Kann man nicht kochen können?

Ich stellte gestern auf Twitter und auf Facebook die wirklich ernst gemeinte Frage, ob Menschen, die von sich behaupten, nicht kochen zu können, es auch mehr als drei Mal versucht haben?

Die Frage stieß auf erstaunliche Resonanz und die Antworten zeigten eine große Bandbreite sowohl in Hinblick darauf, wie man die Frage verstehen konnte, als auch in Hinblick darauf, vor welchen Probleme Kochneulinge stehen. Probleme, die mir so gar nicht klar waren.

Eines gleich vorweg: Mir ging es nicht um den Spaß am Kochen. Mir ging es auch nicht darum, ob man ein Drei-Gänge-Menü für Gäste kochen kann oder darum, Menschen, die nicht gerne kochen, irgendwie zu beschämen. Ja, ich koche gerne, aber ich mache andere Sachen auch nicht gerne, die anderen Leuten großen Spaß bereiten und ich habe da auch keine Lust, Rede und Antwort zu stehen, warum ich diese Dinge nicht tun möchte.

Es ging mir aber tatsächlich nicht ums Mögen oder um ein bestimmtes Niveau, sondern um das wirklich ganz basale Können.

Hier lauerte direkt die nächste Falle: Menschen definieren Können unterschiedlich. Deswegen hier auch direkt meine Definition von „Kochen können“: Kochen können bedeutet, dass ich in der Lage bin, aus Lebensmitteln etwas herzustellen, dass man nachher auch essen möchte und das jetzt über das Belegen eines Brotes mit einer Käsescheibe hinausgeht. Wer ein Rührei braten, Nudeln oder Kartoffeln kochen und den Teig für einen Pfannkuchen (für die Leser aus dem Osten: Eierkuchen) zusammenquirlen kann, qualifiziert sich schon für das Prädikat „Kann kochen“. Es darf auch mit Fertigmitteln geholfen werden und die Tomatensoße aus dem Glas genommen werden. Hätten wir das auch geklärt.

Kurz nachdem ich die Frage gestellt hatte, schrieb Kathrin Passig:

Programmieren übrigens genauso. Ich vermute, auch die Hindernisse sind ähnliche: mit jemandem im selben Haushalt leben, der es halt schon kann, zum Beispiel.

Und Kerstin Hoffmann fügte hinzu:

„Können Sie Klavier spielen?“
„Keine Ahnung, noch nie ausprobiert.“

Wir sind also immer noch nicht beim eigentlichen Kochen angekommen, sondern klären weiter Grundsätzlichkeiten: Natürlich kann man die Frage für ungefähr alles, was man irgendwie Lernen muss, stellen, denn etwas Neues zu lernen beinhaltet erstens immer, dass man es öfter als drei Mal versucht und zweitens, dass man es überhaupt ausprobiert.

Auf letzteres kam es mir eben genau auch bei meiner Frage an, bezieht sich die Aussage „Ich kann nicht kochen“ üblicherweise darauf, dass man es einfach noch nie gemacht hat, oder bezieht sie sich auf zahlreiche erfolglose Versuche, es zu versuchen. Beide Varianten öffnen sofort die Tür für weitere interessante Fragen: „Wenn man es noch nie versucht hat, warum?“ und „Besteht die Annahme, dass man Kochen einfach kann oder nicht kann?“ und „Wenn man es schon oft versucht hat, woran ist es gescheitert?“ und natürlich die Frage: „Gibt es Menschen, die einfach nicht kochen können?“

Jetzt gibt es natürlich berechtigte Gegenfragen: „Warum geht es dir ausgerechnet ums Kochen?“ „Muss man Kochen können?“ und „Wie kommst du drauf, dass es dich was angeht, ob ich Kochen kann oder will?“

Auf letztere Frage habe ich die einfache Antwort: Es geht mich gar nichts an, aber es interessiert mich, weil es für mich so selbstverständlich ist, dass man kocht oder zumindest kochen kann, dass ich in der Tat verstehen will, was andere Menschen daran hindern könnte. Es geht mir ums Kochen, weil das ein Bereich ist, der immer präsent ist, weil wir alle essen. Man kann es wie Frank Lachmann machen und auf Soylent umsteigen, dann ist man dieses Problem natürlich auch los, aber selbst Soylent muss man zusammenrühren. Und nein, man muss nicht Kochen können.

Kochen kann man nicht, Kochen lernt man

Und jetzt kommen wir zu dem, worauf ich eigentlich hinauswollte: Fast niemand kann einfach so kochen. Ich habe das auch in vielen Jahren gelernt, Stück für Stück und ich habe erst vor kurzem begriffen, wie man Kartoffeln richtig kocht und kämpfe immer noch mit Hefeteig. Mit sechs Jahren notierte ich das Rezept für Bobos. In der Grundschule konnte ich Spiegeleier braten. Als Teenager verfeinerte ich Dosenbohnen in Chilisauce mit Zwiebeln, Paprika und Dosenmais oder strich Fertigsalsasauce auf TK-Blätterteig, streute Käse drüber und überbuk es im Ofen. Mein Lieblingssalat bestand aus Mais, roten Bohnen, Zwiebeln und unglaublich viel Essig. Auch alles Sachen, die ich als „Ich kann kochen“ durchgehen lassen würde, übrigens.

Mich interessiert, ob es ein Missverständnis gibt, nach dem Leute, die kochen können das selbstverständlich in die Wiege gelegt bekommen haben oder von ihren Eltern oder Großeltern von Kindesbeinen an in die große Kochkunst eingewiesen wurden. Ich bin zwischen Tütensuppe und ausgenommener Forelle großgeworden. Tatsächlich habe ich bei meiner Oma in der Küche zugeguckt und mit meiner Mutter Kekse gebacken, aber ich erinnere mich nicht daran, dass es jemals größere Kochlehrstunden gab. Was es immer gab, unbestritten, ist ein Interesse an Essen und das, obwohl ich als Kind ein ganz schlimmes Mäkelkind war und quasi kein Gemüse gegessen habe.

In der neunten und zehnten Klasse hatte ich Hauswirtschaft als Wahlpflichtfach und habe auch da ein bisschen Kochen gelernt. Das klingt übrigens nur so lange lustig und antiquiert, bis man weiß, dass die Hauswirtschaftslehrerin auch Chemielehrerin war und man zwar alle paar Wochen mal in der Schulküche kocht, aber den Rest der Zeit etwas über Nährstoffe, die unterschiedlichen Garmethoden und was da so mit dem Essen passiert und Essstörungen lernte. Dann klingt es auf einmal wie etwas, das man wie Informatik und Wirtschaftswesen sinnvollerweise direkt als Pflichtfach einführen sollte, aber das ist eine andere Diskussion.

Trotzdem sind mir im Laufe der Jahre auch viele Gerichte missglückt, ich habe das Salz an den Nudeln vergessen und dafür die Soße versalzen, Kuchen sind im Ofen verkokelt oder waren trocken und verklumpte Vanillesoße wurde in den Ausguss geschüttet. Von Hefeteig will ich gar nicht anfangen, der hat mir erst vor wenigen Tagen wieder die Mitarbeit verweigert.

Dementsprechend frage ich mich eben, ob es ein Missverständnis gibt, dass bei Leuten, die wie ich gerne und viel kochen, nie irgendwas schief geht oder einfach nicht schmeckt. Doch, doch, tut es. Wie bei allen anderen Dingen auch, hat Können etwas mit Lernen zu tun und Lernen etwas mit Fehler machen. Auch, wie man lernt, ist vollkommen unterschiedlich. Ich habe mich über Fertigprodukte und einfache Rezepte an die Sache rangetastet. Andere Leute halfen als Kind in der Küche mit. Wieder andere schnappten sich irgendwann ein Schulkochbuch und haben erstmal gelernt, wie man Salzkartoffeln kocht.

Glasig dünsten, hä?

Das Problem ist eben auch, dass man irgendwann den Blick dafür verliert, was alles überhaupt nicht selbstverständlich ist, eben weil man es so verinnerlicht hat, dass man gar nicht mehr drüber nachdenkt. Wenn in Rezepten „Zwiebeln glasig dünsten“ steht, dann weiß ich, was damit gemeint ist, aber warum ich das weiß, kann ich noch nicht mal mehr sagen.

Auf Facebook schrieb Max von Webel:

Das ist definitiv eines der Hauptprobleme mit Rezepten, dass sie zum einen hyper-exakt sind: 200g Butter! Nicht 201g, nicht 199g sondern exakt! 200g! Andererseits dann aber in die totale Beliebigkeit abrutschen „nach Geschmack würzen“ (wtf?). Meine Lieblingsformulierung ist „goldbraun anbraten“. Ich hab noch nie irgendwas gesehen, was „goldbraun“ war, das ist einfach keine Farbe.

Meine spontane Reaktion war: Natürlich müssen es nicht genau 200 Gramm Butter sein, es dürfen in fast allen Fällen sogar 190 Gramm sein oder 205 Gramm. Selbst beim Backen, wo es ja durchaus exakter zugeht als beim Kochen, muss man nicht grammgenau abmessen. Und: Ich weiß vermutlich auch, was „goldbraun anbraten“ bedeutet, auch wenn mir diese Formulierung gar nicht so geläufig vorkommt. Butter lässt man goldbraun werden, aber nicht das, was man darin anbrät. Es ist genauso wie „Zwiebeln glasig dünsten“, ich weiß, was gemeint ist und wie es aussehen soll und darüber, dass man es nicht wissen könnte, muss ich mir erst bewusst klar werden.

Darauf aufbauend ergab sich die Frage, warum es denn nicht einfach ganz genaue Rezepte gibt, so dass es wirklich keinerlei Raum für Abweichungen gibt. Die Antwort darauf hat Franziska Robertz gegeben:

Zum einen ist z.B. jeder Ofen anders, was das gleichmäßige Backen betrifft. Auch sollte man seine technischen Küchengeräte schon gut kennen und wirklich die Gebrauchsanweisung zumindest überfliegen. Ich erlebe es in einigen Backgruppen immer wieder, dass Leute z.B. ihre KitchenAid töten, weil sie den Hefeteig darin auf höchster Stufe vermengen (geringste Stufe wird empfohlen).
Zum anderen sind besonders fleischige Zutaten nicht immer gleich. Nur weil heute das eine Steak perfekt gelingt, muss es das morgen unter gleichen Bedingungen keineswegs. Gerade Naturprodukte wie Fleisch sind extrem individuell. Das gleiche Stück Fleisch kann nächstes Mal total zäh sein, obwohl man es genauso gebraten hat wie das davor. Eben weil es von einem anderen Tier stammt, das völlig andere Eigenschaften hat. […] Geht auch mit Zitronen: Der Saft einer Zitrone kann unter Umständen nur 15 ml sein oder eben 115 ml. Wenn in Rezepten solche ungenauen Angaben stehen wie 1 Zitrone oder so und man noch kein Gefühl für das Kochen bzw. für Rezepte entwickelt hat, kann einem das Ergebnis ganz schön sauer aufstoßen.

Auf einmal diskutierten wir Dinge, die ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, weil sie für mich Selbstverständlichkeiten sind. Dass sich nicht jede Zutat immer gleich verhält, dass Rezepte immer Raum für Interpretationen lassen und an vielen Stellen nur Vorschläge sind und man die Paprika statt in Würfel auch in kleine Rauten schneiden kann, weil „in Würfel schneiden“ in Rezeptlingo einfach ein gängiger Begriff ist. Dass wir es generell bei Rezepten mit Grundannahmen und Begriffen zu tun haben, die sich für komplette Anfänger gar nicht wie selbstverständlich erschließen.

Nicht können oder nicht wollen?

Nach wie vor suche ich noch auf Antworten auf meine Frage, es haben sich eher noch mehr Fragen aufgetan und spannende Diskussionen ergeben, mit denen ich nicht gerechnet habe.

Oft wurde meine Frage mit „Warum willst du nicht Kochen lernen?“ verwechselt und entsprechende Gründe angegeben: Keine Lust, kein Interesse, keine Zeit, der Partner kocht gut, es gibt Lieferdienste und Fertiggerichte und ich esse sowieso lieber kalt (wobei ich einen selbst zusammengeschnibbelten Salat auch schon als Kochen gelten lassen würde). Es besteht keine Notwendigkeit, es zu lernen, also tut man es nicht.

Wenn man jetzt aber zu meiner Basisvorstellung von „Kochen können“ zurückkommt, also Rührei und Nudeln mit Soße, gibt es dann immer noch Leute, die von sich sagen, sie könnten das nicht und vor allem: Mit welchen Vorstellungen geht man an die Sache heran?

Ich habe mich letztes Jahr sehr über einen Artikel bei Vice.com geärgert, in dem eine Kochanfängerin darüber schrieb, wie sie versuchte, Rezepte von Tasty nachzukochen und kläglich scheiterte. (Zur Erklärung, bei Tasty handelt es sich um die gerade auf Facebook veröffentlichten Kochanleitungen, wo man alles nur von oben sieht und es jenseits des Visuellen keine begleitende Erklärung gibt.) Die Autorin machte aus meiner Sicht einen entscheidenden Fehler, den sie sogar kokett ankündigte: Sie erklärte, dass sie zwar keine Ahnung vom Kochen hätte, wenn ihr aber etwas nicht klar wäre, dann würde sie das einfach frei Schnauze und nach Gefühl machen.

Hier ein kleines Geheimnis: Wenn man sich beim Kochen nicht sicher ist und keine große Kocherfahrung hat, dann hat man auch ziemlich sicher kein Gefühl dafür, wie etwas zu tun ist. Das gilt vermutlich nicht nur fürs Kochen.

Wie erwartet ging ungefähr alles schief, teils, weil die Rezepte zu kompliziert waren, teils, weil die Mengenangaben in amerikanischen cups angegeben waren und die Autorin ja eben nicht nachgucken wollte, wie viel das ist (Spoiler: eine amerikanische cup sind ungefähr 235 ml) und dementsprechend einfach irgendwas gemacht hat und teils, weil es halt einfach nicht geklappt hat.

Meine Quintessenz war: Wenn man sich selbst als Kochanfänger bezeichnet, dann ist die Chance, dass man erfolgreich ist, wenn man nach Rezepten kocht, die man nicht komplett versteht, erstaunlich gering. Es ist ein bisschen so, als würde man nach drei Wochen Klavierunterricht versuchen, eine Sonate von Beethoven zu spielen und dann erbost das Notenheft gegen die Wand werfen, wenn es nicht klappt.

Was heißt überhaupt (nicht) kochen können?

Bevor dieser Beitrag jetzt aber endlos umhermäandert und nicht zum Punkt kommt, versuche ich noch mal auf die Ursprungsfrage zurückzukommen und darauf, wie ich überhaupt darauf kam:

Haben Menschen, die von sich behaupten, nicht kochen zu können, es mehr als drei Mal versucht?

Die Frage beschäftigte mich, weil ich dahinter eben ein Missverständnis des Kochenkönnens und -lernens vermutete. Wahrscheinlich gibt es tatsächlich Menschen, die gerne kochen könnten, die es auch schon oft versucht haben, aber bei denen es einfach nicht klappt. Da interessiert mich, was da nicht klappt, wie an die Sache herangegangen wird und wo die Frustrationsgrenze ist. Aber ich glaube auch, dass es Menschen gibt, die einerseits kein Interesse daran haben, es zu lernen und es deswegen auch noch nie versucht haben, die aber vielleicht auch irgendein Grundtalent bei ihren kochenden Mitmenschen vermuten, das so meiner Erfahrung nach in den allerwenigstens Fällen tatsächlich da ist. Wir haben das eben auch alles gelernt und auf dem Weg ist uns ziemlich viel verbrannt, verkocht oder ungewollt halb roh auf den Teller gekommen.

Es geht nicht um Freude, Spaß oder Interesse, sondern die einfache Frage, ob man in der Lage wäre, ein akzeptables Rührei mit Speck hinzukriegen, wenn es halt sei müsste.

Wenn mir ein Knopf an der Jacke abfällt, dann bringe ich das auch meistens zu meinem spanischen Schneider und zahle ihm zwei Euro fürs Wiederannähen. Ich könnte den Knopf im Ernstfall aber auch selber annähen, ich besitze Nadel und Faden und kann einen Knoten machen. Der Knopf sitzt dann ein bisschen wackliger, auf der Rückseite sieht es scheiße aus und ich habe zehn Mal geflucht, aber es geht irgendwie. Und wenn ich es schöner machen wollte und der spanische Schneider in Urlaub ist, dann google ich, wie man Knöpfe annäht und dabei weniger fluchen muss.

Wenn ich von „Kochen können“ schreibe, dann meine ich also in Schneideranalogie nicht „Ein Abendkleid entwerfen und nähen“, noch nicht mal „einen Kissenbezug nähen“, sondern „einen Knopf wieder annähen“ oder vielleicht noch „einen Rocksaum wieder so zusammennähen, dass man sich damit in die Öffentlichkeit trauen kann“.

Die nächste Fragerunde

Es bleiben also für mich folgende Fragen:

  1. Was meinen die Leute, die „Ich kann nicht kochen“ sagen, damit? Haben sie es schon versucht und wenn ja, wann und warum haben sie aufgegeben?
  2. Gibt es Leute, die wirklich nicht kochen können? Was geht schief? Auf welchem Weg gehen sie an die Sache ran?
  3. Mit welchen Selbstverständlichkeiten, die für Kocherfahrene vollkommen klar sind, werden Kochanfänger konfrontiert, und welche Missverständnisse be- und entstehen auf diesem Weg?

Auf der anderen Seite sollte ich mich vielleicht nicht so anstellen. Wenn wirklich ausreichend viele Leute nicht kochen können und das auch nicht lernen wollen, sehen meine Chancen nach der Zombiekalypse doch gar nicht so schlecht aus. Bisher hatte ich mich als fahrende Musikerin gesehen, weil mir alles das, was ich für meinen Job können muss, noch weniger hilfreich fürs Überleben vorkam, ich kann ja nur Programmieren und Erklären und noch nicht mal einen Notstromgenerator in Gang bringen. Aber wenn alle Konservendosen geplündert sind, kann ich immerhin aus Mehl, Salz und Wasser einen Teig zusammenrühren und daraus irgendeine Art Fladenbrot backen. Das ist doch auch was.

21 Antworten auf „Kann man nicht kochen können?“

  1. Ich glaube ein großes Hindernis ist für viele die Angst davor etwas wegwerfen zu müssen, weil es misslungen ist. Wenn man kocht, macht man das üblicherweise weil man Hunger hat. Und wenn man dann das Risiko eingeht das Ergebnis wegwerfen zu müssen, dann sollte man einen Plan B im Tiefkühler haben. Den man dann frustriert isst.

    Aber das schöne: Sowas passiert nur zu Anfang einer Kochkarriere. Wenn ich etwas kochen will, schaue ich mix 3 bis 10 Rezepte dafür an, verstehe die Essenz des Gerichts und kann mir ein Rezept zusammenbauen wie es mir vermutlich schmecken wird. Das war aber nicht immer so, am Anfang musste ich streng nach Rezept arbeiten. Deswegen für den Anfang vielleicht Gerichte die wenig Arbeit machen und schnell gehen. Das reicht zum Erfahrungen sammeln. Die komplexeren Sachen macht man dann später. Und wenn da was schief geht, kann man es meistens auch noch zu „irgendwie essbar“ retten.

    Was mir mal passiert ist als Jugendlicher: Fertignudeln mit Sauce, 500 ml Wasser sollten drauf. Ich habe einen Liter draufgekippt. Mit Saucenbinder zu retten versucht. Schmeckte natürlich scheisse. Heute hätte ich vermutlich eher noch Brühe oder so dran getan, für den Geschmack. Irgendwie hätte ich es vermutlich gerettet. Und nicht die Nudeln ewig weiter gekocht, die waren nämlich nachher auch viel zu weich…

    1. Ich hab mal für diese Schokokuchen mit flüssigem Kern vier verschiedene Rezepte angeguckt, die unterschiedlichen Mengenverhältnisse angeguckt und einen Durchschnitt daraus gebildet. Das hat erstaunlich gut geklappt, aber vermutlich hätten es die einzelnen Rezepte auch so getan. Wir befinden uns hier vermutlich schon in geek territory.

  2. Das ist ein sehr interessanter Beitrag und mit dieser Frage hab ich mich tatsächlich auch schon öfter beschäftigt, im Sinne von „Kann ich kochen?“
    Was eine blöde Frage ist, natürlich kann ich kochen. Die Familie wird satt und es schmeckt für gewöhnlich, also. Mittlerweile macht es mir auch nichts mehr aus, für andere zu kochen (also Freunde und Familie), da habe ich sehr lange große Schwierigkeiten mit gehabt.

    Wobei ich erst angefangen habe, zu kochen, als ich von zu Hause ausgezogen bin, also mit 19. Davor hat es mich nicht interessiert, ich habe mich schon fast geweigert und meine Mutter war kurz vorm Verzweifeln. Manchmal hat sie mich gezwungen, etwas zu kochen. Nun ja. Meine größte Angst war übrigens, dass der Herd explodiert (nein, verstehe ich heute auch nicht mehr).

    Heute koche ich also selbst. Keine kulinarischen Offenbarungen, sondern Hausmannskost. Aufläufe, Eintöpfe, Pizza, Pasta, Reispfannen usw. Seit wird eine Biokiste bekommen, ist die Auwahl meiner Gerichte auch noch etwas größer und interessanter geworden.

    Ich erinnere mich gerne an eine KOllegin aus Studentenjobzeiten, die niemals kochte. Nie. Die ernährte sich ausschließlich von Fertiggerichten und der Kuchen zum Geburtstag war auch eine Backmischung. Das fand ich sehr faszinierend und für mich unvorstellbar. Bei uns zu Hause gab es das nicht und dementsprechend bei mir auch nicht. Unter Fertiggerichte verstehe ich übrigens Essen, dass nur noch erhitzt werden muss. Maultaschen oder so mache ich nicht selber und die Tomaten und das Pesto kommen auch aus der Dose/dem Glas. Es gibt auch mal ne Tiefkühlpizza, aber oft genug auch selbstgemachte.

    Ich backe seit Jahren selber Brot, mit Sauerteig und mit Hefe. Hefeteig macht mir übrigens nie Schwierigkeiten, ob das wohl eine Charaktersache ist? ;)
    Und Reis ist ebenfalls kein Problem. Übrigens immer nur losen, ich musste 30 werden, ehe ich zum ersten Mal Kochbeutelreis kochte und ich frage mich immer noch, wozu das eigentlich gut sein soll.

    Was ich auch ganz gut kann beim Kochen: Improvisieren bzw. umwandeln (so Chefkochkommentarmäßig). Das setzt ja auch wieder eine gewisse Erfahrung beim Kochen voraus. Zu lernen hab ich trotzdem noch viel.

    Ich möchte jedenfalls meinen Kindern das Selberkochen weitergeben, das ist mir ganz wichtig.

    Jedenfalls ist es ein spannendes Thema und ich bin gespannt, was noch an Kommentaren dazu folgt!

    1. Mir fällt noch ein, dass ich vornehmlich am Wochenende koche und mir dafür auch gerne Zeit nehme und das Kochen selbst geniesse. Für meine Frau haben wir einen Kochen-nach-zahlen Automaten (a.k.a. Thermomix) gekauft, der ihr in der Woche das Kochen mehr oder weniger abnimmt. Das würde ich persönlich nur noch bedingt als Kochen bezeichnen. Ab und zu lass ich mir von diesem Gerät aber auch mal helfen (Saucen automatisch einkochen find ich ganz praktisch, brauche da selbst nicht mehr rühren, aber nur dafür natürlich viel zu teuer, sous vide kriegt er auch ganz passierlich hin). Ich schmecke aber auch in jeder Phase des Kochens ab (inkl. dem probieren der rohen Zutaten, ich bilde mir ein, dadurch die Wirkung auf das Gericht besser beurteilen zu können). Für Kochen als Hobby braucht man also Zeit. Kochen nur zur Nahrungsbeschaffung geht auch schnell, da kann ein überteuertes Gerät den Anstoss geben, das auch zu machen, habe ich an meiner Frau gemerkt. Und mit 2 Kindern ist der Vorteil, dass der Thermomix auch mal alleine kochen kann, während man sich mit den Kindern beschäftigt.

  3. Also wenn ich lese, jemand kann gar nicht kochen, fällt mir sofort und ohne zu Überlegen mein Vater ein. Solange ich mich erinnere, habe ich ihn nie in der Küche erfolgreich mit Lebensmitteln hantieren sehen. Er hat sich sein Essen immer von anderen zubereiten lassen: Von der Mutter, dann vom Miltär, später von seiner Schwester und seinen Ehefrauen. Als meine Mutter mal (ich war Teenager und noch nicht mit der Macht (der Küche) vertraut) gesundheitlich mehrere Wochen nicht in der Lage war, für uns zu kochen, haben wir Essen auf Rädern vom Roten Kreuz bezogen. Warum das so war? Keine Anhnung. Ich denke, er stammt aus einer Familie, in der das Kochen gendermäßig den Frauen zugeordnet wurde und irgendwann war der „Zug abgefahren“. Er ist aber auch kein Mensch, der sich irgendwann dann selbst hinstellt und kochen lernen möchte – aus einem vielleicht scherzhaft gemeinten „Ich kann nicht kochen“ (aka „Koch du mal lieber….“) wurde über die Jahre die Ausrede „Ich kann halt nicht kochen“. Und so blieb es.

    Ich habe mir Kochen erst beigebracht, als ich zuhause ausgezogen war. Backen konnte ich schon früher und ich stand dann in meiner eigenen Küche und wollte es lernen. Also habe ich mir ein Einsteiger-Kochbuch gekauft (in dem so Dinge wie „glasig dünsten“, „ablöschen“ und „julienne“ detailliert und bebildert erklärt wurden. Das Buch benutze ich übrigens heute noch gern (gerade weil es so einfach ist). Mit der Zeit wurde der Einfluss von Knorr und Maggi immer geringer und heute traue ich mir eine Menge zu (zumindest behaupten Bekochte, ich könne es ganz manierlich).

  4. Hier gab es bei der Einweihung einer neuen Schulküche einen Kommentar von Tim Mälzer, der mich erstmal hat stutzen lassen: „Man muss ja nicht kochen wie Herr Schuhbeck, aber so zehn, zwanzig Gerichte sollte jeder kochen können.“ Moment, zwanzig Gerichte? Aber wenn man dann überlegt – Milchreis, Eierkuchen / Pfannkuchen, Hühnersuppe, Rührei, Kartoffelgratin – all das ist ja kochen, auch wenn es keine Schuhbeck-Qualität hat. Und ein Käsetoast, in der Pfanne gebacken, das ist Seelenfutter!
    Ich hab eine Zeitlang einer Freundin „Kochkurse“ gegeben, weil das in ihrer Familie zu kurz kam – ein Huhn kochen gibt nun mal bessere Suppe als Brühpulver. Und wenn man in Topf oder Pfanne gucken kann, lernt man einfach besser. Klassischer Oma-Spruch: „Das siehste dann schon./ Da musste mal rühren, dann merkst du das.“
    Ich mach zwar keine Braten, aber klassische oder Spinatlasagne geht gut, Burritos stehen hier hoch im Kurs und das Süßkartoffelcurry (von oneingriedientchef) kommt auch bei Besuch gut an. Nur für Wiener Schnitzel vertrau ich aufs Restaurant, dafür fehlt mir die passende Pfanne!

  5. Ich würde von mir sagen, dass ich zwar technisch in der Lage bin, eine Reihe essbarer Gerichte zustande zu bringen, aber Kochen kann ich nach meinem Verständnis nicht. Es ist vermutlich keine Kunst, Wasser zu erhitzen und darin ein Produkt zu garen. Ein paar Gewürze dran, und man kann es essen. Gleiches gilt fürs Braten. Es ist keine Herausforderung, Fett zu erhitzen und darin irgendwas unter Beobachtung anzubraten, bis es irgendwie gar ist.

    Seit einiger Zeit habe ich meine Ernährung umgestellt, d. h. ich esse kein Convenience-Zeug mehr und nichts Fertiges oder mit Zusatzstoffen. Daraus folgt, dass ich zwangsläufig alles selbst mache. Man kann das dann durchaus essen, aber es ist generell keine geschmackliche Herausforderung. Ich verbringe viel Zeit mit Foodblogs, kreativen Rezepten etc. Es mangelt mir absolut nicht an Ideen, und auch die Schwierigkeitsstufen, die ich mir setze, sind sehr weit unten. Aber ich bin komplett unbegabt. Meine Sachen schmecken ok, manchmal vielleicht ganz nett, aber sonst eben nichts. Ich kann absolut nicht mit Gewürzen umgehen und noch viel weniger mit Kräutern. Ich versalze sehr vieles und würze auch sonst entweder zu viel oder zu wenig. Ich kann nicht abschmecken.
    Es wird auch nicht mit der Zeit besser. Ich halte mich ansonsten für einen halbwegs intelligenten und lernfähigen Menschen. Nur beim Kochen ist völliger Stillstand.

    Du kennst ja sicher den Film „Ratatouille“. Mir fehlt völlig das Gefühl dafür, Dinge in Töpfe zu werfen, die den Inhalt irgendwie besonders oder meinetwegen auch nur lecker machen sollen. Es gelingt nicht. Es schmeckt alles relativ ähnlich. Mir fehlt dieses Erleben von Verzückung, das dieser sympathischen Ratte ins Gesicht geschrieben steht, wenn sie begreift: So muss es schmecken. Das ist es.

    Deshalb sage ich für mich: Nein, ich kann nicht kochen. Ich kann mich ernähren, mehr nicht.

  6. Ich habe erst mit dem Studium und meinem Auszug angefangen zu kochen. Vorher hat mich meine Mutter aus der Küche verbannt und „in der Ferne“ hatte ich plötzlich das Bedürfnis nach Gulasch und Co.. Die Herstellung war jedoch meist wenig erfolgreich, weil mir meine Mutter am Telefon unverständliche Anweisungen gegeben hat („scharf anbraten“) und es noch keine YouTube-Videos und Foodblogs gab. Also beschloss ich, nicht kochen zu können. Nach dem Studium kochte der damalige Mann, so dass es keine Notwendigkeit gab. Außerdem hatte der die Gabe, aus Zutaten im Kühlschrank etwas kochen zu können – ich dagegen musste sklavisch nach Rezept einkaufen, bevor ich etwas kochen wollte. Und dann fehlte mir jegliches Verständnis, welches Gewürz eventuell helfen könnte, was mehr musste, was weniger … Erst in Berlin kam dann wieder der Versuch und auch letztendliche Durchbruch auf den Herdplatten. Mittlerweile experimentiere ich gerne, fühle mich aber trotzdem mit einem Rezept in der Hinterhand für die grobe Orientierung sicherer, daneben geht natürlich trotzdem noch ab und an etwas. Trotzdem behaupte ich, dass ich kochen kann.
    Einem Auszubildenden habe ich übrigens mal diese Mutti-Kochzeitschrift geschenkt, weil der auch behauptete, nicht kochen zu können. Er hat dann eine Lasagne für seine Freundin gemacht, die auch sehr gut gewesen sein muss. Allerdings bin ich die Tage vorher von ihm gelöchert worden: Was ist glasig andünsten? Wie groß muss das geschnitten werden? …
    Mein Vater ist ein anderes Beispiel: Fast 70 Jahre lang hat er nicht gekocht. Nichts. Nicht einmal ein Spiegelei. Dann hat er beschlossen, dass er selbstverständlich kochen kann (können schliesslich andere Männer auch) und von diesem Zeitpunkt an einfach losgelegt. Meine Mutter gesteht ihm zu, dass seine Rouladen besser sind als ihre und im asiatischen Bereich ist er sowieso einsame Klasse.

  7. Bei mir ist es das Würzen. Ich kann nach Rezept Dinge erwärmen und sehe mich als akzeptablen Bäcker. Ich mache Schwarzwälder Kirschtorte, Tiramisu und Mouse au Chocolat. Wenn in einem Rezept steht „trennen Sie das Eiweiß vom Eigelb“ erstarre ich nicht zur Salzsäule sondern lächle milde.
    Aber ich kann nicht würzen. Ich koche einfach fade, ich würde mich nie an Chinesisch oder Indisch trauen, ein Minutensteak mit Salz und Pfeffer bekomme ich gerade mal so hin. Aber Nuden mit Bolognese? Kartoffelbrei selbstgemacht, usw. es schmeckt einfach fade. Vielleicht hätte es geholfen, wenn mir das mal jemand zeigt, aber inzwischen bin ich frustriert. Ich kann noch nicht mal Salatsauce (Olivenöl oder Sonnenblumen? Wie viel TK-Kräuter, Senf, Pfeffer, Salz? Yoghurt oder Essig?), ich schmecke es einfach nicht (praktisch Nichtraucher), bis es zu spät ist.
    Und das obwohl mein Vater ein männliches Vorbild von allen geliebt für sein Küchentalent ist. Unsere Familie ist das Kochen beileibe nicht fern. Aber es schmeckt mir nicht, sorgt nicht für Oh und Ah und vielleicht sind auch meine Ansprüche zu hoch. Mit Kindern ist ja auch vor allem Geschwindigkeit wichtig und nicht Geschmack. Aber ich bin frustriert und koche daher auch sehr selten, fast immer das gleiche (Schupfnudeln mit Apfelbrei, darüber etwas Zimt) und habe deswegen auch keine Übung.

  8. Hach wie spannend!
    Also, meine Geschwister und ich, wur können alle kochen. Ich behaupte, weil bei uns zu Hause eben gekocht wurde-und wir helfen mussten. Da war dann schon mal klar, dass man Salat wäscht, Kartoffeln schält (oder nicht…), und was alles so in der Pfanne landen kann.
    Später haben wir-darauf aufbauend-Lieblingsrezepte erweitert, verändert, woanders abgeguckt. Einer von uns gat eine Kochlehre gemacht-er dient als Informationsquelle.
    Daher galt für mich im Studium Nudeln mit (selbstgemachtem) Pesto als „sorry-ich-hab-nix-da“ Notfallgericht und wurde vom Überraschungsbesuch als „richtiges“ Kochen gefeiert…
    Kurzum, wur hatten genzg Grundkenntnisse in den Techniken, um mit Kochbüchern weiternachen zu können.

    Ich hatte übrigens Hauswirtschaft im Abi und etwa 1x im Jahr die Schulküche betreten. Der Rest Lebensmittelchemie, Citratzyklus etc… Bis heute das am längsten nachwirkende Schulfach. Werde immer noch für mein „Puddingabitur“ verlacht. Stimme Dir aber in allem zu.

    Teig: es hilft, wenn man es selbst gemacht hat- wenn man weiss, wie Hefeteig sich anfühlt, wie Rührteig, wie Waffelteig. Das bekommt man am besten gezeigt.
    Hefeteig nache ich meist am Vorabend ind lasse ihn über Nacht im Kühlschrank…

  9. „für die Leser aus dem Osten: Eierkuchen“ = <3

    Ich glaube, viele von denen, die von sich sagen, sie könnten halt nicht kochen, kokettieren damit. So wie andere damit kokettieren, Computer "halt nicht zu können" oder Mathe.

    Für mich heißt es da allerdings eher "nicht können heißt nicht wollen".

    Kulinarische Hochgenüsse kann vielleicht wirklich nicht jeder, aber einfache Gerichte können doch wirklich nicht so schwer zu erlernen sein. Eine Hühnersuppe zum Beispiel, das von dir angesprochene Rührei oder Nudeln mit Tomatensauce.

    Probleme tauchen natürlich auf, wenn jemand nach jahr(zehnt)elanger Abstinenz doch noch das Kochen anfängt. Solche Leute haben natürlich vollkommen dysfunktionale Küchen und Küchengeräte. Dann macht das Kochen nicht nur keinen Spaß, sondern misslingt sozusagen ja mit Anlauf. Self fulfilling prophecy.

    Ich habe meine ersten einfachen Gehversuche in der Küche von den beiden Ur-Basic-Büchern begleiten lassen (Basic cooking und Italian basics). Die würde ich immer noch wärmstens empfehlen. Es ist wirklich absolut basic alles super erklärt. Inzwischen habe ich so meine Vorlieben und lasse mich von Rezepten bei chefkoch und vor allem den Kommentaren eher inspirieren, als mir Vorschriften machen zu lassen. An Einfachheit kaum noch zu unterbieten sind die wöchentlichen Rezepte von Elisabeth Raether im ZEIT-Magazin.

    Schlapp lachen könnte ich mich über diese Fertigtüten. Wer mit Maggifix eine Bolognese kochen kann, schafft das doch auch ohne.

  10. Feiner Text, das. Sowohl die direkte Aussage als auch die Meta-Ebene.
    Dürfte ich noch um die Mengenangaben für die Bogbogs bitten? Wir suchen da ncoh ein gutes Rezept. ;-)

    Kochen ist halt ein klassischer Bereich sozialen Lernens. Und es ist so tief verankert im sozialen, „von anderen“ lernen, dass Rezepte selten wirklich präzise (Algorithmen) sind. Dank an meinen Physiklehrer, der uns Algorithmus anhand eines Marmorkuchenrezeptes beigebracht hat.
    Erst wenn man versucht, alles zu vergessen, und Rezepte wörtlich nimmt, versteht man, was da alles weggelassen wird. Ich fänd’s zB gut, wenn es für Menschen, denen Würzen schwer fällt, präzise Angaben gäbe, so wie auch in Backrezepten. Ja, das geht.
    Ich hab Vielfalt beim Kochen erst gelernt mit Freunden, in WGs und in einer ehrenamtlichen Arbeit, die immer mit gemeinsam essen einherging. Das war super toll.

  11. Sehr spannender Artikel. Ich kann mir eigentlich auch immer gar nicht vorstellen, wie man wirklich gar nicht kochen kann, nicht mal Rührei oder Nudeln mit Soße. Allerdings hab ich auch ziemlich viele Grundlagen zu Hause gelernt und denke auch, dass ich ein gewisses Talent zum Kochen habe – abschmecken oder richtig würzen ist mir z. B. noch nie schwergefallen, auch nicht, als ich noch in der Studentenwohnheimküche Nudeln mit Soße gekocht hab.

    Teilweise denk ich auch, dass es so ein Nicht-Wollen ist. Oder halt Bequemlichkeit, gerade in der Stadt kriegt man ja zu fast jeder Tageszeit woanders was zu essen her als aus der eigenen Küche.

    Und, weil das ein Punkt ist, der noch nicht genannt wurde: Einigen Leuten ist es glaube ich sehr egal, was sie essen. Die können halt nen Monat lang jeden Abend Käsebrot essen. Oder Tiefkühlpizza. Oder so. Für manche ist Essen ja einfach nur „Hunger stillen“ und sonst nix, ob das jetzt herausragend lecker ist oder nicht, ist nicht so wichtig. Ich jetzt hingegen esse tendenziell lieber nix als etwas, was mir so gar nicht schmeckt. Und leckeres Essen kann man zwar auch im Restaurant oder bei teureren Lieferdiensten oder mit guten Fertigprodukten kriegen, aber das geht dann richtig ins Geld, wenn man das jeden Tag haben will, und dann kommt man ums selber Kochen nicht mehr herum.

  12. Ich benutze das Thema „kochen können“ übrigens immer als Analogie für etwas ganz anderes, wobei ich dann immer die Meinung vertrete, dass man koch gar nicht können kann, sondern man kann es nur jedesmal wieder versuchen. Eine Garantie, dass es gelingt gibt es nicht, aber manchmal kommt auch aus Versehen etwas dabei heraus, das man gar nicht erwartet hat, dann aber ins Standartrepertoire aufgenommen wird. Ich finde es wichtig, dass man an das Kochen (und diverse andere Dinge im Leben) immer ein Stück weit ergebnisoffen rangeht.
    Bei mir läuft es mit dem Kochen sehr gut, nach Rezepten koche ich fast nie (hat mich nie angesprochen), sondern immer frei nach Schnauze. Wenn ich eine Zutat verwende, mit der ich null Erfahrung habe, schaue ich in Rezepten, wie man das gart, was es zu beachten gibt, etc.
    Woher ich die rein technischen Fähigkeiten eigentlich kann, weiß ich nicht, muss ich in der Kindheit so aufgeschnappt haben.
    Ich habe lange im Auslang gelebt, immer mit anderen Ausländern zusammen, Fertiggerichte waren für uns unbezahlbar teuer, aber wir haben immer gut gegessen, da habe ich wahnsinnig viel in der Küche kennengelernt. Gerade die ganz langweilige Alltagsküche von anderen Leuten ist so interessant, was machen die, wenn’s mal schnell gehen muss oder man keine Lust hat, da jetzt so einen Riesenaufriss zu veranstalten… Welche Gewürze müssen im Schrank stehen, welche Zutaten werden regelmäßig eingekauft, das ist ja von Person zu Person unterschiedlich, aber da ist dann so vieles bei mir auch ins feste Repertoire aufgenommen worden. Ich meine da jetzt gar nicht irgendwelche besonders exotischen Sachen, sondern Zeug, das ich selber nie verwendet hätte, weil ich keine Ahnung hatte, was man damit eigentlich so machen kann (nun ja, einige Gewürze sind schon speziell, aber wenn man mit Ungarn zusammenwohnt, wird einem schnell klar, dass das Paprikagewürz das original ungarischen sein MUSS, weil alles andere nix taugt, so z.B.).
    Backen mag ich nicht, wenn ich so ein Mal im Jahr was backen muss, gelingt das meistens schon (Hefeteig kann ich z.B. sehr gut), aber ich finde es total nervig. Man kann aber nicht sagen, dass ich es nicht kann.

  13. Man muss zwischen Nachkochen und eigenem Kochen unterscheiden.
    Nachkochen kann unter Idealbedingungen (vollständige Küche, alle Zutaten vorhanden, exaktes Rezept) imgrunde jeder, sofern er sich penibel an die Kochanleitung hält. Vielleicht sieht es nicht gleich total super nach Food-Foto aus (ein bisschen Geschick sollte man schon mitbringen), aber es ist nicht ungenießbar. Um vorhandene Rezepte aufzubohren/anzupassen oder für eigene Kreationen braucht es jedoch unbedingt Erfahrung.

    Die Behauptung des Nicht-Kochen-Könnens kommt meiner Meinung nach von den vielen Billig-Kochbüchern. Die mit den gephotoshopten Resultat-Bildchen, denen das eigene Produkt selten gleicht. Als weiteres Übel, stehen in den Kladden dann auch oft nur annähernde Werte (1 Bund Möhren, Handvoll Soundso, Glas Milch, Tasse Mehl etc.). Damit sehen die Mengen bei jedem Kochenden anders aus und dementsprechend entsteht gerade beim Backen eher ungenießbarer Krempel. Bei einem Koch/Backbuch mit exakten Grammangaben bei allen Zutaten, kann man bedenkenlos zugreifen. Und es ist jeder Onlinerezeptbude vorzuziehen.

    Ansonsten betrachte ich Kochen als Lernprozess. Gerade die Basics wie Gemüseschnippeln (alle Teile gleich groß, damit alles zum selben Zeitpunkt gar ist). Wo anfangs noch viel schief geht (inkl. blutiger Fingerkuppen), macht man später aus der Erfahrung nahezu kaum noch großartige Fehler bei neuen Kreationen. Kochschulen/abende (in Restaurants) sind übrigens die beste Möglichkeit um direkt bei den Meistern zu lernen.

  14. Mir geht es auch so, dass ich behaupten würde „ich kann nicht kochen“. Ich kann Dinge warm machen, in heißes Wasser schmeißen, zusammenrühren, in den Ofen tun….. und davon satt werden. Aber kochen heißt für mich: eine leckere Soße selber machen, ein salatdressing aus wenig Dingen zusammen stellen, Fleisch passend braten, Kräuter und Gewürze entsprechend einsetzen…. eben das, was vielleicht in vielen Rezepten oder bei der Oma „nach Gefühl“ heißt. Und das kann ich definitiv nicht. Ich habe immer den Eindruck, meine Gewürze neutralisieren sich gegenseitig. Ich habe kein Gefühl dafür, was zusammen passt, was sich geschmacklich ergänzt, was wie lange köcheln oder braten muss um gut zu schmecken. Und das ist für mich „kochen“ im Gegensatz zu „warm machen“.

    1. Der Unterschied besteht bei mir da, wo es nicht mehr um das Erhitzen von Fertigprodukten geht, sondern um ein wie auch immer geartetes Herstellen einer Mahlzeit aus Grundzutaten oder auch mehreren Komponenten.

      Das heißt: Ein Spiegelei oder Bratkartoffeln wäre bei mir Kochen, Linsensuppe oder Ravioli aus der Dose warm machen nicht. (Nichts gegen Linsensuppe oder Ravioli aus der Dose, wenn ich faul bin, mache ich das auch schon mal.)

      Allerdings: Fertigravioli aus dem Kühlregal mit Fertigtomatensauce zu einem Gericht verarbeiten und eventuell noch mit Mozzarella überbacken würde ich auch schon als Kochen bezeichnen, weil man eben selber über das Öffnen einer Dose oder Plastikschale hinaus aktiv wird.

      1. Ich glaube bei mir ist das Ding, dass ich so gerne wirklich kochen könnte!!! Und es immer und immer wieder versuche und immer aufs neue scheiter. Und das hat nichts mit kokettieren o.ä (s.o.) zu tun. Ich frage mich selber immer was daran so schwer ist, mache es (wie ich finde) ganz genau wie mein Mann und bei ihm schmeckt es toll und bei mir fad bis gar nicht. Irgendwas fehlt mir da und ich bin ehrlich neidisch auf alle, die das „können“!!

  15. Grundsätzlich denke ich, dass jeder Kochen kann, wenn er will. Bis zu einem gewissen Niveau kann das jeder lernen, das ist nicht anders als bei Musikinstrumenten. Ich habe es wie Du in der Küche meiner Ma durch zugucken gelernt. Ich musste nicht helfen, aber sie hatte gerne Gesellschaft in der Küche. Und ich hatte meistens Lust, zu helfen. Das Würzen aus dem lockeren Handgelenk ist für Anfänger das schwerste. Ich koche meistens, ohne zu probieren, weil ich das Würzen in Handgelenk habe. Ist geerbt UND erlernt. Natürlich ist mir auf dem Weg auch schon das eine oder andere ausgerutscht … Viele Anfänger nehmen zu schlechte Zutaten, zu viele auf einmal und salzen zu wenig.

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