Einkaufen III

Wo hier gerade die großen Konsumwochen im Blog sind, hätte ich da noch eine Geschichte. So haben wir ja beim letzten Umzug vor viereinhalb Jahren unsere Waschmaschine geringstbietend verkauft. Wo genau die Waschmaschine herkam, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, irgendwie wurde sie zum Einzug in Leverkusen von meinen Eltern gestiftet und begleitete uns bis nach Düsseldorf. In Essen hatten wir dann keinen Platz für eine Waschmaschine in der Wohnung und das Konstrukt im Keller war zwar clever ausgedacht, führte aber dazu, dass wir da auch keine Waschmaschine hinstellen konnten.

Im Keller sind nämlich mehrere Wasseranschlüsse, aber nur ein Stromanschluss, der mit einem Münzgerät verbunden ist. Für 50 Cent kann man da 45 Minuten Strom zum Waschen kaufen. Aus historischen Gründen stand dort die Waschmaschine von Herrn H., seines Zeichens Student und Mieter im zweiten Stock. Ein neuer Plan hätte so ausgesehen, dass sich alle interessierten Eigentümer zusammen eine Waschmaschine kaufen und Herrn H. sein Waschmaschinengewohnheitsrecht entziehen. Dazu kam es aber aus Prokrastinationstechnischen Gründen und allgemeinem mangelnden Interesse der betroffenen Parteien nie.

Fast vier Jahre lief ich deswegen mindestens alle zwei Wochen zum 500 Meter entfernten Waschsalon und erlebte dort erstmals den Charme eines mittelgroßen Waschsalons. Tatsächlich finde ich die Alternative Waschsalon gar nicht so schlecht, sie geht nur ins Geld und kostet Zeit und Aufmerksamkeit, weil man ja, selbst wenn man wie ich, zwischendurch nach Hause laufen konnte, immer aufpassen muss, rechtzeitig wieder da zu sein, um die Wäsche rauszuholen, damit es kein anderer für einen macht. Andererseits hat es etwas sehr verbindendes, man sieht sehr viele Menschen aus dem Stadtteil. Der Waschsalon als moderner Brunnen, wo man sich trifft, um zu waschen und zu tratschen. Das könnte man auch mal erforschen.

Bei der letzten Eigentümerversammlung sprach ich aus anderen Gründen die Waschmaschinensituation an und erfuhr, dass Herr H. die Benutzung seiner Waschmaschine freigegeben hatte, zumindest solange die Waschmaschine noch funktionierte und er dort wohnte. Seit knapp einem Jahr wasche ich nun also im Keller mit der Waschmaschine von Herrn H. und sammle 50-Cent-Stücke, um Strom zu kaufen. Nun zieht Herr H. aus. Und da wir ja mittlerweile auch in einer größeren Wohnung wohnen und dort Platz für eine Waschmaschine haben, war das nun der letzte Grund, den wir brauchten, um eine Waschmaschine zu kaufen.

Genau genommen waren wir schon anderthalb mal eine Waschmaschine kaufen, leider erfolglos. Beim ersten Mal fiel uns auf, dass man ja schon mal genau die Lücke ausmessen müsste, in die die Waschmaschine später sollte, vor allem in der Höhe. Das hatten wir aber nicht und zogen erfolglos ab. Beim zweiten Mal saßen wir schon im Auto mit dem festen Willen, jetzt noch schnell eine Waschmaschine kaufen, bis uns auffiel, dass wir immer noch nichts ausgemessen hatten. Dementsprechend brachen wir das Vorhaben ab, bevor wir einen Schritt in den Elektrohandel gesetzt hatten.

Vorletzten Samstag aber waren wir vorbereitet. Die Lücke war ausgemessen, ich hatte mich schon vor Monaten auf Twitter informiert und daraus zwei wesentliche Informationen gezogen: KAUFT EINE MIELE! und NEHMT EINE MIT TIMER! Es gab auch Miele-Gegenstimmen, es gab aber auch andere Gründe, die mich von einer Miele überzeugten, unter anderem meine Aversion gegen Auswahl. Ich möchte bei solchen Dingen so wenig Auswahl wie möglich haben, das verwirrt mich nur. Wenn man sich schon mal auf eine Marke festlegt, wird die Auswahl gleich sehr viel geringer und mein Gehirn muss dann doch nicht explodieren. Das ist positiv.

Das Verkaufsgespräch ist hier so minder interessant. Am Ende kauften wir die teuerste. Das kommt davon, wenn man seinen Mann mitnimmt. Oder zumindest, wenn man meinen Mann mitnimmt. Er entwickelte ein ungeahntes Interesse für den ganzen Funktionsscheiß und war dann überraschend von einem Feature überzeugt, das mir eher so mittelwichtig bis verzichtbar vorkam, während ich von einem anderern Feature überzeugt war und die einzige Maschine, die beides hatte, war dann selbstverständlich die teuerste. Außerdem lebe ich ja mit einem audiophilen Menschen zusammen, der nicht nur den Energieverbrauch sorgfältig prüft, sondern eben auch die Lautstärke. Sagen wir mal so: Dass der Verkäufer im Sonderprogramm noch die Option „Extra leise“ zeigte, hat nicht geholfen.

Ich bin ja sehr gegen Genderklischees. Der Satz „Männer/Frauen sind halt so!“ zaubert mir jedes Mal eine Schaudergänsehaut. Ich möchte das nicht hören. Ich habe aber nun beobachtet, dass man, wenn man mit meinem Mann irgendwelche Geräte kaufen geht, immer automatisch bei dem teuersten landet, das dafür aber immerhin ALLES KANN!

Auf der anderen Seite musste ich in Düsseldorf immer den Müll runterbringen, weil mein Mann den Keller fies fand. Irgendwann musste ich auch mal nachts im strömendem Regen eine über den Tag komplett zerfledderte tote Taube von der Dachterrasse klauben. Man muss sich das so vorstellen: Ich hocke von Flutlicht umleuchtet mit einem Regenschirm auf einer Dachterrasse und sammele kleine Vogelstücke von der Terrasse. Es war ein bisschen wie in einem Fernsehkrimi. Mein Mann putzt zum Ausgleich und hat drei mal so viele Parfums wie ich. Wir bemühen uns also, nicht in irgendeine Genderstereotypfalle zu tappen und es klappt ganz hervorragend. Nur beim Elektrogerätekauf nicht.

Das Positive ist aber natürlich jetzt: Wir kriegen die allerbeste Waschmaschine. Heute nach Hause geliefert und angeschlossen. Ab heute Abend wird gewaschen. DIE GANZE NACHT! Die Nachbarn werden staunen. Wer weiß, eventuell sagen wir den Urlaub ab, weil wir lieber zu Hause sitzen und Dinge waschen. Alles ist möglich!

14 Antworten auf „Einkaufen III“

  1. Es erleichtert mich bis jenseits der Formulierbarkeit, dass andere so norm-kompatibel erscheinende Paare ebenso kontinuierlich am Normverhalten vorbeischrammen wie, mmmh…, Menschen in meinem Paaralltag. Ich kann jedes Detail nachvollziehen. (Auch wenn in meinem Fall beiden jegliche Detailleidenschaft bei Waschmaschinen fehlt – auch das führte zu einer eher teuren.)
    Ich wünsche allerfröhlichstes Wäschewaschen!

  2. Wunderwunderschön. Ich habe da übrigens ganz klar die Gene Deines Mannes.

    Ansonsten erinnert mich das Post daran, das ich ja noch den Zerriss hinsichtlich der Bosch-Waschmaschine schreiben muss.

    1. Es wird darauf hinauslaufen, dass ich ein Programm finde, das gut funktioniert und dann IMMER DAS nehme. Optionsvielfalt liegt mir nicht. Aber „Extra leise“ klingt halt sehr verlockend. Außerdem habe ich die irre Hoffnung, dass die Waschmaschine wohlklingende Programme hat, die mir quasi vorschreiben, was ich wann zu benutzen habe. Ich befürchte nur, dass ich da einem Irrtum aufsitze.

      Die Kapselkaffeemaschine (auch die teuerste, die es gab) hat ja auch so Stellknöpfe, wo man in zehn Stufen sagen kann, wie stark man den Kaffee will. Nu ja, wir haben jetzt die optimale Einstellung gefunden und jetzt darf nicht mehr am Knopf gedreht werden. ABER WIR KÖNNTEN!

  3. Dieses Timer Feature bei Waschmaschinen habe ich nie ganz verstanden, benutzt man das wirklich? Eventuell falls man einen Vertrag mit Nachtstromtarif hat?

    1. So wie ich das verstanden habe, nutzt man das zum Beispiel dafür, morgens noch schnell die Wäsche in die Maschine zu schmeißen und dann abends beim Nachhausekommen frisch gewaschene Wäsche in der Maschine zu haben, die nicht acht Stunden feucht in der Trommel vor sich hinmodern musste. Das klingt mir auch wie ein nachvollziehbares Beispiel.

      Weiter Vorteile wären: Man belästigt die Nachbarn und sich selber nicht erst nach 18 Uhr mit Waschmaschinengeräuschen und man kann direkt Wäsche aufhängen (und somit schneller trocknen), als wenn man die Maschine erst anstellt, wenn man nach Hause kommt. Tatsächlich habe ich das Feature sofort verstanden und mir Anwendungsbeispiele dafür auch in unserem Alltag vorstellen können. Ob wir es de facto nutzen, wird sich dann rausstellen.

  4. Wir haben ja auch vor ein paar Monaten eine Miele gekauft, zwar nicht die (aller)teuerste, aber wir haben doch deutlich mehr investiert, als ich noch vor kurzem für möglich gehalten hätte (mein Mann ist da nämlich ähnlich veranlagt). Ich hätte mich ja vorher selbst für bescheuert erklärt, aber Himmel, ich bin verliebt in unsere Maschine. Timer ist genial (bei uns fast immer im Einsatz), Lautstärke ein Vergnügen, und die Waschqualität sowieso… Das anti – knitter Programm, das man hinten dran hängen kann ist super, mein Leinenband (!) kommt damit bügelfrei (!) aus der Wäsche…

  5. Wir haben eine Privileg, die seit Jahren gute Dienste leistet. Miele war uns seinerzeit zu teuer. Und meine Mutter, die selbst eine Miele hat, hat uns davon abgeraten(!). Wahrscheinlich der einzige Mench, der das macht… Das Argument war die Langlebigkeit des Gerätes (ihre alte Miele hatte sie immerhin über 20 Jahre). Weil schließlich Neuentwickiungen zu energie- und wassersparenderen Geräten führen, während man selbst den Greis unter den Maschinen besitzt, der Wasser und Strom schluckt oder so… Bei uns war der Preis entscheidend, Miele war damals nicht drin. (Dafür hat der Mann neulich den AEG-Staubsauger durch einen Miele ersetzt. der ist aber verglichen mit meinem zwanzig Jahre alten Vorwerk nix… Ich schweife ab)
    Der Timer ist super. Man macht die Maschine abends an, so dass sie morgens nach dem Aufstehen fertig ist und man die Wäsche noch vor der Arbeit aufhängen kann. Oder morgens vor der Arbeit für abends nach der Arbeit aufhängen.

  6. Ich freue mich auf die Vorführung und verstehe den Mann sehr gut. Hab hier auch so ein Exemplar, das immer beim Teuersten und Bestausgestatteten landet ;)

  7. Darf ich indiskret fragen, in welcher Preisregion ungefähr denn das teuerste Gerät angesiedelt ist? Noch dreistellig? (Frage für einen demnächst bevorstehenden Waschmaschinenbedarfsfall im nächsten privaten Umfeld.)

  8. Hallo Anne!
    Ich arbeite bei einem Elektrofachmarkt im Kundendienst und kann allen Miele-Käufern bestätigen: Richtig gemacht! Miele hat die geringste Reparaturquote von allen Hausgeräteherstellern, daher ist der recht hohe Preis meines Erachtens auch angemessen. Die Verarbeitung ist echt super, was man schon bei den Waschmaschinen an den extrem schweren Gegengewichten der Trommel (verhindert Unwucht/“Wandern“) merken kann. Macht die Machine zwar extrem schwer, funktioniert aber bestens.
    @Baerbeline: Dein Vorwerk hat bestimmt eine rotierende Bürste an der Bodendüse. Falls Ihr einen Miele Staubsauger mit Bodendüse ohne rotierernde Bürste gekauft habt (gibt es auch :-) sind beide Geräte nicht vergleichbar. Frag doch mal, ob es eine solche rotierende Düse für Euren Miele Staubsauger separat zu kaufen gibt.

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