Gelesen im Juli 2015

David Brin: Existence (deutsch: Existenz)

Vom Chef empfohlen. Ich habe ja immer Chefs, die auch Science Fiction und Fantasy lesen und sich dann so freuen, wenn sie merken, dass ich das auch lese, dass sie mir Bücher empfehlen. Ich habe damals ja die gesamte „Song of Ice and Fire“-Reihe von George R.R. Martin im Eiltempo gelesen, damit mein damaliger Chef jemanden hatte, mit dem er darüber reden kann. (Ich bin also in jeglicher Hinsicht eine fleißige Mitarbeiterin.)

Bei Existence brauchte ich ein bisschen, bis ich reinkam, weil erstmal mit jedem Kapitel die Figuren und Spielorte wechseln und es außerdem in der Zukunft spielt, so dass man erst mal verstehen muss, was jetzt alles an schicker neuer Technologie da ist, dann ging’s aber recht flott. Es geht um außerirdisches Leben, das in Form eines Artefakts auf die Erde kommt und eine etwas unschöne Nachricht: Jede Zivilisation ist dem Untergang geweiht, die Frage ist nur, wie lange sie durchhält und was sie dafür tun kann, vielleicht doch in irgendeiner Form weiter zu existieren.

Neben der eigentlichen Story sind es vor allem die Ideen, die in dem Buch stecken, die es so interessant machen. Und tatsächlich war ich während des Lesens etwas underwhelmed, merke aber im Nachhinein, wie viele der Ideen weiterhin im Gehirn weiternagen und das spricht deutlich für das Buch.

Existenz von David Brin, deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst, erschienen 2012 im Heyne Verlag, 896 Seiten [Amazon-Werbelink]

 

Emily St. John Mandel: Station Eleven (deutsch: Das Licht der letzten Tage)

Station Eleven ist ein schönes Beispiel für literarische Science Fiction. Ich habe das Buch im Rahmen meines Online-Buchclubs The Sword and Laser gelesen, es stand aber sowieso auf der To-Read-Liste und sammelt gerade überall Preise ein oder ist zumindest short-gelistet.

Zwanzig Jahre nach einer Pandemie, die ungefähr 99,9% aller Menschen umbrachte, zieht die Travelling Symphony durch den Nordwesten  (mittleren Nordwesten?) Amerikas und führt Shakespeare-Stücke in kleinen Ortschaften auf, den letzten Überbleibseln der Zivilisation oder den ersten Keimzellen einer kommenden Zivilisation, je nach dem, wie man’s sieht. Nicht jedes Dorf und nicht jede Straße ist ungefährlich, es gibt keinen Strom mehr, die meisten Häuser wurden mittlerweile geplündert. Unter den Schauspielern ist Kirsten, die ein Kind war als die Krankheit ausbrach und kurz vorher miterlebte, wie der Schauspieler Arthur Leander auf der Bühne starb.

In Zeitsprüngen wird dann die Geschichte von Arthur Leander mit der Geschichte der Überlebenden der Pandemie verknüpft. Dadurch und durch die quasi nicht vorhandene Technologie in der Zukunft fühlt sich das Buch nicht an wie ein Science-Fiction-Roman, wobei man hier natürlich auch fragen könnte, was einen Science-Fiction-Roman ausmacht. Es fühlt sich noch nicht mal richtig an wie eine Dystopie, sondern vielmehr wie ein schönes ruhiges Buch, dass die Geschichte von Menschen erzählt, die auf mehr oder weniger zufällige Art und Weise miteinander verknüpft sind.

Leseempfehlung für alle, auch wenn man glaubt, mit Dystopien oder Zivilisationsuntergangsgeschichten nichts anfangen zu können. Die deutsche Übersetzung erscheint im September 2015.

Station Eleven von Emily St. John Mandel, erschienen 2014 bei Picador, 384 Seiten [Amazon-Werbelink]

 

The Secret Garden von Frances Hodgson Burnett (deutsch: Der geheime Garten)

Mal wieder ein Kinderbuchklassiker, nachdem ich letztens schon Der kleine Lord als Hörbuch gehört habe. An Der geheime Garten erinnere ich mich noch sehr gut, weil ich die Bilder in der deutschen Ausgabe von Gerstenberg so schön fand. Das wäre auch die Ausgabe, die ich empfehlen würde, schon wegen der Bilder, aber ich habe das Buch auf Englisch auf dem Kindle gelesen, weil es das da umsonst gab.

Geschichte ist schnell erzählt: Die kleine Mary wird in Indien zur Vollwaise und kommt zu ihrem Onkel auf ein großes Schloss irgendwo in England. Dort wird aus dem verwöhnten Mädchen, das sich noch nicht mal alleine anziehen kann, schnell ein relativ fideles Mädchen, dessen Neugier so richtig angestachelt wird, als sie von einem geheimen Garten hört. Dem Garten der verstorbenen Frau des Onkels, der ihn nach ihrem Tod abschloss, damit ihn nie wieder jemand betreten möge.

Dann passieren natürlich noch ganz andere Dinge, das Buch ist ja hinreichend bekannt und wird immer gerne verfilmt. Das bietet sich auch an, weil es dauernd darum geht, wie schön irgendwo irgendwelche Natur ist. Aber man kann das gut lesen, auch als Erwachsener.

Der geheime Garten von Frances Hodgson Burnett (übersetzt von Friedel Hömke), 13. Auflage erschienen 2009 bei Gerstenberg, 221 Seiten [Amazon-Werbelink]

 

Peter Clines: The Fold (deutsch: Der Spalt)

Als Hörbuch gehört, leider zum Schluss etwas die Orientierung verloren, weil zu ungünstigen Zeitpunkten gehört. Ich wollte aber andererseits auch nicht auf günstigere Zeitpunkte warten, weil ich es so spannend fand.

Es geht um Mike, der ein perfektes Gedächtnis hat und der von einem Freund, der um seine Qualitäten weiß, dazu überredet wird, einem unglaublichen Forschungsexperiment beizuwohnen. Dieses Experiment namens „The Albuquerque Door“ verkürzt Entfernungen, so dass man nur mit einem Schritt von einem Ort zum anderen wechseln kann.

Aber irgendwas scheint seltsam am Verhalten der Forschungsgruppe, was auch der Grund ist, warum Mike sich das ganze mal anschauen soll. Er stößt zunächst auf Zurückhaltung bis hin zu latenter Feindseligkeit, bis er auf einmal tatsächlich eine Erklärung für das seltsamen Verhalten findet, die aber das ganze Experiment in Frage stellt. An der Stelle kann ich nicht weitererzählen, obwohl man hier ganz hübsch ein Science-Fiction-Buzzword fallen lassen könnte, dann hätte man aber die Pointe schon verraten und das will ja keiner.

Zum Schluss hin wurde es etwas seltsam, aber vielleicht lag es auch wirklich daran, dass ich mich beim Hören zu oft habe Ablenken lassen. Abgesehen davon hat es die Spannung keinesfalls getrübt, so dass ich das hier doch als gute Empfehlung stehen lassen kann, vor allem für Leute, die straff erzählte Science-Fiction-Thriller mögen. Die deutsche Übersetzung ist für Februar 2016 geplant.

The Fold von Peter Clines, erschienen 2015 im Crown Verlag, 384 Seiten [Amazon-Werbelink]

 

Will Elliott: The Pilgrims

Muss irgendwann mal irgendwo empfohlen worden und günstig fürs Kindle zu haben gewesen sein. Es lag jedenfalls auf dem Kindle rum und ich hab es dann halt mal gelesen.

The Pilgrims ist zur Abwechslung ein Fantasyroman, mit dem ich sehr lange nicht richtig warm geworden bin, ohne genau zu wissen warum. Einerseits gibt es in der Geschichte keine wirklichen Sympathieträger. Der Journalist Eric Albright findet in London eine geheime Tür unter einer Brücke, durch die eines Nachts seltsame Gestalten kommen und erstmal einen Zeitungskiosk plündern, bevor sie wieder verschwinden.

Es kommt, wie es kommen muss, Eric findet einen Weg, die Tür zu öffnen, sein obdachloser Freund Case folgt ihm und zusammen – oder vielmehr erstmal getrennt – fallen sie in eine andere Welt, in der es war mages gibt, gehörnte Wesen, die zwar magische Fähigkeiten haben, aber sich darüber hinaus auch gerne mal selbst entzünden oder alternativ alles töten und fressen, was ihnen über den Weg läuft. Dazu gibt es die Invia, seltsame Flügelwesen, pit devils,  die in Höhlen wohnen und eigentlich auch alles angreifen, was nicht schnell genug ist und viele andere Wesen, vor denen man sich meistens in Acht nehmen sollte. Eric und Case werden von einer Gruppe Rebellen aufgegabelt, eben genau denen, die damals den Zeitungskiosk ausräumten und mitgenommen. Dazu gibt es noch einen unerbittlichen Herrscher der Welt, dessen Endziel ein gottgleicher Status ist und der auf diesem Weg nicht gerade zimperlich ist und ach ja…

Es ist genug los in der Geschichte, aber es wirkt nicht immer wie aus einem Guss und schwankt irgendwo zwischen Douglas Adams und Fantasyhorror. Dabei sind die Ideen gut, die Figuren ansprechend und interessant und auch sonst gibt es nicht viel zu meckern. Vielleicht ist es auch einfach die latente Hoffnungslosigkeit, die mitschwingt, weil es so selten Verschnaufpausen gibt und überall nur Gefahren lauern und Leute anderen Leuten Böses wollen.

Auf der anderen Seite kann man The Pilgrims einen gewissen Sog nicht absprechen. Vielleicht ist es hier ähnlich wie bei Existence und ich muss die Geschichte erst mal sacken lassen, um sie dann im Nachhinein besser wertschätzen zu können. Eine deutsche Übersetzung konnte ich nicht finden, auch nichts geplantes.

The Pilgrims von Will Elliott, erschienen 2014 bei Tor Books, 437 Seiten (deutlich günstiger als E-Book) [Amazon-Werbelink]

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