Familie: The Next Generation

Ich bin bekanntlich Einzelkind und nach langjährigen Beobachtungen sowohl meine charakterliche Disposition betreffend als auch der komplizierten Familienverhältnisse von Nicht-Einzelkindern finde ich das auch ganz okay so. Auf der anderen Seite gibt es eine weiter gefasste Familie, die sämtliche Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen umfasst und mir nicht sehr fremd ist. Zum einen haben sich die Geschwister meiner Mutter sehr viel Mühe gegeben und alle elf Cousins und Cousinen in einer Zeitspanne von 1980 bis 1989 geboren, so dass es nie zu absurden Altersabständen kam. Außerdem lässt sich eine gewisse Heimatliebe feststellen, so dass ich jetzt mit knapp 70 km Entfernung am zweitweitesten von allen vom Mutterschiff weg wohne. Auch, wenn es andere Cousins und Cousinen mal weiter weg verschlagen hat, kommen sie jetzt alle zurück wie die Lachse zum Laichort. Als letztes muss man vielleicht wissen, dass wir die ersten dreizehn Jahre meines Lebens im Haus meiner Großeltern wohnten, und somit eben am Zentralumschlagplatz für Familienbesuche. Mit nuklearer Familie haben wir also nicht so viel am Hut, es gehören sehr viel mehr Personen dazu.

Nun fangen die Cousinen und Cousins an, selber Kinder zu bekommen. Mittlerweile gibt es vier davon, das fünfte ist unterwegs, alle innerhalb von zwei Jahren, auch hier also kann man einen gewissen Hang zur zeitlichen Nähe feststellen, allerdings weiß natürlich noch keiner, wie das in der Zukunft weitergeht.

Ich bekomme jetzt also eine komplett neue Art von Verwandten, die es vorher nicht gab, und die so furchbar niedlich ist, dass man auch davon erzählen möchte und dafür braucht man Wörter.

Weil ich nun auch gerne richtig rede und korrekte Begriffe verwenden möchte, begann ich mich damit zu beschäftigen, wie das denn mit diesen Verwandtschaftsverhältnissen so aussieht. Ich empfehle dazu den Artikel in der Wikipedia zu „Verwandtschaftsbeziehung“, denn da gibt es neben viel hilfreichem Text auch eine hübsche Grafik, durch die man sich durchhangeln kann.

Ich fand heraus: Die Kinder meiner Cousinen und Cousins sind meine „Nichten und Neffen zweiten Grades“. Das ist jetzt zwar offenbar richtig, aber ein sehr sperriger Begriff, der sich für den täglichen Gebrauch und ob seiner Verbosität auch gerade für Twitter nicht wirklich eignet. Ich war also auf der Suche nach einem besseren und trotzdem zumindest nicht falschem Wort.

Instinktiv hatte ich immer von Großcousinen und Großcousins gesprochen, war dann aber unsicher geworden. Ich fragte auf Twitter nach, und einige Leute mit den gleichen Verwandtschaftserfahrungen wiesen ebenfalls auf die Option Großcousine und Großcousin hin. Ich guckte also noch mal genau hin und wurde fündig (Hervorhebung von mir):

Großcousin und Großcousine sind keine offiziellen Verwandtschaftsbezeichnungen, sie werden nicht einheitlich benutzt; vom normalen Muster abweichend, werden damit umgangssprachlich ganz allgemein Verwandte aus der nächst älteren Generation, aus derselben, oder aus der nächst jüngeren Generation bezeichnet: […]

  • Cousin, Cousine 2. Grades
  • Cousin, Cousine eines Elternteils = Onkel, Tante 2. Grades
  • Sohn, Tochter einer Cousine oder eines Cousins 1. Grades = Neffe, Nichte 2. Grades
  • allgemein: Cousins und deren Kinder, wenn ihr Grad nicht bekannt ist

Anders formuliert ist Großcousin und Großcousine im großen Verwandtschaftsbingo einfach kein geschützter Begriff. Es ist zwar jetzt nicht die hyperkorrekte Bezeichnung für die Kinder meiner Cousinen und Cousins, aber es kommt einem fluffiger über die Lippen, verbraucht nicht so viele Zeichen und ist vor allem nicht falsch.

Wer also in nächster Zeit neue Verwandtschaft in Form von Cousin(en)kindern bekommt, der muss nicht länger suchen und zweifeln: Wir dürfen Großcousine und Großcousin sagen! Hurra!

6 Antworten auf „Familie: The Next Generation“

  1. Ich habe das immer so verwendet: Die Eltern meiner Eltern sind meine Großeltern, die Onkels meiner Eltern dementsprechend meine Großonkels und die Cousins meiner Eltern meine Großcousins.

    Also würde ich jetzt andersrum gehen: Für die Eltern meiner Eltern bin ich ein Enkel. Für die Onkels meiner Eltern bin ich ein Neffe. Für die Cousins meiner Eltern müsste es also einen wie auch immer gearteten Begriff geben mit dem sie mich betiteln könnten, der mit dem Wortstamm „Cousin“ aber gar nichts zu tun haben darf.

    Da ist die Sprach inkosistent und/oder nicht komplett definiert. Das schreit nach einer Worterfindung. „Sitt“ hat sich ja für „nicht mehr durstig“ auch durchgesetzt *hust*

    (Als wenn man jemals nicht mehr durstig sein könnte. Absurde Vorstellung.)

  2. Ich habe es im Familienrecht-Kurs so gelernt, dass bei Eltern/Kinder vom entfernteren Verwandtschaftsgrad grundsätzlich dir Vorsilbe Groß- davorgesetzt wird. Also ist die Mutter meiner Mutter meine Großmutter, der Vater meines Onkels mein Großonkel, der Sohn meines Neffen mein Großneffe und somit die Kinder meiner Cousins/Cousinen meine Großcousins/Großcousinen.

    1. Das kann nicht ganz stimmen, weil der Vater meines Onkels sowieso mein Großvater ist, es sei denn, der Onkel ist angeheiratet, dann ist sein Vater aber gar nicht mit mir verwandt. Tatsächlich ist der Onkel meiner Eltern mein Großonkel.

      1. Das stimmt, ich habe es falsch formuliert: Die Mutter meiner Mutter ist meine Großmutter, der Onkel meines Vaters ist mein Großvater, der Cousin meines Vaters ist mein Großcousin. Absteigend stimmt es aber immer noch: Der Sohn meines Neffen ist mein Großneffe, der Sohn meines Cousins ist mein Großcousin. Großcousins können also sowohl die Cousins der Eltern, als auch die Kinder der eigenen Cousins/Cousinen sein. Puh, ich hoffe das ist jetzt schlüssig, ist schon 15 Jahre her, seit ich es gelernt habe.

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