Gelesen: Da gewöhnze dich dran von Vanessa Giese

Cover

Ich verfolge ja die Geschichten von Frau Nessy schon länger mit allergrößter Begeisterung auf ihrem Blog. (An dieser Stelle sollte auch gleich mal gesagt werden: Wer den Blog von Frau Nessy noch nicht liest, der sollte exakt JETZT damit anfangen. Also noch nicht sofort jetzt vielleicht. Gleich. Nach diesem Artikel. Aber dann sofort.)

Umso überraschter war ich, als ich auf einmal erfuhr, dass sie ganz heimlich nebenbei und ohne ein Sterbenswörtchen zu verraten, ein Buch geschrieben hatte. Das kann sie nämlich auch besonders gut: Einem mit ihren Geschichten das Gefühl geben, man wäre mittendrin in ihrem Leben, und dann merkt man auf einmal, dass das nur ein winziger Bruchteil aus dem großen Nessy-Abenteuerleben zwischen Handball, Ghettonetto, Wombatsuppe und Bahnlauschangriffen ist, den man da mitkriegt. Dann ist man kurz beleidigt, aber dann geht’s auch schon wieder. Die Hauptsache ist ja, dass sie einen überhaupt teilhaben lässt und das eben mit einem wunderbaren Sinn fürs Detail, mit liebevollem Blick auf die Alltäglichkeiten und die Skurrilitäten und dass man nur froh sein darf und kein bisschen beleidigt.

Jetzt hat sie auf jeden Fall ein Buch geschrieben und das hatte ich letzte Woche im Briefkasten liegen und habe es in einem Atemzug inhaliert. Das ist natürlich gelogen, in Wahrheit hat es ein halbes Wochenende gedauert, aber es hat sich angefühlt wie ein Atemzug.

„Da gewöhnze dich dran“, sagt der Vermieter zu Nessy, als er ihr die Dachwohnung in Dortmund-Hörde zeigt. An die Wohnung mit Ausblick auf Dächer und das Loch, das mittlerweile ein See ist, an die Nachbarn mit dem kläffenden Hund und an Schmidtchen im Erdgeschoss, der Nessy nur „Etteken“ nennt und ein bisschen mit aufpasst, dass ihr nichts passiert, frisch eingetroffen aus dem Sauerland, neu im Ruhrgebiet, weg vom Land, rein in die Stadt.

Alles ist neu für Nessy, frisch getrennt von ihrem Freund mit Schützenkönigpotential (irgendwann zumindest), neue Wohnung, neue Stadt, neuer Job. Und nun? Das ist der Moment, wo die Liebe anfängt. Die Liebe zum Ruhrgebiet und vor allem zu den Leuten. Den Nachbarn, die Erbsensuppe vorbeibringen, den Arbeitskollegen, die sie zum Radeln auf der A40 und ins BVB-Stadion mitschleifen, den Handballhühnern, die Nessy vor der Vertragsunterzeichnung noch schnell warnen: „Wir sind ein bisschen asi.“

Überhaupt gilt immer wieder: „Da gewöhnze dich dran.“

Und Vanessa schreibt darüber so wundervoll, offen und ehrlich, herzerwärmend und liebevoll, witzig und detailverliebt*, dass man mit dem Lesen gar nicht aufhören möchte. Bis auf einmal das Buch zu Ende ist und man etwas verdattert aufguckt und „Und nun?“ fragt. Nun, das ist die Antwort, freut man sich auf die nächsten Blogeinträge auf ihrem Blog und schreibt eine Rezension, die andere Leute hoffentlich dazu animiert, zum Buchhändler des Vertrauens zu laufen und laut nach diesem Buch zu verlangen.

Auf der Webseite zum Buch findet man auch ein erfundenes Interview mit Nachbar Schmidtchen, das man unbedingt lesen sollte. Wer sich wie ich während der Lektüre doch das ein oder andere Mal fragt, ob dieses oder jenes wirklich so passiert ist und ob diese oder jene Person im wahren Leben wirklich existiert, der bekommt hier Antworten. So oder so ist aber auch egal, ob das jetzt genauso passiert ist oder nur genauso hätte passieren können, denn als Zugezogene kann ich nur bestätigen: So is dat hier.

Abba allet kein Ding, weil: Da gewöhnze dich dran.**

 

Zu kaufen hier bei Amazon oder zum Beispiel bei der Buchhandlung Schmitz in Essen-Werden

Webseite zum Buch (übrigens realisiert von Christian Fischer vom jawl)

*An dieser Stelle gingen mir ein bisschen die Adjektive aus.

**Im Gegensatz zu Frau Nessy bin ich etwas behindert, was die korrekte Wiedergabe von Ruhrgebiets- und anderen Dialekten angeht. Man möge mir dieses Defizit nachsehen. Ich habe mich bemüht.

9 Antworten auf „Gelesen: Da gewöhnze dich dran von Vanessa Giese“

  1. „Ganz heimlich nebenbei und ohne ein Sterbenswörtchen zu verraten.“

    Aber wirklich! Und wie toll!

    Danke für Deine Rezension, jetzt ist das Buch noch gekaufter, als sowieso schon ;-)

  2. Vielen Dank für deine Rezi. Wer den Blog von Nessy kennt und liebt, der wird auch das Buch mögen. So meine Quintessenz. Ich werde mir das Buch dann mal besorgen, denn als Zugezonene innen Pott fühle ich ziemlich ähnlich ;)

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