Edinburgh – Tag (bzw. Abend) 1

Am 23. Dezember geht’s los, die Koffer sind vollgepackt und wir warten auf den Flughafenabholdienst, der sich verspätet, was mich natürlich augenblicklichst in einen Zustand äußerster Nervosität versetzt. Ich steh also in der Küche und nage nervös an Vanillekipferln und als das nicht hilft verlange ich noch nervöser nach einem kleinen Löffel und dem Becher Nusspli.

Es geht dann aber doch alles gut und in Düsseldorf am Flughafen ist auch nichts los. Ich habe keine Ahnung, wann so andere Menschen bevorzugt in den Weihnachtsurlaub fliegen und ob sie’s überhaupt tun, aber wohl nicht am 23. Dezember nachmittags. Und weil auch sonst alles gut geht, bis auf, dass es wieder ewig dauert, bis das Gate des Anschlussfluges nach Edinburgh in Heathrow angezeigt wird, landen wir nach vier Stunden oder so in Edinburgh. Die deutsche Stewardess von BA ist sehr nett, weiß aber auch nicht, wie man am besten vom Flughafen in die Stadt kommt. „Wir werden immer abgeholt“, sagt sie und ich traue mich nicht, zu fragen, ob man da vielleicht, eventuell, aber nur wenn’s keine Umstände macht, nicht einfach mitfahren kann.

Es ist aber tatsächlich ganz einfach. Man steigt draußen vorm Flughafen in den Bus, der einen für läppische 3,50 Pfund pro Nase ins Stadtzentrum fährt und ich behaupte, schneller würde das ein Taxi auch nicht schaffen. Außerdem ist unser Hotel direkt am Bahnhof, und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch.

Was wir auch eher theoretisch wussten, uns aber die praktische Bedeutung erst bewusst wird, als wir in dem kleinen Hotelzimmer stehen, ist, dass wir wirklich, wirklich im Zentrum sind. Und dass bald Hogmanay, das schottische Neujahrsfest, ist. Und dass Hogmanay hier nicht ganz unwichtig ist. Und dass man das hier unter anderem mit einer Kirmes feiert. Auf der laut Musik gespielt wird. Und zwar direkt vorm Hotel. Und dass die Fenster im Old Waverley jetzt nicht dem neuesten Stand der Schallisolierung entsprechen.

Kurz gesagt: Es gibt Wumpa-Wumpa-Musik und der einzige Weg, sie nicht zu hören ist, sich ein Kissen über die Ohren zu halten oder sich hauptsächlich im Badezimmer aufzuhalten. Was jetzt beides keine Top-Lösungen für das Problem sind.

Trotzdem packen wir erstmal aus und dann fragen wir an der Rezeption, wo’s noch was zu Essen gibt. In der Rose Street, sagt sie, da ist bestimmt noch was. Und als wir schon auf dem Treppenabsatz stehen ruft sie noch etwas verlegen hinterher, na ja, es gäbe da noch einen McDonalds, wenn wir sowas auch mögen.

Was wir tatsächlich finden, ist ein Steak- und Burgerstand auf der schon ziemlich leeren Kirmes, wo’s zwar kein Steak, aber immerhin noch exakt zwei Burger gibt, und zwar wie der Mann feststellt „den schlechtesten Burger, den ich je gegessen habe“. Fängt ja gut an. Aber immerhin: „Die Soße ist gut.“ Und wir werden ganz höflich zum Verlassen des Kirmesgeländes aufgefordert. Die macht nämlich um zehn Uhr zu. Und die Wumpa-Wumpa-Musik ist auch aus.

Dann laufen wir noch einmal um den Block und landen anschließend noch kurz in der Hotelbar zum ersten Whisky, der angenehm weich schmeckt. Aber ich kenn mich ja mit Whisky nicht aus. Und dann geht’s ins Bett. Tag 1 vorbei. Immerhin. Einmal mit dem Bus quer durch Edinburgh gedüst, den schlechtesten Burger aller Zeiten gegessen und direkt auch schon den ersten Whisky.

Wir sind jetzt schließlich in Schottland. Cheers.

Tweet des Tages:
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A40

Wir stehen auf der Fußgängerbrücke an der Straßenbahnhaltestelle Savignystraße und warten darauf, dass die Sonne rauskommt oder die Wolken hübscher werden oder es zumindest aufhört zu regnen oder eine Bahn aus dem Tunnel kommt oder wenigstens reinfährt und zwischendurch rufen wir „IST DAS SCHÖN HIER!“, denn das ist es ja, irgendwie.

Und nachher laufen wir über die Eisenbahnbrücke und dann neben den Gleisen lang bis zum Kennedyplatz, weil ich Mexikanisch essen will, und ich kenne nur zwei Mexikaner hier, den am Kennedyplatz und den an der Alfredstraße, aber Kennedyplatz ist näher.

Nach dem Mexikaner durch die Fußgängerzone zum Hauptbahnhof. Die Lichter sind aus! Das gibt’s doch nicht, gestern waren die doch noch an und heute haben wir doch die Kameras dabei, der Mann die neue, gute, teure und ich die nicht ganz so neue und nicht ganz so gute und nicht ganz so teure, aber Fotos machen kann man mit beiden. Aber die Lichter sind aus. Dann halt nächstes Jahr und für heute eben nur wunderbare Bilder von der A40.

Das machen wir jetzt öfter.

Die schönsten Bücher 2011 – (5 bis 1)

Weiter geht’s im Text. Hier nun die Plätze 5 bis 1.

5. The Name of the Wind von Patrick Rothfuss
Mal abgesehen davon, dass Patrick Rothfuss anscheinend ne ziemlich coole Sau ist, der Joss Whedon super findet und auch sonst auf seinem Blog ziemlich sympathisch rüberkommt, ist The Name of the Wind einfach ein verdammt gutes Fantasy-Buch.

Es gibt auch gar nicht so dolle viel darüber zu erzählen. Es geht um Kvothe, den Kingkiller, der untergetaucht ist und in seinem Gasthaus einem späten Gast seine Lebensgeschichte erzählt. Die Geschichte ist beim Schreiben wohl etwas länger geworden als geplant und deswegen ist The Name of the Wind auch nur der erste Teil.

Es gibt eigentlich die typischen Fantasy-Elemente, aber das Buch ist so pickepackevoll und so dicht und gut geschrieben, dass einem die vielen hundert Seiten überhaupt nicht lang vorkommen.

4. Shades of Grey von Jasper Fforde
Shades of Grey fand ich zunächst eigentlich eher so normal gut, aber im Laufe des Jahres und dann erst recht bei und nach der Lesung in Frankfurt ist mir klar geworden, was für ein tolles Buch das eigentlich war – mal abgesehen davon, dass Jasper Fforde auch live ziemlich witzig und sympathisch ist und ich mir jetzt auch vorgenommen habe, mal das gesamte Oeuvre zu lesen, inklusive der Thursday-Next-Reihe, von denen ich ja einige schon mal gelesen hab.

Shades of Grey ist irgendwie eine Mischung aus Science Fiction und Fantasy, vor allem eben die übliche Fantasterei, die eben so rauskommt, wenn Jasper Fforde sich was ausdenkt. In der Welt von Shades of Grey basiert die Gesellschaft auf der Fähigkeit, bestimmte Farben zu erkennen. Dazu gibt es fleischfressende Bäume und sich selbst reinigende Straßen, aber kaum noch Löffel, also das übliche Gewusel von wilden Ideen und deswegen ist Shades of Grey eben auch so toll.

3. The Fry Chronicles von Stephen Fry
Stephen Fry gehört ja sowieso spätestens seit diesem Jahr zu meinen Lieblingsmenschen, ungefähr seit ich QI entdeckt habe und das auch immer noch (scheinbar vergeblich) allen ganz dolle ans Herz lege. Guckt das! Ernsthaft, guckt das.

In The Fry Chronicles erzählt Stephen Fry seine Lebensgeschichte so ab der Kindheit bis so Ende Zwanzig und das mag nicht viel erscheinen, es passiert aber ganz viel und wenn nicht so viel passiert, dann erzählt Stephen Fry das trotzdem so charmant, dass man doch denkt, es wäre viel passiert.

Ich habe dieses Buch als Hörbuch „gelesen“, von Herrn Fry selbst vorgelesen, was natürlich noch mal besonders schön ist. Ganz groß, und ich mag den Mann immer mehr.

2. Dash and Lily’s Book of Dares von Rachel Cohn & David Levithan
Wundervoll, wundervoll, wundervoll. Dash and Lily’s Book of Dares ist so ein Buch, das macht, dass einem ganz wuschelig ums Herz wird, weil alles drin vorkommt, was schön und wuschelig ist. Rätsel, eine Schnitzeljagd, Winter, New York City, Weihnachten, Bücher und eine kleine Liebesgeschichte mittendrin.

Dash and Lily’s Book of Dares ist ein Jugendbuch, etwa von dem Kaliber von Markus Zusak’s I am the Messenger, was ich auch schon geliebt habe und bei dem ich ein paar Mal einfach spontan losgeweint hab. Es wird abwechselnd aus der Sicht von Lily und von Dash erzählt, Lily liebt Weihnachten, Dash hasst es und die beiden schicken sich mit Hilfe eines roten Notizbuches quer durch New York und geben sich immer neue Aufgaben.

Und so einfach wie die Geschichte ist, so schön ist sie auch. Außerdem eben Rätsel und Schnitzeljagd.

1. Die Herrenausstatterin von Mariana Leky
Ich hätte dieses Buch sicher nie gelesen, wenn es mir nicht so dolle von Isa empfohlen worden wäre, die ja auch schon gesagt hat, dass sie es wahrscheinlich nie gelesen hätte, wenn es ihr nicht so dolle von anderen Leuten empfohlen worden wäre.

Und das Buch ist eben einfach wunderbar. Katja Wiesberg wurde verlassen und dann stirbt ihr Mann und wo sie da so alleine in ihrer Wohnung sitzt, da taucht auf einmal Herr Blank auf, den nur sie sehen kann und der auch nicht mehr geht. Dann taucht auch noch ein Feuerwehrmann auf, der auch nicht so wirklich verschwinden will.

Die Herrenausstatterin ist unglaublich witzig und man muss dauernd lachen, und das ist gut so, denn eigentlich ist es furchbar traurig und es endet auch so, dass ich zwanzig Seiten durchgeheult habe und aus Verzweiflung mein Kissen getreten habe, weil ich nicht wollte, dass es so endet, aber es geht eben nicht anders.

Und wenn man so auf ein Buch reagiert, dann vor allem, weil es so wunderschön ist.

 

Und das war’s jetzt. Zufrieden? Die Special Awards für besondere Leistungen folgen dann demnächst.

(Die Plätze 10 bis 6 sind im Übrigen hier.)

Die schönsten Bücher 2011 – (10 bis 6)

Ich habe viel gelesen dieses Jahr. Das hat vermutlich vor allem damit zu tun, dass ich seit letztem Jahr woanders wohne als ich arbeite, was vor allem drei Sachen bedeutet: Mehr Zeit alleine, mehr Zugfahrten und eben auch deswegen seit Februar im Besitz eines schnieken Kindles.

Vielleicht hab ich aber auch einfach mehr gelesen dieses Jahr, man muss das ja auch nicht zwangsweise begründen.

Laut Goodreads waren’s 73 Bücher, 75 wollte ich schaffen, nachdem ich mein Ursprungsziel von 52 schon irgendwann im August oder September oder so erreicht hatte. Und dass ich da auch zwei Bilderbücher mitgezählt habe, finde ich vollkommen okay, weil ich immerhin auch alle fünf Bände von George R.R. Martins A Song of Ice and Fire gelesen habe und der hat ja spätestens seit Band drei vergessen, dass man ein Buch auch prima nach weniger als tausend Seiten beenden kann.

Die großen Highlights fehlten ein bisschen. Ich hab viele gute Bücher gelesen, nur ganz wenige schlechte und eigentlich nur ein ganz, ganz tolles, dass aber gleichzeitig so unspektakulär daher kommt, dass es fast absurd ist.

Irgendwie hab ich’s trotzdem geschafft, eine Top-Ten-Liste zusammen zu basteln, die mir auch bei näherer Betrachtung brauchbar scheint.

Und jetzt fang ich einfach mal an. Gut? Ja?

10. Fuzzy Nation von John Scalzi
Fuzzy Nation schafft es vor allem gerade so knapp in die Top Ten, weil es einfach so irre niedlich ist und weil ich Wil Wheaton so gerne beim Vorlesen zugehört habe. Fuzzy Nation ist auch das Buch, dass mich zum Hörbuch-Hören gebracht hat.

Tatsächlich ist das Buch ansonsten fast eher Standard, eine kleine Science-Fiction-meets-Anwaltsgedöns-Geschichte mit viel Wuschel. Hauptsächlich geht es darum, dass auf irgendeinem Planeten mitten in einem Abbaugebiet für sunstones auf einmal die kleinen Fuzzies entdeckt werden, die vor allem sehr wuschelig und niedlich sind und eventuell eben keine Tiere, was dann bedeuten würde, dass auf diesem Planeten nicht mehr einfach so Ressourcenabbau betrieben werden könnte, und das findet die große Zarathustra-Company nicht so wirklich gut.

Das Ganze ist sehr schnörkellos geschrieben, manchmal liest es sich wie ein Film, aber genau das mochte ich irgendwie, und Wil Wheaton liest eben auch sehr schön.

(Video hat nix mit dem Buch zu sein, ist aber auch sehr wuschelig.)

9. Ready Player One von Ernest Cline
Ready Player One mochte ich auch vor allem, weil es so geraderaus und schnörkellos und unprätentiös eine Geschichte erzählt, die gleichzeitig vor irgendwelcher Geek-Referenzen nur so strotzt, für die sogar ich oft entweder zu un-geeky oder zu jung war.

Es geht um Wade, der im Jahre 2044 unter eher so mittelguten Bedingungen in den USA lebt und für den wie für so ziemlich alle anderen auch das eigentlich Leben in der virtuellen Welt von OASIS spielt, eine riesige Welt, die der ebenso geniale wie mysteriöse James Halliday erschaffen hat. Nach Hallidays Tod wird bekannt, dass sein Erbe demjenigen gehören soll, der es in OASIS findet.

Tatsächlich ist das Buch eine einzige gigantische Jagd nach dem Osterei bzw. Hallidays Erbe, mit Verbündeten und Widersachern und eben hunderten Referenzen auf die 80er Jahre. Aber es macht Spaß, genau das zu lesen. Und wenn man dann als Kritik hört, eigentlich wär das genauso wie ein Quest in World of Warcraft, dann denkt man sich eben, ja genau, aber die machen ja nicht umsonst süchtig.

8. Super Sad True Love Story von Gary Shteyngart
Ich möchte mal damit anfangen, dass ich jetzt einmal den Namen Shteyngart geschrieben habe und das jetzt in meinem Leben nicht zwingend noch mal tun möchte. Man guckt nämlich mindestens drei Mal nach, ob’s richtig ist, weil’s so komisch aussieht.

Super Sad True Love Story ist so ein Buch, von dem ich ungefähr nichts wusste, bevor ich es gelesen habe, das nur immer wieder auf irgendwelchen Listen angeblich guter Bücher aufgetaucht ist und irgendwie ja auch einen lustigen Titel hatte.

Es ist tatsächlich – was ich auch nicht wusste – eine Science-Fiction-Liebesgeschichte oder so. Eigentlich ist es eher eine Anti-Romanze, weil sich die Leute zwar irgendwie verlieben, aber irgendwie auch nicht, und weil alles so nüchtern und abgeklärt ist und am Ende geht es eben darum, wie kreditwürdig man ist und wo man so auf der Attraktivitätsskala steht.

Das, was mich am meisten fasziniert (und auch ein bisschen erschreckt) hat, ist, dass die Welt in diesem Buch auf der einen Seite so fremd und absurd erscheint, aber bei näherem Hinsehen schon fast wie der kaum unausweichliche nächste Schritt erscheint.

7. The Hunger Games von Suzanne Collins
The Hunger Games sind zunächst mal wieder ein gutes Beispiel dafür, dass deutsche Buchtitel manchmal ganz schön scheiße sein können. Die englischen Bücher heißen The Hunger Games, Mockingjay, und Catching Fire, im Deutschen haben sie daraus erstmal Die Tribute von Panem gemacht und dann die wenig hübschen Untertitel Tödliche Spiele, Gefährliche Liebe und Flammender Zorn dazu gebastelt. Ich könnte die… ich könnte… irgendwas. Wer denkt sich sowas aus?

Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich da noch viel zu schreiben muss, weil das wahrscheinlich schon jeder gelesen hat und die, die’s nicht gelesen haben, die werden’s wohl auch nicht mehr tun.

Mal abgesehen davon, dass ich gerne YA-Dytopien lese, hat diese Trilogie den Hype auch ein bisschen verdient, vor allem wegen dem ersten Buch. Die anderen sind nicht ganz so toll, erzählen aber die Geschichte konsequent weiter und zu Ende, ohne dass es albern oder absurd wird.

Ich habe im Edinburgh im Kino erst gemerkt, wie sehr ich mich auf die Verfilmung freue, als ich plötzlich beim Trailer Tränen in den Augen hatte, weil es alles so toll aussah, so als ob das ein wirklich, wirklich guter Film werden könnte.

Ansonsten hat die wunderbare Noelle die Grunddifferenz zwischen The Hunger Games  und Twilight hier sehr schön dargestellt.

6. Room von Emma Donoghue
(Auch so ein Nachname, den ich nicht öfter schreiben möchte als unbedingt nötig.)

Jack ist fünf lebt mit seiner Mutter in Raum. In Raum gibt es Tisch und Bett und Fernseher, und hier lebt er seit er geboren wurde und hat auch noch nie etwas anderes gesehen.

Die Geschichte einer jahrelangen Gefangenschaft wird hier aus der Sicht von Jack geschrieben, der nichts anderes kennt als das Leben in dem 12 Quadratmeter großen Raum. Wo er und seine Mutter leben und spielen und Sport machen und wo er in einem Schrank schläft, wenn nachts Old Nick kommt.

Das Buch entwickelt einen unheimlichen Sog, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Weil eben die Geschichte so schrecklich und unglaublich ist und weil sie gleichzeitig aus einer so ungewohnten Perspektive erzählt ist. Deshalb möchte ich auch nicht mehr dazu erzählen, weil man das besser selbst lesen sollte und verraten möchte ich sowieso nicht mehr als nötig.

Und die Plätze 5 bis 1 folgen dann morgen oder so, ja?

(Update: Hier sind sie.)

Six Degrees

Beim Mutter-Geburtstag erzähle ich den Freunden meiner Eltern: „Ich hab neulich noch an euch gedacht.“

„Es ist nämlich so, dass ich auf einer Lesung war, und einer von den drei Fragezeichen hat die deutsche Übersetzung gelesen und der hat auch eine Hörspielfirma…“

„Ja ja, die L.“ sagen sie da sofort.

Es stimmt, die L. arbeitet da. Ein seltsames Gefühl irgendwie, ganz zufällig einen Namen zu sehen von einem Menschen, den ich eigentlich gar nicht kenne und auch nie wirklich gekannt hab, den ich aber sofort zuordnen kann, und sofort an andere Leute denke, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, die ich dann aber doch wieder treffe, beim Geburtstag eben. Und die die L. kennen, weil die nämlich mit ihrer Tochter befreundet war oder ist und ich war ja auch ein bisschen mit der Tochter befreundet, so wie man halt mit jemandem befreundet ist, der im gleichen Alter ist und deren Eltern mit den eigenen Eltern befreundet sind. So eben.

Und dann erzählen sie ein bisschen von der L. und von der N., das ist die Schwester und vom M., das ist der Bruder.

Und als sie vom M. erzählen, da guckt meine Cousine ein bisschen komisch. Die streichelt gerade den Hund, also den Hund, den einzig wahren Hund, der nichts mehr hört, und hauptsächlich noch rumliegt, sich aber auch sehr freut, wenn man zur Tür reinkommt.

Den M., sagt sie, den kennt sie jetzt aber. Also die Cousine. Das ist nämlich der Freund von der K. (oder der C., wer weiß, wie so Namen geschrieben werden), und mit der ist sie ziemlich gut befreundet.

„Und der M. ist gerade Onkel geworden“, sagt die Cousine.

„Genau“, sagen die Freunde. „Die N. hat nämlich ein Kind gekriegt.“

Und so ist das dann wohl, das man in seinem Leben so ziemlich vielen Menschen über den Weg läuft und eh mal sich’s versieht, arbeitet eine in Berlin bei einer Hörspielproduktion und der Bruder ist der Freund von der Freundin von der Cousine und das mit den Six Degrees klingt mal wieder wie ein ziemlich überzeugendes Dingens.

Panhas-Fest in Hattingen

Panhas-Fest Hattingen

Hattingen, ja ja. Ich hatte ja schon mehrfach gehört, dass die Altstadt da so schön sein soll und dachte immer „Ja ja, ist bestimmt ganz nett, aber soooo dolle wird das wohl auch nicht sein“. Bis ich dann im Juni einmal spontan da war und dachte „HUI! Das ist aber mal ne richtig schöne Altstadt!“. Tatsächlich ist Hattingen wirklich entzückend und wenn man die Gelegenheit hat, kann man ruhig mal hinfahren und ein bisschen zwischen den Fachwerkhäusern spazieren gehen. Es lohnt sich. Und wenn ich das sage, dann kann man das auch ruhig glauben und nicht „Ja ja“ denken.

Hattingen

In Hattingen war dieses Wochenende Panhas-Fest. Panhas ist eine westfälische bzw. rheinische Spezialität. So rheinisch kann sie eigentlich gar nicht sein, denn bisher hab ich noch nie was davon gehört, oder sollte mir da viele Jahre lang was vollkommen entgangen sein?

Panhas ist ein Fleischgericht, das laut Wikipedia ungefähr so entsteht:

Heutiger Panhas besteht aus Hackfleisch, frischer Leber- und Blutwurst, die zusammen mit Zwiebeln und Speck gebraten und anschließend mit Brühe aufgegossen und gewürzt werden. Diese Mischung wird mit Blut und Buchweizenmehl verrührt, eingedickt und dann in fest erkalteter Form zur weiteren Zubereitung angeboten.

Wie das aussieht kann man unten auf den Bildern sehen. Wir haben zwei unterschiedliche Panhas-Gerichte probiert, einmal die Version von Diergardts mit Preißelbeeren und Apfel-Meerrettich und einmal die von Eggers mit Apfelkraut-Senfdipp. Beides kam mit Bratkartoffeln. Insgesamt war die erste Version ein bisschen eleganter, sowohl von den Beilagen als auch vom Panhas her und die Bedienung bei Eggers hätte auch gerne etwas weniger patzig sein können. Trotzdem: Lecker war beides, wenn auch zuviel und für den Spätsommersonnetag fast ein bisschen zu sättigend.

Vom Geschmack her würde ich Panhas am ehesten mit Blutwurst vergleichen, was auch nicht weiter verwunderlich ist.

Panhas I
Panhas II

Nach dieser ordentlichen Portion war nicht mehr viel Hunger für ein weiteres Hauptgericht übrig, also gab’s direkt Nachtisch. Zur Auswahl standen Apfelstrudel, Kaiserschmarren, Stachelbeertörtchen und Blechkuchen. Nach etwas hin und her (Apfelstrudel oder Kaiserschmarren?) wurde der Kaiserschmarren vom Restaurant An der Krüpe gewählt. Auch das war ordentlich bodenständig, nicht spektakulär, aber passend zum Herbstanfang. Außerdem gab’s Himbeerbowle, die ich dann gleich mal mit bestellt habe.

Himbeerbowle und Kaiserschmarren

Zusätzlich zum Panhas-Fest fand noch ein Kunstmarkt und ein Franzosenmarkt statt. Dort konnte man Käse, Wurst, Seife und diverse andere Leckereien kaufen  – oder auch einfach nur probieren. Sogar Andouilette habe ich gesichtet: Mit einem Grinsen auf dem Gesicht, als ich mich an das Andouilette-Debakel vor ein paar Jahren in Lüttich erinnerte. Wer sich fragt, was ich wohl meinen könnte, kann sich ja hier über die Andouilette informieren. Kurz gesagt ist das das bisher einzige Gericht, an dem ich in großem Stil gescheitert bin. Aber wenigstens hab ich’s mal probiert.

Tricolore
Andouilette
Fougasse

Und auch sonst ist es nett in Hattingen. Die Altstadt ist urig schön mit kleinen Cafes und Restaurants mit kleinen Tischen draußen. Und wenn wir nicht schon so satt gewesen wären, dann hätte es vielleicht auch noch eine Waffel geben können. Oder lecker Kuchen. Oder Pfannkuchen. Dann eben demnächst.

Cafe AdeleZur alten Krone

Apfel-Brombeeren-Crumble

Ich bin ja eher so ein Heimatobst-Fan. Mangos, Kiwi & Co. find ich zwar auch lecker, aber richtig kriegen tut man mich mit Äpfeln und Himbeeren und Brombeeren und Aprikosen und Mirabellen und all dem Zeug, das man – wenn schon nicht hier – spätestens in Frankreich auch selbst und höchstpersönlich von den Bäumen und Sträuchern zupfen kann.

Das hab ich auch in Vietnam gemerkt, wo’s beim Hotel-Frühstück eine tolle Auslage mit allem möglichen Obst gab und ich nur etwas ratlos davorstand und dachte: „Schön und gut. Ist ja alles nett hier. Aber könnte ich nicht vielleicht einfach nur einen Apfel haben?“

Insofern fand ich das Apfel-Brombeeren-Crumble-Rezept (ebenfalls aus der Oktober-Ausgabe der Delicious UK) sowieso sehr ansprechend. Weil: a) Apfel, b) Brombeeren und c) Crumble. Ernsthaft, die drei Gründe reichen doch völlig aus.

So ein Crumble ist wie so vieles supereinfach, weil man hauptsächlich Obst schneiden und in eine Schale schmeißen muss. Dann ein bisschen Zucker und Gewürze dran, Streusel drüber, in den Ofen und warten, bis er fertig ist. Bis er fertig ist, duftet so ein Crumble dann schon mal die ganze Wohnung voll, was ein total netter Nebeneffekt ist.

Zum Nachtisch gab’s den Crumble dann mit etwas Vanille-Eis – am besten noch schön warm servieren, dann passt das Eis als kalter Kontrast noch besser.

Apfel-Brombeeren-Crumble

Apfel-Brombeeren-Crumble
für 4 Personen

3 Äpfel
1 Bio-Zitrone
100 g Brombeeren
50 + 25 g Rohrzucker
ein paar Nelken (ganz)
1/2 Tl gemahlener Ingwer
100 g Marzipan
100 g kalte Butter
125 g Mehl
40 g Mandeln (mit Haut)
1/2 Tl gemahlener Zimt

1. Ofen auf 200°/Umluft 180°/Gas Stufe 6 vorheizen. Äpfel schälen, kleinschneiden und in eine feuerfeste Auflaufform füllen. Mit dem Saft einer halben Zitrone mischen. Brombeeren vorsichtig dazu mischen und Nelken, Ingwer und 50 g Rohrzucker dazumischen.

2. Für die Streusel Butterflocken mit Mehl zu Krümeln vermischen. Zucker, ganz grob gehackte Mandeln, Zimt und abgeriebene Zitronenschale dazumischen.

3. Marzipan grob raspeln (oder schneiden) und über dem Obst verteilen. Dann die Streusel drüberstreuseln (hihi, see what I did there?).

4. Im Ofen 45 Minuten backen, dabei vorfreudig den Crumble-Duft genießen. Ein paar ungeduldige Minütchen abkühlen lassen und wahlweise mit Eis, Sahne, Vanillesoße oder auch einfach so verputzen.

Notiz: Das Ganze wird durch die Gewürze und den Marzipan tendenziell weihnachtlich, aber noch nicht übertrieben. Kann man sicherlich variieren, muss man aber nicht. Was ich nicht ganz kapiert habe, ist, wie man mit den Nelken umzugehen hat. Soll man die mitessen? Rausnehmen geht ja nachher schlecht. Ich hab sie einfach dringelassen und eventuell sogar die ein oder andere mitgegessen, aber so ganz richtig kam mir das nicht vor. Whatever. Lecker ist es trotzdem. Und Brombeeren gehen eh immer.

Weitere Notiz: Man kann locker Apfelsorten mischen. Ich hatte zwei verschiedene, aber jetzt natürlich schon wieder vergessen, welche. Wollte ich trotzdem anmerken.

Pesto Pesto

Am Samstag hab ich mal wieder richtig gekocht. Also was Neues. Was ich noch nicht gemacht hab. Nach Rezept. Mit richtig vorher einkaufen. Und leckeren Zutaten. Und im Zweifelsfall gesund. Oder zumindest frisch.

Ich hab Pesto gemacht!

Die Inspiration, nicht nur durch die vielen Kochmagazine und -bücher zu blättern, sondern auch wirklich was daraus auszusuchen und zu machen, war Anke Gröner’s Buch „Nudeldicke Deern“, was es jetzt endlich auch fürs Kindle gibt und was ich in einem Wochenende durchgelesen hab. Beim Lesen hab ich mich dran erinnert, wie gern ich eigentlich koche und wie viel Spaß mir das immer gemacht hat und dass es eigentlich hauptsächlich Bequemlichkeit ist, die mich in den letzten Monaten daran gehindert hat, mehr zu kochen. Und dann eben die Gewohnheit, wenn man sich einmal an die Bequemlichkeit gewöhnt hat.

Delicious UK Cover

In der Oktober-Ausgabe der Delicious (UK) hab ich dann ein Rezept für Artischocken-Pesto gefunden. Prima, denk ich. Pesto geht immer und ist jetzt nach der längeren Kochentwöhnung nicht zu herausfordernd.

War’s auch nicht. Eben im Gegenteil. Pesto ist so eierpipileicht, dass man sich echt fragen muss, warum man auf die Idee kommt, das fertig zu kaufen. Im Wesentlichen geht Pesto ja so: Alles in einen Becher schmeißen, Mixer an und fertig. Und das tollste ist, dass man fast alles mit allem ersetzen kann, also wenn man zum Beispiel, wie gleich beschrieben, keine Babyspinatblätter mehr kriegt, dann nimmt man eben den Rucola, der noch da ist. Ätsch.

Artischocken-Rucola-Pesto

In diesem Fall geht das Rezept so:

Artischocken-Rucola-Pesto
für 2 – 3 Personen

1/2 Dose eingelegte Artischocken
1 Knoblauchzehe
50 g Rucola
1 gutes Bündel Basilikum
40 g Parmesan
1 Bio-Zitrone
Öl (entweder gutes Olivenöl, oder was von dem Einlegeöl der Artischocken)
Salz und Pfeffer

Wie man das macht: Schale der Zitrone abreiben, etwas Saft ausdrücken. Alles in den Mixbecher und kleinmixen, Öl dazurieseln lassen, bis die Konsistenz passt. Nach Geschmack mit Salz und Pfeffer würzen. Fertig.

Das sind auch alles ungefähre Angaben. Im Rezept wird das Öl der eingelegten Artischocken genommen. Die, die ich gekauft hatte, waren dooferweise nicht in Öl eingelegt, also hab ich eben normales Olivenöl genommen. Ich hab weder den Rucola noch den Parmesan genau abgewogen, sondern nach Gefühl zugegeben. Außerdem war ich mir nicht so sicher, was den Bio-Grad der Zitrone anging, also hab ich das mit der Schale sein gelassen und nur etwas von dem Saft genommen.

Eigentlich sollte man laut Rezept Babyspinatblätter nehmen. Das ist bestimmt auch total lecker, aber die gab’s nicht mehr, als ich im Supermarkt war. Rucola schien mir eine geeignete Alternative.

Ach, pff, eigentlich kann man bei Pesto alles nach Gefühl machen. Trotzdem lecker.

Das Ganze bastelt man dann noch mit Fusilli und mit Toast-Croutons mit Knoblauch und Petersilie zusammen und fertig ist das Abendessen. Mit ein bisschen Rucola-Blättern und Parmesan bestreuen und fertig ist das.

Fusilli mit Artischocken-Rucola-Pesto