Pro: Wie so oft in kleinen Orten: Es gibt einen! Woohoo! Und die Züge fahren immerhin so grob einmal die Stunde nach Bordeaux. Außerdem ist er hübsch rosa, an der nächsten Brücke stadtauswärts hängen hübsche Blumenkästen (nicht fotografiert) und draußen gibt es anscheinend Aufladestationen für Elektroautos und ein total hübsches buntes Bild. Nicht zuletzt: BLUMENAUTOMAT! Total praktisch!
Contra: Die Züge fahren nur einmal die Stunde und dann auch nur bis Bordeaux und sonst quasi nirgendwohin. In der kleinen Bahnhofshalle kriegt man nur Tickets und Blumen, sonst nichts und so richtig heimelig ist es da auch nicht. Außerdem darf man nicht skateboarden oder Rad fahren. Vermutlich darf man das auch an anderen Bahnhöfen nicht, aber hier gibt’s extra Verbotsschilder.
Geheimtipp: Mit dem Auto nach Biscarrosse-Plage fahren und da dann aufs Surfbrett klettern. Aber ich glaube auch, ich bin da jetzt viel zu voreingenommen, um noch objektiv beurteilen zu können. Arcachon ist auch schön.
Besser nicht: Spontan vorbeikommen und hoffen, das schon was fahren wird. Ansonsten habe ich aber keine Beanstandungen.
Die Tour: Irgendwo in Bahnhofsnähe geparkt und zu Fuß zum Bahnhof gelaufen, dann rundherum, rein und vor allem auf dem Gleis hin und her und dann nach Arcachon zum Mittagessen.
Wenn man mit der tödlichen Sommererkältung flach liegt, kann man viele Dinge tun. Schlafen zum Beispiel, oder lesen. Oder lustige bis furchtbare Sendungen privater Fernsehanstalten gucken. Oder aber, wenn man es rechtzeitig mitbekommt, den Livestram der DLDWomen 2013 gucken. Vollkommen abgefahren, da liegt man schniefend, hustend und in Vollzeit schleimproduzierend im Ruhrgebiet auf dem Sofa und kann live mitbekommen, was in München für tolle Vorträge gehalten werden. Meike Winnemuth war da und Carl Djerassi, Jacqueline D. Reses von Yahoo! redete darüber, was physische Zusammenarbeit auch bedeuten kann und Elif Shafak sprach über die Bedeutung von Storytelling.
Besonders gefreut habe ich mich aber über den Vortrag „Code!!“ der beiden Stanford-Studentinnen Ayna Agarwal und Ellora Israni von she++, die darüber sprachen, warum es wichtig ist, dass Frauen in der IT Fuß fassen und mehr Frauen programmieren lernen. Aus nachvollziehbaren Gründen ist das ein Thema, was mich besonders interessiert. Die beiden Frauen brachten meiner Meinung nach genau die richtigen Argumente: Wir sind umgeben von Technologie, wir benutzen zig verschiedene Gadgets jeden Tag, unterschiedlichste Software, wir vertrauen Technologie wesentliche Bestandteile unseres Lebens an, die Branche ist aber nach wie vor männerdominiert. Und nur, um das gleich klarzustellen, es geht nicht darum, dass Männer irgendetwas falsch machen würden, es geht vielmehr darum, dass Diversität fehlt, dass Frauen vermutlich genauso viel und oft mit Technologie umgehen, ihre Sichtweise aber sowohl bei Entwurf als auch bei der Produktion von Software weitestgehend fehlt.
Ein anderer und sehr wichtiger Punkt ist aber der des Empowerments. Das gilt natürlich für viele andere Bereiche auch. Ich kann kaum einen Knopf wieder annähen, und muss für jeden Quatsch zum Schneider laufen, ich kann nicht klempnern und ich bohre nur ungern irgendwelche Löcher in Wände. Ich kann dafür aber prima IKEA-Möbel aufbauen und verstehe meistens, was der Steuerberater mir erklärt. Vorlieben und die damit verbundene Bereitschaft, sich mit irgendwas zu beschäftigen, sind individuell, oft nicht rational und können sich ständig ändern. Vor allem aber sind sie eine Voraussetzung für die eigene Selbstständigkeit, die Unabhängigkeit, autark zu handeln und nicht von anderen und ihrem Wissen abhängig zu sein.
Ich habe lange damit gehadert, wie man erklären soll, warum viel mehr Leute, und ich meine ausdrücklich Leute und nicht Frauen, programmieren sollten. Es geht dabei gar nicht darum, dass jetzt alle Softwareentwickler werden sollten, es geht um ein Grundverständnis von IT, Software und dem, was eigentlich dahintersteckt. Um eben nicht hilflos vor dem eigenen Computer zu stehen, wenn irgendwas nicht funktioniert, um nicht auf einen Bekannten warten zu müssen, wenn das Internet nicht geht. Wenn wir umgeben sind von Technologie, wenn jede Firma und jede/r Selbstständige eine Webseite braucht, um präsent zu sein, wenn ich davon ausgehen muss, dass potentielle Arbeitgeber, aber natürlich auch sonst jeder, mich googeln kann, wenn ich auf Facebook bin, einen Blog schreibe oder sonst irgendwie im Netz aktiv bin, dann sollte es doch eigentlich ein Bedürfnis sein, zumindest in groben Zügen zu verstehen, was da eigentlich passiert, um selbstständig Entscheidungen treffen und Dinge einschätzen zu können.
Christian beschreibt das in einem Artikel sehr schön, den er anlässlich der Meldung, in Hamburg würde der Informatikunterricht als Pflichtfach abgeschafft werden, geschrieben hat. Das Argument der Zuständigen in Hamburg geht in die Richtung, dass man ja auch nicht wissen muss, wie ein Fernseher funktioniert, um Fernsehen gucken zu können. Also müsse man auch nicht wissen, wie ein Computer funktioniert, um irgendwas mit dem Computer machen zu wollen. Das wäre vermutlich sogar ein nachvollziehbares Argument, wenn es in der Informatik nur um Hardwarekomponenten ginge, dabei macht das aber nur einen sehr, sehr kleinen Teil aus. Die Wirklichkeit ist wie immer komplizierter: Ein ordentlicher Informatikunterricht könnte und sollte nämlich ganz andere Aspekte behandeln, die mit dem Aufbau eines Computers gar nichts zu tun haben.
In dem Beispiel, das Christian erzählt, kostet es ein kleines Unternehmen 600 Euro, weil der Kunde die Risiken seiner Anweisungen nicht versteht, und darauf besteht, dass etwas getan wird, was sich im Nachhinein als grober Fehler herausstellt. Lektion dieser Geschichte: Die Weigerung, sich mit „der Informatik“ zu beschäftigen, kann teuer werden.
Viele Geschichten, die ich so von den selbstständigen Grafikern/Webdesignern/Softwareentwicklern in meiner Facebooktimeline lese, gehen genau in diese Richtung. Man will sich nicht mit dem technischen Aspekt beschäftigen, man will auch gar nicht verstehen, worum es geht, das sollen die anderen machen. Oft werden dadurch durch Unwissen falsche Entscheidungen getroffen, Warnungen werden in den Wind geschossen („Ich will das aber so!“) und kosten am Ende Geld, Zeit und Nerven. Letzteres dann leider vor allem bei den Dienstleistern.
Den Begriff „Code Literacy“ habe ich in einer Session auf der re:publica 2013 aufgeschnappt, ich fand ihn irgendwie interessant, hatte eine eigene Idee dazu im Kopf, wusste aber nicht im Geringsten, ob das auch mit dem übereinstimmte, was andere Leute sich dazu überlegt hatten. Leider entpuppte sich die Session als Workshop, und da ich zur Hälfte der Zeit in einen anderen Vortrag huschen wollte, habe ich mich dann verzogen. (Aus dem Workshop entstand dann übrigens ein Blog, der sich mit dem Thema beschäftigt.)
Der Begriff ließ mich jedoch nicht los, weil er ungefähr das fasst, was ich erreichen will, wenn ich Leute dazu ermuntere, doch mal ein bisschen „Programmieren“ zu lernen. Meistens meine ich damit auch gar nicht programmieren, sondern die einfache Aufforderung, sich mal hinter den Kulissen des eigenen Blogs umzuschauen oder zu verstehen, wie Webseiten überhaupt erstellt werden. Sobald man die Grundlagen einmal kapiert hat, eröffnen sich nämlich direkt neue Möglichkeiten, mehr Freiheit, mehr Rumtricksen, wenn etwas nicht genau so funktioniert, wie man sich das vorstellt.
Es kann jedoch auch bedeuten, dass man nicht mehr auf die Hilfe fremder Programme angewiesen ist, sondern durchaus in der Lage ist, sich sein eigenes kleines Makro oder Hilfsprogramm zu schreiben, das den einen, ganz konkreten Handgriff erleichtert, den man jeden Tag mehrmals tun muss. Da genau solche Handgriffe oft sowohl sehr individuell als auch sehr trivial sind, kann es gut sein, dass man in der gleichen Zeit, wie man ein existierendes Programm so weit hingebogen hat, dass es das tut, was man möchte, sein eigenes kleines Ding programmiert hat.
Code Literacy bedeutet für mich, nicht vor Schreck zu erstarren, wenn man eine Seite Code sieht, sondern zumindest grob einschätzen zu können, was es damit auf sich hat, oder auch ganz simpel, ob es für einen selber überhaupt relevant ist. Wer auch nur ein bisschen Code lesen kann (und ja, ich weiß, dass HTML und CSS kein „Code“ sind, aber zum Zwecke dieser Übung behandeln wir auch diese Sprachen mal so), der kann sich im Netz autarker bewegen, ist weniger auf die Hilfe anderer, sowohl fremder Leute als auch Bekannter, angewiesen und mit ein bisschen Übung, Durchhaltevermögen und Fantasie auch schnell in der Lage, Probleme selbstständig zu lösen.
Es gab vor einiger Zeit ein sehr schönes Video, in dem bekannte und weniger bekannte Menschen erzählten, warum man programmieren lernen sollte. Man kann das sehr schön gucken, sollte sich aber auch nicht zu sehr von der etwas verklärten Vorstellung, wie geil das Leben als Softwareentwickler ist, irritieren lassen. So großartig ist es auch nicht immer, die haben sich da schon ein paar ganz abgefahrene Unternehmen ausgesucht. Außerdem möchte ich nicht immer wissen, welcher Einsatz fürs Unternehmen im Gegenzug von den Mitarbeitern gefordert wird. Ja, ich finde meinen Job super, aber ich weiß auch, dass es ganz viele andere wichtige und vermutlich auch wichtigere Berufe gibt. Darum geht es gar nicht.
Das hat auch Scott Hanselman in seinem Artikel „Programming’s not for you? How about thinking? Be empowered!“ schön auseinandergenommen. Es geht nicht darum, supertolle Applikationen zu schreiben und den coolsten Job der Welt zu bekommen. Es geht auch nicht darum, Programmieren nur um des Programmierens Willen zu lernen. Vielmehr geht es darum, problemorientiertes Denken zu erlernen und sich selbst die Macht zu geben, Dinge zu verändern.
Und es geht darum, im ganz normalen Technologiealltag ein mündiger Bürger zu sein, der sich weder vom Geschwafel vermeintlicher Experten irritieren lässt, noch verzweifelt das Handtuch wirft, weil er glaubt, er würde diese „Informatik“ nicht verstehen. (Erfahrungsgemäß blocken viele Menschen schon ab, bevor man überhaupt anfangen konnte, irgendwas zu erklären. Die Vorstellung, das alles müsste zwangsweise wahnsinnig kompliziert/uninteressant/zu technisch sein, scheint hier weit verbreitet. Oft ist es allerdings ganz einfach.) Das gilt sowohl für mich als Privatmensch als auch für mich als politischer Mensch. Gerade in Zeiten von PRISM und Co. ist es geradezu verwegen, zu behaupten, der Durchschnittsbürger bräuchte sich nicht für IT zu interessieren, wir müssen es vermutlich mehr als eh und je. Letztendlich geht es immer um Macht. Wer nicht lesen kann, ist denen ausgeliefert, die es können, muss ihnen glauben, dass sie ihn nicht anlügen oder eben mehrere Leute fragen (und – für die ganz Paranoiden – dann hoffen, dass die sich nicht abgesprochen haben). Wer sich nicht mit „Informatik“ beschäftigen will, der ist denen ausgeliefert, die sich damit auskennen und muss genauso hoffen, dass er nicht angelogen oder ausgenutzt wird. Und wer, wie im Falle des Hamburger Informatikunterrichts, sogar vielen anderen Leuten weismachen will, dass sie diese Kompetenz nicht bräuchten, der hat ganz einfach den Schuss nicht gehört.
Die Entstehungsgeschichte zu Spam habe ich ja leider verpasst, es muss irgendwann 2011 angefangen haben, vielleicht, womöglich, ich weiß es ja nicht genau, aber da schrieb Sue Reindke alias Happy Schnitzel jedenfalls in ihrem Blog zum ersten Mal über Spam und ein Jahr später stand sie mit den anderen drei Damen aus dem Internet auf der re:publica-Bühne und hielt einen Vortrag über Poetry Spam.
Und ein weiteres Jahr später ist ihr Buch erschienen und es geht wieder um den alltäglichen Spam, der jeden Tag in unserem Postfach landet und meistens nicht gelesen wird, weil die Mailprogramme klug genug sind, sie für uns aussortieren und wir sie dementsprechend gar nicht erst lesen müssen, sondern einfach auf „Spam-Ordner leeren“ klicken können und gut ist das.
Dabei gibt es viele Kleinode im Spampostfach. Vor allem aber: Vielleicht muss man diese unerwünschte Post auch unter einem ganz anderen Gesichtspunkt betrachten. Denn eigentlich wollen uns die vielen Spamabsender nur helfen, unser Leben besser zu machen. Es gibt tausend Wege, viel Geld zu verdienen, jedenfalls wenn es danach geht, was so als Spampost eintrudelt. Hat man dieses Geld erstmal, gewonnen, mit leichter Arbeit verdient, geerbt oder anderweitig bekommen, gibt es sinnvolle Tipps, wie man es anlegen kann. Außerdem hilft Spam bei der Partnersuche, Bettproblemen, wichtigen esoterischen Problemen und eigentlich auch bei sonst allem.
Weil wir Spammails also ignorieren und löschen und uns all diese Angebote entgehen, hat Sue Reindke sich die Mühe gemacht, etwas tiefer ins Postfach zu gucken und die schönsten Mails zusammenzustellen, zu ordnen und gelegentlich sogar noch mal genauer nachzufragen. Dazu gibt es sinnvolle Übungen, die uns dabei helfen, unser Leben dank Spam zu verbessern.
Das Buch ist ein schönes, unterhaltsames Zwischendurchbuch, das ich sehr schnell weggelesen habe. Sue schreibt flott und amüsant. Dabei wird es nie platt oder nervig, was ich zwar auch nicht erwartet habe, wofür ich aber trotzdem sehr dankbar bin, weil ich relativ sicher glaube, dass das gleiche Thema in anderen Händen größtes Potential für dumme Witze gehabt hätte.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es doch (Vorsicht, in der nun folgenden Kritik ist ganz viel Kompliment versteckt!): Die Spammails nehmen ein bisschen zu viel Platz ein. Anders gesagt: Ich hätte lieber mehr von Sue gelesen. Gerade der spannendste und lustigste Aspekt des Buches „Was passiert, wenn man auf Spammails antwortet?“ kommt zu selten vor. Ob es daran lag, dass die meisten Spamschreiber schon bei der ersten Nachfrage den Schwanz (Hihi! Ich habe Schwanz geschrieben! In einem Artikel über Spam!) einziehen und nicht antworten oder ob es andere Gründe gab, kann ich nur raten. Im Zweifelsfall muss man es dann doch einfach selber machen und gucken, was dabei rauskommt. Genug Inspiration liefert Sue Reindkes Buch auf jeden Fall.
Wer also lernen will, wie man mit seinem Spampostfach konstruktiver und lebensverbessernder umgeht, also alle Menschen, die Emails bekommen, also alle, diejetzt gerade diese Rezension lesen, der sollte dieses Buch lesen. Wer es verschenken will, der sei aber gewarnt: Die Kapitel über Potenzprobleme und sexuelle Abenteuer haben definitiv sehr expliziten Inhalt. Da muss man hart sein. Oder werden. Oder… ach, ihr versteht schon, was ich sagen will.
(Wer ein signiertes Buch möchte, der kann hier nachgucken, wie das geht.)
Wer direkt und sofort noch mehr Spampoesie möchte, dem empfehle ich auch dieses Kapitel aus Marc-Uwe Klings Kängurumanifest, es fängt mit einem anderen Thema an, man muss also ein bisschen Geduld haben.
Mit der Leuchtturmkarte von Quint Buchholz habe ich gekämpft. Ewig steckte sie in der Hülle des eReaders. In Frankreich reimte ich dann irgendwann vorm Einschlafen rum, war total begeistert, schrieb natürlich nichts auf und hatte am nächsten Morgen fast alles wieder vergessen. (Das, was ich doch noch erinnerte, hat es dann auch gar nicht ins Gedicht geschafft, so geht das manchmal.)
Irgendwie hat es dann aber doch geklappt. Im Park, bei schönstem Sonnenschein schaffte ich den größten Teil, zu Hause feilte ich noch ein bisschen rum und dann war’s gut. Ich möchte auch nichts davon hören, dass im Gedicht etwas von Felsenküsten steht, auf dem Bild aber eindeutig flacher Sandstrand zu sehen ist und berufe mich auf künstlerische Freiheit und die Limitation der schönen Reimkombinationen.
Die Karte ging dann an Familie Buddenbohm, die zu diesem Zeitpunkt irgendwo in Norddeutschland am Meer rumurlaubte. Bei dem Motiv ging es ja auch gar nicht anders.
Lyrikpostkarte VI
Nun wachst du auf und siehst sofort den Küstenleuchtturmschwertransport.
Ein Schiff, das Meer, ein Leuchtturm – quer?
Es ist kein Traum und kaum zu glauben, doch siehst du da mit eig’nen Augen (vielleicht nur dieses eine Mal): Rot-weißer Turm, horizontal.
Und knapp über den Felsenküsten, wo sonst vor allem Möwen nisten, da steh’n beratend die Touristen und tun, als ob Details sie wüssten.
(Sie wissen selbstverständlich nichts, das weißt du ganz genau, sie spekulier’n nur wild herum und gucken dabei schlau.)
Und das Mysterium der Reise erklärt sich auf ganz simple Weise: Der Wärter fand den Standort öd, die immer gleiche Aussicht blöd.
So schafft viel Jammer und Verdruss (und hiermit kommen wir zum Schluss), dass nun ein Leuchtturm umzieh’n muss.
Ich hätte heute total gerne irgendwas tolles geschrieben, liege aber seit gestern mal wieder mit der tödlichen Sommererkältung flach. Schlucken tut weh, Nase läuft, aber dafür trinke ich zumindest mal richtig schön viel Wasser, anders ist das ja nicht auszuhalten.
Deswegen gibt’s heute nur hübsche Panoramabilder aus Frankreich. Die Panoramafunktion des iPhones macht’s möglich. Draufklicken öffnet übrigens das Bild in Flickr.
Hier hätten wir zunächst den Strand von Biscarrosse von verschiedenen Standpunkten aus:
Und hier geht’s weiter mit ein paar Eindrücken von Mont-de-Marsan, wo wir an einem der wolkenverhangeneren Tagen spontan hinfuhren:
(Und ich huste und schniefe jetzt weiter. Hab ja sonst nichts zu tun.)
Neben zwei Nikons, der Panasonic und dem iPhone hatten wir ja auch noch die kleine Lomokamera mit in Frankreich. Allerdings nur mit einem Film, weil ich zu spät gemerkt habe, dass man da ja vielleicht für Nachschub sorgen könnte und es ist tatsächlich gar nicht so einfach, Lomofilm zu bekommen. (Foto Frankenberg in Essen kann zwar sonst alles, führt aber nur normale Filme, dafür hat der kleine lustige Laden im Untergeschoss des Einkaufszentrums am Limbecker Platz direkt am U-Bahn-Ausgang eine kleine Auswahl von Filmen für verschiedene Retrokameras.)
Den einen Film habe ich dann auch komplett verschossen. Letztes Wochenende dann das große Drama, als ich den Film zurückspulen wollte. Als an der Kurbel nix mehr ging, öffnete ich die Kamera in Ermangelung einer Dunkelkammer Böses ahnend unter der Bettdecke. Jup. Nix zurückgedreht. Film lag noch schön in der Kamera, es ging nichts nach vorne, nichts nach hinten, dafür konnte ich dann aber auch den Deckel nicht mehr ordentlich schließen und musste mit Paketband nachhelfen.
Gestern brachte ich dann einfach die gesamte Kamera, sicherheitshalber noch in ein schwarzes T-Shirt gewickelt zu Foto Frankenberg und bat darum, doch vielleicht den Film unter professionelleren Bedingungen und mit Expertenhänden aus der Kamera zu fummeln und dann auch gleich zu entwickeln.
Ob die komischen roten Ränder an manchen Bilder jetzt von der fehlgeschlagenen Bettdeckenaktion herstammen, bleibt reine Spekulation. Immerhin war ich geschickt genug, den Film nicht komplett zu vermurksen und ein paar schöne Bilder sind dabei rausgekommen. Fürs nächste Mal muss ich mir merken, dringend öfter mal doppelt zu belichten, das kann nämlich was. Und without further ado nun die ersten Bilder aus der Frankreichlomokollektion. Wir starten mit Arcachon, das kennen wir ja schon, nur jetzt mit noch mehr in Sechszigerjahreoptik und Doppelbelichtung.
Es gibt so Bücher, die sind Augenöffner. Augenöffner, weil sie einen in eine fremde, neue Welt entführen. „Tomorrow Can Wait“ von Monika Scheele Knight ist so eins, ein Buch darüber, wie es ist, mit einem autistischen Kind durch Europa zu reisen.
Monika und ihr Mann Scott haben zunächst versucht, einen Verlag für ihre Buchidee zu finden, scheiterten aber, unter anderem, weil das Thema des Buches wohl ein bisschen zu speziell schien, und finanzierten ihr Projekt dann über Kickstarter. Ich habe mit einem kleinen Beitrag mitfinanziert und dafür jetzt das fertige Buch als eBook und Taschenbuch bekommen.
Mein Bild vom Autismus ist diffus, geprägt von Unwissenheit und den Schnipseln, die man in den Medien so präsentiert bekommt. Ich weiß grob, was es ist, habe aber von den Details keine Ahnung. Wahrscheinlich habe ich in den letzten Jahren das meiste über Autismus und Asperger durch die Serie „Parenthood“ gelernt, ohne dass ich aber auch nur ansatzweise entscheiden könnte, wie realitätsnah das ist.
John wird in den USA geboren, mit 18 Monaten hat er zum ersten Mal epileptische Anfälle. Was folgt, ist eine Odyssee durch amerikanische und deutsche Krankenhäuser, die über zwei Jahre später mit der Diagnose „Autismus“ in Norddeutschland endet. Trotz der Diagnose und der Schwere der Behinderung ihres Kindes wollen sich Monika und Scott nicht aus dem Leben werfen lassen. Und so reisen sie immer wieder quer durch Europa, zusammen mit John, der in Griechenland auf Pferden reitet, in Irland und Tirol auf Berge steigt, und auf Texel Tandem fährt.
Zwölf Reisen von Hiddensee bis auf Mallorca, zwölf Herausforderungen unterschiedlichster Art. John spricht nicht. Das, was in ihm vorgeht, können seine Eltern oft nur ahnen, was er will und was er nicht will, was ihn interessiert und was ihn langweilt. Es sind Reisen voller Experimente, denn es ist schwer abzuschätzen, wie John auf neue Dinge reagiert. So wird auf Irland aus einem vorsichtigen Spaziergang eine unerwartete Bergtour bis auf den Gipfel, während John im heißen Spanien immer und immer und immer wieder „The Sound of Music“guckt.
Eigentlich ist „Tomorrow Can Wait“ nicht ein Buch. Es sind drei Bücher. Es ist ein Buch über Autismus, ein Buch über das Leben mit einem autistischen Kind und eine Sammlung von Reiseberichten. Jedes Kapitel verknüpft diese drei Themen auf wunderbare Weise, jedes Urlaubsziel wird zum Transportvehikel eines neuen Aspektes dieser Behinderung. Es ist ein persönliches Buch, das eine starke und lebensbejahende Geschichte erzählt. Monika Scheele Knight leugnet nicht, dass das Leben mit John selbstverständlich anstrengend und nervenaufreibend sein kann. Doch gleichzeitig zeigt sie die vielen schönen Seiten, eine neue Art, das Leben zu betrachten, Prioritäten neu zu setzen:
„While caretaking could become challenging, our attitude towards life in general had become more careless.“
Ich möchte nicht darüber spekulieren, ob dieses Buch einen breiten Markt hätte erobern können oder nicht, denn es ist ja jetzt auch egal, das Buch ist dank Crowdfunding erschienen und man kann es kaufen und das möchte ich nun jedem empfehlen. An der deutschen Übersetzung wird meines Wissens gearbeitet, auf Englisch kann man es jetzt schon lesen.
„Tomorrow Can Wait“ ist ein Augenöffnerbuch, es ermöglicht einen Blick in ein Leben, das so vielleicht direkt nebenan stattfinden könnte, mir aber unglaublich fremd ist. Und deswegen ist es auch so ein wichtiges Buch. Weil es den Blick erweitert, weil es erklärt ohne zu langweilen, kritisiert ohne anzuklagen, Probleme aufzeigt ohne zu jammern, und die Schönheit beschreibt ohne verklärt zu sein. Weil man es versteht, auch wenn die eigene Lebenswelt meilenweit entfernt scheint.
(Ich hätte auch gerne zum Onlineshops eines Inhabergeführten Buchladens verlinkt, habe aber in einer Stichprobensuche keinen gefunden, der das Buch im Angebot gehabt hätte. Man bekommt es aber bei Amazon.)
Als wir 2010 zum ersten Mal an er französischen Atlantikküste Urlaub machten, landeten wir aus Unwissenheit direkt an den Dünen von Pyla, also wirklich direkt daneben. Die Dünen waren quasi hinterm Haus oder zumindest standen zwischen Haus und Dünen nur ein paar Pinien und ein bisschen Gestrüpp und dann irgendwann nur noch Massen von Sand.
Dass wir ein paar kleine Probleme mit der Ferienwohnung hatten, neben mangelnder Privatsphäre dank voll verglaster Front zum allgemeinen Hauseingang hin und seltsam niedrigen Decken bis hin zum nicht vorhandenen, obwohl angepriesenen Meerblick (Gespräch mit der Agentur: „Aufs Meer kann man auch nicht gucken, von der Terrasse schon mal gar nicht und wenn man sich vorne an die Treppe hinstellt, sieht man auch nichts.“ „Da stehen halt ein paar Bäume vor. “ „KEIN MEERBLICK!“), geschenkt. In der zweiten Woche hatten wir ein Apartment im zweiten Stock, wo keiner reingucken konnte, die Decken für normal große Menschen normal weit vom Kopf weg waren und man vor allem vom Balkon aufs Meer blicken konnte.
Aber davon wollte ich ja gar nicht schreiben. Ich muss nur ein bisschen ausholen, damit wir irgendwie noch nach Arcachon kommen. In Pyla-sur-Mer waren wir jedenfalls nicht so wirklich glücklich, denn der Herr Gemahl wollte ja surfen, dafür waren wir ja extra an die französische Atlantikküste gefahren. Wie sich aber rausstellte, liegt Pyla-sur-Mer am Eingang (oder wie immer man das nennt, ich kennt mich im Meeresfachvokabular nur beschränkt aus) der Bucht von Arcachon und in einer Bucht gibt es keine Wellen und ohne Wellen kann man schlecht surfen. Seitdem fahren wir auch immer nach Biscarrosse-Plage, denn das liegt nicht in einer Bucht, noch nicht mal am Eingang von einer, sondern direkt am Atlantik und da kann man prima surfen.
Aber auch davon wollte ich ja gar nicht schreiben, sondern von Arcachon. Arcachon liegt nämlich mitten in der Bucht von Arcachon und ist der nächstgrößere Ort von Biscarrosse aus gesehen, was bedeutet, dass Arcachon knapp 11.000 Einwohner hat und einem dementsprechend wie eine sensationell große Stadt vorkommt. ES GIBT SOGAR AMPELN! (Jedenfalls eine, von der wir wissen.)
Das tollste an Arcachon ist aber, dass es eine sofort in eine seltsame Sechziger-Jahre-Stimmung versetzt. Während man dann morgens noch walrossmäßig auf einem Brett rumlag und von Wellen überrollt wurde, flaniert man nachmittags im Sommerkleidchen ziellos durch Arcachon. Da spaziert man so durch die Stadt mit den großen weißen Häusern und dann an der Promenade entlang, mit dem Casino und den ganzen Hotels und dem Pier und dem Karussell und überhaupt und man wundert sich, dass einem nicht automatisch ein kleines Kostümchen und eine Grace-Kelly-Frisur wächst und WO IST ÜBERHAUPT MEIN KING CHARLES SPANIEL?!? Wenn es Highsmiths Ripley in Italien nicht mehr gefällt, kommt er bestimmt nach Arcachon.
Alternativ haben wir Arcachon in unserem Nebenberuf als James-Bond-Location-Scouts für einen der nächsten Bondfilme ausgeguckt. Wir stellen uns das so vor: Bond fährt vorm Casino vor, spielt ein paar Runden Poker oder meinetwegen auch Baccara (das wird allerdings nicht in blauer Leuchtschrift angepriesen, muss man vielleicht für den Film anmontieren), muss dann mit einer Yacht durch die Bucht fliehen, landet an den Dünen von Pyla, wo er in einen Gleitschirm steigt und über die Dünen und Pinienwälder bis nach Biscarrosse gleitet, um dann direktameng auf einem Surfbrett zu landen und damit bis an den Strand zu surfen. Wir halten das für eine lebensnahe und umsetzbare Actionsequenz. Die Filmproduzenten können sich dann zur genaueren Besprechung bei uns melden, wir kommen da sicher zusammen.
Das Casino von Arcachon, Schauplatz eines der nächsten Bondfilme. Jedenfalls, wenn es nach uns geht.
Thomas hat ja in meiner Abwesenheit die Erstellung der Lieblingslisten spontan übernommen. Der Vollständigkeit halber gibt’s das jetzt auch noch mal hier, nur damit sich in zehn Jahren niemand wundert, warum es im Juni 2013 keine Lieblingstweets woanders gab. (File under: Sammeltrieb mit Komplettierungszwang, das leidige Übel.)