Anne erklärt die Neunziger: Dinos und Freibadeis

Frau Tiffy aka Alexandra Tobor hat schon wieder ein Buch geschrieben, das sich ganz wunderbar anliest. Noch wunderbarer aber ist, dass sie auch für dieses Buch ein betreutes Lesen anbietet. Die Geschichte von Minigolf Paradiso [Amazon-Werbelink] spielt in den Neunzigern, und genau für diese Zeit liefert sie hilfreiche Informationen für Leute, die damals zu alt oder zu jung waren, sehr vergesslich sind, alles verdrängt haben oder wie ich bei solchen Texten in nostalgisches Quieken verfallen. Also ungefähr für alle.

Leider ist mein Mitteilungsdrang, wenn es um nostalgischen Kram geht, zu groß, um in ein Kommentarfeld gezwängt zu werden, deswegen gibt es meine Erinnerungen an die schönsten Neunziger aller Zeiten als Blogeintrag, passend zu dem, was auf Alexandras Blog gerade passiert, nur etwas zeitversetzt.

Dementsprechend geht es um Dinosaurier und Freibadeis, die anderen Themen (JEANSOUTFITS! BRIEFFREUNDSCHAFTEN! VANDALISMUS!) werden dann in den nächsten Folgen abgearbeitet.

Dinosaurier also. Als Jurassic Park in die Kinos kam, war ich alt genug, um reingehen zu dürfen, aber zu feige, um es zu tun. Ich hatte schlimme Sachen über den Film gehört und da ich seit jeher ein schlimmer Schisser war (und bin), verzichtete ich aus reinem Selbstschutz. Das Dinofieber hingegen bekam auch ich mit, vor allem, weil mein Cousin, der knapp vier Jahre jünger ist als ich, zum Dinosaurierlexikon mutierte und uns fortan mit allen Fakten versorgte. Mein Lieblingsdinosaurier ist dementsprechend auch der Ornithomimus, denn das war der erklärte Lieblingsdinosaurier meines Cousins und der schien sowohl vertrauenswürdig als auch gut informiert, es musste also etwas dran sein. Mein Cousin hätte sich auch in Jurassic Park getraut, war dann aber wohl doch ein paar Jahre zu jung.

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Statt dessen guckten wir zehn bis zwanzig Mal In einem Land vor unserer Zeit, den Zeichentrickfilm aus dem Jahr 1988, der bestimmt fast genauso spannend war wie Jurassic Park. Und natürlich quasi jede Folge der Dinos, auch am besten mehrfach, bis wir einzelne Dialoge mitsprechen konnten, wobei sich meine Cousine als besonders zitierbegabt erwies. Lange hielt sich in meiner Familie die Ansicht, Earl wäre irgendwie wie mein Vater (oder mein Vater wie Earl) und na ja… irgendwas war da auch dran. Irgendwann Jahre später traute ich mich dann auch, Jurassic Park zu gucken und im zweiten Teil war ich dann sogar im Kino.

Das Symbol für Freibadeis bei Alexandra ist das Bum Bum, ein Eis, das ich meines Wissens exakt einmal im Leben gegessen habe und das selbst mir mit meinem wenig empfindlichen Gaumen doch eher fies vorkam. Tatsächlich müsste man für die richtigen Freibaderinnerungen in die Achtziger zurückgehen, denn bis 1994 war unser Freibad das Bayerbad in Leverkusen, damals in der Sommerzeit voll mit Familien, mittlerweile dramatischerweise geschlossen. Im Bayerbad lernte ich schwimmen, eventuell machte ich im Bayerbad sogar mein Seepferdchen (darüber hinaus kam ich nie), jedenfalls verbrachte ich viele Sommertage im „neuen“ Becken, das für uns Kinder das spannendere war, schon allein, weil es etwas verwinkelter war als das rechteckige „alte“ Becken. Wenn man Glück hatte, wurde man mit dem Auto zum Freibad gefahren, wenn man Pech hatte, fanden die Eltern, dass man auch eine Radtour machen könnte. Die Strecke würde mir heute vermutlich lachhaft vorkommen, damals war es reine Tortur, denn ich war Kind und wollte schnell und bequem ins Freibad, nicht sportlich und umweltschonend.

Eiserinnerungen ans Freibad habe ich kaum. Im Bayerbad gab es einen Imbisssstand, an dem die immergleiche blondierte Frau mit langen Fingernägeln vor allem Würstchen verkaufte. Würstchen mit Ketchup oder Senf und einer diagonal durchgeschnittenen Toastscheibe war unser Freibadessen. Dazu gab es „Durstlöscher“ in den großen Trinkpäckchen, die einem durch das viele abgebildete Obst als gesund verkauft werden sollte. Eine Lose-Lose-Situation sozusagen, denn so wurde man als wenig ernährungsbewusstes Kind schon abgetörnt und es war dann noch nicht mal wirklich gesund. Wenn es Eis gab, dann war es Calippo, das man langsam aus der Papphülle drücken und dabei aufpassen musste, nicht mit einem zu kräftigen Drücken das ganze gegen die Nase zu katapultieren. Beim Calippogenuss saute man sich auch garantiert die Hände voll, konnte aber immerhin am Schluss das bereits geschmolzene Eis mit einem beherzten Schluck aus dem Papphörnchen trinken.

Wenn ich aber nur über Eis jenseits vom Freibadgetümmel berichten soll, so habe ich drei Stichworte: „Ed von Schleck“, „Wassereis“ und „Magnum“. Aber der Reihe nach.

Ed von Schleck war mein Standardeis, Vanilleeis mit Erdbeersoße, das mit einem Plastikstiel aus dem Plastikbecher geschoben wurde. Diese Konstruktion machte auch das Besondere aus, ansonsten war es eben Vanilleeis mit Erdbeersoße. Aber wie so oft schmecken manche Dinge ja besser, wenn sie ein Hauch des Besonderen umgibt.

Wassereis hingegen war die kostengünstige Alternative. Wassereis gab es im Büdchen an der Schule, bei dem man gemischte Tüten kaufen konnte und bei dem ich zudem sehr viel Geld in Micky-Maus-Hefte investierte. Im Sommer holte man sich nach der Schule also Wassereis für soundsoviel Pfennig, das dann bis zur Bushaltestelle oder vielmehr bis zur Ankunft des Busses aufgegessen sein musste. Was bei der Größe nicht schwierig war. Schwieriger war es, an das Eis heranzukommen. Dafür musste man nämlich mit den Zähnen die Plastikverpackung aufreißen, was mal mehr und mal weniger gut funktionierte. Außerdem war Wassereis nicht lecker, auch wenn wir uns das einbildeten. Dafür kostete es quasi nichts und man hatte zumindest Diskussionsmaterial, wenn es um die Sorten ging (hoch im Kurs: Cola, geht gar nicht: Waldmeister).

Und dann kam Magnum, das vermeintliche Luxuseis. Gestartet mit einer grandiosen Werbekampagme und das teuerste Eis, das man kriegen konnte, als es noch kein Ben & Jerry’s und kein Häagen Dasz gab. In den Neunzigern war Magnum der Inbgriff des Qualitätseises, jedenfalls habe ich das so geglaubt. Als bekennender Extremgaumen (GEBT MIR NOUGAT!) musste es bei mir natürlich das noch mal süßere Magnum White sein, man bekam also süßes Vanilleeis mit elend süßem Überzug aus weißer Schokolade. In einem Sommerurlaub in der Toskana im Jahr 1997 wurde es zum Familienritual, einmal am Tag irgendwo Magnum für alle zu kaufen. Das war auch sehr schön und ja, ich esse heute noch gerne Magnum White, auch wenn mich unzählige Kilo Ben & Jerry’s eigentlich eines Besseren hätte belehren sollen.

Aber Wassereis habe ich schon sehr lange nicht mehr gegessen, im Freibad war ich schon ewig nicht mehr und Ed von Schleck hat ein neues Design bekommen. Immerhin aber ist Jurassic Park immer noch ein ziemlich guter Film.

Eine Antwort auf „Anne erklärt die Neunziger: Dinos und Freibadeis“

  1. Waldmeister geht gar nicht?! Das ist doch die beste Sorte! Wobei ich bei Wassereis immer an kaputte Mundwinkel denken muss. Wenn man nämlich mit den Zähnen die Plastikverpackung aufgerissen hatte und das bisschen Wassereis aus der Packung lutschen konnte, schnitten einem die scharfen Kanten der Verpackung garantiert die Mundwinkel auf. In dem Moment, in dem ich das schreiben, kann ich fühlen, wie sich das anfühlt. Aber um noch mal drauf zurückzukommen: Waldmeister FTW!!!

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