. Wir wählten das Lunch-Menü für 55 Euro, das sich mit vier Grüßen aus der Küche, Aperitif, Kaffee, Gourmandises und Digestif schon ordentlich in die Länge zog. Sehr lecker, sehr zu empfehlen, sympatischer Service, verdienter Michelin-Stern.

 

Pure C, 25.5.2018

Rote Bete mit Walnuss und Kaffee

Eingelegte Sardine und Brot mit Chorizokristallen

Schellfisch, Aioli und Kichererbsentaler

Brot mit Tapenade

Hausgemachtes Brot mit Butter und Algendip

Aal mit grüner Sauce und Erbsen

Pollack, Zucchini, Krabben und Fideua

Rhabarber mit Salbei und Pekannuss

Gourmandises

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Pure C, 25.5.2018

Tiere streicheln

Ich habe keine Haustiere. Nicht, weil ich keine haben wollen würde, sondern, weil wir den Tieren, die wir gerne hätten (Hund) mit unserem aktuellen Lebensentwurf kein zufriedenstellendes Zuhause bieten könnten. Ich würde zwar auch eine Katze nehmen, aber da interveniert mein Mann, der Sofas und Wände lieber ohne Kratzspuren  mag und der Fakt, dass wir erstaunlich viele Menschen mit Katzenhaarallergie kennen, die ja, das weiß ich, ja gar keine Katzenhaarallergie ist, sondern eine Katzenspeichelallergie, aber das Ergebnis bleibt dasselbe. Jedenfalls kommt aus diversen Gründen ein Haustier aktuell nicht in Frage, deswegen nutze ich jede Gelegenheit, die Tiere fremder Leute zu streicheln, um auf meine lebensnotwendige Ration Flausch zu kommen.

Der Campingurlaub war aus diesem Grund ebenso toll wie hart, weil es gerade auf Campingplätzen jede Menge Hunde und gelegentlich auch Katzen gibt, diese, also jedenfalls die Hunde, aber meist angeleint sind und das Erreichen des Tieres oft mit dem Eindrängen in die Privatsphäre des anhängenden Menschen zusammenhängt.

Der Urlaub war aber doch insgesamt keine Enttäuschung, hier eine unvollständige Liste aller wichtigen Tierbegegnungen.

  1. Die sehr alte Hündin Sissi in der Südtiroler Pension, guter Streichelkontakt, sehr geduldig.
  2. Die Katze, die in Karthaus irgendwo rumlief.
  3. Shiba Yukon, der laut Halterin „nicht so gerne mit Fremden“ will, vermutlich wollte die Halterin „nicht so gerne mit Fremden“, dann hätte sie das sagen sollen. Yukon fand mich nämlich ganz okay.
  4. Die diversen Katzen auf dem Campingplatz in Levanto, davon drei steichelfähig.
  5. Der sehr, sehr niedliche Hund der italienischen Campingnachbarn in Saint Raphael, der zwar tatsächlich nicht angeleint war, aber so dermaßen treu immer nur bei Herrchen und Frauchen saß, dass vermutlich selbst mit Fleischwurst nichts zu machen gewesen wäre.
  6. Der vier Monate alte Boxerwelpe im französischen Supermarkt im besten „my favorite thing“-Alter.
  7. Alle Katzen in Beaufort und Crest, die sich zwar alle nicht streicheln ließen, aber hervorragende Fotomodels abgaben.
  8. Die Katzen im AirBnb in Beaufort, von denen eine nachts in unser Zimmer schlüpfte und beim kurzen Durchlüften sofort aufs Dach raussprang, was uns irritiert zurückließ: Macht die sowas immer? Müssen wir warten, bis sie wiederkommt? Kann sie vom Dach springen? Wird die Katze wegen uns sterben? Irgendwann stand sie dann einfach motzend vorm Fenster und wollte wieder rein. Na dann.
  9. Schäferhündin Jade auf dem Campingplatz von Annecy, die sehr viel Ruhe ausstrahlte, wenn sie nicht gerade mit dem Gummireifen spielen wollte.
  10. Auf dem gleichen Campingplatz der King Charles Spaniel, dessen Namen ich nicht erfahren habe, der hauptsächlich rumlag, sich aber für Streicheleinheiten auch mal auf die andere Seite drehte.

Natürlich gab es noch mehr Tierbegegnungen, diese bestanden aber oft nur aus meinem begeisterten Ausruf „Hundi!“ (alternativ „Doggo!“) und dem Hinweis meines Mannes, ich solle ihn doch bitte nicht immer so erschrecken. Jedenfalls würde ich ziemlich sicher gegen Marshall Eriksen in Zitch-Dog gewinnen, auch wenn ich das nie beweisen können werde.

Campingerkenntnisse

Saint Raphael

  • Natur ist super, aber laut und ein Frühaufsteher.
  • Das Mittelmeer sieht wirklich überall anders aus und wir haben es uns nur an fünf Stellen angeguckt.
  • Auf französischen Campingplätzen immer daran denken, selber Klopapier mitzubringen.
  • Der größte Vorteil, wenn man mal ausnahmsweise im Hotel übernachtet ist, dass man völlig überraschend ein Auto zur Verfügung hat.
  • Öffentliche Verkehrsmittel kann man auch im Ausland benutzen, vorausgesetzt es gibt welche.
  • Privatsphäre ist relativ.
  • 1,20 Meter zum Schlafen ist ein bisschen schmal für zwei Personen, aber es geht.
  • Was auch geht ist, einfach beide Schlafmöglichkeiten im Bus zu nutzen. 1,20 Meter für eine Person ist sehr gut.
  • Croissants heißen in Italien Brioche und schmecken besonders gut mit Aprikosenmarmelade gefüllt.
  • Südtirol ist wunderwunderschön.
  • Die Rhone-Alpen aber auch.
  • Und die Cinque Terre.
  • Genua ist die erste Stadt in Europa, die mich an Hong Kong erinnert hat.
  • Wenn man den letzten Bus von Annecy zum Campingplatz verpasst, muss man halt noch mal sechs Kilometer zu Fuß laufen.
  • Wenn ein französisches Restaurant um 21:30 Uhr schließt, dann schließt es auch um 21:30 Uhr, egal, ob da noch zwei deutsche Touristen kommen, die den letzten Bus verpasst haben.
  • In Italien trinkt man einfach so oft Espresso, wie man kann.
  • Das ist nicht hilfreich, wenn man von Kaffee immer so müde wird.
  • Vollkommend überraschend kann man auch in dem einem der zwei Restaurants im französischen 400-Seelen-Dorf sehr gute Pizza bekommen.
  • Wenn es regnet, kann man einfach weiterfahren.
  • Trau nie der Wettervorhersage. Es kommt sowieso anders.
  • Man kann in zwei Wochen sehr viel und vor allem sehr viel Unterschiedliches sehen.
  • Die berauschende Bläue eines Wassers bedeutet nicht zwingend, dass es besonders klar ist. (Kann aber sein.)
  • Die optimale Route des Navis führt eventuell auch über eine einspurige Serpentinenstraße durch die Berge. Im Regen.
  • Wenn man eine Woche in Frankreich war, kommen einem die Restaurantpreise in Basel gar nicht so schlimm vor.
  • Die Pokéstopdichte auf Campingplätzen ist enttäuschend.
  • Wenn in der Campingplatzapp vor Mücken gewarnt wird, DANN FAHR UM GOTTES WILLEN WOANDERS HIN!
  • Die meisten Menschen sind nett.
  • An fast jeden Ort will man noch mal hin und zwar für länger und dann noch an die, wo man nicht war, weil man keine Zeit hatte und dann noch an die, die ganz woanders sind, wo man in einem anderen Urlaub hin will und nie im Leben wird man für das alles ausreichend Zeit haben.
  • Alles, was man braucht, passt in einen Camperbus, es fehlt nichts, gerne wieder.

 

Alle Bilder sind hier.

Saint-André-de-Roquepertuis, 1998

1998 fahre ich zum letzten Mal mit meinen Eltern in Urlaub. Ich bin 17, nächstes Jahr mache ich Abitur, danach Studium. Es ist nicht fest geplant, dass wir danach nicht mehr zusammen fahren, aber es wird sich so ergeben.

Wir fahren mit Tante H. und Famile nach Saint-André-de-Roquepertuis, einem kleinen Ort westlich von Orange. Das Ferienhaus ist etwas abseits, aber man kann zu Fuß ins Dorf gehen. Ich habe meine Klarinette dabei und Onkel M. seine Gitarre. Außerdem ist Django dabei und unsere zwei Mischlingshündinnen (die sehen aber nur auf dem Bild so böse aus).

Als wir ankommen, fährt eine Gruppe junger Männer vor und bringen uns ein Brot gegen eine Spende. Sie laden uns zum Dorffest ein, was an diesem Abend stattfindet. Was sie nicht sagen ist, dass jeder sein eigenes Grillzeug mitnehmen muss und so stehen wir etwas unsicher rum und ich habe sofort schlechte Laune und möchte wieder gehen.

Ansonsten ist alles an diesem Urlaub toll. Der Ort ist toll, das Haus ist toll, die Badestellen sind toll.

Ich spiele mit Lukas hinterm Haus Federball, was etwas ungünstig ist, weil der Rasen an einem Hang ist, aber irgendwie klappt es halt doch. Lina entdeckt eine Ameisenstraße und stellt den Tieren Zuckerwasser in einer Schale hin.

Ich habe Aktiv-Lautsprecher für meinen tragbaren CD-Spieler dabei, denn meine CD-Sammlung erweitert sich quasi wöchentlich, aber niemand außer mir interessiert sich dafür.

An der einen Badestelle direkt am Ort kann man sehr lange im Fluss einfach schwimmen. In der Mitte des Flusses ist es sogar so flach, dass man stehen kann. Wir sitzen etwas oberhalb der Badestelle am Ufer und lassen die Beine ins Wasser hängen. Winzige Fischchen kommen an und nagen an unseren Füßen, aber das kitzelt nur und tut nicht weh.

An einer anderen Badestelle gibt es Kaskaden. Wir liegen auf weißen Felsen. In der Mitte des Flusses ist ein großer Felsbrocken, auf den man draufklettern und dann runterspringen kann. Es sind bestimmt fünf Meter, aber es fühlt sich gar nicht so viel an, viel weniger als im Schwimmbad, wo man bis zum Grund sehen kann. Wir klettern immer wieder auf den Felsen und springen runter. Max, Onkel M. und Lukas springen sogar von einem Felsen auf der anderen Seite, der noch höher ist, aber das traue ich mich dann doch nicht.

Wir machen Ausflüge nach Orange und andere Städte, aber daran kann ich mich kaum noch erinnern. In Orange parken wir an einem alten Amphittheater und laufen durch kleine Sträßchen. Ich habe meine Kamera dabei und mache Schwarz-Weiß-Bilder, einige werden richtig gut, dafür, dass ich nicht wirklich geübt bin im Fotografieren.

Es ist auch der erste Urlaub, in dem wir die eiserne „Es wird kein Fernsehen geguckt“-Regel brechen. Weil wir tagsüber oft sowieso träge sind und es so heiß ist, dass wir nur rumhängen, verziehen wir uns manchmal nach oben und gucken zu , wie die Radfahrer bei der Tour de France durchs Land fahren.

Eigentlich, entscheiden Tante H. und Mama, wollen sie dieses Mal keine Endreinigung machen. Soll der Vermieter halt die Kaution behalten, wir fahren einfach. Dann kommt der Vermieter aber einen Tag vor der Abfahrt vorbei, bringt uns noch eine Flasche Wein und die Kaution und dann müssen wir ob dieser Vertrauensvorschusses doch noch alles ordentlich machen.

Das ist der letzten Familienurlaub, bei dem ich dabei bin. Aber eben auch der beste.

(Das Haus kann man immer noch mieten, es hat jetzt einen Pool und ist offensichtlich auch mal gründlich neu ausgestattet worden. Ich kann es nur empfehlen.)