Der Rest vom Ruhrgebiet (13): Essen-Schonnebeck

Dennis schreibt über Essen-Schonnebeck. Das freut mich sehr, denn so kommen wir endlich mal in den Essener Norden. Außerdem gibt’s in Essen-Schonnebeck Parks, die Hallopark heißen. Wie toll ist das denn?

An dieser Stelle könnte man auch mal anmerken, dass Duisburg, Bochum, Oberhausen und Gelsenkirchen noch überhaupt nicht vertreten sind. Von den ganzen anderen Städtchen drumherum und mittendrin ganz zu schweigen. Da geht doch noch was, oder?

Der Rest vom Ruhrgebiet (12): Dortmund-Barop (vor allem Groß-Barop)

Von Juliane erreichte mich heute Abend noch eine Mail mit einem Text über Dortmund-Barop. Vielen Dank dafür! Mit Dortmund kommen wir also ziemlich gut voran, da sollten sich die anderen Städte (bzw. deren Bewohner) ein bisschen angespornt fühlen. Aber jetzt erst einmal etwas zu Barop – von dem ich bis vorhin gar nich wusste, dass es das überhaupt gibt.

Dank einer Freundin bin ich darauf aufmerksam geworden, dass hier verschiedene Leute ihre Stadtviertel beschreiben. Ich finde, das ist eine schöne Idee, denn so lernt jeder, ob nun in der gleichen Stadt oder außerhalb lebend, wieder etwas mehr von der Stadt und speziell diesem speziellen Viertel kennen – und wer erzählt nicht gerne von Zuhause…? Ich berichte hier nun also über den Stadtteil Barop. Barop besteht aus den Teilen Klein-Barop, Groß-Barop und dem 2001 eingegliederten Schönau, durch welches der Rüpingsbach und die Emscher fließen.

Ich lebe in Groß-Barop, und das schon, seit ich denken kann.

In meiner Erinnerung war meine Kindheit geprägt von relativ sorgenlosem Spielen mit den Nachbarskindern. Denn nur selten – und wenn, dann waren es Anwohner – verirrte sich ein Auto in unsere Straße. Da konnte man ziemlich ungestört Fangen und „Himmel und Hölle“ spielen, ohne dauernd ausweichen zu müssen. Inzwischen ist die Situation aufgrund einer neuen Wohnsiedlung, die erst vor ein paar Jahren gebaut wurde, und mit dem Auto nur durch unsere Straße zu erreichen ist, etwas anders. Und dennoch, die Kinder spielen hier noch ziemlich frei und sicher.

Gleich am Ende der Straße liegen die Felder, wo man als Hundebesitzer – und die gibt es hier reichlich – gut seine Runden drehen kann. Auch unser Hund hat das früher immer sehr genossen.

Eine weitere schöne Kindheitserinnerung gilt meiner Grundschule, der Ostenberg-Grundschule – damals noch eine richtig niedliche kleine Dorfschule. Inzwischen wurde das Gebäude abgerissen und völlig neu wieder aufgebaut. Daneben findet man die sehr schöne Margarethenkapelle.

Quasi direkt um die Ecke liegt das Geländer der Dortmunder TU. Also, Barop tut echt was für die Bildung! Deswegen trifft man auch im Bus oder in der S-Bahn häufig junge Menschen mit Zeichenmappen, Instrumenten oder einfach nur in eine Lektüre vertieft. Die meisten sind wirklich sehr freundlich, regen sich mit einem über die Verspätung der S-Bahn auf, oder laden einen beim alljährlichen Sommer-Campusfest auch mal auf ein Bier ein.

Zwar liegt Barop eher weiter draußen – genauer gesagt: Im Südwesten von Dortmund -, aber es ist durch die U-Bahnlinie U42 sowie zwei Buslinien (462 und 447), und eben via S-Bahn S1 innerhalb von ca. 10 – 30 Minuten gut zu erreichen.

Aus der bereits 500 n. Chr. urkundlich belegten Gemeinde Bardorpe hat sich im Laufe der Zeit eines der beliebtesten (und leider auch teuersten) Wohnviertel von Dortmund entwickelt. Der Altersdurchschnitt ist hier bunt gemischt – die bereits erwähnten Studenten gehen genauso gerne beim Bäcker (Grobe! Ein Traum!) oder LIDL einkaufen wie Familien oder Rentner.

Charakteristisch sind die Fachwerkhäuser, von denen es hier in Barop noch einige schöne Exemplare gibt. Früher waren dies Häuser einer wohl recht wohlhabenden Landwirts-Familie. Dieser Familie gehörten auch die Felder. Wenn man dort im Sommer langgeht, kann man sich – Möwengekreische und Meeresrauschen noch hinzugedacht – fast wie im Urlaub fühlen.

Eichlinghofen ist nicht weit, und auch in Hombruch ist man schnell. Außerdem ist über die Stockumer Straße sowohl die Innenstadt als auch Hörde und die Autobahn in Richtung Bochum schnell zu erreichen. Und man gelangt vom neuen Kreisverkehr an der Emil-Figge-Straße via neuer Auffahrt auf die Autobahn in Richtung Essen.

Quasi zweimal um die Ecke liegt das Signal Iduna-Stadion, wo alle zwei Wochen der BVB seine Heimspiele antritt. Da dort natürlich viele Leute hinwollen, ist auch gerne an solchen Tagen mal der eigene Parkplatz vor der Haustür weg. Ansonsten sind die Leute hier aber sehr nett. Man kennt seine Nachbarn beim Namen, und trifft sich auch gerne mal miteinander, anstatt sich nur mal eben flüchtig im Treppenhaus zu begrüßen.

Hippe Restaurants oder Kneipen sucht man bis auf drei Ausnahmen (das „Sonnendeck“ an der Uni, das Restaurant „Storckshof“ an der Ostenbergstraße, wo auch mal Veranstaltungen oder Familienfeiern stattfinden, sowie das allseits sehr beliebte italienische Restaurant „La Gazetta“ an der Palmweide, wo sich gerne die verschiedensten Leute treffen) vergebens. Aber was man hier geboten bekommt, ist eine richtig schöne kleine grüne Lunge und nachts einen funkelnden Sternenhimmel wie man ihn in der Innenstadt so nicht sehen kann.

Ich lebe gerne hier in Groß-Barop, denn man hat Naherholung – u.a. auch durch den Perma Kulturpark – und einen familiären Dorfcharakter, und ist trotzdem recht nahe am Geschehen.

Und auch wenn das jetzt für manche spießig klingt – und sich einige vielleicht sogar fragen, was sie hier sollen (dazu sage ich nur: Hinkommen und schön finden!), für mich wird Groß-Barop immer der Ort sein, an dem ich, auf einem Mäuerchen sitzend oder über die Felder laufend, meine Kindheit verbracht habe…

Der Rest vom Ruhrgebiet (9): Das Dortmunder Kreuzviertel

Dass man auch ohne Blog prima beim Rest vom Ruhrgebiet (alternativ auch von Hamburg oder der Welt) mitmachen kann, beweist Johanna hier. Ihre Geschichte über das Dortmunder Kreuzviertel erreichte mich heute per Mail. Ich freu mich sehr und präsentiere hiermit den ersten Gastbeitrag.

Das Dortmunder Kreuzviertel…

…ist eigentlich gar kein ganzer Ortsteil, aber trotzdem gibt es schon seit einer ganzen Weile einen eigenen Wikipedia-Artikel darüber (ha, jetzt habe ich mich aber gut um die Fotos rumgemogelt!). Also muss es ja wohl was Schreibenswertes darüber geben. Oder etwa nicht?

Das Kreuzviertel liegt im Dortmunder Stadtbezirk Innenstadt-West, was die Lage eigentlich schon gut beschreibt: Nicht in der tatsächlichen „Innenstadt“, die befindet sich innerhalb des Wallrings, aber zu Fuß von dieser aus erreichbar.
Verkehrstechnisch ist das Kreuzviertel mit der S4, der U42, der U45 und noch so einigen Buslinien ganz gut ausgestattet. Nur mit dem Auto verzweifelt man hier, es gibt nämlich immer zu wenig Parkplätze. Das Gejammer der Erwachsenen darüber gehört zu meinen Kindheitserinnerungen.

Ja, hier bin ich aufgewachsen.
Wenn ich versuche, Menschen aus anderen Städten zu beschreiben, was dieses Dortmunder Viertel ausmacht, scheitere ich spätestens daran, eine Vergleichsmöglichkeit aus deren Stadt zu finden – so etwas wie das Kreuzviertel gibt es vielleicht tatsächlich nur einmal. (Da lasse ich mich aber gerne eines Besseren belehren.)

Dortmund hat zwar keine historische Altstadt mehr wie beispielsweise Hattingen, aber viele Häuser im Kreuzviertel sind zumindest gut hundert Jahre alt. Und dabei sind sie genau so, wie man sich klassische Altbauten auch vorstellt: hohe Decken, schwer heizbar, Stuck, wohin das Auge blickt. Dazu oft alte Bäume in den Straßen. Ich kann mich erinnern, dass ab und zu (Design?) Studierende aus der nahe gelegenen FH mit ihren Blöcken überall in unserer Straße saßen und Details der Fassaden abzeichneten.

Studierende – ein guter Punkt. Direkt an der Möllerbrücke findet man die ZVS (oder auch hilflose junge Menschen, die einen nach dem Weg dorthin fragen – hey, die finde ja sogar ich!). Überall gibt es gemütliche Kneipen, vor denen an warmen Abenden eine Atmosphäre herrscht wie… na, eben wie in einem netten Kneipenviertel. Nur bezahlbaren Wohnraum, den gibt es hier eigentlich nicht. Na ja.

Trotzdem ist die Altersstruktur hier sehr abwechslungsreich. Direkt neben einer fünfgruppigen Kita steht ein großes Haus Seniorenwohnungen. Junge Leute bevölkern den an das Kreuzviertel grenzenden Westpark und grillen, sobald es wärmer wird. Über das Leben im fortgeschrittenen Alter oder auch als studierender Mensch im Kreuzviertel kann ich zwar nicht viel sagen, aber als Kind hat man es dort einfach rundherum gut:
„Play Dates“ gab es in meiner Kindheit – immerhin schon in den 90-er Jahren – nach wie vor nicht, wir klingelten einfach bei unseren Freunden, kauften vielleicht im nahen Schreibwarenladen (Kemper!! Ein Miniladen mit Seele!) noch ein paar Süßigkeiten und ab ging’s auf den Spielplatz. Oder wir blieben einfach „vor der Tür“, spielten Tierfangen oder unsere Rollenspiele oder wir probierten den aktuellen Trend aus (Einrad fahren, Stelzen laufen…). Ohne irgendwem im Weg zu sein und ohne uns damit in Gefahr zu bringen.
Na, und was nicht nur Kindern gefällt: An der Lindemannstraße gibt es das Eiscafé Majer, die älteste Eisdiele der ganzen Stadt.

In diesem Viertel wohnen jede Menge Lehrerinnen und Lehrer. Meine Mutter, zum Beispiel. Und die Mutter einer meiner damaligen Freundinnen. Teilweise kannte ich meine Nachbarn schon aus der Schule, bevor sie auch noch zu meinen Nachbarn wurden und dann etwa mit meiner Mutter zusammen Sport machten – etwas skurril für alle Beteiligten. Auf jeden Fall war ich recht bald ganz gelassen, wenn ich in meiner Freizeit etwa über meine Kunstlehrerin stolperte, eine Situation, die den handelsüblichen Jugendlichen doch wohl eher verwirren würde.

Wodurch das Kreuzviertel nach außen hin (noch) bekannt ist, ist die Grünen-Dichte im politischen Sinn. Vielleicht liegt es am akademischen Milieu, aber vielleicht auch daran, dass man sich hier ein autofreies Leben tatsächlich vorstellen kann: Die bescheidene Parkplatzsituation habe ich erwähnt, aber dafür hat man immer mehrere Supermärkte in unmittelbarer Nähe, man ist nicht weit vom Stadtzentrum entfernt und kommt auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nahezu überall hin. Meine Eltern haben nach wie vor kein Auto, meine Schwester und ich haben nie den Führerschein gemacht.
Die Dortmunder Grünen treffen sich in der „Fetten Henne“ an der Kleinen Beurrhausstraße, habe ich gehört. Und in der Redtenbacherstraße ist ein Greenpeace-Büro. Ja, und lange, lange vor dem Bio-Boom existierte schon das Kornhaus, damals noch am Neuen Graben, inzwischen vergrößert an der Lindemannstraße ansässig und mit dem üblichen „bioladen“-Baldachin versehen.

„Ein Dorf in der Stadt“ – so präsentiert sich dieses Viertel gern nach außen. Und wenn man zu Kemper geht, um sich die Fernsehzeitung oder einen Collegeblock zu kaufen und erst mal abwartet, bis Frau Kemper mit einer langjährigen Kundin ihr Schwätzchen beendet hat (hinterm Tresen hängt ein Schild mit dem schönen Hinweis: „Bitte nicht hetzen, wir sind auf der Arbeit und nicht auf der Flucht“)… ja, dann glaubt man das auch. Sehr gerne.

Inzwischen wohne ich nicht mehr im Kreuzviertel. Aber wenn ich meine Eltern besuchen fahre und dabei in meine alte Straße einbiege, dann sehe ich nicht nur die einfach fotogenen Fassaden hinter den alten Bäumen und den wie aus einer verkehrten Zeit dazwischen geparkten Autos, sondern nach wie vor die Mäuerchen, auf denen man balancieren und die niedrigen Absätze, über die man auf Inline-Skates wunderbar springen kann – wie man den Ort eben sieht, an dem man aufgewachsen ist. Und ich bin schon stolz darauf, dass gerade dieser Ort mir so vertraut ist.

Spießig? Nöö. Eher ein Beispiel für „Dortmund / der Pott hat auch schöne Ecken“!