Einparken wie im Film

Die meisten Filme haben ja nur bedingt etwas mit der Realität zu tun, viele hingegen tun zumindest so, als würden sie in der Realität spielen und bemühen sich, ausreichend wirklichkeitsnah zu sein. Das gelingt oft, es gibt aber, wie mir gestern auffiel, doch immer noch ein paar Details, bei denen Film und Realität nicht so richtig übereinstimmen.

Nein nein, es geht jetzt nicht darum, dass in Filmen so selten jemand auf Toilette muss und Frauen bei Sexszenen in amerikanischen Filmen grundsätzlich mindestens noch einen BH anhaben. Das sind leidige Themen, die haben wir doch schon ausdiskutiert und es wird immerhin ein bisschen besser.

Statt dessen habe ich folgende Standardsituationen unrealistischer Darstellungen von Alltagsszenen im Film ausgemacht:

1. Parken. Im Film sucht niemand niemals einen Parkplatz. Man fährt irgendwohin, und dann ist da zufällig ein Parkplatz genau vor der Tür. Man muss ach nie weit laufen, weil man erst fünfzehn Minuten um den Block kurvte, um dann einen halben Kilometer weit weg nur mit Glück doch noch was zu finden. Das mag in manchen Städten sogar halbwegs glaubwürdig sein, nicht aber in New York City oder San Francisco, erst recht nicht in Paris oder eigentlich jeder halbwegs bewohnten deutschen Großstadt.

Viel glaubwürdiger wäre folgende Szene:

Zwei Personen kommen aus einer Lokalität, in der sie gerade irgendwas erledigen mussten.

Person 1: Und was machen wir jetzt?

Person 2: Jetzt fahren wir zu Dingensich und fragen sie Diesunddas.

Person 1: Wo steht dein Wagen?

Person 2: Da hinten. Ich hatte wirklich Glück und habe nur drei Blocks weiter eine Parklücke gefunden.

Und dann laufen die Personen erstmal sieben Minuten zum Auto. Aber das kann man meinetwegen auch schneiden.

2. Bestellen. Gestern habe ich mit meinem Mann die zweite Hälfte eines Actionthrillers geguckt. Die Handlung tut nichts zur Sache, ich habe sie auch nicht verstanden, weil ich ja nur die zweite Hälfte geguckt habe und das auch nur, weil ich mit auf dem Sofa saß. Jedenfalls saß da Robert de Niro mit Ivonne Strahowski in einem Restaurant und bestellte (jetzt Obacht!) „einen Tee und einen Rotwein“.

Sofort stellten sich mir Fragen: Was für ein Tee? Schwarz, grün, Kräuter- oder Früchtetee? Und wenn schwarz, ein Earl Grey, ein Darjeeling? Wenn Kräuter, Pfefferminz, Melisse, Fenchel? Und was für ein Rotwein? Den Hauswein? Ein Glas oder eine Karaffe?

Aber alle Fragen blieben unbeantwortet, der Kellner zog ab mit einer vollkommen unvollständigen Bestellung und kam auch nicht wieder, um noch mal nachzufragen. Das geht so im richtigen Leben nicht. Das will man ja auch im richtigen Leben gar nicht, sonst bekommt man nämlich Anis-Fenchel-Kümmel-Tee und halbtrockenen Dornfelder. Da Risiko ist zu hoch.

3. Bezahlen. Immer wieder dampfen gerade in amerikanischen Filmen Menschen wütend oder zumindest in Eile aus einem Restaurant oder einer Bar ab und man sieht nur, wie sie noch ein paar zerknitterte Scheine auf die Tresen knallen, mit dem anscheinend die Rechnung beglichen werden soll. JA, SIND DAS DENN ALLES KOPFRECHEN- UND GEDÄCHTNISKÜNSTLER? Wenn ich bezahle, muss ich immer mindestens noch mal die Speise- oder Getränkekarte konsultieren, dann brauche ich ein bisschen Zeit, um alles im Kopf zusammenzurechnen und dann habe ich hoffentlich das Geld so passend dabei, dass ich nicht noch auf Wechselgeld warten müsste.

Ich habe für dieses Rätsel noch keine Lösung gefunden. Vielleicht wird in diesen Szenen immer ein riesiges Trinkgeld gegeben, damit man auf jeden Fall genug bezahlt hat. Oder die Filmcharaktere riskieren, dass die Mindestlohnbezahlten amerikanischen Kellner überhaupt nichts bekommen. Oder es sind wirklich alles Kopfrechen- und Gedächtniskünstler, die sofort wissen, was sie bezahlen müssen und dank sorgfältig vorbereiteter Geldscheinsituation im Portemonnaie auch genau die passende Summe jederzeit griffbereit haben.

Aber auch das kommt mir irgendwie nicht realistisch vor.

12 Antworten auf „Einparken wie im Film“

  1. Die Parkplatznummer hat mich auch schon immer irritiert.

    Und ich habe noch eins: die Tatorttopologie der Städte: wenn wirklich jeder Weg durch die Stadt an einer Sehenswürdigkeit vorbeiführt (z.B. im Tatort München immer über eine Isarbrücke, auch wenn Start und Ziel auf der gleichen Isarseite liegen).

  2. Was mich ja immer irritiert: Abgesehen vom BH bei den Sexszenen, was machen die mit ihren Socken? Das Paar zieht sich gegenseitig aus, alles sexy, aber der unwürdige Teil mit der Sockenauszieherei fehlt immer. Niemand kann Socken sexy ausziehen. Und den BH kriegen die Männer auch immer auf (es sei denn es ist eine schlechte Komödie). Ich finde da werden ganz unrealistische Maßstäbe gesetzt.

  3. Mhh, also bei mir ist es tatsächlich so, dass ich grob im Kopf mitrechne wie hoch meine Rechnung sein wird. Ich runde immer auf die nächsthöhere 50 cent auf und rechne im Kopf zusammen. Wenn ich ein weiteres Bier bestelle denke ich direkt +2 Euro wenn ich mir einen Nachtisch bestelle theoretisch +4,50 (wenn der Nachtisch beispielsweise 4,20 kostet). Am Ende kommt dann die Rechnung und ich bin mit meiner Schätzung recht nah dran. Ich bestelle aber auch nie etwas ohne zu wissen was es kostet, und wenn doch, dann gucke ich direkt nach der Bestellung nach. Irgendwie ein Tick von mir. Ich habe immer Angst zu wenig Bargeld dabei zu haben.

  4. Beim Bezahlen denke ich, dass die Leute einfach früher mal als Kellner gejobbt haben. Hab ich während dem Studium selber gemacht und weiß bis heute immer was ich pimaldaumen bezahlen muss. Nervig in Filmen ist, dass die Leute sich ohne Taschenlampe und Rückendeckung in dunkle Räume/Keller/Lagerhäuser hineintasten. Das geht doch meist auf sehr unschöne Art schief.
    Andersrum geht´s aber auch bekloppt: Nämlich Leute, die ein Nummerschild mit „666“ haben. Da frag ich mich, ob die keine Filme schauen oder ob´s eine absichtliche Herausforderung sein soll.

  5. Das mit dem Bezahlen klappt im Film auch mit Taxifahrern: In die Tasche greifen und das Geld ohne weiter hinzusehen an den Fahrer weitergeben und der Betrag stimmt immer.

  6. Das mit dem Bezahlen finde ich nicht ungewöhnlich. Es gibt ja viele Länder, in denen man im Restaurant das Geld hinlegt inkl. Trinkgeld und dann geht ohne das Annehmen durch den Kellner abzuwarten. Meist bittet man zwar vorher um die Rechnung, aber dann wird das Geld auf den Teller gelegt – aufstehen, gehen, fertig. Ist mir vertraut. Kann man vermutlich auch ohne den Zwischenschritt der Rechnungsbringung machen. Man sollte dann allerdings wissen, was man zu zahlen hat. Ich kann so was eigentlich auch ganz gut im Kopf behalten und hätte kein Problem damit den passenden Schein auf den Tisch zu legen. ;)

  7. Ja, parken können die im Film immer direkt vorm Haus / Lokal / Tatort – und das Auto muss auch nie auf- oder abgeschlossen werden. Früher, als man das noch stinknormal mit dem Schlüssel im Schloss machen musste, hätte das vermutlich auch wertvolle Filmsekunden gekostet.

  8. Die Bezahlsituation im Restaurant – geschenkt, das scheint in Ländern, in denen ein fester Trinkgeldsatz üblich ist, eher zu passieren. Die Bestellung dort – nun, vermutlich kommt er täglich und ist nicht experimentierfreudig in Bezug auf die Speisekarte.

    Viel spektakulärer finde ich hingegen, dass die Straßen immer sauber sind. Sie fahren durch eine Großstadt, die Gegend ist „Ghetto“ – und da liegt nicht ein Fitzelchen Papier auf den Straßen, es hockt kein Penner irgendwo, die Häuser sind ohne Graffiti und selbstverständlich materialisiert sich auch die passende Buslinie in Sekundenbruchteilen nach Ankunft der Protagonisten, gutgelaunter Fahrer inklusive.

  9. Und nicht zu vergessen: Wenn die Helden Autofahren, dann schnallen sie sich NIE an, nicht einmal, wenn es vorher im Film einen schlimmen Unfall gab oder die Helden von der Polizei sind (ich überschlage im Kopf dann immer die Strafzettelhöhe …). Wenigstens sieht man sie während der Fahrt nicht mehr so häufig mit Telefon am Ohr.

  10. Und nicht zu vergessen, gern im Tatort – bis heute übrigens: KommissarIn holt das alte Nokia-Handy / das neue Smartphone aus der Tasche und ruft KollegIn an. Tippt dazu frei aus dem Kopf und sehr schnell die Nummer ein, es tutet 1x, dann geht jemand dran.
    Von „Adressbüchern“ haben die auch alle noch nix gehört.

  11. Beim Parken wird auch nie seitwärts eingeparkt oder mal gezirkelt, weil der Platz doch etwas kleines ausfällt als gedacht.
    Schusssichere Westen bei einem Polizeieinsatz sind sowieso was für Anfänger und das ganze kann Frau auch mit Absätzen in welchen ich normalerweise an der Bar sitze und einen Cocktail schlürfe.
    Wechselgeld erhält ebenfalls niemand- da sie immer und überall den korrekten Schein haben.

    Es gibt wohl tausende solcher Beispiele. Obwohl mich immer am meisten aufregt, wenn die Kaffeebecher und Tassen leer sind. Man merkt es daran wie die Darsteller die Becher tragen und anheben. Wenigstens Wasser könnte man da doch verwenden – versteh ich nicht.

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