Bücher 2017 – Plätze 5 bis 1

Weiter geht’s mit der ultimativen und höchst subjektiven Bücherhitliste 2017. Zu den Plätzen 10 bis 6 geht es hier.

 

5. Die Stadt der Tausend Treppen von Robert Jackson Bennett

Endlich wieder etwas, dass man dem schönen Genre „politische Fantasy“ zuordnen kann. Als in der Stadt Bulikov, die (eher widerwillig) eine Kolonie des Inselreiches Saypur ist, wird ein saypurischer Wissenschaftler ermordet. Dieser Mord und seine Aufklärung ist vor dem Hintergrund des ohnehin gereizten politischen Klimas eine höchst brisante Geschichte und so wird die junge Diplomatin Shara in die Stadt geschickt, um das ganze genauer unter die Lupe zu nehmen. Allerdings ist Shara gar keine Diplomatin, sondern eine Agentin und man kann sich jetzt vielleicht schon ungefähr vorstellen, dass es sich bei Die Stadt der Tausend Treppen um eine etwas komplexere Geschichte handelt, die eben neben den typischen Fantasyelementen auch reichlich Agentenverschwörungsthrillerkrimizeug enthält. Die Charaktere sind gut gezeichnet und originell. Gerne gelesen und gerade den zweiten Teil als Hörbuch runtergeladen.

Die Stadt der Tausend Treppen von Robert Jackson Bennett [Amazon-Werbelink]

 

4. Die Gestirne von Eleanor Cotton

Ein Buch, an das ich mich lange nicht herangetraut habe, es hat so furchtbar viele Seiten. Tatsächlich geht es auch eher langsam los, was auch daran liegt, dass auf den ersten vierhundert Seiten die Grundlage geschaffen wird für die sich immer dichter zusammenstrickende Geschichte, die sich dem Leser dann auf den folgenden sechshundert Seiten präsentiert.

Hat man sich aber durchgebissen, wird man reichlich belohnt. Es geht um den jungen Walter Moody, der gerade von einem Schiff aus Europa kommt und in der kleinen neuseeländischen Goldgräberstadt Hokitika in einem Hotel in eine Versammlung von zwölf Männern platzt, die das Rätsel, um einen Todesfall, einen vermeintlichen Selbstmord, einen verschwundenen Goldgräber, einen verdächtigen Schiffskapitän und einen Goldschatz lösen wollen. Aus den Geschichten, die jeder der zwölf Männer erzählen kann, ergibt sich nach und nach ein Gesamtbild, aus dem sich die wahre Geschichte herausschält.

Das ist von der Autorin einfach und einfach gesagt irre gut gemacht. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich mich vermutlich auch eher an den dicken Wälzer getraut.

Die Gestirne von Eleanor Cotton [Amazon-Werbelink]

 

3. Rotherweird von Andrew Caldecott

Auch an diesem Buch habe ich etwas länger rumgekaut, während ich bei Die Gestirne aber einfach lange gebraucht habe, um damit anzufangen, habe ich bei Rotherweird  sehr lange gebraucht, um es zu Ende zu lesen.

Das Dorf Rotherweird liegt irgendwo in England und genießt einen Unabhängigkeitsstatus, der aber nur mit der Einschränkung gilt, dass keine lokale Geschichte vor 1800 studiert werden darf. Dafür wird besonderen Wert auf die wissenschaftliche Ausbildung gelegt, das Dorfvolk bleibt unter sich, nur selten dürfen sich Außenseiter niederlassen. Jonah Oblong ist so ein Außenseiter, ein Lehrer, der die kurzfristig freigewordene Stelle des alten Geschichtslehrers übernehmen soll. Zeitgleich macht der geheimnisvolle Sir Veronal Slickstone Furore, der in das lange leerstehende Manor House zieht, zusammen mit seiner Frau (die gar nicht seine ist) und seinem Sohn (der gar nicht seiner ist).

Damit hätten wir nur einen kleinen Teil dieser komplexen Fantasygeschichte angerissen, womit wir auch bei dem kleinen Wermutstropfen werden. Es dauert etwas, bis man sich in Rotherweird eingelesen hat, zu oft wechseln die Figuren und Schauplätze, zu lange weiß man nicht, ob und wie das alles zusammengehört. Steckt man dann aber einmal drin, so entwirren sich die Fäden und fügen sich tatsächlich ziemlich geschickt zu einer wunderbar ausgestalteten und detailreich erzählten Geschichte zusammen. Das Durchhalten hat sich also gelohnt.

Rotherweird von Andrew Caldecott [Amazon-Werbelink]

 

2. Wir Strebermigranten von Emilia Smechowski

Vielleicht das traurigschönste Buch des Jahres. Nicht, weil die Lebensgeschichte von Emilia Smechowski, die mit fünf Jahren von Polen nach Deutschland kommt, im Auto über zwei Grenzen geflohen, von jetzt auf gleich aus dem alten Leben gerissen und in ein neues geworfen. Die Eltern sind fleißig und setzen alles daran, möglichst nicht aufzufallen, sich anzupassen, sie arbeiten sich hoch von der Flüchtlingswohnung zum Eigenheim, die Töchter sollen genauso gut funktionieren.

Aber Emilia funktioniert nicht so, wie ihre Eltern sich das wünschen, sie will Sängerin werden, keine Ärztin, will sich nicht anpassen bis zur Unsichtbarkeit. Dass sie nicht allein ist, merkt Emilia erst später, als sie Menschen trifft, die ihre Geschichte teilen, die ebenso wie sie auf der Suche nach ihrer Identität sind, irgendwo zwischen den polnischen Wurzeln und dem deutschen Alltag. Erst als Emilia sich selber erlaubt, sie selbst zu sein, kann das Verhältnis zu den Eltern wieder gekittet werden.

Emilia Smechowski hat hier ihre eigene Migrantengeschichte aufgeschrieben, so nah und ehrlich, dass man zwischendurch mitverzweifelt und ihr gerne dauernd sagen möchte, dass schon alles irgendwie gut werden wird. Aber Gott sei Dank ist Wir Strebermigranten eben auch ein hoffnungsvolles Buch, dass zwar hauptsächlich von der Vergangenheit erzählt, aber am Ende auch die Zukunft im Blick hat.

Wir Strebermigranten von Emilia Smechowski [Amazon-Werbelink]

 

1. Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky

Im Jahr 2011 stand hier Mariana Lekys Die Herrenausstatterin auf Platz 1. Sechs Jahre später hat sie es wieder geschafft. Dieses Mal mit Was man von hier aus sehen kann. Das Buch punktet nicht nur mit einem Okapi auf dem Cover, sondern auch mit einer Leky-typischen Geschichte.

In einem Dorf mitten im Westerwald lebt Selma, die aussieht wie Rudi Carrell. Immer, wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt jemand im Dorf und diese Nacht hat Selma von einem Okapi geträumt. So fängt alles an, und Selmas Enkelin Luise erzählt, wie es dann weitergeht. Mit dem Optiker, der in Selma verliebt ist und ihr jahrelang Briefanfänge schreibt. Mit Elsbeth, die für alles ein Wundermittel hat. Mit der traurigen Marlies, die ganz allein in dem Haus wohnt, in dem sich ihre Tante erhängt hat. Mit Luises Vater, der einen Hund anschafft, um seinen Schmerz zu externalisieren. Mit Luises Mutter, die nicht weiß, ob sie ihren Mann verlassen soll. Mit Martin, Luises bestem Freund und seinem Vater, der Jäger und Alkoholiker ist und vor dem Selma die Rehe schützen muss.

Genau wie bei Die Herrenausstatterin lag ich irgendwann Rotz und Wasser heulend im Bett, denn alles an diesem Buch ist schön. Wenn man sich in einem Buch und seinen Figuren verlieren möchte, dann doch bitte in diesem hier.

Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky [Amazon-Werbelink]

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