Im November 2015 entdeckte ich, dass es auf Spotify auch Hörbücher gibt, oder, wie ich im Techniktagebuchchat enthusiastisch verkündete: „Das ändert alles!“
Folglich „las“ ich drei Hörbücher und nutzte die restliche Zeit, eine Wagnerbiographie hinter mich zu bringen, die aber gar keine war.
Horst Evers: Der König von Berlin
Mein erster Roman von Horst Evers, als Hörbuch gehört, gelesen von Horst Evers himself. Überhaupt kann man sich die Sachen von Horst Evers ziemlich gut von ihm vorlesen lassen. In seinem Berlin-Krimi wird eine Leiche in einem Garten gefunden, niemand weiß, wer der Mann ist oder warum in seiner Wohnung so viel Bargeld gefunden wurde. Kommissar Lanner, frisch aus Cloppenburg in der Großstadt übernimmt den Fall und nutzt unfreiwillig jede Situation, um sich bei den Kollegen lächerlich zu machen. Dazu kommen sein ehemaliger Schulfreund und Aushilfskammerjäger, die Erben der größten Kammerjägerfirma von Berlin und deren Sekretärin, eine ehrgeizige Kollegin von Lanner und noch diverse skurrile Figuren.
Das (vor)liest sich flockig runter, erstens wegen Horst Evers, aber dann eben auch, weil die Story Spaß macht und man wissen will, wer es denn war und warum und überhaupt. Große Empfehlung.
Gillian Flynn: Cry Baby
Der Erstling von Gone Girl-Autorin Gillian Flynn, erstmals auf Englisch erschienen im Jahr 2006. Auch wieder ein Krimithriller, nur, dass es diesmal eine junge Journalistin ist, die in ihren kleinen Heimatort geschickt wird, um über den Mord an zwei Mädchen zu berichten. Insgesamt ist in diesem Buch so ziemlich jede Figur auf irgendeine Art kaputt, allen voran die Protagonistin Camille und ihre Familie. Das liest sich insgesamt teilweise etwas unangenehm und kleinstadtklaustrophobisch, allerdings im wertfreien Sinne, so war es sicherlich auch gedacht. Tatsächlich habe ich das Buch sehr zackig durchgehört, wenn Gillian Flynn eins kann, dann den Leser bei der Stange zu halten.
Das Buch heißt im Original übrigens Sharp Objects und hat sinnigerweise neben dem neuen englischen Titel den deutschen Untertitel „Scharfe Schnitte“. Abgeheftet unter: Verlagsentscheidungen, die man nicht verstehen muss. Ansonsten sehr düster, ziemlich spannend, und mit schönen Überraschungen.
Martin Geck: Richard Wagner – Biographie
Las ich als Rezensionsexemplar in der Hoffnung, etwas über Wagners Leben zu erfahren. Das Wörtchen Biographie ist aber irreführend, ich erfuhr vor allem viel über Wagners Musik. Das ist nicht schlimm, aber eben nicht ganz das, was ich erwartet hatte. Außerdem nichts für Wagnernewbies, es wird einfach zu viel Wissen vorausgesetzt. Ich schrieb bereits hier darüber.
Thomas Hettche: Pfaueninsel
Auch als Hörbuch gehört und damit hatte ich dann die interessantesten Hörbücher auf Spotify auch durch. Pfaueninsel stand auch schon länger auf der Liste, ich war aber wegen durchwachsenen Kritiken etwas zögerlich. Zu unrecht, wie sich rausstellte, ich mochte Pfaueninsel sehr.
Es geht um die Pfaueninsel in der Havel bei Potsdam. Inspiriert wurde der Roman wohl von einer Randnotiz, einem Ereignis, als bei einer Feier ein auf der Insel lebender Kleinwüchsiger bei einem Unfall ums Leben kam. Die Geschichte wird aus der Sicht von Marie erzählt, der Schwester des umgekommenen Christian, ebenfalls kleinwüchsig und quasi Inventar dieser Insel, die dem König gehört und auf der noch ein Riese, ein Südseeinsulaner und diverse Tiere leben, zur allgemeinen Unterhaltung. Das Schicksal von Marie wird dabei sehr schön anschaulich und bewegend durch die Jahre geschildert. Ein fremdbestimmtes Leben, bei dem Marie trotz widriger Umstände immer ihre Würde bewahrt.
Also nicht von den etwas enttäuschten Kritiken verunsichern lassen, das ist ein schönes, ruhiges Buch, das einen auf eine kleine bunte Insel im vorletzten Jahrhundert entführt