Als wir 2005 in Pennsylvania bei den Großeltern einer Bekannten waren, nahmen diese uns zum Sonntagsgottesdienst mit. „This is Peter and Anne“, stellten sie uns ihren Bekannten vor. „They are friends of Caitlin’s from Germany.“ „Oh“, sagte eine ältere Frau lachend. „You were our enemies in the war.“
Der Bruder meiner Oma kam bei einem Bombenangriff auf Köln ums Leben.
Mein Opa flüchtete aus dem Sudetenland, meine Oma aus Ostpreußen. Sie trafen sich in Köln. Ohne den zweiten Weltkrieg würde meine Familie nicht existieren.
Jedes Jahr zu Weihnachten nahmen mich meine Großeltern mit zur Ostpreußen-Weihnachtsfeier im Kolpinghaus in Köln.
Meine Schwiegereltern sind Halbwaisen. Beide Väter „blieben im Krieg“, wie man sagte. Als ob sie irgendwo geblieben wären.
Der zweite Weltkrieg ist gleichzeitig so weit weg und doch so eng mit uns verbunden.
VOX zeigt heute von 12 Uhr bis 24 Uhr Originalaufnahmen und Zeitzeugeninterviews vom und über zweiten Weltkrieg. Jede Stunde ist einer anderen Stadt und einem anderen Thema gewidmet. Um 12 Uhr starteten wir mit Köln und nach fünfzehn Minuten kamen wir bei den Aufnahmen des zerstörten Kölns zum ersten (aber nicht zum letzten) Mal die Tränen.
Es regnet heute doch eh. Guckt das. Ich kann es nicht aus historischem Blickwinkel beurteilen, nur aus einem laienhaften, menschlichen, emotionalen. Aber aus diesem Blickwinkel ist das gut. Verstörend. Bewegend. Traurig. Tragisch. So weit weg und doch irgendwie so nah dran.
Meine Oma (Mutter meines Vaters, leider 1967 gestorben) erzählte, sie träumte in der Nacht vor einem Bombenangriff, dass ein Engel den Flügel über ihr Haus hält. Und es wurde tatsächlich nicht getroffen. Die Bombenschutztür aus schwerem Stahl mit Hebelverschluss gibt es im Haus (gehört jetzt meiner Tante) im Keller immer noch. Ich fand und finde die total gruselig.