Kreuzberg bei Nacht

Mit Berlin und mir ist das so. 352 Tage im Jahr finde ich Berlin doof, ätzend und überschätzt. Dann gehen mir alle Berliner mit ihrem doofen Berlin tierisch auf die Nerven. Ja ja, ich versteh schon, Berlin ist toll, da gibt’s alles und überhaupt, ALLES GIBT’S DA! ÜBERALL! Und wenn nicht überall, dann auf jeden Fall irgendwo in Berlin.

Ich reagiere da immer angemessen erwachsen und sage: “Pff. Gibt’s hier bestimmt auch.” Meistens stimmt das sogar. Und dann doziere ich ganz großmütig und weltmännisch darüber, dass ja Berlin eigentlich auch nicht anders ist als zum Beispiel das Ruhrgebiet, nur dass da eben alles zu Berlin gehört, so ganz offiziell und hier halt nicht. Aber man weiß ja, dass der Berliner an sich in seinem Kiez bleibt und da gar nicht rauskommt, genauso wie in anderen Städten auch, ach was, SCHLIMMER ALS IN ANDEREN STÄDTEN! Viel schlimmer ist das!

In Köln zum Beispiel, da gibt es wenigstens noch ein richtiges Zentrum, und das gehört allen, da steht der Dom und da ist die Einkaufsstraße und drumherum ist der Ring, ganz einfach. Und wenn man in Köln in die Stadt fährt, dann meinen alle so grob das Gleiche. In Berlin gibt es überhaupt keine richtige Innenstadt und keine Fußgängerzone, wo alle hinfahren und einen Dom gibt’s da schon mal gar nicht. Wenn man in Köln am Hauptbahnhof aussteigt, dann guckt man auf den Dom. Wenn man in Berlin am Hauptbahnhof aussteigt, dann guckt man auf den Arbeitsplatz der Politiker. Pff.

PFFFFFF!

Sowas doziere ich dann jedenfalls und dieses gesammelte Fachwissen, das schöpfe ich aus insgesamt sechs Tagen, die ich in meinem Leben in Berlin war, und das noch nicht mal so richtig, die meiste Zeit davon war ich in Potsdam. Und den Rest, also das Wissen, was ich mir nicht in sechs Tagen Berlin angeeignet habe, das weiß man ja sowieso. Das sagt doch jeder. Hört man überall. Muss dementsprechend wahr sein.

362 Tage im Jahr finde ich Berlin doof, ätzend und überschätzt. Und die drei Tage, die ich dann da bin, die ich eine Stunde lang von Potsdam zur Friedrichstraße fahren und von da aus die Friedrichstraße runterlaufe bis zu einer Haltestelle, wo die Bahnen auch tatsächlich nach Kreuzberg fahre. Und dann am Mehringdamm aussteige und zur Bergmannstraße laufe und da dann zu einem ebenso leckerem wie günstigem Hinterhofvietnamesen und von da aus weiter die Bergmannstraße runter bis zum Südstern, durch dieses Berlin, dieses furchbar doofe und ätzende und überschätzte Berlin, dann bis nach Charlottenburg und dann wieder nach Potsdam, mit den schnuckeligen S-Bahnen an den ebenso schnuckeligen alten S-Bahn-Stationen vorbei.

Also, diese drei Tage jedenfalls, und vor allem die zwei Abende, die ich in Berlin verbringe, in Zehlendorf und in Kreuzberg, an diesen drei Tage laufe ich nur staunend durch dieses Berlin, dieses furchtbare Berlin, wo alles groß ist und alt und so preußisch, dass man nur die Straßennamen lesen muss, und auf einmal die Buddenbrooks versteht, und finde alles toll und möchte überhaupt unter keinen Umstände mehr hier weg.

Ach, Berlin. Aber spätestens im Mai komm ich ja wieder.

Friedrichstraße

Laterne

Friedrichstraße

U-Bahn

Tür

Lichter

104

Bergmannstraße

Mehr Lichter

Pflanzen

Noch ne Pflanze

Hausnummern

Auch in Kreuzberg geht der Trend zur Dritthausnummer.

Häuser

Wurst

Otherland

Größter Neidfaktor: In Kreuzberg gibt es einen Buchladen speziell für Fantasy und Science Fiction.

Tür

Südstern

Nach Spandau

Südstern

Krumme Straße

4 Antworten auf „Kreuzberg bei Nacht“

  1. Wenn ich in Berlin bin, fahre ich auch immer zum Mehringdamm und gehe da dann irgendwo in so einer Seitenstraße zu nem voll günstigen Steakhaus. Aber du hast recht, Berlin ist echt überhyped. Aber das Essen ist günstig^^

  2. Neben dem Science fiction Buchladen ist auch noch ein Krimi-Buchladen. ZUmindest war er das vor einem Jahr. Wenn ich seitdem Berlin besucht habe, war ich merkwürdigerweise nicht mehr in meinem alten Kiez. Dabei ist es da wirklich nett…

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