Da isser, der Randy. Und gestern haben wir ihm zwei Stunden zugesehen und zugehört. Eine gute Entscheidung, wie der Mann mir nach dem Konzert mehrfach versichert hat und ich stimme zu. Aber von Anfang an.
Seit dem halb-spontanen Konzert von Leonard Cohen im November 2010 habe ich beschlossen, dass es eine gute Idee wäre, all die Altstars, die mir oder dem Mann irgendwie am Herzen liegen, zumindest einmal live zu sehen, bevor sie aufhören, Konzerte zu geben oder letzten Endes noch sterben. Und dann, dann wüsste man nie, wie das ist, in so einem Konzert. Leonard Cohen war zu dem Zeitpunkt immerhin schon 76 Jahre alt. Letztes Jahr war dann Paul Simon dran, und dann eigentlich Elvis Costello, allerdings wurde das Konzert abgesagt und auf Ende Mai 2012 verschoben. Bei Paolo Conte halten mich die Ticketpreise immer noch vom Kauf ab, und Tom Waits und Nick Cave wollen anscheinend einfach nicht in Europa auf Tour gehen.
Gestern also Randy Newman in der Jahrhunderthalle Bochum. Da waren wir ja auch noch nie, dabei loht sich allein schon das Gebäude. Industriearchitektur in voller Pracht mit schön viel Sichtbeton und überhaupt. Toll.
Weil wir fast eine Stunde zu früh sind, um noch Zeit für einen kleinen Snack zu haben, können wir erstmal das kulinarische Angebot der Jahrhunderthalle checken. Currywurst? Check. Laugenbrezel? Check. Bier? Check. Außerdem noch ein Baguette mit Roastbeef, fertig ist das Abendessen. Und der Mann deklariert noch an diesem Abend Moritz Fiege zu seinem neuen Lieblingsbier.
Dann geht’s langsam los. Wir haben prima Sitze genau in der Mitte, Tribüne, Reihe 1, was allerdings zweite Reihe bedeutet, die erste Reihe ist Reihe 0 – das freut das Softwareentwickler-Herz. Auf der Bühne steht ein einsamer Flügel, was anderes hab ich aber auch nicht erwartet. Ich bin schon ganz aufgeregt, ich bin vor Konzerten immer ganz furchtbar aufgeregt, weil ich nicht weiß, wie das wohl wird und weil ich mich so freue.
Dann kommt er aber, setzt sich ans Klavier und fängt mit “Lover’s Prayer” an. Danach geht’s fast nahtlos zu “Mama Told Me Not To Come” über und dann zu einem dritten Song. Song, Applaus, nächster Song, Applaus, nächster Song. Dann hat er sich wohl so ein bisschen warmgespielt und er erzählt zwischendurch auch mal ein bisschen.
Als erstes lobt er die Location, mit Recht. Bei einem kleinen Instrumentalteil sagt er dann “This is the most technically challenging thing I will do today” und grinst ein bisschen. Tatsächlich kann Randy Newman gar nicht so gut Klavier spielen. Das stimmt natürlich auch nicht, er spielt schon sehr gut, aber nicht so, dass man es virtuos oder technisch perfekt nennen könnte. Gelegentlich holpert es ein wenig und manchmal sieht es so aus, als würde er sich die Tasten noch schnell zusammensuchen.
Randy Newman ist eben weder ein begnadeter Pianist noch ein begnadeter Sänger. Er ist ein extrem guter Songwriter und Komponist, deswegen singen ja auch alle möglichen anderen Leute seine Songs. Aber man kann ihm auch gut selber beim Spielen zugucken und zuhören, es ist ja sehr sympathisch, wenn er sich ein kleines bisschen verspielt und die hohen Töne auch nur so halb trifft.
Nachdem er sich also ein bisschen warmgespielt hat und sich mit uns als Publikum angefreundet hat, wird es immer besser. Er erzählt mehr (“I’m not much of an autobiographical songwriter.”, “I didn’t want to waste a song on that, so I added some criticism on Marxism.”) und zweimal dürfen wir auch mitsingen. Bei “I’m Dead (But I Don’t Know It)” sollen wir “He’s dead! He’s dead!” singen (“Oh, that was very enthusiastic.”) und weil das so gut klappt, dürfen wir auch bei “Rider in the Rain” noch mal mitmachen. Danach bin ich ja ausreichend euphorisiert und möchte auch gerne noch den Engelchor bei “Harps and Angels” mitsingen, und bei “I Love L.A.” auch enthusiastisch “We love it!” schreien, das macht der alte Herr aber lieber selber.
Knapp zwei Stunden spielt er, bei den Zugaben ist er ein bisschen geiziger als Herr Cohen und Herr Simon, da ist nach zwei Songs endgültig Schluss, aber das ist okay. Eigentlich hat er fast alles gespielt, was ich hören wollte und noch einiges, was ich nicht kannte. Die rührendsten Momente entstehen bei den Balladen, bei “I Miss You” und wenn er bei “Same Girl” wieder die hohen Töne nicht so richtig trifft. Das ist schön, sehr schön.
Beim Rausgehen noch schnell ein Bild von den Deckenkonstruktionen der Jahrhunderthalle, dann geht es zum Parkplatz und nach Hause. Schön war das. Als nächstes müssen wir uns dann mal ein paar Transkriptionen besorgen, denn was der Herr Newman da am Klavier macht, ist schon ziemlich cool. Man muss eben kein Klaviervirtuose sein, um zu begeistern.
In der Pause kriegen wir noch ein bisschen Lokalprominenz geboten. Wie ich schon fast erwartet habe, ist Hennes Bender da, keine Ahnung warum, aber der wirkt irgendwie so, als würde er zu Randy-Newman-Konzerten gehen und das tut er tatsächlich auch. “Soll ich mal rübergehen und sagen ‚Ich kenn Sie vom Fernsehen‘?” wage ich zu scherzen. Der Mann findet das aber eher so mittelwitzig, denn er kennt mich gut genug, als dass er wüsste, dass ich zu sowas durchaus fähig bin. Dann läuft jemand vorbei, der entweder Frank Goosen ist, oder sehr wie Frank Goosen aussieht. Es gibt sie also doch wirklich, die Ruhrgebietskomiker. Toll.
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