Balkongärtnern 2015 – Wie alles begann (Teil 1)

Gartenkram

Als wir auf dem Parkplatz vom Gartencenter zum Stehen kommen, sagt der werte Herr Gemahl mit konsterniertem Gesichtsausdruck: „Hier ist ja gar kein Baumarkt!“

Nein, sage ich, da ist kein Baumarkt. Hier ist ein Gartencenter, und zwar nur ein Gartencenter. Ein Gartencenter mit ohne Baumarkt. Das ist nur fair, schließlich gibt es auch Baumärkte mit ohne Gartencenter. Nur so bleibt das Universum im Gleichgewicht.

Eigentlich fängt die Geschichte aber ja noch früher an. Im Oktober kauften wir eine Wohnung und erhöhten die Anzahl der verfügbaren Balkone von null auf vier. Eine Steigerung, die man in Prozentzahl gar nicht angeben kann, weil vorher ja gar nichts da war. Um genau zu sein hängt an jedem Zimmer ein Balkon, wir haben einen Nordwestbalkon, einen Nordostbalkon, einen Südwestbalkon und einen Südostbalkon. Dafür haben wir exakt ein Fenster, das man auch öffnen kann und dazu exakt eine Fensterbank. Alle anderen zu öffnenden Glasdinger sind Balkontüren.

Jetzt bringen so Balkone ja auch eine gewisse Verantwortung mit sich, denn sie wollen genutzt werden. Zum Sitzen natürlich, aber auch für Grünzeug. So fing das also an. Seit einer Woche nerve ich also den werten Herrn Gemahl mit der Frage „Wann fahren wir zum Gartencenter?“ Das konnte er sehr erfolgreich ein paar Abende mit Scheinargumenten abblocken, heute kann er sich aber nicht wehren. Wir parken vorm Gartencenter.

Blumenkasten

Das Gartencenter liegt direkt gegenüber vom Flughafen Essen/Mülheim und ist überzeugend groß und gut ausgestattet. Man läuft vom warmen Innenbereich durch den etwas kühleren überdachten Halbaußenbereich in den heute wetterbedingt eher kühlen Außenbereich. Einen Salweidenstrauch wollte ich und vielleicht Flieder. Möglicherweise einen Himbeerstrauch. Man muss ja langsam machen. Ich habe nämlich viel von meinem Vater geerbt, aber leider nicht seinen grünen Daumen. Möglicherweise habe ich auch einfach seine Geduld und seine Bereitschaft zum Garteneinsatz nicht geerbt, das mit Pflanzen und mir ist jedenfalls so ein zwiespältiges Ding. Ich würde gerne und ich weiß auch gar nicht so wenig, allein in der Praxis scheitere ich gerne. Also langsam machen.

Nachdem die Enttäuschung über den fehlenden Baumarkt gewichen ist, gesellt sich mein Mann immerhin zu mir. Flieder, sage ich, guck, der riecht auch gut. Und zack, damit hab ich ihn. Da hätte ich auch früher drauf kommen können. Den Mann, der am Flughafen immer gerne im Duty-Free-Shop verschwindet, um an Parfums zu riechen, kriege ich natürlich am besten mit Dingen, die irgendwie duften. Wir laufen zu einer Frau in roter Jacke und fragen, ob sie uns mit dem Flieder helfen kann. Kann sie leider nicht, da sind die Kollegen für zuständig, sie könnte uns aber bei Kräutern und so weiterhelfen. Lavendel, sagt der Duftliebhaber an meiner Seite. Lavendel zum Beispiel, sagt sie und zeigt uns große Lavendelbüsche. Die sind auch winterhart, kann man jetzt schon rausstellen. Das Rosmarinbäumchen darunter ist auch hübsch, aber nicht winterhart. Dann gucken wir uns andere Kräuter an, ich packe Bärlauch in den Wagen zum Lavendel, zu den Balkonkästen und der Qualitätsblumenerde und entdecke die Erdbeeren.

Erdbeeren möchte ich auch haben. Die Frau erklärt mir alles mögliche über Erdbeeren, welche pflegeleicht sind, welche wann und wie lang tragen, wie weit man sie auseinanderpflanzen muss. Ich nehme zehn Töpfchen Hängeerdbeeren.

Hängeerdbeeren

Dann bestellen wir Frühstück im Gartencentercafé, das dauert aber noch zehn Minuten, bis die Kollegin wiederkommt. In der Zeit gucke ich mir Dünger und Samen an, nehme Blumendünger und Beerendünger, stehe zweifelnd vor den Tomatensamen und sage mir dann aber wieder: Immer langsam. Erstmal Blümchen und Erdbeeren. Dann gucken wir weiter. Nach dem Frühstück gehe ich nochmal alleine nach draußen und lasse mir von jemandem, der dafür zuständig ist, Flieder und Beeren erklären. Für Beeren brauche ich eine Rankhilfe, für Flieder einen größeren Kübel und Blumenerde mit Ton (am besten). Das verstehe ich, scheint mir auch alles keine Raketenwissenschaft, dafür muss ich aber zu Hause noch mal überlegen, wie wir das am besten machen können. Immerhin stelle ich kluge Fragen, frage nach Mehrjährigkeit, wann man am besten kauft, ob eher sonnig oder schattig und andere Dinge, mit denen ich zumindest ein bisschen so tun kann, als wäre ich kein kompletter Pflanzenidiot.

Dann kaufe ich noch Blümchen. Blümchen sind auch gut, die sollen auf den Nordwestbalkon, die armen. Da ist nämlich das Schlafzimmer und ich würde morgens beim Aufwachen gerne Blümchen sehen. Also: Primeln, Vergissmeinnicht, Krokus, Hyacinthen (die gelben und die Trauben) und Maiglöckchen. Waren Maiglöckchen nicht giftig? Vergiften die dann die anderen Pflanzen? Darf man die zusammen pflanzen? Ich habe keine Lust zu fragen und beschließe, das Risiko einzugehen. Die Maiglöckchen dürfen mit.

Zeugs

Mit Bärlauch, Lavendel, Hängeerdbeeren, sehr vielen Blümchen, Qualitätsblumenerde, vier Blumenkästen und Blumenkastenhaltern, Dünger und einer Packung Wildsalatsamen gehen wir zur Kasse. Die Summe ist dreistellig. Natürlich ist sie das. Und ich hab mich noch so zurückgehalten. Keinen Flieder gekauft, keine Himbeeren, keinen Salweidenstrauch, keine Zierkirsche, keinen Kartoffeltopf mit Saatkartoffeln. Keine Tomatensamen, keine Anzuchtpads, kein Salatgewächshaus. Eigentlich habe ich gar nichts gekauft. Erschreckend stelle ich fest, dass es ganz schön teuer werden wird, vier Balkone zu haben. Und da ist der Webergrill und die Pflanz- und Sitzmöbel noch gar nicht mit eingerechnet.

Wir verpacken alles im Auto, gucken noch einmal zum Flughafen mit dem großen Zeppelinzelt und fahren quer übers Mülheimer Land bis zur A40 und dann nach Hause. Und wie ich dann auf dem Balkon kniete, auf einmal eine Bohrmaschine brauchte und trotz Abitur an den Balkonkastenhaltern scheiterte, das erzähle ich dann in Teil 2 der Balkongartensaga.

4 Antworten auf „Balkongärtnern 2015 – Wie alles begann (Teil 1)“

  1. Für Kartoffeln brauchst Du übrigens nur den Topf und Erde – wir setzen jedes Jahr einfach eine „Esskartoffel“ (also was halt so zum Kochen gekauft wurde) und das klappt auch. Frohes Gärtnern! Cloud.

  2. Balkonkastenhalter scheinen mir ja eines dieser Rästel zu sein, welche die Menschheit noch zu lösen hat. ;)

    Im Gartencenter vergesse ich mich auch regelmäßig: In Bezug auf Größe meines Balkons (nur einer!) und dem verfügbaren Kontoguthaben. Aber nun. Dafür sehen sie schließlich schön niedlich aus – die Pflanzen.

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