Was ich so am Wochenende gemacht habe

Wir waren am Wochenende in Dresden auf einer Hochzeit. Ich zum ersten Mal und der werte Herr Gemahl zum zweiten Mal oder so, vielleicht auch zum dritten Mal, ich vergesse das immer. Da er aber auch fast alles vergessen hatte, war es für ihn auch fast wie zum ersten Mal.

Dresden zeigte sich von seiner besten Seite, strahlend blauer Himmel, ein lauwarmes Lüftchen. Nur am Tag der Hochzeit wollte es nicht so wirklich und auf dem obligatorischen „Alle stehen auf einer Treppe“-Gruppenbild sieht man mich jetzt ohne Brille, weil ich ohne Brille dann doch besser sehen konnte als mit einer vollgeregneten.

Dresden sieht ungefähr so aus:

Dresden alt

Manchmal aber auch so:

Dresden neu

Beides ist sehr faszinierend. Generell ist das nervigste an Dresden, dass es so endlos weit weg ist. Von allem. Außer von Prag. Bis Prag ist es nicht ganz so weit. Wenn Dresden nicht so endlos weit weg wäre, könnte man viel öfter hinfahren.

Auf der Rückfahrt haben wir uns dann noch zwei Stündchen Weimar angeguckt, weil wir sowieso dran vorbeifuhren. Weimar sieht ungefähr so aus:

Weimar

Man kann dort Thüringer Klöße essen und auch ansonsten ist es da sehr hübsch. Und jetzt brauche ich erstmal Urlaub, um mich von dem Wochenende zu erholen. Aber es gibt leider keinen Urlaub, denn den brauch ich schon für die nächste Hochzeit. Die ist in Edinburgh. Das ist auch schön, aber noch weiter als Dresden. Wenn man sich das überhaupt vorstellen kann.

Zum ersten Mal: In einem Porsche Oldtimer durchs Ruhrgebiet heizen

tl;dr: Ich durfte in einem Porsche 911 von 1965 mitfahren und wurde dabei Sachen gefragt. Das Ergebnis ist das folgende Video.

Eins vorweg: Zu keiner Zeit saß ich in dieser Geschichte am Steuer. Ich hätte das auch nicht gewollt, aus diversen Gründen. Es ist also noch immer Platz für ein erstes Mal mit dem Titel „SELBER PORSCHE FAHREN!!!“ in ungewisser Zukunft, aber dann sicherlich auch in Großbuchstaben und mit noch mehr Ausrufezeichen. Aber das kann noch dauern, wenn es überhaupt jemals passiert.

Jerry

Jetzt aber von vorne. Es ist Freitag am späten Nachmittag und ich stehe unten vorm Haus und warte auf hansbahnhof und Jerry, die sich für zehn nach sechs angekündigt haben. Ich habe mich standesgemäß angezogen, trage ein Kleid mit wilden Mustern mit Petticoat drunter und ein Hütchen. Lederhandschuhe und wehende Schals waren leider aus. Pünktlich um zehn nach sechs kommen sie auch um die Ecke. Jerry, das ist das kleine weiße Auto, und hansbahnhof sitzt drin und holt mich zum Laienporschefahren ab. Wie das so aussieht, wenn ein Porsche 911 von 1965 auf einen zukommt, das sieht man dann auch in dem folgenden Video.

hansbahnhof hatte mich schon vorgewarnt, dass er den Wagen leider im Moment nicht ausmachen könnte, weil er dann vielleicht nicht mehr anspringt, also gibt es keinen langen Begrüßungskram, wir steigen wieder ein und fahren los. Erster Eindruck: Man sitzt sehr tief in so einem Auto, aber dafür erstaunlich bequem. Was mir auch nicht klar war: Eigentlich ist das ein Viersitzer, hinten ist auch noch Platz, und gar nicht so wenig. Allerdings kann man sich da nicht anschnallen. Vorne schon, aber auch da müssen die Gurte wohl extra angebracht werden. So verstehe ich das jedenfalls, was hansbahnhof mir erzählt, ich kenne mich ja nicht aus. Überhaupt werde ich in den nächsten zwei Stunden sehr viel nicken und trotzdem aber nur die Hälfte verstehen. Radstand, hm? War was?

Tür

Dann geht es aber los und ich gucke erst mal das Auto an. Es riecht wie ein sehr altes Auto und vor allem sieht es auch so aus. Alles in Holzoptik, die Sitze aus schwarzem Kunstleder, insgesamt doch ein bisschen abgerockt, aber sehr schick. „Willst du irgendwo hin?“ fragt hansbahnhof. „Nö“, sage ich. „Musst du irgendwann zurück sein?“ „Nö.“ Ey, ich fahr hier zum ersten Mal in einem alten Porsche, da mach ich doch nicht noch irgendwelche anderweitigen Termine am gleichen Abend.

„Dann fahr ich jetzt nach Mülheim und zeig dir eine meiner Lieblingsstrecken“, sagt hansbahnhof und wir fahren auf die A40 und dann nach Mülheim und dann irgendwie durch Mülheim, bis wir auf einem Parkplatz stehen und die Technik auspacken. Was ich in der Zwischenzeit gelernt habe: Es ist ein bisschen laut, vor allem aber deutlich rumpeliger als bei modernen Autos. Sobald man irgendwo drüber fährt, wackelt es sehr. Elektronisch ist hier nix, und der Spiegel an der rechten Außenseite ist nur ein Zierspiegel, allerdings ein sehr hübscher Zierspiegel: „Da sieht man maximal die Straße.“ Dafür ist das Lenkrad sehr schön, man möchte es die ganze Zeit streicheln. Außerdem finde ich eine Klimaanlage. Vielmehr finde ich das Loch, aus dem die Klimaanlage, die mal im Kofferraum war, die Luft ins Auto gepustet hat. Jerry kommt nämlich aus Amerika, und da ist ja in allem eine Klimaanlage, wo man eine Klimaanlage reinbauen kann. Jetzt gibt es aber keine Klimaanlage mehr, nur noch das Loch und durch das wird weiterhin Luft ins Auto gepustet, so dass die Füße des Beifahrers schön Wind bekommen.

Zierspiegel

Zierspiegel. Kann man nie genug von haben.

Was ich auch noch gelernt habe: Die Leute gucken. Manchen winkt man zu. Manchen nicht. Es gibt da anscheinend sehr komplizierte Grußregelungen, je nach dem Fahruntersatz des Gegenübers. Was ich behalten habe: Käferfahrer grüßt man immer. Als halb verklemmte Rampensau wäre so ein Oldtimer also eigentlich super für mich. Dauernd würden mir Leute hinterhergucken, aber ich müsste gar nicht viel reagieren. Total gut. Aber allein für diesen Aspekt wäre so ein Auto dann doch vielleicht ein bisschen zu teuer und zu aufwändig.

Auf dem Parkplatz montieren wir die Technik. Also, eigentlich montiert hansbahnhof und ich kommentiere das sehr hilfreich. Mikro, Kamera, passt. Denn dafür sind wir ja hier, um zu filmen wie Laienporschefahrer zum ersten Mal in einem Porsche fahren. Was dann die nächsten Minuten passiert kann man in dem fertigen Video sehen, in dem ich wieder sehr wirres Zeug rede, an das ich mich nachher beim besten Willen nicht erinnern kann. Wie immer eigentlich, wenn ich irgendwo irgendwas erzählen muss.

Technik

Wir fahren durch Mülheim und dann irgendwie unter der großen Autobahnbrücke durch und dann Richtung Heiligenhaus oder Velbert und dann wieder Richtung Essen. Es ist überall grün und es gibt viele lustige Kurven bergab und bergauf und wenn hansbahnhof dann Gas gibt, ist es ein bisschen wie Raupefahren auf der Kirmes, nur mit weniger Lautsprecheranimation.

In Kettwig montieren wir die Außenkamera dann auch mal außen an den Wagen und ich darf dafür mit der Handkamera filmen. Ich bin endlich Kamerakind! Dafür braucht man gar nicht zu „Eins, zwei oder drei“! Es geht auch so! Ich filme hansbahnhof beim Schalten, ich filme nach vorne, ich filme ein bisschen das Armaturenbretter, ich filme meine Füße und ich filme das iPhone, auf dem man sieht, was die Außenkamera gerade filmt und fühle mich dabei sehr meta.

Knüppelding

Dann sind wir in Werden, wo die Außenkamera vorne auf den Kofferraum gesetzt wird und ein Passant sich sehr für Jerry interessiert. Dann kommt noch jemand, der nach Kupferdreh möchte, also fahren wir jetzt wieder zurück nach Kupferdreh, um dem Menschen, der nach Kupferdreh möchte, zu zeigen, wie er nach Kupferdreh kommt. (Für Nicht-Essener: Ich denke mir diese Stadtteilnamen nicht aus. Das gibt es alles wirklich.) Und dann fahren wir noch ein bisschen rum, machen Fotos auf einem Feldweg (unter anderem ein Bild, wo nur der Porsche drauf sein soll, was nur dann klappt, wenn ich mich kurz ganz klein mache und hinter dem Porsche verstecke), fahren dann rückwärts wieder zur Straße und dann auf mehr oder weniger direktem Weg nach Hause.

Fotosession


Zwei Stunden Porsche fahren. Zwei Stunden, in denen ich ein bisschen um mein Leben bangte, ziemlich oft „HUIIIII!“ sagte und ein paar Mal hustete, weil Jerry beim Gasgeben doch deutliche Benzindüfte versprüht. Zwei Stunden quer durchs Ruhrgebiet, Berge rauf und runter, alles war grün, die Sonne meinte es sehr gut mit uns und Jerry auch. Wir haben ihn aber auch kein einziges Mal ausgemacht. So mutig war dann doch keiner.

Tür auf

Selber bin ich wahrscheinlich doch ein bisschen zu pragmatisch für einen Oldtimer. Ich brauche ein Auto, mit dem man zu IKEA fahren und Billy-Regale kaufen kann und das möglichst selten kaputt ist und wenn doch, dann möglichst einfach zu reparieren ist. Aber schön ist so ein altes Auto schon. Also sehr schön. Und überraschend bequem. Sollte man mir also eins schenken wollen, würde ich auf jeden Fall drüber nachdenken, und nicht sofort ablehnen. Vor allem aber würde ich jederzeit wieder mit Jerry fahren. Und mit hansbahnhof natürlich, aber das eine geht vermutlich auch gar nicht ohne das andere.

Wer mehr über Jerry oder Porsche Oldtimer wissen möchte, kann das bei hansbahnhof auf dem Blog nachlesen.

Rad

Deutschland, deine Bahnhöfe: Dortmund-Körne West (S)

Pro: Sehr übersichtlich. Also wirklich. Hier fährt nur eine Bahn, auf der einen Seite nach Westen, auf der anderen Seite nach Osten. Man kann sich also fast gar nicht vertun. Außerdem war der Himmel schön blau, aber das lag wohl eher am Wetter und nicht direkt am Bahnhof. Und nicht zuletzt ist das Versorgungsamt gut ausgeschildert. Überall sind Schilder zum Versorgungsamt. Wer zum Versorgungsamt will und nicht genau weiß, wo das ist: Es ist irgendwo in der Nähe vom S-Bahnhof Dortmund-Körne West.

Contra: Man kommt hier eher umständlich hin, jedenfalls nicht direkt vom Dortmunder Hauptbahnhof aus, die einzige S-Bahn, die hier fährt, fährt nämlich irgendwie südlich der Innenstadt. Und auch wenn ich ja schon anmerkte, dass man hier quasi gar nichts falsch machen kann, man sollte trotzdem aufpassen. Wenn man nämlich doch mal nicht aufpasst, fährt man in die falsche Richtung und landet nachher noch in Unna. Unna! (Ich sag ja nur.) Schön ist das hier auch nicht direkt, aber was will man von einem S-Bahnhof irgendwo in der Dortmunder Vorstadt auch anderes erwarten.

Geheimtipp: Das Versorgungsamt muss irre toll sein. Sonst gäb es ja die ganzen Schilder nicht.

Besser nicht: Es kommt ja selten vor, aber dieser Bahnhof ist so unspektakulär, dass mir hier nichts aufgefallen ist, was man besser lassen sollte, was nicht genauso für alle anderen Bahnhöfe gilt. (Nicht allein im Dunkeln, nicht zu viel erwarten, und so weiter und so fort.)

Die Tour: Von der einen Seite, wo auch irgendwo das Versorgungsamt sein muss auf die andere Seite und dann mit der S-Bahn Richtung Westen.

Schild

S-Bahn

Fahrplan

Fahrgastinformation

Dach

Plakat

Gleise

Gleis

Häuser

Versorgungsamt

Versorgungsamt

Versorgungsamt

Aussicht

Treppe

Tunnel

Bahn kommt

Webgedöns: Juli/August 2013

Orbis Claudiae über die Olympischen Winterspiele in Sotschi, die unter dem Schatten der Anti-Homosexuellen-Propaganda stehen. Aber was macht das schon, wenn Russland ansonsten vor allem durch seine Zauberhaftigkeit besticht.

Eva ist in Finnland und findet die Sprache faszinierend. Ich habe ja mal ein bisschen Finnisch gelernt, weil mir mal langweilig war und kann das nur bestätigen. Bekloppt, aber faszinierend.

Finnisch ist zum Beispiel auch eine sehr gleichberechtigte Sprache. Die haben sich das einfach gemacht und es gibt einfach nur ein Personalpronomen. Für Männer, Frauen und was es sonst noch so geben könnte. Praktisch. Womit wir die Brücke zur Feminismusabteilung dieser Linksammlung geschlagen hätten. Hier ärgert sich z.B. Peter Breuer über die neue Kampagne der Brigitte, bei der unter der Überschrift „Generation Frau“ wirklich echte moderne erfolgreiche Frauen vorgestellt werden sollen. Allerdings geht es auch hier wieder nur um Selfmade-Frauen, die ein eigenes Modelabel haben oder Schmuck designen. Tanzen und schreiben geht auch noch. Weiter reicht die Vorstellungskraft aber nicht, also bleiben nach wie vor Ingenieurinnen, Naturwissenschaftlerinnen, Softwareentwicklerinnen oder einfach auch die Betreiberin der Pommesbude um die Ecke außen vor. Man muss ja auch nicht übertreiben.

Bei einem transkibierten Interview zur Geschlechtergerechtigkeit in Hollywood, bei dem u.a. Geena Davis erzählen darf, fallen auch diese bezeichnenden Sätze:

DAVIS: We just heard a fascinating and disturbing study, where they looked at the ratio of men and women in groups. And they found that if there’s 17 percent women, the men in the group think it’s 50-50. And if there’s 33 percent women, the men perceive that as there being more women in the room than men.

Einer noch: Hier beantworten zwei männliche Autoren Fragen, die sonst so oder ähnlich gerne ihren weiblichen Kollegen gestellt werden. Ob sie ihren Bart benutzen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, zum Beispiel. Berechtigte Frage.

Anna Basener schreibt Groschenheftromane. Oder, um es mit ihren Worten zu sagen: „Mittwoch. […] Ich schreibe fünf Kapitel und ein Exposé für einen Sex-Roman.“

Ein Informatiklehrer räumt mit dem Vorurteil auf, die Kinder von heute hätten Ahnung von Computern. Deckt sich relativ gut mit dem eher schwammigen Gefühl, das ich schon länger habe. Einen Computer benutzen zu können und zu verstehen, was da überhaupt passiert, ist nämlich etwas grundsätzlich anderes.

Auch andere Menschen erklären das Internet: Michael Bukowski nimmt sich gleich dem schwierigsten Thema überhaupt an und erklärt, wie Twitter muss.

Ich fotografiere ja gerne mein Essen. Ich tu das aber erstens schon länger als es Instagram gibt und zweitens mit gutem Grund. Man erinnert sich so zum Beispiel besser daran, wo man gut gegessen hat und kann anderen Leuten gute Tipps geben. Manche Wirte verstehen das nicht und möchte nicht, dass man fotografiert. Warum, bleibt schleierhaft.

In der Zwischenzeit hat das Nuf Schulbrotsorgen. Wie man’s macht, macht man’s verkehrt. Ich weiß nur noch, dass ich im Kindergarten ein Ledertäschchen hatte, in dem Graubrot mit Honig steckte. Was ich in der Grundschule als Pausensnack hatte, habe ich schon erfolgreich vergessen. Vermutlich auch Brot. Im Gymnasium gab’s dann nichts mehr. Da konnte man sich mittags beim Hausmeisterbüdchen Chips und Cola kaufen. Damals ging das noch, heute würden vermutlich Horden ernährungsbewusster Eltern auf die Barrikaden gehen. Wir haben aber auch irgendwie überlebt.

Sandra macht statt dessen Spiegeleier. Nach Rezept. Wie auch sonst?

Um Wellenfotografie geht es in diesem Interview. Und tolle Bilder gibt es obendrauf.

Hier hingegen gibt es schöne Bilder von ganz besonderen Stränden.

Ein Künstler baut eine Karte von New York aus Zetteln mit gekritzelten Wegbeschreibungen. Sehr hübsch.

Videos gibt es heute nicht viele, aber das hier: The Doubleclicks mit „Nothing to Prove“. Wer sich im Geek-Universum ein bisschen auskennt, wird sich über den ein oder anderen Cameo-Auftritt freuen.

Und dann hätten wir noch eine Walnuss, die aussieht wie Chewbacca. Und damit auch die Frage geklärt, wofür das Internet gut ist. Für sowas.

Lieblingstweets im August (Teil 1)

Massen an Lieblingstweets, obwohl ich gefühlt nur die Hälfte der Sternchentweets mit in die Liste genommen habe. Beängstigend. Ansonsten geht es um… tjo… na ja… Kuchen! Es geht um Kuchen! Kuchen ist immer gut.

Morgens im Zug

Als der Mann mich anspricht, höre ich den Akzent, kann ihn aber nicht einordnen. Niederländer denke ich, vielleicht, oder Engländer, auf jeden Fall nicht von hier.

“Ich bin ja nur zu Gast hier”, sagt er entschuldigend, als ich ihm erkläre, was das mit den Reservierungen auf sich hat.

Zwischen Essen und Duisburg steht er kurz auf und steht ein bisschen im Gang, wegen seinem Rücken, sagt er, der schmerzt, wenn zu zu lange sitzt. Dann holt er sein Handy raus, ein kleines einfaches Samsungding, die Batterie ist fast leer. 17 Euro hat er da noch drauf, die kann er ja heute noch vertelefonieren, sagt er. Aber die Batterie ist eben fast leer.

“Wenn Sie das Kabel dabei haben, dann können wir das hier aufladen”, sage ich. Er überlegt ein bisschen. “Ach ja”, sagt er dann. “Wenn ich sowieso noch bis zum Flughafen fahre, dann kann ich jetzt auch noch das Kabel raussuchen.”

Er holt seinen Koffer vom Gepäckfach, kramt und kramt, ich sehe weiße Dosen und Flaschen, vermutlich Medikamente, ich kenne mich ja nicht aus. Dann hat er das Kabel irgendwo rausgekramt, ich stecke es bei mir in die Steckdose und dann ans Handy und das Handy fängt an zu laden.

“Ich wollte noch meine Schwester anrufen”, sagt er dann, nimmt das Handy und wählt eine Nummer, die er auf einem Zettel notiert hat. “Hallo, ist da M.?” fragt er ins Telefon, aber da ist keine M. Verwählt, sagt er. Ich gucke in der Anrufhistorie und vergleiche mit der Nummer.

“Da haben Sie eine 7 vergessen”, sage ich. “Hier, die 7 hier.” Und ich zeige auf den Zettel mit der Telefonnummer. “Soll ich mal für Sie wählen?”

Ich wähle, er nimmt das Telefon und hält es kurz darauf wieder fast entschuldigend weg. “Schlechter Empfang”, sagt er.

“Sie können es auch in Köln noch mal probieren”, sage ich. “Danach wird’s noch schlechter.”

“Ach, ich ruf einfach vom Flughafen an”, sagt er. “Ich hab ja genug Zeit.”

“Wissen Sie”, sagt er. “Ich habe ja Krebs, mit Chemo und so und das ist jetzt meine letzte Reise nach Deutschland und ich habe jetzt noch gar keine Fahrkarte für heute. Ich wollte gestern noch umbuchen, aber am Sonntag geht das nicht. Ich habe eine Schwester, die wohnt in Dortmund und zwei Brüder, die wohnen im Norden. Eigentlich wollte ich vier Wochen bleiben, aber dann habe ich mich mit meinem Bruder gestritten und jetzt fliege ich nach einer Woche nach Hause. Ich hab mir gesagt, sowas muss ich nicht haben. Ich war schon auf dem Weg zum Flughafen und dann hat meine Schwester angerufen und gesagt, bleib doch noch ein paar Tage bei mir und dann war ich noch bei meiner Schwester.”

Wir fahren jetzt durch den Westerwald. “280 Kilometer pro Stunde”, sage ich, weil er kurz vorher noch meinte, der Zug wäre ja schon eher ein Bummelzug. Er nickt anerkennend. Doch kein Bummelzug.

“Aber ich habe jetzt gar keine Fahrkarte, aber das ist nicht schlimm. Für eine Person, da werden sie wohl noch Platz haben und ansonsten bleibe ich eben ein paar Tage in Frankfurt, dann nehm ich mir ein Hotel am Flughafen.”

“Wo kommen Sie denn her in Australien?” frage ich.

“Aus Perth”, sagt er, und malt mir Australien auf den Reiseplan. “Da ist Perth und da ist Adelaide und da ist Sydney und dann kann man da noch ganz oben nach Darwin. Von Perth nach Adelaide sind es 1500 Kilometer, kann man alles mit dem Zug fahren, bis oben hin nach Darwin, aber da ist Schluss.”

“Und was haben Sie in Australien gemacht?” frage ich weiter.

“Ach, wissen Sie, ich war ja Seemann, und da bin ich Perth einfach abgehauen und geblieben. Das war 1961, da ging das noch, da hatten sie in Australien gerade mal acht Millionen Menschen. Jetzt geht das nicht mehr so einfach, es sei denn Sie haben den richtigen Beruf. Schweißer oder Elektriker. Oder Ingenieur. Wenn Sie den richtigen Beruf haben, ist das auch kein Problem. Aber 1961, da war das alles noch egal. Da konnten Sie auf der Straße leben oder Hippie sein.”

Wir düsen weiter durch den Westerwald.

“Wenn meine Schwester mich besuchen kommt, dann fahren wir auch noch mal durch Australien. Sie hat gesagt, sie kommt, sobald sie aufhört zu arbeiten.”

Am Flughafen helfe ich mit dem Koffer und dann geben wir uns die Hand und ich muss wieder zurück in den Zug und er muss auch zurück. Erst nach Singapur und dann nach Australien. Nach Perth, wo er vor 52 Jahren einfach vom Schiff gegangen und dageblieben ist.

“Hallo, mein Name ist Anne Schüßler, ich suche jemanden, der bei Ihnen arbeitet und M. heißt.”

“Ja, das bin ich.”

“Ich wollte nur sagen, dass Ihr Bruder zumindest gut am Flughafen angekommen ist. Er wollte Sie auch noch anrufen, aber ich hab mir ein bisschen Sorgen gemacht, dass er das mit dem Handy nicht hinkriegt.”

“Oh, das ist gut. Ich hab ihm gesagt, er soll sich unbedingt melden. Wissen Sie, er ist schwer krank.”

Ja. Weiß ich.

Dann sagen wir noch ein paar Sätze und ich sage, dass ich vielleicht in ein paar Tagen noch mal anrufe, um zu fragen, ob er gut zu Hause angekommen ist. Einmal hängt sie im schönsten Ruhrpottdeutsch “woll?” an einen Satz, und dann legen wir auf.

Eigentlich wollte ich ja im Zug nur lesen. Statt dessen musste ich immer wieder aufpassen, nicht spontan zu weinen anzufangen.

Australien

Mont de Marsan in Schildern und Streetart

Irgendwann im Urlaub gab’s einen Tag, der mit Regen anfing und auch nicht so schnell damit aufhören wollte. Also setzten wir uns einfach in das einzige Café mit ernsthaft freiem WLAN und recherchierten Ausflugsziele in erreichbarer Umgebung. Das heißt, ich glaube, ich recherchierte und der Mann guckte sich neue Plugins für sein Audio Interface an, aber das ist eine andere Geschichte und vor allem auch egal.

Relativ schnell war klar, dass es so viele Möglichkeiten gar nicht gibt. Frankreich ist ja groß und dementsprechend liegt alles weit auseinander. Zudem hatten wir in den letzten zwei Urlauben schon einiges an den näher gelegenen Ausflugszielen abgehakt. Arcachon, Parentis-en-Born, Mimizan-Plage, waren wir überall schon.

Mont de Marsan sah zumindest so aus, als ob man hinfahren könnte und war mit 30.000 Einwohnern groß genug, so dass wir uns schon irgendwie vergnügen können würden. Also fuhren wir nach Mont de Marsan, der Regen ließ tatsächlich nach und als wir da waren, wurde mir wieder mal klar, wie sich die Verhältnismäßigkeiten ändern, wenn man sich dauerhaft in einem kleinen Strandkaff aufhält. Mont de Marsan hatte quasi Großstadtdimensionen. Man hätte sich hier ernsthaft verlaufen können. UND ES GAB AMPELN!

Was es auch gab: Viele hübsche Schilder und Streetart. Und im Office du Tourisme einen Franzosen mit erstklassigem britischen Akzent. Aber das ist dann wirklich eine andere Geschichte.

Tabac - Journeaux

Bibliotheque

Coiffure

Boulangerie

Streetart

Mehr Streetart

Droguerie

Toilettage Canin

Tout pour la musique

Salle climatisée

Byrrh

Impasse Brioche

 

Schöner Suchen, Teil 5

was man einem entwickler auf den geburtstagskuchen schreiben sollte

„Herzlichen Glückwunsch“ böte sich an. Oder sollte es etwas abgefahren Kreatives sein? Da bin ich leider überfragt.

wahre engel total abgefüllt

Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich diese Suchanfrage verstehen will oder nicht.

was kann man in köln unternehmen wenn es heiß ist?

Man kann schön am Rhein entlang laufen oder sich vielleicht den Dom von innen angucken, da ist es auch schön kühl. Raufklettern empfehle ich bei Hitze eher nicht, kann man aber natürlich auch machen. Zum Beispiel, weil man ein bisschen verrückt ist.

trauzeugenunterschrift rückgängig machen

Uiuiuiui. Was ist denn da passiert? Helfen kann ich hier leider nicht, ich befürchte ja fast, das könnte schwierig werden. Warum sollte man das aber auch wollen? Und wer fragt hier überhaupt? Der Trauzeuge, der Zweifel an der von ihm bezeugten Ehe hat und gerne aus der Geschichte rausmöchte oder vielleicht doch das Ehepaar selber, das Zweifel an der Zeugefähigkeit des Trauzeugen hat. Es bleibt ein Mysterium.

callboy beim reine machen der wohnung

Ähm. Öh. Hm. Was?

frau schimpft ständig wegen schlecht sitzender kleidung

Hier hilft entweder eine neue Frau oder neue Kleidung. So wie’s jetzt ist, scheint es ja nicht zu passen.

mäkelkinder essen

Finde ich ja ein bisschen barbarisch, Mäkelkinder zu essen. Meines Wissens darf man das auch nicht. Man sollte generell mit Mäkelkindern nicht anders umgehen als mit anderen Kindern. Wir meinen das gar nicht so, wir mögen nur echt kein Gemüse.

gibt es ein faultier namens tea

Ich weiß das nicht, und Google spuckt auf Anhieb auch nichts Hilfreiches aus. Aber Faultiere sind immer super, völlig egal, wie die heißen. Man muss sich nur dieses Video angucken und… OMG WOOK AT THE SLOTHIES! AREN’T THEY THE CUTEST! AWWWW!

sie sucht ihn barop dortmund

Ich wünsche viel Erfolg.

anne ist ein arschloch / anne ich hasse dich

(Es handelte sich hier um zwei unterschiedliche Suchanfragen, aber ich habe sie zusammengefasst, weil die Antwort die gleiche ist.)

Daily Music: Was heute vor zehn Jahren so im Domradio lief

Letztens suchte ich etwas im Keller. Und wo ich schon mal im Keller war, suchte ich auch gleich noch die CD mit der Aufnahme von mir im Radio raus.

Das war nämlich so: Ich war mal im Radio und zwar in einem sehr, sehr langen Feature über Singer-Songwriterinnen, wo ich richtig viel erzählen und Sachen live spielen durfte. Allerdings war das auch nicht im WDR oder so, sondern im domradio, das man damals, in Zeiten, als Livestreaming im Internet noch nicht verbreitet war, nur über Satellit oder ähnlichen Unsinn hören konnte, also im Prinzip gar nicht. Dafür kannte ich den Moderator, weil ich nämlich ein paar Mal im Domforum aufgetreten war und weil die Leute das auch irgendwie gut fanden, was ich da so machte, durfte ich ins Radio. Das war sehr aufregend und ich habe vermutlich wieder sehr viel wirres Zeug erzählt, aber ich habe auch Gitarre gespielt und gesungen und das war dann ein bisschen weniger wirr.

Dass das am 7. August 2003, also wirklich vor genau zehn Jahren war, wusste ich übrigens nicht, das stand aber auf der CD drauf, deswegen glaub ich das einfach mal. Ist also totaler Zufall, aber natürlich ein Supergrund, einen meiner liebsten Songs aus der Aufnahme rauszuschneiden, amateurmäßig mit Audacity etwas zu pimpen und dann hier auf den Blog zu packen. Die Gitarre ist leider zu leise, dafür hört man aber auch nicht so gut, wo ich mich verspiele. Man muss das positiv sehen.

Und nun, without further ado: Was vor zehn Jahren so im Domradio lief. Ich nämlich zum Beispiel:

[audio:https://anneschuessler.com/wp-content/uploads/2013/08/Wondering-Song.mp3] oder hier zum Download

(Und wenn jetzt über die schlechte Tonqualität gemeckert wird: Ich hab das hier mit Mühe versucht, habe aber völlig zu Recht nie eine Karriere als Audioingenieur angestrebt. Ansonsten komm ich einfach demnächst mit einer Aufnahme vom iPhone, Klavier und Gesang mit fiesem Rauschen, schlimmer geht’s nämlich immer.)

Absurde Radiosender oder warum ich manchmal WDR 4 höre und das ernst meine

Wer mir auf Twitter folgt, der wird es vielleicht schon mitbekommen: Zwischen 22 Uhr und Mitternacht kann es durchaus vorkommen, dass ich WDR 4 höre. WDR 4, den absurdesten Sender des Westdeutschen Rundfunks. Der Schlagersender. Konservativ. Irgendwo in der Zeit steckengeblieben. So jedenfalls sind die Vorurteile. Und eventuell stimmen sie sogar.

Ich kann das aber gar nicht beurteilen, ich höre ja immer nur zwischen 22 Uhr und Mitternacht und da kommt „Am Rande der Nacht – Musik zum Träumen“, die vielleicht beste Musiksendung der gesamten deutschen Radiolandschaft, genauso absurd wie der Sender, aber dafür umso wunderschöner. Da wechselt Schlager mit Chanson, folgt Jazzstandard auf irgendeine Orchesterversion irgendeines Klassikers, kommt Folk nach Tango und hastenichgesehn. Auch wenn man hin und wieder mal das ein oder andere Kitschzeug aushalten muss, hier habe ich die großartigsten Stücke gehört, die sonst nie irgendwo laufen würden.

Zum Beispiel habe ich hier vor einiger Zeit diesen seltsamen minimalisten Sprechgesangschanson entdeckt und am nächsten Tag sofort auf den iPod geladen. Ging gar nicht anders.



Francoise Hardy – Modern Times

Heute folgte „Sabine Sabine Sabine“ von Trio auf Astrud Gilberto mit irgendwas. Ist ja eigentlich egal, was Astrud Gilberto singt, es ist immer gut.

Und dann kam das hier: „Papis Wiegenlied“ von Heinz Erhardt. Sicher, irgendwann schon mal gehört, vor Jahrenden (eher: Jahrendendenden), aber vor allem direkt wieder verliebt. In das Lied und natürlich den Dichter und Interpreten.

Gäbe es die Musik zum Träumen auf WDR 4 nicht, ich hätte das ein oder andere musikalische Kleinod verpasst, schon allein, weil es oft so weit weg von dem ist, was ich sonst so höre, dass ich gar nicht wüsste, wie ich drüber stolpern sollte. Man kann das wirklich gut hören. Und wenn dann doch was von Tony Marshall läuft, oder das Showorchester ein bisschen zu kitschig reinhaut, geschenkt. Woanders kommt auch schlechte Musik, aber die ist dann noch nicht mal amüsant.