Zu viel gelesen, zu wenig Zeit, darüber zu schreiben, also gibt es die Lektüreverarbeitung des Januars eben im Schnelldurchlauf.
Sehr gefreut über Rattatatam, mein Herz von Franziska Seyboldt (@mareiwilltanzen), die in diesem autobiographischen Roman von ihrer Angststörung erzählt, die sie schon ihr ganzes Leben wie eine treue, aber sehr nervige Freundin begleitet und der sie sich erst richtig entgegenstellen kann, als sie beschließt, sie nicht mehr zu verleugnen. Ein sehr persönliches Buch, das mit erstaunlich viel Humor an die Sache herangeht. Leider bleibt das Thema Angststörung dabei für Nichtbetroffene immer noch zu schwer fassbar und verschwindet ein bisschen im Metaphorischen.
Der Tag, an dem Hope verschwand von Claire North habe ich als Hörbuch gehört. Das Genre lässt sich kaum feststellen, Drama, Thriller, Fantasy, Science Fiction? Niemand erinnert sich an Hope, sobald sie aus dem Blickfeld verschwindet. Dieses merkwürdige Phänomen ermöglicht ihr zwar ein Leben als Diebin, macht sie aber auch zum einsamsten Menschen der Welt. Dann stirbt Reina, der einzige Mensche, mit dem sie eine Art Freundschaft verbindet. Hope glaubt nicht an Selbstmord und macht sich auf die Suche nach Antworten. Man muss sich erst ein bisschen an die Prämisse des Buchs und den damit verbundenen Schwierigkeiten, die Hopes Leben bestimmen, gewöhnen, dann ist das aber eine wirklich exquisite, vielschichtige und ungewöhnliche Geschichte.
Außerdem Frankenstein von Mary Shelley gelesen. Zum ersten Mal und sehr verwundert gewesen darüber, dass nichts an dem Buch so ist, wie man es sich vorgestellt hat. Das Motiv ist ja bekannt, aber die Umsetzung ist so ganz anders als ich es erwartete. In diesem Sinne ein quasi klassisches Science-Fiction-Buch, in dem es am Ende gar nicht um die technischen Errungenschaften und Möglichkeiten geht, sondern um die moralischen und ethischen Fragen, die sich unmittelbar anschließen.
Ebenfalls als Hörbuch gehört: Ich, Eleanor Oliphant von Gail Honeyman. An diesem Buch scheinen sich die Geister zu scheiden. Ich hörte viel Gutes darüber, im Nachgang aber auch einige kritische Stimmen. Allerdings gehöre ich zu der Fraktion, die dieses Buch, in dem eine soziale Außenseiterin sich mehr oder weniger unfreiwillig ins Leben der anderen kämpft, von vorne bis hinten sehr geliebt und innerlich abgefeiert haben. Die Stimme der Erzählerin ist wunderbar, so dass ihre teilweise absurden Weltvorstellungen schnell gar nicht mehr so absurd wirken. Auch die restlichen Charaktere sind in ihrer Unperfektheit liebenswert und nahbar. Eine Geschichte, die mich sehr glücklich gemacht hat.
Und endlich fertig gelesen: Recoding Gender von Janet Abbate. Eine Aufarbeitung der Geschichte der Frauen in der IT in den USA und Großbritannien, von den ersten Programmiererinnen im zweiten Weltkrieg und an den ersten Großrechnern bis in die Gegenwart. Man erfährt viel über die Arbeitsbedingungen und die Einschränkungen und Benachteiligungen, die es Frauen erschwerten, sich in dieser Branche zu entfalten und mithalten zu können. Das Ganze ist sehr dicht, nicht direkt trocken, aber doch mit offensichtlichem wissenschaftlichen Anspruch. Wenn man sich einmal darauf einlässt, wird man aber mit vielen neuen Erkenntnissen belohnt und möchte aber auch gelegentlich irgendwen hauen.
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